Mit vorübergehenden Arbeitsniederlegungen, »aktiven Mittagspausen« und anderen Aktionen haben Beschäftigte diakonischer Einrichtungen in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in dieser Woche für Tarifverträge und die Anerkennung von Gewerkschaften demonstriert. Sie wehren sich dagegen, daß ihnen unter Berufung auf das sogenannte Selbstordnungsrecht der Kirchen grundlegende Rechte verweigert werden. Die sonst stets Verständnis für soziale Belange heuchelnden Kirchenoberen reagieren mit antigewerkschaftlicher Hetze.
»Nicht in die Falle tappen« sollen die Beschäftigten der Diakonie Stephansstift in Hannover. Das jedenfalls empfiehlt ihnen der Vorstand der kirchlichen Einrichtung in einem jW vorliegenden Rundschreiben. Die »Falle« gestellt hat demnach die Gewerkschaft ver.di, die die Mitarbeiter zum Warnstreik aufgerufen hat, um einen Tarifvertrag zu erreichen. Die Diakonie-Spitze hält das für illegal und macht Druck: »Wenn Sie das Stephansstift bestreiken und damit den Ihnen anvertrauten Menschen die Fürsorge und Zuwendung verweigern, ist und bleibt dies unrechtmäßig«, behaupten sie in dem Rundschreiben und drohen Streikteilnehmern mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen.
Die Gewerkschafter lassen sich davon nicht beirren. Sie sehen sich durch Urteile der Landesarbeitsgerichte in Hamm und Hamburg bestätigt, die Mitarbeitern kirchlicher Einrichtungen das Recht auf Arbeitsniederlegungen zugestanden haben. Die Diakonie Nordrhein-Westfalen hat dagegen Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Sie beruft sich auf den aus der Weimarer Verfassung stammenden Grundgesetzartikel 140, der Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen Vereinigungen ein »Selbstordnungsrecht« gibt. Das sollte bewirken, daß der Staat keinen Einfluß darauf nehmen kann, wen die Kirchen zum Priester oder Bischof berufen. Beschäftigte kirchlicher Sozialeinrichtungen haben hingegen bereits in der Weimarer Republik ihr Streikrecht selbstverständlich wahrgenommen. Ver.di argumentiert, die Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften finde bei den Grundrechten – und dazu gehört nach Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes die Vereinigungs- und damit die Streikfreiheit – ihre Schranke. Beim Bundeskongreß in der vergangenen Woche in Leipzig beschloß die Gewerkschaft eine Resolution, in der sie »die gleichen Arbeitnehmerrechte für kirchlich Beschäftigte wie bei Lidl, Karstadt, Lufthansa und anderswo« fordert.
Der sogenannte Dritte Weg soll nach dem Willen der Gewerkschafter endlich abgeschafft werden. Dieser sieht vor, daß die Arbeits- und Einkommensbedingungen der 1,3 Millionen Kirchenmitarbeiter nicht in von den Gewerkschaften ausgehandelten Tarifverträgen vereinbart werden. Statt dessen legt eine »arbeitsrechtliche Kommission« Lohnhöhe und Arbeitszeiten fest. Diese sei von »Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch besetzt«, behaupten die Kirchenjuristen. Wer auf Beschäftigtenseite die Verhandlungen führen darf, ist aber nicht frei bestimmbar. Im Falle der Nichteinigung entscheidet eine Zwangsschlichtung. Arbeitsniederlegungen, mit denen Belegschaften in normalen Tarifkonflikten für die Anerkennung ihrer Forderungen streiten können, sind nicht vorgesehen. Auch sonst haben die Beschäftigten kirchlicher Träger nicht annähernd die gleichen Rechte wie ihre Kollegen anderswo. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt ebensowenig wie die überbetriebliche Mitbestimmung in Aufsichtsräten – selbst in Großeinrichtungen von Diakonie und Caritas, die als Aktiengesellschaften organisiert sind. Statt Betriebsräten gibt es dort »Mitarbeitervertretungen«, die noch schwächere Beteiligungs- und Durchsetzungsrechte haben als die sonst üblichen Interessenvertretungen.
Es geht bei den Aktionen in dieser Woche, denen weitere folgen sollen, also um weit mehr als die Lohnhöhe. »Die Ungleichbehandlung muß ein Ende haben«, forderte Ellen Paschke vom ver.di-Bundesvorstand zu Beginn der Proteste. Durch die niedrigere Entlohnung – die einem Konferenzbeschluß der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) zufolge dauerhaft um fünf Prozent unter dem Flächentarif des öffentlichen Dienstes liegen soll – verschafften sich die diakonischen Einrichtungen Wettbewerbsvorteile gegenüber der privaten und staatlichen Konkurrenz. Das wiederum setzt die Belegschaften anderer Träger unter Druck. Laut einer im Auftrag von ver.di erstellten Studie summiert sich die Lohndifferenz zwischen Diakonie und öffentlichem Dienst zum Beispiel für eine Kranken- oder Altenpflegehelferin mit einjähriger Ausbildung in 30 Jahren auf rund 150000 Euro. Monatlich kann der Einkommensunterschied in diesem Fall bis zu 550 Euro betragen. Der auch bei kirchlichen Trägern verbreiteten Tendenz, selbst dieses Niveau mit Hilfe von Ausgründungen noch zu unterlaufen, tut das zudem keinen Abbruch.
