ROBIN WOOD-AktivistInnen haben heute am Vormittag im Terminal 2 des Flughafens ein 40 Quadratmeter großes Transparent entrollt mit der Aufschrift:
„Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Flugbewegungen deckeln!“
Sie demonstrieren damit gegen die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen, die heute im Beisein von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in Betrieb genommen wird.
„Fliegen ist der Klimakiller Nummer eins, wenn es um das Verhalten des Einzelnen geht. Deshalb brauchen wir nicht mehr, sondern weniger Flugverkehr. Merkel und Ramsauer weihen hier ein Dinosaurierprojekt ohne Zukunft ein“, sagt ROBIN WOOD-Aktivistin Aglaia Abel.
Für den Bau der vierten Landebahn hat der Flughafenbetreiber, die Fraport AG, rund 300 Hektar Bannwald kahl schlagen lassen. Damit wurden ein wichtiger Klimaregulator, der Lebensraum vieler, teilweise bedrohter Tierarten, ein wertvolles Naherholungsgebiet und natürlicher Schallschutz zerstört. ROBIN WOOD hatte von Anfang an den Widerstand gegen den Bau der neuen Landebahn u.a. mit Baumbesetzungen gestärkt und das Widerstandsdorf im Kelsterbacher Wald unterstützt.
Fraport will mit der Landebahn Nord-West die jährlichen Flugbewegungen von 500.000 auf 800.000 steigern, technisch möglich wären bis zu eine Million Flugbewegungen. Mit der neuen Bahn kann Frankfurt – statt wie bisher 82 – künftig 90 Flüge pro Stunde abfertigen, also alle vierzig Sekunden ein An- bzw. Abflug. Nach Fertigstellung des neuen Terminals 3 soll sogar eine Abfertigung von 126 Flügen pro Stunde möglich sein.
Fliegen schadet dem Klima immens. Bereits heute trägt der Flugverkehr bis zu vierzehn Prozent zur globalen Erwärmung bei. Um einen Klimakollaps noch abzuwenden, ist eine radikale Reduktion der Treibhausgas-Emissionen notwendig.
In Deutschland müssten sie laut Umweltbundesamt bis 2050 um neunzig Prozent sinken gegenüber dem Vergleichsjahr 1990. Im Verkehrssektor geht dies nur durch eine Beschränkung des bislang noch stetig wachsenden Flugverkehrs. Bundes- und hessische Landesregierung sorgen jedoch für das Gegenteil und feiern es – wie heute in Frankfurt – noch als Fortschritt, wenn die Infrastruktur für den klimaschädlichsten aller Verkehrsträger ausgebaut wird.
„300 Hektar Wald kahl geschlagen und 300.000 Flugbewegungen mehr pro Jahr – das ist eine Bankrotterklärung für eine klimaverträgliche Verkehrspolitik“, sagt Abel. „Klimaschutz in unserem Mobilitätsverhalten fängt mit weniger Fliegen an.“
ROBIN WOOD will bessere Mobilität für alle statt mehr Verkehr. ‚Mehr Verkehr’ bedeutet mehr Lärm, mehr Beton, mehr Abgase, mehr Treibhausgase und mehr Stress. Deswegen brauchen wir keinen Ausbau von Flughäfen, sondern grundlegend neue Ziele in der Verkehrspolitik.
Sie geht von der Frage aus: Warum sind Menschen und ihre Sachen unterwegs? Wie können wir unseren Mobilitätsbedürfnissen auch in Zukunft sicher nachkommen – gerecht, umwelt- und klimaverträglich?
http://www.robinwood.de/Flughafen-Frankfurt.237.0.html
ROBIN WOOD-AktivistInnen werden sich auch an der Demonstration „Rhein-Main gegen Fluglärm!“ beteiligen. Samstag, 22.10.2011, Start: Mainz Hauptbahnhof, 11.00 Uhr.
VON: ROBIN WOOD vom 22.10.11
Die Geschäftsführung des Flughafens Hahn im Hunsrück hat angeboten, die Anteile des Landes Rheinland-Pfalz zu übernehmen und den defizitären Betrieb weiterzuführen. Was hält die Gewerkschaft ver.di davon?
