„Die Bundeswehr hat im vergangenen Jahr ihre Werbeauftritte an Schulen intensiviert“, fasst Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage zusammen.
Jelpke weiter: „Die politische Indoktrination von Schülern durch die Bundeswehr verharrt auf hohem Niveau. Zunehmend wichtiger als die inhaltliche Überzeugung ist der Truppe dabei offensichtlich, Jugendliche zum „Job“ im Militär zu überreden. Sie legt es darauf an, Heranwachsende zu ködern, die nicht einmal von der „Sache“ überzeugt sind und ahnungslos in den Krieg stolpern.
Die Statistik der Schuleinsätze von Jugendoffizieren und Wehrdienstberatern ist zwar noch nicht abgeschlossen, die bis jetzt erhobenen Zahlen lassen sich aber mit jenen vergleichen, die ich genau vor einem Jahr abgefragt hatte. Demnach haben die Jugendoffiziere im vergangenen Jahr 130.000 Jugendlichen die militärische Version der politischen Bildung“ vermittelt. Das ist ein geringer Rückgang zum Jahr 2010 (138.000), der allerdings vor dem Hintergrund rückläufiger Schülerzahlen gesehen werden muss. Direkt an Schulen, also als Teil des Unterrichts, haben die Jugendoffiziere 122.000 Schüler erreicht (2010:
138.000), in Organisationen wie etwa Jugendvereinen allerdings deutlich mehr: über 8000 (2010: 3700).
Wehrdienstberater, denen es nicht um die politische Bearbeitung der Jugendlichen geht, sondern darum, ihnen eine „Karriere“ bei der Bundeswehr schmackhaft zu machen, haben dagegen ihre Auftritte in Schulen deutlich erhöht: Traten sie 2010 noch vor 196.000 Schülern auf, waren es im vergangenen Jahr 245.000. Die endgültigen Zahlen werden erst im Laufe der kommenden Wochen veröffentlicht. Sie sind erfahrungsgemäß noch erheblich höher.
Quelle: Ulla Jelpke, MdB, Innenpolitische Sprecherin Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Morgen werden die Regierungsparteien zusammen mit der SPD die Fortsetzung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan beschließen. In der Öffentlichkeit wird dies als ein Abzugsbeschluß verkauft. Das ist ein Lüge, denn das Mandat wird 2012 lediglich um eine ohnehin nicht genutzte Reserve reduziert. (…) Schlimmer noch, ausgerechnet Verteidigungsminister de Maizière äußerte am vergangenen Wochenende gegenüber der Presse seine Zweifel über den endgültigen Rückzugstermin im Jahr 2014. Das zeigt die Bereitschaft der Bundesregierung, auf unbestimmte Zeit das Leben deutscher Soldaten und afghanischer Zivilisten gleichermaßen in einem sinnlosen Krieg zu opfern.
Die Linke wird als einzige Bundestagsfraktion geschlossen gegen die Mandatsverlängerung stimmen. Umfragen zeigen: Unsere Haltung entspricht dem Willen der Mehrheit der deutschen Bevölkerung. Doch darum kümmert sich die große Koalition der Afghanistankrieger nicht. Zehn Jahre Afghanistan-Krieg sind ein einziges Desaster. (…) Der NATO-Krieg kann eine korrupte Karsai-Regierung im Amt halten. Aber der afghanischen Bevölkerung hat er nur Leid gebracht.
Quelle: www.jungewelt.de vom 26.01.12
„Die Tarnung von BND-Agenten als Entwicklungshelfer in Pakistan stellt die Entwicklungshilfe unter den Generalverdacht der Auslandspionage. Mit diesem Vorgehen unterläuft der BND bewusst das Neutralitätsgebot und gefährdet das Leben der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit“, so Heike Hänsel anlässlich der Festsetzung von drei BND-Mitarbeitern in Pakistan, die unter dem Deckmantel der Gesellschaft für Internationale Entwicklungszusammenarbeit (GIZ) agierten. Die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:
„Die zivile Entwicklungshilfe, ihr Neutralitätsgebot und die Sicherheit der Entwicklungshelfer werden von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel schon durch die verstärkte zivil-militärische Zusammenarbeit stark gefährdet.