Quelle: www.jungeelt.de vom 29.09.11
Du möchtest Widerstand leisten gegen den Castortransport von La Hague nach Gorleben?
Ausgerechnet zum 13. Castor kannst Du nicht genug Urlaub nehmen?
Du wohnst im Süden und schaffst es nicht bis ins Wendland zu fahren?
Die Südwestdeutschen Antiatominitiativen laden Dich ganz herzlich zur zweiten Südblockade ein!
Südblockade?
Genau – das war diese wunderschöne Aktion bei Karlsruhe, wo es in Berg 1276 Menschen gelang, die Gleise zu besetzen und den Gorleben-Castor 2010 auf eine Ausweichroute zu zwingen. Das war damals ein enormer Erfolg! Noch nie musste der Castor einer Massenblockad ausweichen.
Inzwischen ist viel passiert. Fukushima hat uns bitter Recht gegeben.
In der Folge gab es unglaublich viele Demonstrationen und dann war er da: der „Atomausstieg“.
Ein Erfolg?
Grund zur Freude und zum ‚Uns-auf-die-Schultern-klopfen‘ war die Abschaltung von acht Uraltmeilern schon.
Ein Atomausstieg?
Nein – leider mussten wir enttäuscht zusehen, wie die Merkelsche Befriedungskampagne voll angenommen wurde.
Die Atomkraftwerke sollen mindestens weitere 11 Jahre laufen. Die nächsten Bundestagswahlen sind 2013, 2017 und 2021.
Was nach Wahlen mit „unumkehrbaren Ausstiegs-Verträgen“ passieren kann haben wir schon einmal erlebt.
Darüber hinaus wird die bundesweite Nuklearforschung ausgebaut:
In Karlsruhe hat das ITU (Institut für Transurane) gerade einen Bauantrag gestellt und die Genehmigung angefordert zur Einlagerung von zusätzlichen, relativ großen Mengen verschiedener radioaktiver Materialien (z.B. Uran und Plutonium).
Sie forschen an der Illusion der Beherrschbarkeit des Automüllproblems.
Und gleichzeitig forschen Sie unbekümmert an der nächsten Atomreaktor-Generation.
Na, und da ist natürlich die Sache mit Gorleben.
Längst ist geklärt, dass die Entscheidung für den Standort eine rein politische Angelegenheit war.
Längst ist geklärt, dass der Salzstock zur Einlagerung von Atommüll technisch vollkommen ungeeignet ist.
Im September hat sich gezeigt, dass noch nicht einmal die gesetzlich festgesetzten Strahlungswerte eingehalten werden können.
Und das, obwohl die „Kartoffelscheune“ (wie die Wendländer das illegal gebaute Zwischenlager nennen) gerade mal viertel voll ist.
All dies ist für die Atommafia und ihren politischen Arm völlig uninteressant.
Der 13. Castor soll Ende November wieder aus dem französischen La Hague nach Gorleben rollen.
Und das ist der Punkt an dem wir ins Spiel kommen.
Wir, Du, Anna, Arthur, Fritz und Frieda.
Wir haben uns entschlossen, auch dieses Jahr eine Südblockade vorzubereiten. Bei der ersten Südblockade waren wir auf den unglaublichen Erfolg gar nicht vorbereitet gewesen. Dieses Jahr werden wir der ungewohnten Flexibilität der Transportdurchführenden mit einem ebenso flexiblen Konzept begegnen. Daher lautet unser Motto dieses Jahr: „Hase&Igel: Egal wo er lang fährt – wir sind schon da“.
Und wir laden Dich ganz herzlich ein, mit zu machen:
Hier kannst Du unseren Mobilisierungsflyer bestellen:
http://www.castor-suedblockade.de/2011/flyer-plakate-bestellen.html
Hier kannst Du unseren Newsletter abonnieren, sodass wir Dich jeweils aktuell per Mail informieren können:
http://www.castor-suedblockade.de/newsletter/1240-newsletter-bestellen.html
Hier kannst Du Deine Unterstützung der Südblockade signalisieren:
http://www.castor-suedblockade.de/2011/suedblockade-unterstuetzen.html
Mit widerständigen Grüßen
Marion Morassi
Sprecherin im KoRat der LAG Ökologische Plattform RLP
Constanze Lehr
AK gegen Atomlagen Frankfurt
http://www.atomausstieg-sofort.de/
Die Landesgruppe NRW hat heute ebenso wie die gesamte Fraktion DIE LINKE den erweiterten Euro-Rettungsschirm abgelehnt und gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt.
Auch der erweiterte EU-Rettungsschirm ist kein geeignetes Mittel zur Überwindung der Krise, sondern setzt die gescheiterte neoliberale Finanzpolitik fort.
