Wolfgang Huste Polit- Blog

Leserbrief zum Beitrag „Kreisstadt: Linke und Rechte planen Demos“ (vom 03.30.12. Rhein-Zeitung, Ausgabe Ahrweiler). Von Wolfgang Huste

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DIE LINKE Ahrweiler gehört zu den über 40 (!) Mitunterstützern der geplanten antifaschistischen Demonstration, die am Samstag, 24. März, in Bad Neuenahr stattfinden soll. Ich bin der Ansicht, dass es nicht ausreicht, über das Problem „faschistische Umtriebe im Kreis Ahrweiler im allgemeinen und in der Stadt Bad Neuenahr im besonderen“ nur in geschlossenen Räumen und Gruppen zu diskutieren. Wer sich zum Antifaschismus bekennt, sollte auch „vor Ort“ präsent sein, also aktiv und engagiert auf die Straßen und Plätze gehen, um gegen diejenigen “Flagge” zu zeigen, die versuchen, in unserer Region und woanders ihre braune Sauce über unsere schöne Stadt zu gießen. Diese Stadt wird nicht von den Antifaschisten, von demokratisch gesinnten Menschen „beschmutzt“, sondern von den Neonazis! Es sollte für alle Demokratinnen und Demokraten eine Selbstverständlichkeit sein, sich aktiv (!) gegen Faschisten und Rassisten und ihre Ideologie zu wehren – überall! Wer wegschaut, wer nicht gegen diese Menschen verachtende Ideologie der Braunen demonstriert, hier keine Präsenz zeigt, unterstützt die Rechtsradikalen zumindest indirekt, wie es wissenschaftliche Untersuchungen beweisen, denn: Die Rechtsradikalen deuten einen nicht vorhandenen zivilen Widerstand gegen ihre Aktionen als Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Wir sollten keineswegs vergessen, dass das „Aktionsbüro Mittelrhein“zu den gefährlichsten Neonazigruppen in Deutschland gehört! Mehrere Bewohner des „braunen Hauses“ in der Weinbergstr. 17 werden mit dieser Gruppierung in einem engen Zusammenhang gebracht. Deshalb ist es gut, ein breites Bündnis gegen die Feinde der Demokratie aufzubauen, keinen auszuklammern. Zum „Krawalltourismus“ – Vorwurf von Elisabeth Graff, Fraktionsvorsitzende der SPD in Bad Neuenahr, nur folgendes: Man sollte die Spaltung gesellschaftskritischer und oppositioneller Kräfte in „gute“ Demokraten und „böse“ Extremisten nicht mittragen. Es ist gut, wenn wir Bürger und Bürgerinnen auch von anderen antifaschistisch gesinnten Menschen eine Unterstützung bekommen. Lokalpatriotismus ist hier völlig fehl am Platz! Da sollten uns alle demokratisch gesinnten Menschen sehr willkommen sein, egal, ob sie aus Bad Neuenahr oder aus anderen Städten und Regionen zu uns kommen. „Es eint uns der Kampf gegen Faschismus und Rassismus!“, das sollte ein Minimalkonsens unter Demokraten sein. Im Rahmen der völlig unwissenschaftlichen Extremismustheorie, wird der Gebrauch von Grundrechten (hier: Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit) bei Konservativen und Staatsorganen tendenziell als „Störpotential“ gewertet, statt als ein zu lobendes, zu unterstützendes demokratisches Bewusstsein, frei nach der Devise: „Antikommunismus- ja bitte! Antifaschismus- nein Danke!“. Die Kenntnis und die selbstbewusste Wahrnehmung unserer Bürgerrechte kann deren Einschränkungen wirksam entgegenwirken.

In der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit ist es wichtig, der Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Stalinismus bzw. DDR kritisch zu begegnen. Denn die Gleichmacherei ist häufig Voraussetzung dafür, Tabus in Diskussionen um gesellschaftliche Alternativen zu schaffen. In diesem Zusammenhang weise ich auf den sozialwissenschaftlichen Begriff „Extremismus der Mitte“ hin, der besagt, dass faschistische und/oder rassistische Denk- und Handlungsweisen keinesfalls nur an den Rändern der Gesellschaft vorkommen, sondern mitten in ihr. Wir sollten im Vorfeld der Demonstration keine künstlichen Barrieren und Ängste aufbauen, in dem die „zugereisten“ Antifaschisten als „Krawallmacher“ stigmatisiert und als „Gewalttäter“ vorverurteilt werden. Die Fraktionen aller im Kreistag und im Stadtrat vertretenen Parteien haben sich die Selbstverpflichtung auferlegt, aktiv und unter Ausschöpfung aller demokratischen Mitteln engagiert, also aktiv (!), gegen Faschismus und Rassismus einzutreten. Nun hoffe ich, dass ich am 24. März auch Vertreter und Vertreterinnen aller Parteien auf dieser antifaschistischen Demonstrationen antreffe. Worten müssen auch konkrete Taten folgen! Ein nur verbaler Antifaschismus, der sich in erster Linie in geschlossenen Gremien, hinter ebenso geschlossenen Saaltüren stattfindet, statt „vor Ort“, ist und bleibt ein unwirksamer Papiertiger, der nichts bewirkt an positiven Veränderungen im Sinne einer Demokratisierung der Demokratie, im Sinne der Stärkung des zivilen Widerstandes gegen Faschisten und Rassisten. Wir benötigen ein breites, buntes Bündnis gegen die Neonazis – da sollten wir keine demokratisch gesinnten Menschen ausklammern, da sollten wir alle „vor Ort“ präsent sein! „Buntheit und Vielfalt statt braune Einfalt!“ lautet in diesem Zusammenhang mein Motto. Ich wünsche den Demonstrierenden ein gutes und friedliches Gelingen!