Wenn sich bestätigt, dass der BND unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe Spionage betreibt, dann sind die gravierenden Auswirkungen auf die Sicherheit der Entwicklungshelfer kaum abzuschätzen. Gerade in Kriegs- und Krisengebieten ist ein Vertrauensverhältnis zur örtlichen Bevölkerung Voraussetzung für eine sichere Zusammenarbeit. Mit der Instrumentalisierung der staatlichen Entwicklungsorganisation GIZ durch den BND ist dieses Vertrauen zerstört.
DIE LINKE fordert die sofortige und lückenlose Aufklärung dieses Falls. Dazu muss der BND dem Parlamentarischen Kontrollgremium detailliert Rede und Antwort stehen.“
Quelle: DIE LINKE. im Bundestag vom 25.01.12
http://www.linksfraktion.de/pressemitteilungen/bnd-gefaehrdet-internationale-entwicklungszusammenarbeit/
1990 erschütterte ein zutiefst beunruhigendes Ereignis die fortschrittlichen Kräfte im Saarland: der nur durch Zufall vereitelte Bombenanschlag auf das damalige Büro der PDS in Saarbrücken. Zu dieser Zeit kandidierte auf deren Offenen Listen ein breites Spektrum an linken Persönlichkeiten, die Bombe sollte bei einem Treffen dieses Kreises explodieren, wurde aber vorher glücklicherweise unter dem Treppenabsatz des Hauses entdeckt.
Ähnlich wie beim leider erfolgreichen Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung und anderen Taten mit rechtem Hintergrund wurden die Täter nie gefasst. Warum, fragten und fragen sich viele!
Ein Buchprojekt will aus dem allseits bekannten aktuellen Anlass der Thüringer Killer-Nazi-Gruppe diese Fragen neu aufwerfen und sucht nach Antworten.
Eine detaillierte Beschreibung (siehe unten) finden Sie auch unter:
http://dl.dropbox.com/u/5062294/buchprojekt_bombenanschlag_pds_buero.pdf
Wir laden alle, die an einer Mitarbeit oder eine Unterstützung interessiert sind, herzlich zu einem Treffen ein.
Es findet am Dienstag, den 7.02.2012 ab 18:00 Uhr im Gasthaus Bingert, Nauwieserstr. 7 in Saarbrücken statt.
Artikel, Buch und Wiedereröffnung des Verfahrens
Warum erst jetzt, nach 20 Jahren?
Der Mordversuch auf 20 bis 35 Personen, die sich zum Zeitpunkt der geplanten Explosion im Wahlkampfbüro der „Linke Liste PDS“ im November 1990 in Saarbrücken aufgehalten hatten, wurde niemals aufgeklärt. Wer hätte uns damals geglaubt, wenn wir gesagt hätten, dass wahrscheinlich staatliche Geheimdienste in den Attentatsversuch involviert sind.
So wie die Polizei die Spuren verwischte und überhaupt nicht nach den Tätern ermittelte. Wer hätte geglaubt, dass der Geheimdienst Gladio Deutschland in diesen Jahren seine Zentrale im Saarland hatte? Wer hätte uns geglaubt, dass der „Verfassungsschutz“ möglicherweise mit am Tatort war als die Bombe gelegt wurde, wie dies mittlerweile aus anderen Mordfällen und rechtsradikalen Terroranschlägen bekannt ist? Seit 3, 4 Jahren gibt es hervorragende Bücher, sowohl über die Machenschaften von Gladio (http://de.wikipedia.org/wiki/Gladio) als auch über die Verstrickungen des „Verfassungsschutzes“ in die Attentate von München.