Während Banken und Finanzinvestoren geschützt werden, werden den Krisenländern Rettungsringe aus Blei zugeworfen. Dort sollen die Werktätigen mit Lohn- und Rentenkürzungen und dem größten Sozialabbau der europäischen Nachkriegsgeschichte für die Spekulationen der Privatbanken bezahlen. In Deutschland werden die Steuerzahler in Haftung für die Milliardenschweren Garantien genommen. Diese Politik beschleunigt die Umverteilung von unten nach oben und setzt so eine zentrale Krisenursache fort. Die Spardiktate verhindern eine ökonomische Belebung der Krisenländer, es sind keine effektiven Maßnahmen zur Überwindung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Eurozone und EU vorgesehen. Rechtspopulistische und faschistische Parteien, die die Ängste und die Wut der Menschen gegen Spardiktate in nationalistische und europafeindliche
Propaganda kanalisieren, sind in vielen Ländern auf dem Vormarsch. Das Argument er Koalition – auch von SPD und Grünen – es gehe mit dem Rettungsschirm darum, „Europa zu retten“ ist daher schlicht falsch.
DIE LINKE hat gegen den erweiterten Rettungsschirm gestimmt, weil man die Krise nur lösen kann, wenn man das Casino schließt und die Spekulanten an die Kette legt. Die Banken gehören unter öffentliche Kontrolle durch Verstaatlichung. Die Staaten müssen sich unabhängig von den Kapitalmärkten über eine Bank für öffentliche Anleihen finanzieren können. Die Finanzmärkte müssen endlich streng reguliert werden. Und die Verursacher und Profiteure der Krise müssen zur Kasse gebeten werden durch eine EU-weite Vermögensabgabe für Superreiche, durch eine Finanztransaktionssteuer und durch eine Beteiligung großer privater Gläubiger.
Quelle:
Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik, Berlin
29.09.11
Wenige Tage nachdem die Spitzenverbände der deutschen Unternehmen mittels teurer Zeitungsanzeigen zur Unterstützung des nächsten »Rettungsschirmes« EFSF durch den Bundestag aufriefen, ließen sich auch die Vorsitzenden des DGB und seiner acht Einzelgewerkschaften nicht lumpen. Für Zehntausende Euro aus Gewerkschaftsbeiträgen wurden Anzeigen in großen deutschen Zeitungen geschaltet, in denen »an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages« appelliert wird, dem EFSF zuzustimmen. Dazu erklärt der stellvertretende Sprecher der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen und IG-Metall-Gewerkschafter, Thies Gleiss:
Wenn Unternehmerverbände und Gewerkschaften für gleiche Ziele eintreten, sollte zweimal hingesehen und hingehört werden. Die richtigen Feststellungen der DGB-Spitzenleute, daß über Ausgabenkürzungen und soziale Einschnitte nicht die Haushalte konsolidiert, sondern der soziale Frieden aufgekündigt wird, passen leider gar nicht zu der Aufforderung, deshalb den EFSF zu unterstützen. Dieser neue Rettungsschirm ist nämlich ausdrücklich zu diesem Zweck aufgespannt worden. Nicht die Banken und Spekulanten werden zur Tilgung der Krisenkosten herangezogen, sondern die Millionen Kolleginnen und Kollegen, Erwerbslose und Studierende in den von Staatsschulden geplagten Ländern. Der EFSF und noch mehr die heute schon diskutierten weiteren Fortsetzungen sind ein Putsch des Finanzkapitals auf Kosten der Mehrheit in ganz Europa. Gewerkschaften können dazu nur nein sagen. Zwölf Billionen Euro privates Geldvermögen stehen knapp acht Billionen Euro Staatsschulden der Euro-Länder gegenüber. In Deutschland verfügen die reichsten 20 Prozent der Bevölkerung über mehr als drei Billionen Euro Geldvermögen, , bei zwei Billionen Staatsschulden. Hinter dieser Ungleichverteilung steckt die wahre Ursache der angeblichen Eurokrise. Die Linke fordert deshalb ein Verbot der Bankenzockerei, Umverteilung von oben nach unten, Reichen- und Vermögenssteuer, eine gemeinsame europäische Sozial- und Lohnpolitik statt »Wirtschaftsdiktatur« sowie ein umfassendes Schulden-Audit, um der Öffentlichkeit die Wahrheit aufzuzeigen, wer die Staatsverschuldung ausgelöst und hat und gleichzeitig von ihr schamlos profitiert. So bitter es ist: Auch Gewerkschaftsvorstände können irren und ihre Anzeigenkampagne spricht mit Sicherheit nicht für die Mehrheit ihrer Mitglieder.
Quelle: www.jungewelt.de vom 29.09.11
Professor Dr. Jost Dülffer, Universität Köln, gehört der Unabhängigen Historikerkommission an, die Anfang 2011vom Bundesnachrichtendienst (BND) berufen wurde, um dessen Geschichte in den Jahren 1945 bis 1968 zu untersuchen. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichte er am Dienstag einen detaillierten biographischen Text über SS-Standartenführer Walter Rauff (1906–1984), den Erfinder der Vergasungswagen im deutschen Faschismus (siehe jW vom 28. September). Dabei unterzog er die 900 Seiten Vorgangsmaterial einer anerkennenswerten Analyse. Seiner Schlußfolgerung, »vorerst zeichnen sich nur Ansätze von Netzwerken aus der NS-Zeit in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft ab«, kann jedoch nicht gefolgt werden. Nicht Ansätze, sondern umfassende Netzwerke in bedeutenden gesellschaftlichen Bereichen sind erwiesen. Professor Dieter Schenk hat das mit seinem Buch »Die braunen Wurzeln des BKA« (2001) hinreichend für das Bundeskriminalamt bewiesen. Es sei nur auf die Rolle von dessen früherem Präsidenten Paul Dickopf (1910–1973) als SS-Untersturmführer im Nazi-Geheimdienstapparat und als CIA-Agent verwiesen.