Euphorie kommt bei uns nicht auf. Denn es gibt keinen Grund, gleich auf Privatisierung zu setzen, um die dortigen Probleme zu lösen. Das Land hat den ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt während der 90er Jahre in einen Zivilflughafen umgewandelt. Doch muß Rheinland-Pfalz kräftig zuschießen, im vergangenen Jahr waren es fast elf Millionen Euro. Das befördert die Debatte um den Verkauf. Andererseits arbeiten hier mehr Menschen als zu Zeiten der US-Airbase. Diese Jobs brauchen wir in der strukturschwachen Region.
Gibt es nähere Informationen über die Pläne der Geschäftsleitung?
Sie bietet 25 Millionen Euro und will dafür mehr als die Hälfte der Anteile. Wir wissen nicht, ob die Landesregierung für diese Summe die gesamten 85 Prozent eintauschen will, die sie an Hahn hält. Das ist Verhandlungssache. Bevor die Gespräche beginnen, will die Geschäftsführung keine Angaben darüber machen, woher das Geld stammt. Sie bringt ein Investoren- und ein Bankenmodell ins Gespräch. Formaler Eigentümer soll eine »Management GmbH« werden, die sich das Kapital dann entweder von Banken oder Investoren leiht.
Wer tatsächlich Interesse an einem finanziellen Einstieg haben könnte, ist völlig offen. Ich glaube den Managern, daß sie den Flughafenbetrieb aufrechterhalten möchten. Ob die Geldgeber die gleichen Motive haben, wissen wir nicht. Zumindest schloß die Geschäftsleitung aus, das Ryan-Air-Chef Michael O’Leary ins Geschäft einsteigt.
Welche Folgen hätte eine Privatisierung?
Erstens wissen wir nicht, ob unsere Tarifstandards und die Arbeitsplätze erhalten blieben. Die jetzigen Verträge gelten zwar weiter. Es ist aber nicht klar, ob Dienstleistungen an Fremdfirmen vergeben würden. Zweitens müßte geklärt werden, ob und wie viele Schulden beim Land verbleiben.
Ein Hauptakteur in Hahn ist O’Leary. Ohne seine Billigfluglinie könnte der Flugplatz nicht überleben. Welche Rolle spielt er? Er übt schließlich auch Druck auf die Bundesregierung aus, die Ticketsteuer abzuschaffen.
Wir sind uns einig mit ihm, daß eine Insellösung in der Bundesrepublik unsinnig ist. Denn die nächstgelegenen Konkurrenz-Flughäfen zu Hahn liegen bereits im Ausland. Der hiesige Airport ist Ryan Airs Standbein auf dem Kontinent. Nur in London werden mehr Flüge abgefertigt. Seiner Geschäftspolitik folgend, hat O’Leary jedoch wohl kein Interesse, sich in den gesamten Flugplatzbetrieb einzukaufen. Er will nur Dienstleistungen an seinen eigenen Fliegern übernehmen.
Welche Dienste können Fluglinien selbst betreiben?
An manchen europäischen Flughäfen bringen die Airlines das Gepäck mit eigenem Personal in die Maschinen bzw. wieder zurück ans Terminal. Die Betreiber bleiben außen vor. Das ist total widersinnig. Doch auf diesem Konzept beruht der Entwurf der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Die Beschäftigten in Hahn stehen also von mehreren Seiten unter Druck. Das könnte sich negativ auf Löhne und Arbeitsbedingungen auswirken.
Was beinhaltet das EU-Vorhaben?
Die Bodenverkehrsdienste müßten öffentlich ausgeschrieben werden. Den Zuschlag erhält dann der billigste Anbieter.
Was soll das? Man schreibt einem Autobauer doch auch nicht vor, die Kantine auszulagern …
Es ist absolut widersinnig. Dahinter stecken die Interessen der Fluggesellschaften. Die wollen ihr eigenes Personal einsetzen, um nicht nur das Handgepäck, sondern auch das am Schalter aufgegebene Gepäck zu transportieren. Der Grund dafür sind niedrigere Kosten. Denn es gelten die Löhne der Entsendeländer, also beispielsweise das geringe polnische Gehaltsniveau. Das wäre ein riesiges Problem für unsere Kollegen.
Was tun Sie dagegen?
Wir mobilisieren für den 14. November zu einer bundesweiten Demonstration. Auch in Brüssel wird es Proteste geben. Unser Ziel ist es, daß der Entwurf gar nicht erst zur Abstimmung vorgelegt wird. Wir haben starke Verbündete. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hält das für falsch. Auch die Flughafenbetreiber mit hohem Grad von Eigenregie wollen die Richtlinie nicht.