Zudem ist offensichtlich, dass der „Verfassungsschutz“ in die Mordserie der „Killer-Nazis“ verstrickt ist. 16.1.2012 – Mindestens fünf V-Leute, von mindestens vier verschiedenen Behörden haben dem Morden der „Killer-Nazis“ zugesehen (http://www.takt.de/z_Die_Ermordeten.htm).Nach den Morden der „Killer-Nazis“ zeichnet sich ein Muster ab, das zurück reicht bis zum Massaker auf dem Oktoberfest 1990 (das vorher nicht oder so nicht erkennbar war). Der vergessene Bombenterroranschlagsversuch auf die Parteizentrale der PDS in Saarbrücken im November 1990 ist ein wichtiger Baustein in diesem Szenario des Mordens. Die Blutspur zieht sich vom Münchener Oktoberfest 1980 bis zu den „Killer-Nazis“.
Rechtlich besteht die Möglichkeit eine Wiederaufnahme eines Verfahrens gegen die potentiellen Mörder von 1990 (PDS Büro) zu erreichen. – Der Artikel ist in Arbeit. – Das Buch ist in Arbeit. Dem Roman liegen die Ermittlungsakten „Versuchter Sprengstoffanschlag z.N. der PDS-Geschäftsstelle“, 19.11.1990 und „Strafanzeige – Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion“ im VHS-Zentrum Saarbrücken, 1999 zu Grunde. 1990 wurde in der Beethovenstraße in Saarbrücken eine 6 Kilo Bombe unter der Eingangstreppe zum PDS Büro gefunden. Als die Bombe entschärft wurde, zeigte die Zeitschaltuhr noch 6 Minuten bis zur vorgesehenen Detonation. Bei Explosion dieser Splitterbombe wären in dem darüber liegenden Raum 20 bis 30 Personen getötet oder schwer verletzt worden.
Es war der größte Mordanschlagversuch mit einer Bombe seit dem Massaker auf dem Münchener Oktoberfest 1980. Acht Jahre später explodierte eine Bombe am Saarbrücker Volkshochschulzentrum. Im Gebäude der VHS wurde damals die Wehrmachtsausstellung gezeigt. Der Sachschaden betrug 500 000 Euro. Bombenanschläge und Brandanschläge wurden in den vergangenen 20 Jahren im Saarland einige verübt, ohne dass auch nur ein einziges Delikt aufgeklärt wurde. Die Handlung der Geschichte basiert auf dem Aktenmaterial staatlicher Behörden und eigener Recherche. In den Roman fließen Erlebnisse und Reflexionen aus jenen Tagen mit ein.
Die beiden Autoren waren mit dabei als die Bombe am 19.11.1990 in der Saarbrücker Beethovenstraße unter der Eingangstreppe entdeckt wurde. Es werden Zusammenhänge hergestellt, die bis zum Oktoberfest-Massaker zurück reichen, aber auch die „Killer-Nazis“ der Jetztzeit und die im Hintergrund agierenden Geheimdienste als Kontinuum im Blick haben. Im Zentrum dieses Romans steht das gescheiterte Bombenattentat auf das PDS Büro in Saarbrücken.
Saarbrücken im Januar 2012
Macht mit bei der bundesweiten Kampagne: „Weg mit dem Inlandgeheimdienst“!