Für die »Organisation Gehlen«, dem späteren BND, gilt das im besonderen Maße. Von 1946 an ist ein Netzwerk von Naziaktivisten und Kriegsverbrechern entstanden, das sich auch in Bundeswehr, Verfassungsschutz und Polizei ausbreitete.
Forschungsergebnisse
Historiker und Publizisten der DDR haben an dessen Aufdeckung hohen Anteil, auch wenn das auf westdeutscher Seite nicht immer zur Kenntnis genommen wird. Hier seien nur Autoren wie Julius Mader, Klaus Geßner (»Geheime Feldpolizei«, 1986 und 2010), Kurt Pätzold und Detlef Joseph. genannt. Allein in den Untersuchungen zur Gründergeneration deutscher Geheimdienste (siehe Klaus Eichner/Gotthold Schramm (Hg.): Angriff und Abwehr. Die deutschen Geheimdienste nach 1945, 2007) sind Hunderte Mitarbeiter von BRD-Behörden, vorrangig des BND, mit zum Teil ausführlichen Biographien und Beweisen bzw. Hinweisen auf Naziverbrechen aufgeführt.
Zur Zeit der DDR bestand die Möglichkeit, auf deren zentrale Archive und Karteien sowie auf solche befreundeter Staaten zurückzugreifen, vor allem in Polen und in der Sowjetunion. Dadurch war es möglich, entsprechendes Material zu sichern. Man kann nur hoffen, daß auf die damaligen Erkenntnisse beim Erforschen der Vergangenheit des BND zurückgegriffen wird – wenn es für erforderlich gehalten wird, möge man sie prüfen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Untersuchungsergebnisse des BND-Historikers Erich Schmidt-Eenboom verwiesen (Der BND, 1993. Am 26. September erscheint im Ch. Links Verlag: Matthias Ritzi/Erich Schmidt-Eenboom: Im Schatten des Dritten Reiches. Der BND und sein Agent Richard Christmann)
Zur Vorgeschichte von Geheimdiensten und anderen Behörden der BRD gehört vor allem die Beteiligung vieler Mitarbeiter und führender Personen an der nazistischen Judenverfolgung. Spätestens mit dem Pogrom vom 9. November 1938 war eine neue Stufe erreicht, mit der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 die systematische, industriemäßige Vernichtung der europäischen Juden ratifiziert. Sie gehört zu den abscheulichsten Verbrechen des faschistischen Staates. Im Juli 1944 schrieb der britische Premier Winston Churchill dazu: »Es besteht kein Zweifel, daß dies wahrscheinlich das größte und schrecklichste Verbrechen darstellt, das jemals in der Weltgeschichte begangen wurde (…). Es ist völlig klar, daß alle an diesem Verbrechen Beteiligten, die uns in die Hände fallen, einschließlich jener Leute, die nur Befehlen gehorchten, indem sie das Gemetzel ausführten, hingerichtet werden müssen.«
Rattenlinien
Der Schreibtischmörder Hans Globke (1898–1973), Leiter des Bundeskanzleramtes unter Konrad Adenauer und zuständig für die »Organisation Gehlen«, sorgte dafür, daß genau dies nicht geschah. In der »Organisation Gehlen« und im BND wurde den an der Judenvernichtung aktiv Beteiligten Unterschlupf und Sicherheit gewährt, z. B. dem Leiter des federführend beteiligten »Wannsee-Instituts« (später Abteilung VII des Reichssicherheitshauptamtes – RSHA), Dr. Franz Alfred Six (1909–1975) sowie dessen Mitarbeitern Dr. Emil Augsburg (1904–1981) und Professor Dr. Michael Achmeteli (1895–1963). Gleiches galt für Angehörige von Einsatzgruppen der SS und der Wehrmacht, die unmittelbar an der Ermordung ungezählter Juden beteiligt waren.