Quelle: www.jungewelt.de vom 22.10.11
Gesine Lötzsch spricht Klartext: »Eine Enteignung ist zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Liebe Genossinnen und Genossen, setzen wir gemeinsam das Grundgesetz durch«, erklärte die Parteivorsitzende bei dem am Freitag eröffneten Programmparteitag der Linken in Erfurt. »Wir erleben eine Bewegung, die in der ganzen Welt Börsen und Parlamente belagert.« Der ehemalige Resistance-Kämpfer Stephane Hessel habe in seiner Streitschrift »Empört euch« beschrieben, wie die Herrschenden das zerstörten, was Millionen von Menschen nach dem Krieg aufgebaut hätten, sagte Lötzsch in einer temperamentvollen Rede, die mehrfach von Applaus unterbrochen wurde. »Die Menschen wurden für die notleidenden Banken gnadenlos abkassiert.« Der Protest habe erst angefangen. Die Linke sei die einzige Partei, die die Frage nach dem Zusammenhang von Demokratie und Eigentum stelle und die Empörung der Mehrheit in ihrem Programm aufgreife. Sie bezog sich auf soziale Kämpfe verschiedener Jahrhunderte und Länder. Dabei schlug Lötzsch einen Bogen von Martin Luthers Protest gegen den Ablaßhandel der katholischen Kirche und das Aufbegehren der Bauern gegen Adel und Klerus über die russische Oktoberrevolution von 1917 und die Arbeiter- und Soldatenräte bis zur afroamerikanischen Emanzipationsbewegung in den 1950er und 60er Jahren.
Quelle: www.jungewelt.de vom 22.10.11
„Das Bundeskriminalamt speichert weiterhin linke politische Aktivisten in Spezialdateien“, kritisiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion zu den Präventiv-Dateien des BKA.
Jelpke weiter: „2285 Personen sind in der BKA-Datei‚ Gewalttäter links‘ gespeichert. Vor zwei Jahren waren es noch 1866. Doch tatsächliche Gewalttäter gibt es viel weniger: Auf weitere Nachfrage räumt die Bundesregierung ein, dass derzeit ganze 86 Personen als ‚potentiell gewaltbereite Störer‘ in dieser Datei gespeichert sind. Die Bundesregierung äußert sich nicht dazu, warum das Gros von mehr als 95 Prozent gespeichert wird.
Hier drängt sich der Verdacht auf, dass die Datei in Wirklichkeit die Erfassung gewaltfreier Aktivisten alleine aufgrund ihrer politischen Orientierung anstrebt. Das Gleiche gilt für die neu geschaffene Zentraldatei ‚Politisch motivierte Kriminalität-links‘: Sie ist die Nachfolgerin der mittlerweile aufgelösten Datei ‚International agierende gewaltbereite Störer‘ (IgaSt). Aus dieser wurden voriges Jahr 122 personengebundene Datensätze übernommen – doch heute finden sich schon 1710 Personen in der neuen Datei. Weitere 7642 Personen sind im polizeilichen Informationssystem mit dem Hinweis ‚Straftäter linksmotiviert‘ erfasst
Welchem Zweck genau dies dient und ob tatsächlich gegen alle diese Personen rechtskräftige Urteile vorliegen, geht aus den Angaben nicht hervor, weil die Bundesregierung die Errichtungsanordnungen nicht mitteilt.
DIE LINKE hält die politisch motivierten Dateien des BKA für einen Angriff auf die Persönlichkeitsrechte, da Einträge unabsehbare Folgen für die Bewegungsfreiheit und Berufsausübung haben können. Das Mindeste wäre, Betroffene über einen Eintrag in diese Dateien zu informieren, damit sie eine gerichtliche Überprüfung in die Wege leiten können.“
Diesmal haben die mit besonderen Befehlen ausgestatteten organisierten Gruppen und anarchofaschistischen Gruppierungen einen Angriff mit Molotowcocktails, Tränengas, Blendgranaten und Steinen entfesselt, um die große Demonstration der Arbeiter und des Volkes auf dem Syntagma-Platz besonders auf dem Gebiet, auf dem sich die PAME versammelt hatte, aufzulösen. Das Ergebnis dieses Angriffs war der Tod des 53jährigen PAME-Gewerkschafters Dimitris Kotzaridis, Sekretär der Bauarbeitergewerkschaft im Stadtviertel Vironas. Zudem wurden Dutzende Demonstranten der PAME verletzt.