Es ist unfaßbar, daß Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich das Problem noch nicht begriffen hat. Sein Mangel an Durchsetzungswillen bei der Aufarbeitung des Versagens von Sicherheitsbehörden im Kampf gegen mordende Neonazibanden und sein heutiger Vergleich der Linken mit der NPD lassen nur einen Schluß zu: Er sollte andere ran lassen, die verstanden haben, daß es in einem Rechtsstaat keine politischen Kampfbehörden der Regierung gegen die Opposition geben darf. (…) Bundestagsabgeordnete durch den der Regierung unterstellten Inlandsgeheimdienst beobachten und verunglimpfen zu lassen, ist eine Methode, die mit einem demokratischen Rechtsstaat nichts gemein hat. Wer das, wie der für dieses Vorgehen verantwortliche Innenminister, nicht begreift, hat ein stark eingeschränktes Demokratieverständnis und disqualifiziert sich für die Aufgabe als Verfassungsschutzminister. (…)
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.01.12
Leipzig/Berlin. Die Staatsanwaltschaft Dresden will die Immunität der Linke-Bundestagsabgeordneten Caren Lay aufheben lassen. Dies berichtete die Leipziger Volkszeitung am Dienstag. Demnach hat die Behörde in einem Schreiben vom 19. Januar bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Aufhebung der Immunität der Parlamentarierin beantragt. Die Begründung: Lay sei gegen eine genehmigte Versammlung von Neonazis in Dresden vorgegangen. Dies bezieht sich offenbar auf den breiten Protest gegen den Aufmarsch im Februar 2011, an dem zahlreiche Linke-Politiker beteiligt hatten.
Lay hat den Immunitätsausschuß des Bundestages unterdessen aufgefordert, den Antrag abzulehnen. »Angesichts der aktuellen Diskussion zum politischen Versagen bei der Bekämpfung der rechten Terrorzelle halte ich es für ein fatales Signal, wenn die Staatsanwaltschaft diejenigen verfolgt, die Widerstand gegen Neonazis leisten«, sagte die sächsische Bundestagsabgeordnete der Leipziger Volkszeitung.
Quelle: (AFP/jW) www.jungewelt.de vom 25.01.12
Der parlamentarische Untersuchungsausschuß zum Terror des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) und dem Versagen der Behörden im Umgang mit rechter Gewalt nimmt Gestalt an. Alle Bundestagsparteien haben sich am Dienstag auf einen gemeinsamen Entwurf für einen Antrag geeinigt. Am Donnerstag beschließt das Parlament offiziell die Einsetzung des Ausschusses, bis zum Sommer 2013 soll das Gremium einen Bericht vorlegen.
Der Auftrag des Ausschusses ist im der jW vorliegenden Antragsentwurf enger gefaßt als ursprünglich diskutiert. Ziel der Arbeit soll die Erstellung eines »Gesamtbildes« zur Terrorgruppe NSU, ihren Mitgliedern und Unterstützern und den Gründen für ihr jahrelang unbemerktes Abtauchen sein. Geklärt werden soll, welche Informationen den einzelnen Behörden und Ämtern über die drei NSU-Terroristen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe und ihr Umfeld vorlagen. Die »Fehler und Versäumnisse von Bundesbehörden« im Kampf gegen rechte Terrorgefahr und die Rolle der sogenannten Vertrauenspersonen (»V-Leute«) sind ebenfalls Gegenstand des Antrages. Die Aufklärungshoheit der Bundesländer in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen wird ausdrücklich festgestellt. Damit wird es unwahrscheinlich, daß der geplante Ausschuß tatsächlich auch die Arbeit der einzelnen Landesbehörden thematisieren kann, wie dies ursprünglich von den Grünen und der Linken angeregt wurde. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse soll der Ausschuß Schlußfolgerungen für die »Qualifizierung der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden« ziehen und »Empfehlungen aussprechen«.