Zu ihnen gehörte auch Rauff. Er geriet im April 1945 in Mailand in alliierte Gefangenschaft. Im Ergebnis der Vernehmung wurde eine »lebenslange Internierung« empfohlen, aber im Dezember l946 gelang ihm die Flucht. 1947/1948 versteckte er sich in verschiedenen Klöstern Italiens, unterstützt von Bischof Alois Hudal, einem der Akteure für die »Rattenlinien«, d. h. die Ausschleusung von Kriegsverbrechern nach Südamerika und Nordeuropa. Vom Juli 1948 bis August 1949 arbeitete Rauff in Syrien in verantwortlichen Geheimdienstfunktionen und baute u.a. das »Zweite Büro« nach Gestapo-Vorbild auf. Nach einem Zwischenaufenthalt in Italien reiste er l949 nach Ecuador und von dort im Oktober 1958 nach Chile. Hier begann, nach den nunmehr freigegebenen Unterlagen, die Zusammenarbeit mit dem BND, die bis 1962 dauerte. Obwohl 1961 durch das Amtsgericht Hannover ein Haftbefehl erwirkt wurde, reiste er im Auftrag des BND 1962 mit gefälschten Papieren zur Schulung in die BRD ein in Kenntnis und unter Mißachtung der Haftanordnung.
Besonders bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang eine Befragung Rauffs 1972 in Santiago de Chile, d.h. während der Regierungszeit Salvador Allendes. Damals lief die CIA-Aktion »Centauro« zum Sturz des chilenischen Präsidenten bereits auf Hochtouren. Zur Einvernahme Rauffs als Zeugen am 28. Juni 1972 in der BRD-Botschaft waren ein Untersuchungsrichter und ein Staatsanwalt des Landgerichts Hamburg angereist. Die 16seitige »Vernehmungsniederschrift« ist ein schlagendes Beispiel für den Unwillen und die Unfähigkeit der Untersuchung von Kriegsverbrechen durch westdeutsche Behörden. Auf 14 Seiten werden Auskünfte zu Mitarbeitern der RSHA eingeholt, auf ganzen zwei Seiten wird zaghaft nach dem Anteil Rauffs bei der Judenvernichtung gefragt. Seine Rolle war zu diesem Zeitpunkt in Einzelheiten bekannt.
Die Vernehmer gaben sich dabei laut Protokoll mit solchen Erklärungen Rauffs zufrieden wie: »Ich habe niemals offiziell erfahren, auf welchem Befehl die Tötung der Juden beruhte. Zwar ist mir nach dem Kriege bekanntgeworden, daß es einen sogenannten Führerbefehl gab, ich kann mich jedoch nicht daran erinnern, daß mir schon während des Krieges jemals gesagt worden wäre, daß ein derartiger Befehl vorliege.« Oder: »Von den Liquidierungsmaßnahmen in Polen muß ich aus den Amtschefbesprechungen erfahren haben. Eine eigene Erinnerung an diese Dinge habe ich heut nicht mehr.« Oder: »Wenn es in dem Protokoll über die Besprechung vom 21. September 1939 heißt, das Judentum sei in den Städten im Ghetto zusammenzufassen, um eine bessere Kontrollmöglichkeit und später Abschubmöglichkeit zu haben, so kann ich heute nicht sagen, was damals unter Abschubmöglichkeit verstanden wurde.« Oder: »Hinsichtlich der Judenvernichtung in Rußland weiß ich, daß dafür Gaswagen eingesetzt wurden. Ich kann aber nicht sagen, von wann an in welchem Umfang dies geschehen ist. Ich war früher der festen Meinung, daß die Sache mit dem Gaswagen in der Zeit angelaufen ist, in der ich bei der Marine war. Heute habe ich daran Zweifel und halte es für möglich, daß diese Angelegenheit erst in Gang gekommen ist, nachdem ich von der Marine zurückgekommen war. Jedenfalls weiß ich, daß ich irgendwann nach meiner Rückkehr im Hof zwei dieser Gaswagen stehen gesehen habe. Irgendwie habe ich dann auch erfahren, daß man die Gaswagen zur Vollstreckung von Urteilen wie auch zur Tötung der Juden benutzt hat.«
Übrigens wurde die BRD-Botschaft in Santiago de Chile damals von Botschafter Kurt Luedde-Neurath (1911–1984) geleitet. Dieser lehnte nach dem Militärputsch vom 11. September 1973 gegen Allende die Aufnahme von Asylsuchenden ab, hielt die Tore für in Lebensgefahr befindliche Chilenen geschlossen und wies leitende Funktionäre der Allende-Regierung zurück. Erst im November wurde auf internationalen Druck hin mit der Aufnahme ausgewählter Asylanten begonnen. So schließen sich Netzwerke in der BRD.
Unser Autor ist Oberst a. D. der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Er war verantwortlich für die Bearbeitung von Geheimdiensten.
Am Sonntag berichteten bild.de und Spiegel, der frühere SS-Standartenführer Walter Rauff (1906–1984) und Erfinder der Vergasungswagen, mit denen das faschistische Deutschland Zehntausende Juden seit 1941 ermordet hatte, sei von 1958 bis 1962 Agent des Bundesnachrichtendienstes (BND) gewesen. Die Tatsache war seit langem bekannt. Jetzt hieß es, der BND habe bislang streng geheime Akten zu Rauff im Umfang von 900 Seiten freigegeben. Am Dienstag veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) im Faksimile ein BND-Dokument, das die Einbindung eines SS-Massenmörders in die Spionage des BND gegen lateinamerikanische Staaten, darunter Kuba, belegt (siehe Seite 8). Am selben Tag wurde die Weltpresse aufmerksam. Der britische Independent wies darauf hin, daß die jetzige Enthüllung der BND-Behauptung vom Juli folgt, er habe eine 500-Seiten-Akte zum Kriegsverbrecher und Rauff-Freund Alois Brunner »verloren«.