Der Haß der Vermummten gegen die Arbeiter- und Volksbewegung und die PAME spiegelt die Wut der Kräfte wider, die dem System und der Macht der Bourgeoisie dienen. Die Regierung trägt dafür eine große Verantwortung. Die Operation zur Einschüchterung, Verleumdung und Unterdrückung der Arbeiter- und Volksbewegung wurzelt in den staatlichen Strukturen, Zentren und Diensten. Das hat die Geschichte gezeigt, und das zeigt auch dieser jüngste barbarische Mordangriff. Die Vermummten, die Anarchoautonomen, Faschisten oder wie auch immer sie sich nennen, haben es übernommen, das umzusetzen, was die Kräfte der Repression, der Erpressung und der Bedrohung nicht erreichen konnten, um das Volk einzuschüchtern und niederzudrücken. (…)
Die KKE drückt ihre Trauer und ihr Mitgefühl für die Familie von Dimitris Kotzaridis aus, der im Kampf für die gerechte Sache der Arbeiterklasse und des Volkes gefallen ist. Sie erklärt ihre Solidarität mit den verletzten Demonstranten und mit allen, die die Arbeiter- und Volksdemonstration gegen die Gruppen von Provokateuren verteidigt haben. Sie ruft das Volk auf, entschlossen aufzustehen, gemeinsam mit der KKE zu kämpfen, sich den Gewerkschaften, der PAME und den anderen radikalen Organisationen anzuschließen, die gegen die volksfeindliche Politik und gegen die Macht der Monopole kämpfen. (…)
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.10.11
Essen. Nach dem Regierungsbeschluß zum Atomausstieg treibt der Energiekonzern RWE die Planungen zum Abriß seines Meilers im hessischen Biblis voran. »Für die Stillegung und den Rückbau der beiden Blöcke in Biblis muß man Kosten in einer Größenordnung von 1,5 Milliarden Euro kalkulieren«, sagte RWE-Power-Vorstand Gerd Jäger der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag.
In den nächsten Monaten werde der Konzern festlegen, in welchem Zeitraum die Meiler abgerissen werden. Je nach Vorgehen könnte das rund 40 Hektar große Gelände schon in 20 oder erst in 40 bis 50 Jahren wieder zur grünen Wiese werden.
Nach dem Ausstiegsbeschluß der Bundesregierung mußten die AKW-Betreiber E.on, RWE, EnBW und Vattenfall acht der 17 deutschen Meiler sofort abschalten. Die übrigen sollen bis Ende 2022 folgen. Für den Abriß der Meiler und die Entsorgung der Anlagen sind die Konzerne verantwortlich. Experten veranschlagen für die Kosten je Block zwischen 700 Millionen und über eine Milliarde Euro.
QuellWe: Reuters/jW); www.jungewelt.de vom 21.10.11
Athen. Griechische Gewerkschaften haben für die kommende Woche weitere Streiks im öffentlichen Dienst angekündigt. Der Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes ADEDY, Ilias Iliopoulos, erklärte am Freitag, das am Donnerstag im Parlament in Athen verabschiedete Sparpaket »wird nicht umgesetzt«. Er warf den regierenden Sozialisten vor, mit der Verabschiedung weiterer Kürzungsmaßnahmen den Widerstand der Griechen zu ignorieren. »Unsere Antwort lautet: Verschwindet, so schnell ihr könnt. Ihr habt keinen Platz mehr in Griechenland«, erklärte Iliopoulos. Bereits am Mittwoch und Donnerstag demonstrierten mehr als 150000 Menschen in Athen gegen die von der Regierung betriebene Abwälzung der Krisenlasten auf ihre Schultern. (dapd/jW)
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.10.11