Eine vorläufige Zusammensetzung des Gremiums ist bereits ausgehandelt: Mit vier Abgeordneten wird die Union am stärksten vertreten sein, die SPD stellt drei Mitglieder. Von der FDP werden zwei Abgeordnete entsandt; von Grünen und Linkspartei jeweils ein Mitglied des Bundestages – für Die Linke wird die Vizepräsidentin des Bundestags Petra Pau teilnehmen. Vorsitzender soll SPD-Mann Sebastian Edathy werden. Er glaube trotz des hohen Zeitdrucks an den Erfolg der Gremienarbeit, sagte Edathy: »Das wird ein sehr enger Zeitplan. Aber das ist leistbar». Federführend bei der Union soll der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger sein. Stephan Stracke vertritt die CSU-Landesgruppe, er wird auch stellvertretender Ausschußvorsitzender. Mit der Einigung aller Bundestagsfraktionen auf einen gemeinsamen Antrag sei verhindert worden, daß der Untersuchungsausschuß zu einem »Kampfinstrument der Opposition« werde, sagte Edathy. Auch Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) begrüßte den parteiübergreifenden Antrag: »Damit ersparen wir uns unwürdige Debatten bei diesem Thema.«
Kritik an der Zusammensetzung des Gremiums äußerten Grüne und die Linkspartei. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, warf den beiden großen Fraktionen »parteipolitisches Kalkül« vor. Union und SPD hätten so lange wie möglich »auf Aufklärung mit angezogener Handbremse« gesetzt. Als der Druck zu groß geworden sei, »haben sie einem Untersuchungsausschuß zugestimmt, in dem nur elf Mitglieder sitzen, damit Linke und Grüne kein eigenständiges Beweisantragsrecht haben.« Die Grünen wollen am Donnerstag einen Änderungsantrag für eine Vergrößerung des Ausschusses auf 15 Mitglieder im Bundestag einbringen. Durch den veränderten Zuschnitt sollen auch der Linkspartei und Grünen eigene Änderungsanträge möglich werden. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Dagmar Enkelmann, bemängelte ebenfalls die Benachteiligung der beiden kleinen Parteien. Die Linken fordern, den Ausschuß auf acht Mitglieder zu verkleinern. Damit bestünde ebenfalls für Grüne und Linke die Möglichkeit, ausreichend viele Stimmen für eigene Beweisanträge zu erhalten.
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.01.12
Die Kritik an der Observation von Linksparteiabgeordneten im Bundestag verschärft sich. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bezeichnete es in der Süddeutschen Zeitung (Dienstagausgabe) als »unerträglich«, daß frei gewählte Parlamentarier ins Visier der Verfassungsschützer gerieten. Sie empfahl den Schlapphüten in Anspielung auf deren Versagen gegen Rechtsterrorismus, ihre »Schwerpunkte zu überdenken«. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte in Berlin: »Rechts blind, links blöd – diese Bundesregierung ist ein Ausfall im Kampf gegen den Rechtsextremismus«.
Empörung rief ein Rechtfertigungsversuch von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hervor. Wenn die Überwachung von Parlamentariern verboten wäre, müsse man auch die Beobachtung von NPD-Parlamentariern einstellen, so Friedrich im ZDF-Morgenmagazin. Linksparteichef Klaus Ernst verwahrte sich gegen die Gleichstellung mit Neonazis und sprach Friedrich die Eignung für das Ministeramt ab.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte sogar, die Überwachung auf die gesamte Fraktion auszuweiten. Die Linke im Bundestag veröffentlichte gestern eine Liste von 27 Abgeordneten, die der Geheimdienst observiert. Zu ihnen gehören viele Politiker aus Ost und West bzw. allen Strömungen der Partei – bis hin zur Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, zum Fraktionschef Gregor Gysi und zur Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch. Gysi wandte sich in einem Schreiben an Kanzlerin, Bundespräsident und Parlamentspräsident. Er forderte, die geheimdienstliche Tätigkeit müsse unverzüglich eingestellt werden.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, verwies darauf, daß auch die Landesämter für Verfassungsschutz Parlamentarier der Linkspartei beobachteten. Die niedersächsische Nachrichtendienst sei besonders aktiv. (AFP/jW)
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.01.12
Die Richter der vierten Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe haben es nicht leicht. Sie sollen auf Antrag mehrerer Kläger Licht ins Dunkel einer gegen die Heidelberger linke Szene gerichteten Spitzelattacke des »Staatsschutzes« bringen – und sind zum Scheitern verurteilt. Ihr Problem: Die »Staatsschützer« lassen sie nicht ihre Arbeit machen. Das Gros der Akten, die es in dem Fall in Fülle gibt, werden von höchster Stelle unter Verschluß gehalten, und die wenigen Unterlagen, die dem Gericht vorliegen, sind über weite Strecken geschwärzt. Vollständig unterdrückt wurden so auch die angeblich 15 Berichte des vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg entsandten V-Manns Simon Bromma. Dabei war es dessen aufgeflogener Schnüffeleinsatz, der den Fall überhaupt erst ins Rollen brachte.