Das von der FAZ im Faksimile veröffentlichte Papier enthält einen Reiseplan für den »lieben Kollegen«, den der Historiker Jost Dülffer, Mitglied der Anfang 2011 eingesetzten Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der BND-Geschichte zwischen 1945 und 1968, im ganzseitigen Begleittext auf den 2. Juni 1960 datiert. Demnach sollte Rauff ein Spionagenetz in Südamerika aufbauen und zu diesem Zweck verschiedene Länder des Kontinents bereisen, u. a. von Venezuela nach Kuba. Dort gehe es um die »innerpolitische Lage« und »die zunehmende Sowjetisierung des Castro-Regimes«. Rauff erhielt allerdings kein Visum für Havanna. Er habe gemutmaßt, »daß dort die Vertreter der ›SBZ‹ zu sehr auf jeden neuen Deutschen aufpaßten«. Kuba müsse »am besten ein Lateinamerikaner machen«.
Dülffer schildert, wie Rauff von anderen früheren SS-Offizieren an den BND empfohlen wurde und zitiert eine Charakteristik des Geheimdienstes, wonach er »ohne Zweifel auch heute noch voller innerer und äußerer Einsatzbereitschaft« sei. Der mit Vatikan-Hilfe 1946 aus Italien entkommene Kriegsverbrecher war demnach in den 50er und 60er Jahren in Südamerika für Mercedes Benz, Opel, Bayer und weitere deutsche Firmen tätig. Der BND schulte ihn mindestens zweimal in der Bundesrepublik, obwohl gegen ihn seit dem 13. März 1961 ein Haftbefehl des Amtsgerichts Hannover wegen des Mordes an 97000 Juden vorlag, der in Pullach vorab bekannt war. Rauff äußerte sich freimütig über seine Verbrechen gegenüber der westdeutschen Justiz bei einer Zeugenaussage in der BRD-Botschaft in Santiago de Chile 1972: »Ob ich damals Bedenken gegen den Einsatz der Gaswagen hatte, kann ich nicht sagen. Für mich stand damals im Vordergrund, daß die Erschießungen für die Männer, die damit befaßt wurden, eine erhebliche Belastung darstellten und daß diese Belastung durch den Einsatz der Gaswagen entfiel.«
Der Bundestagsabgeordnete der Linken, Jan Korte, hatte bereits am Sonntag das Verhalten des BND unter der Regierung Adenauer als »kriminell« bezeichnet. Bemerkenswert erscheint ein Schlagabtausch zwischen Außenminister Guido Westerwelle und der Vorsitzenden der Partei Die Linke, Gesine Lötzsch, am 7. September im Bundestag. Der FDP-Politiker hatte nach einer Rede über »Konstanten der deutschen Außenpolitik« in Richtung Linke erklärt: »Wer an Fidel Castro Liebesbriefe schreibt, soll uns in der Außenpolitik nichts, aber auch gar nichts erzählen.« Eine Konstante ist demnach: Wer 1960 SS-Massenmörder Richtung Havanna in Marsch setzte, hält 2011 an der dahinterstehenden Politik fest.
Quelle: www.jungewelt.de vom 28.09.11
Am 26. Oktober 2002 erschien in jW ein Auszug aus dem Buch des Hamburger Publizisten Otto Köhler über Spiegel-Gründer Rudolf Augstein. Köhler befaßte sich in dem Abschnitt mit der Spiegel-Affäre von 1962 und schilderte, daß ein Mann mit besonderer Qualifikation die Aktion gegen die Zeitschrift leitete: Der stellvertretende Chef der Sicherungsgruppe Bonn Theo Saevecke, vormals Reichssicherheitshauptamt. Er wurde 1998 als wohlbestallter Bundespensionär in Turin in Abwesenheit wegen Kriegsverbrechen zu lebenslänglicher Haft verurteilt, vor der ihn die Auslieferungsverweigerung der Bundesregierung schützte. Er starb im Jahr 2000.
Otto Köhler schrieb seinerzeit in jW: Saevecke sei von November 1942 bis 1943 in Tunis »dem SS-Obersturmbannführer Walter Rauff – ebenfalls Reichssicherheitshauptamt – unterstellt« gewesen: »Rauff, der 1945 mit Vatikanhilfe nach Südamerika floh – warum eigentlich? –, war dort für den Bundesnachrichtendienst tätig, wurde aber – wieso eigentlich? – jetzt, 1962, im Jahr der Spiegel-Affäre, abgeschaltet.«
Knapp neun Jahre nach dieser Notiz veröffentlicht nun der Spiegel die Story vom Nazimassenmörder Rauff, der BND-Agent war, mit der Behauptung, ein »belastbarer Beleg« habe bislang gefehlt. Das habe sich seit Ende vergangener Woche geändert, nachdem der BND ein gutes Dutzend Dokumente zu Rauff freigegeben habe. Spiegel-Autor Klaus Wiegrefe zitiert Bodo Hechelhammer, Leiter der Forschungs- und Arbeitsgruppe Geschichte des BND, mit den Worten, die Anwerbung von Rauff sei »politisch und moralisch in keiner Hinsicht vertretbar«. Es sei zu bedauern, daß der Dienst NS-Verbrecher wie Rauff beschäftigt habe.