Als »organisierten mörderischen Angriff von Befehle ausführenden Provokateuren« bezeichnete die Kommunistische Partei Griechenlands, KKE, den Angriff auf ihre Gewerkschaftsfront PAME am Donnerstag. Dabei hatten mehrere hundert Vermummte den Demonstrationsblock der PAME vor dem griechischen Parlament mit Steinen, Rauchgeschossen und sogar Brandbomben angegriffen. Bei den Auseinandersetzungen wurden mehr als 40 Menschen verletzt, der PAME-Gewerkschafter Dimitris Kotzaridis erlitt einen tödlichen Herzinfarkt. Im Internetportal Indymedia dagegen wurde die Attacke auf die Gewerkschafter als anarchistischer »Angriff auf die Schergen der KKE, die die Rolle der Polizei übernommen haben« bejubelt. In- und ausländische Medien sprachen von einem Übergriff Vermummter auf friedliche Demonstranten, die Hintergründe vermochte niemand zu erklären. Doch der brutale Angriff auf Griechenlands Kommunisten kommt nicht aus heiterem Himmel:
Für die einen war es ein hoffnungsvolles Zeichen für eine Wendung hin zur gemeinsamen Aktion, für die anderen die endgültige Demaskierung der KKE als Steigbügelhalter der Herrschenden. In der Vergangenheit hatten KKE und ihre Gewerkschaftsfront PAME stets im Alleingang agiert, bei Generalstreiks separate Kundgebungen organisiert und dafür gesorgt, daß die eigenen Anhänger den Syntagma-Platz im Herzen Athens bei Eintreffen der Demonstrationen von Gewerkschaftsdachverbänden, außerparlamentarischen Linken und anarchistischem Spektrum schon wieder verlassen hatten. Bereits beim letzten zweitägigen Generalstreik Ende Juni aber organisierte die PAME zwar ihre getrennte Kundgebung, zeigte aber anschließend zusammen mit allen anderen am Syntagma-Platz Präsenz. Dies wiederholte sich beim Generalstreik vergangenen Mittwoch und Donnerstag. An beiden Tagen besetzte die PAME mit Zehntausenden Anhängern den gesamten Boulevard oberhalb des Platzes direkt vor dem Parlament, ihren Demonstrationsblock dabei wie immer durch eine dichte Kette mit Helmen und Knüppeln bewaffneter Mitglieder abschirmend. Insbesondere wurde den anderen Demonstrantengruppen der Zugang zum provokanten Absperrzaun der Polizei am Parlament verwehrt, ein Ort, an dem es in der Vergangenheit regelmäßig zu Straßenschlachten zwischen militanten Demonstranten und der Staatsmacht gekommen war. Mit dem Resultat, daß Zehntausende friedlicher Protestteilnehmer entweder fluchtartig den Platz verlassen mußten oder im Tränengasnebel versanken. Es ist sicher kein Zufall, daß dieses für griechische Massendemonstrationen mittlerweile gewohnte Szenario am Mittwoch erst kurz nach Abzug der PAME am Nachmittag einsetzte.
Für den Donnerstag hatte die PAME ihre Anhänger zu einer symbolischen Umzingelung des Parlaments mobilisiert, dabei aber klargestellt, daß man den Abgeordneten nicht den Zutritt zum Haus verwehren werde. Andere Demonstranten warfen der PAME daraufhin vor, der PASOK so erst die bequeme Zustimmung zum eigentlich bekämpften Gesetz zu ermöglichen. Stimmen aus Kreisen der Anarchisten und der radikalen Linken sprachen sogar davon, daß KKE und PAME damit den Polizeischutz des Parlaments übernommen hätten. Einen eigenen Plan zu dessen Blockade hatte indes niemand vorgestellt, Gewerkschaftsdachverbände und außerparlamentarische Linke hatten lediglich zu einer Demonstration vor dem Parlament aufgerufen.
Die der PAME angedichtete Rolle des bürgerlichen Schutzpolizisten dürfte denn auch der Vorwand für den mörderischen Angriff auf die Gewerkschafter gewesen sein. Inwieweit dabei bezahlte Polizeispitzel ihre Hand im Spiel hatten, wird wohl kaum aufgedeckt werden. Das griechische anarchistische Spektrum steht in klarer politischer Feindschaft zur von der KKE vertretenen Ideologie des organisierten Klassenkampfes, des demokratischen Zentralismus, der Rolle der Partei und vielem mehr. Tätliche Angriffe auf Parteistrukturen oder Demonstrationsblocks der KKE hat es auch in der Vergangenheit bereits gegeben, mehrheitlich wird die Auseinandersetzung allerdings politisch geführt. In der Linken und bei den Gewerkschaften wurde der Angriff einhellig verurteilt.