Bromma hatte neun Monate lang, von April bis zu seiner Enttarnung im Dezember 2010 als verdeckter Ermittler (VE) im linken studentischen Milieu in Heidelberg sein Unwesen getrieben (jW berichtete). Er betätigte sich in der Hochschulgruppe des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands (Die Linke.SDS), in Reihen von Antifaschisten, Klimaschützern und in der Anti-AKW-Bewegung und sammelte eifrig Informationen über beteiligte Aktivisten. Angeblich wurde der Einsatz von der Heidelberger Polizei angeordnet und mit einer vermeintlichen »Gefährdungslage« rechtfertigt. Sieben direkt von der Infiltrierung Betroffene haben im August 2011 eine Sammelklage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht, um die Rechtmäßigkeit des Vorgangs überprüfen zu lassen. Sollte ihr Einspruch gegen die behauptete Geheimhaltungsbedürftigkeit erfolglos bleiben, ist ihr Anliegen praktisch aussichtslos.
Als Chefvertuscher in der Angelegenheit hat sich SPD-Innenminister Reinhold Gall hervorgetan. Er setzte im Dezember, exakt ein Jahr nach Enttarnung Brommas, seine Unterschrift unter eine von der Polizeidirektion beantragte Sperrerklärung. Zur Begründung des Antrags hat Landespolizeipräsident Wolf Hammann argumentiert, die Zugänglichkeit der Akten gefährde die Arbeit der Polizei. VE-Einsätze könnten »ihre Wirkung nur erzielen, wenn die Art und Weise ihrer Durchführung dem polizeilichen Gegenüber dauerhaft verborgen bleibt«. Als »polizeilicher Gegenüber« gilt offenbar auch die Justiz. Nach Angaben des »Arbeitskreises Spitzelklage zur Aufklärung des Falls Simon Bromma« umfaßt das den Verwaltungsrichtern zugängliche Material lediglich die fraglichen Einsatzordnungen der Heidelberger Polizeidirektion und deren Begleitakten.
Wenngleich die Daten »verstümmelt« seien, erschließe sich daraus trotzdem die »Absurdität« des Vorgehens, schrieb der AK am Montag in einer Medienmitteilung. »Das Fehlen jeglicher denkbaren Legitimation und die Nichtexistenz realer Anlässe werden durch groteske Konstruktionen und Mutmaßungen kompensiert.« Dazu zählt insbesondere die pauschale Unterstellung einer »hohen Gewaltbereitschaft« der linken Szene. Als Beleg dafür mußte beispielsweise eine Antinazidemonstration herhalten, bei der erst durch »entsprechende Maßnahmen der Polizei (Platzverweise) (…) nach hiesiger Bewertung eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links verhindert werden (konnte)«. Merke: »Gewaltpotential« ist, wenn vielleicht die Fetzen hätten fliegen können.
Genauso wacklig kommt nach Einschätzung des Arbeitskreises der Terrorismusverdacht daher: So solle es ein Spitzeleinsatz möglich machen, »gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtszeitig einzuschreiten«. Von den Zielpersonen, gegen die laut AK nicht mehr vorlag als »großteils eingestellte Verfahren und Ordnungswidrigkeiten sowie die Auflistung der von ihnen besuchten linken Demonstrationen«, wird nach der Aktenlage lediglich angenommen, daß sie auch künftig »polizeilich in Erscheinung treten« bzw. am »sogenannten Demonstrations-Tourismus« teilnehmen würden. Der AK bilanziert: »Daß eine derartig krude Zusammenstellung vermeintlicher polizeilicher Erkenntnisse als Grundlage eines grundrechtswidrigen Spitzeleinsatzes dient, ist ein Skandal.«
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.01.12