Die FAZ kommentierte am Montag diese Art von selektiver Geschichtswahrnehmung als wohldosierte »politische Publikationspraxis«. Eine »unabhängige Historikerkommission« und eine BND-interne »Forschungs- und Arbeitsgruppe« erkundeten seit kurzem die Frühgeschichte des Dienstes und veröffentlichten »in taktischer Absprache mit einzelnen Medien« ausgewählte Kapitel, vor allem, wenn sie »den Eindruck einer kritischen Selbstbetrachtung durch den BND fördern«.
Es ließe sich auch sagen, daß die staatsoffizielle Geschichtsschreibung – hier im Spiegel – wie stets haarscharf die Wahrheit verfehlt: Eingeräumt wird nur, wofür mehrfach ein »belastbarer Beleg« vorliegt. Das ist ebenso bundesdeutsche »Normalität« wie der Furor im Umgang mit der »zweiten deutschen Diktatur«. Der wachse, so kürzlich Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung, »im Quadrat des Zeitabstands zur DDR«. Beides gehört zusammen: Wo Naziverbrecher in bundesdeutschen Ämtern immer wieder als Überraschung gelten, muß der ostdeutsche Staat per se als Unrechtsregime verfolgt werden. Die bundesdeutsche Gründungsdoktrin »Lieber tot als rot« wird mit anderen Mitteln fortgesetzt.
Quelle: www.jungewelt.de vom 27.09.11
Wer glaubt, in die Debatte um die künftige Stromversorgung sei mit der Grundsatzentscheidung gegen die Atomenergie Ruhe eingekehrt, hat sich getäuscht. Eines der Probleme, die das Land in den nächsten Jahren beschäftigen wird, sind die Stromnetze. Wobei man bei diesen unterscheiden muß. Zum einen gibt es die Niedrig- und Mittelspannungsnetze, die der regionalen und lokalen Verteilung dienen. Bei vielen dieser örtlichen Anlage laufen in den nächsten Jahren die Konzessionsverträge aus. Mancherorts versuchen Bürgerinitiativen und auch Parteien wie der schleswig-holsteinische SSW, der die friesische und dänische Minderheit vertritt, die Gelegenheit zu nutzen, die Infrastruktur wieder in kommunale Hände zu bekommen. In Hamburg hat sich zu diesem Zweck das Bündnis »Unser Netz« gegründet, das ein entsprechendes Volksbegehren anstrebt. Auch in Berlin gibt es derartige Überlegungen.
Eine andere Sache ist allerdings das Höchstspannungsnetz, das das Rückgrat der bundesweiten Stromversorgung bildet. Dieses war bis vor kurzem noch vollständig im Besitz der vier großen Stromkonzerne. Inzwischen hat E.on seinen Teil an die niederländische TenneT TSO GmbH verkauft und Vattenfall seine Gesellschaft »50 Hertz Transmission« an den australischen Infrastrukturfonds IFM und den belgischen Netzbetreiber Elia. Zuletzt gab RWE Anfang September 74,9 Prozent der Anteile an seiner Netzgesellschaft Amprion an ein von der Commerzbank vertretenes Konsortium ab. Nur EnBW ist noch vollständig im Besitz seines Übertragungsnetzes. Auf jeden Fall wurde die Chance vertan, die Netze endlich in einer einheitlichen Gesellschaft und damit einer gemeinsamen Regelzone zusammenzufassen. Außerdem hätte diese Gesellschaft nach dänischem Vorbild unter öffentlich-rechtlicher Kontrolle und nicht gewinnorientiert betrieben werden können. Immerhin handelt es sich bei den Netzen um ein natürliches Monopol, auf das selbst gläubigste Anhänger der Marktwirtschaft deren Regeln nicht so richtig anwenden können.
Jedenfalls sind diese Netzgesellschaften nun dabei, den notwendigen Aus- und Umbau nach ihren Vorstellungen anzugehen. Ende vergangener Woche wurden neue Pläne bekannt, drei große Fernverbindungen von Nord nach Süd und von Ost nach West mit einer in Deutschland bisher nicht eingesetzten Technik zu schaffen. Der Baubeginn liegt dabei allerdings noch in weiterer Ferne. Aber die »50 Hertz Transmission GmbH«, die den Raum Magdeburg mit der Rhein-Main-Region verbinden will, hat bereits einen ersten grundsätzlichen Antrag bei der Bundesnetzagentur gestellt.