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.10.11
Berlin/Frankfurt a. M. Die »Occupy«-Bewegung und das globalisierungskritische Netzwerk Attac wollen am Samstag um 13 Uhr in Berlin am Brandenburger Tor gegen die Macht der Banken demonstrieren. Laut Berliner Polizei hat der Veranstalter 100 Teilnehmer angemeldet. Zelte seien nicht erlaubt und würden beschlagnahmt.
Die Berliner Polizei hat bislang die Errichtung von Protestcamps verhindert. Im Bankenviertel in Frankfurt am Main stehen 60 Zelte.
Auch für Frankfurt wird am Samstag um 12 Uhr am Rathenauplatz zu einer neuen Demonstration aufgerufen. Erwartet werden mehr als 2000 Menschen.
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.10.11
Bei ABC-Schützen kann die Bundeskanzlerin noch heile Welt spielen: Am Donnerstag gründete sich anläßlich ihres Besuches an einer Grundschule in Berlin-Wedding ein Angela-Merkel-Fanklub (»Sie sieht so aus wie im Fernsehen – sehr attraktiv«). Anschließend aber brach Chaos aus: Die Regierungschefin ließ die auf sie wartenden Kultusminister der Länder stehen, verschob die Regierungserklärung auf Mittwoch und mußte zur Kenntnis nehmen, daß der CSU-Parteivorsitzende Horst Seehofer am Abend nicht zum Treffen mit ihr und FDP-Chef Philipp Rösler erschien.
Am Freitag setzte sich das Durcheinander fort: Merkel erschien in Sondersitzungen der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP, ohne dort Einzelheiten zu erläutern. Über Agenturen wurden Andeutungen zur Kernfrage des zweigeteilten EU-Gipfels am kommenden Sonntag und Mittwoch verbreitet: Es geht um den sogenannten Schuldenschnitt für Griechenland und die weitere Einschränkung von dessen Souveränität.
Nach Teilnehmerangaben erklärte Merkel, es nähere sich der Zeitpunkt, an dem man feststellen müsse, daß die bisherigen Vereinbarungen nicht mehr die Schuldentragfähigkeit Griechenlands sicherten. Bereits am Dienstag hatte sie eine »permanente Troika« zur Beaufsichtigung Athens ins Spiel gebracht. Am Freitag munterte sie die Abgeordneten mit Sprüchen wie »Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit« auf. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versicherte zugleich, daß es keine Bankenlizenz für den Euro-Rettungsschirm EFSF geben werde, wie es Frankreich wünscht. Auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler erteilte dem französischen Vorschlag am Freitag eine Absage: »Wir wollen auf gar keinen Fall, daß es eine Bankenlizenz für die EFSF dann selber geben soll.«
Um die Verwirrung komplett zu machen, leugnete Berlin zugleich schlicht jeden Streit. Regierungssprecher Steffen Seibert behauptete, es gebe keine »grundsätzliche deutsche Uneinigkeit mit Frankreich«. Schäuble erklärte: »Frankreich und Deutschland sind in ihren Positionen überhaupt nicht verhakt.« Zuvor hatte dagegen Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker kommentiert: »Die Außenwirkung ist desaströs.« Das sieht offenbar US-Präsident Barack Obama nicht anders. Er nahm Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy per Videokonferenz ins Gebet, worüber Reuters berichtete: »Merkel und Sarkozy hätten die Dringlichkeit der Probleme erkannt und arbeiteten an einer umfassenden Lösung, teilte das US-Präsidialamt mit.«
Die Linkspartei verschärfte am Freitag ihre Kritik an der Krisenstrategie. Die Vorsitzende Gesine Lötzsch erklärte auf dem Parteitag in Erfurt: »An Griechenland soll ein Exempel statuiert werden. Hier zeigen die Herrschenden, mit welcher Brutalität sie bereit sind, gegen ein ganzes Volk vorzugehen.« In einer Resolution des Parteitags ist die Rede von einem »Verarmungsprogramm für die Bevölkerung der Krisenländer«. Zuvor hatte der frühere Parteivorsitzende Oskar Lafontaine im Deutschlandfunk erklärt: »Die heutige Bankenwelt ist so aufgebaut, daß sie eben zu millionenfacher Arbeitslosigkeit führt bis hin auch zum Hungertod, und man muß eben den Systemwechsel durchführen.«
Die »Occupy«-Bewegung und ATTAC wollen am Samstag, 13 Uhr, in Berlin am Brandenburger Tor gegen die Macht der Banken demonstrieren. Auch in anderen deutschen Städten sind Aktionen geplant.
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.10.11