Bei der angestrebten Technik handelt es sich um Hochspannungsgleichstromübertragung, kurz HGÜ. Strom fließt normalerweise unter Wechselspannung durchs Netz. Hierzulande wechselt der Strom 50 mal in der Sekunde seine Fließrichtung. Das hat technisch manchen Vorteil, aber einen großen Nachteil: Die Verluste werden für Übertragungsstrecken von mehreren 100 Kilometern schnell groß. Bisher wird allerdings der meiste Strom mehr oder weniger in der Nähe des Verbrauches erzeugt, weshalb dieser Aspekt keine große Rolle spielt. Anders sieht es allerdings aus, wenn man Strom von der Nordsee nach Süddeutschland oder aus der Sahara nach Mitteleuropa transportieren will. Ab 600 Kilometern Entfernung, heißt es beim Kabelhersteller ABB, lohnt sich HGÜ.
Als Begründung für die neuen Fernverbindungen wie auch für ältere Pläne, die damit nicht unbedingt aufgehoben sind, wird meist der Windstrom von der Küste angegeben. Gerne verschwiegen wird hingegen, daß es noch einen weiteren Grund für die neuen Leitungen gibt. Bisherige Planungen sind nämlich davon ausgegangen, daß an der Küste eine ganze Reihe neuer Kohlekraftwerke entstehen. Die Standorte wurden vor allem unter dem Aspekt gewählt, daß die Anlagen dort am einfachsten mit importierter Steinkohle versorgt werden könnten.
Einige der geplanten Kraftwerke sind inzwischen vor allem aufgrund heftiger Bürgerproteste verhindert worden, so zum Beispiel in Kiel, in Lubmin bei Greifswald, in Emden und in Dörpen an der niederländischen Grenze. Andere sind jedoch bereits im Bau oder weiter in Planung. So errichtet Vattenfall in Hamburg ein 1600-Megawatt-Kraftwerk und GdF Suez in Wilhelmshaven ein 800-MW-Werk, das bereits im nächsten Jahr ans Netz gehen soll. Zunächst aber nur mit halber Kraft, denn es gibt Probleme mit dem Netzanschluß. Allerdings sind es nicht die fehlenden Überlandleitungen, die Sorgen bereiten. Vielmehr wurde offensichtlich versäumt, sich rechtzeitig um ein Kabel zum nächsten Umspannwerk zu kümmern.
Auf jeden Fall ist es nicht ausgemacht, daß die neuen Leitungen alle für den Windstrom benötigt werden. Zumal neben den beiden bereits im Bau befindlichen Kraftwerken immer noch zwei weitere in Brunsbüttel und eines auf der anderen Elbseite in Stade geplant sind. Außerdem fällt an der Diskussion auf, daß die Netzbetreiber von einem gleichbleibenden oder gar steigenden Verbrauch ausgehen. Tatsächlich gibt es aber bei der Elektroenergie erhebliche Einsparpotentiale, wie etwa im Bereich Heizen und Warmwasser, deren Nutzung von den Bundesgesetzen bisher nicht annähernd im Rahmen des Möglichen gefördert wird.
Quelle: www.jungewelt.de vom 26.09.11
Berlin. Ein Mitverantwortlicher am Massenmord an den Juden unter Hitler stand nach Informationen der Onlineausgabe von Bild jahrelang im Dienst des Bundesnachrichtendienstes (BND). Der ehemalige SS-Offizier Walther Rauff verantwortete die Entwicklung und den Einsatz von Gaswagen, in denen Menschen qualvoll mit Abgasen erstickt wurden. Bodo Hechelhammer, Leiter der Forschungs- und Arbeitsgruppe »Geschichte des BND« sagte dem Onlineportal der Zeitung: »Walther Rauff war von 1958 bis 1962 als nachrichtendienstliche Verbindung für den BND in Südamerika tätig. Insgesamt bekam er dafür mehr als 70000 D-Mark Honorar.«
Wie Spiegel online am Sonntag berichtete, sollte der damals in Chile lebende Rauff Informationen über Kuba besorgen.
Quellen: (AFP/jW), www.jungewelt.de vom 26.09.11
Am Samstag marschierten Neonazis trotz Gegendemonstrationen durch Neuruppin. Nachdem es am 9. Juli 2011 einem breiten Bündnis gelungen war, den alljährlichen Aufmarsch der Neonazis in Neuruppin zu blockieren, beharrten die Neonazis darauf, am 24.September ihre angemeldete Route durchzusetzen. Dies wurde ihnen schließlich durch die enorme Polizeigewalt an diesem Tag ermöglicht. (…)
Mit grober Gewalt löste die Polizei die Blockade in der Friedrich-Engels-Straße auf. Dabei wurde ein Rentner verletzt, als die Polizisten ihn beim Wegtragen fallen ließen und er dadurch mit dem Kopf auf eine Bordsteinkante aufschlug. Nach der Räumung wurden alle Blockadeteilnehmer in einer Nebenstraße eingekesselt. Dort mußten die Protestierenden noch für ihr Recht auf einen freien Zugang zu Toiletten kämpfen (…). Desweiteren hat die Polizei bereits angekündigt, gegen rund 350 Blockadeteilnehmer eine Anzeige wegen Nötigung zu stellen. „So werden friedlich Proteste unterdrückt und rechtes Gedankengut durch Polizeieinsatz geschützt. Das ist unserem Grundgesetz nicht würdig“, erklärt Michaela Trenner, Landessprecherin Linksjugend [’solid] Brandenburg.
Quelle: www.jungewelt.de vom 26.09.11