Wolfgang Huste, Sprecher DIE LINKE Kreisverband Ahrweiler, Mitglied im Arbeitskreis Antifaschismus RLP und stellvertretender Ver.di – Sprecher im DGB, Kreisverband Ahrweiler

Dieser Beitrag wurde am Montag, 05. März 2012 um 01:00 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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2 Comments

  1. Wachsamkeit gegen nächtliche Naziprovokationen

    „Die antifaschistischen Blockaden bundesweiter Naziaufmärsche wirken. Zunehmend sind Neonazis dazu gezwungen, stattdessen kleine unangemeldete Demonstrationen durchzuführen. Antifaschistische Wachsamkeit ist nun geboten, um auch diese Provokationen zu stoppen“, erklärt die Innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu „neonazistische Fackelzüge gegen „Volkstod“. (BT-Drs. 17/8705). „Mit weißen Masken und schwarzen Kutten vermummte Neonazis haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2011 rund 25 unangemeldete nächtliche Fackelzüge mit Teilnehmerzahlen zwischen 50 und 300 gegen einen angeblich drohenden „deutschen Volkstod“ in verschiedenen Städten durchgeführt. Anschließend wurden diese Aktionen mit Videos im Internet dokumentiert. Die Idee geht auf die nach Behördenschätzungen aus rund zehn Personen bestehende Nazi-Gruppierung „Spreelichter“ in Südbrandenburg zurück, die allerdings nur drei dieser Aufmärsche selber organisiert haben soll. Zuletzt fand demnach am 28. Januar 20132 ein im Internet dokumentierter „Maskenball der Unsterblichen“ statt. Die Bundesregierung sieht eine zunehmende Tendenz der rechtsextremistischen Szene zu kleineren regionalen Kundgebungen und unangemeldeten Demonstrationen aufgrund erfolgreicher antifaschistischer Blockaden aber auch aufgrund der Erschwernis von verwaltungsrechtlichen Maßnahmen im Vorfeld von Demonstrationen und strafrechtlicher Verfolgung im Nachhinein. Durch das „martialische Auftreten“ der Nazis und einem „dem nächtlichen Fackelmarsch immanenten Überraschungsmoment“ kann es nach Ansicht der Bundesregierung zu einer „Verunsicherung der Bevölkerung“ kommen. Die Sicherheitsbehörden verfolgen das Phänomen der nächtlichen Aufmärsche demnach „mit besonderer Aufmerksamkeit“. So waren die nächtlichen Aufmärsche bereits mehrfach Thema im Gemeinsamen
    Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR), wo die Arbeitsgruppe AG Analyse ein eigens Projekt „Die Unterblichen“ durchführt.“

    Die Anfrage und die Antwort sind auf http://www.ulla-jelpke.de nachzulesen.

    Comment: Wolfgang Huste – 05. März 2012 @ 15:32

  2. Gerade diese Verunsicherung der Menschen, diese Angstmacherei, sollte doch den Mitbürgern endlich mal vor Augen führen, was für eine Gefahr da erwächst.
    Gerade deshalb sollten sie sich von diesen einigen wenigen, die diese Aufzüge durchführen, nicht verunsichern lassen sondern aufzeigen….Mit uns Nicht…..
    Wehret den Anfängen, wenn nicht jetzt, wann dann?
    Gerade die etablierten Parteien wie CDU, SPD und Grüne sollten nach der Ansprache von Bundeskanzlerin Merkel nicht mauern und sich hinter „Extremismusattitüden“ verstecken. Kleinlicher geht es wohl kaum, oder sollte man lieber schreiben, Feigheit vor dem Feind, dem Braunen?
    Sollte da nicht Geschlossenheit gegen Rechts an erster Stelle stehen?
    Ansonsten kann man diesen Parteien unterstellen, das Antifaschismus nicht gerade zu dem gehört was demokratische Parteien auszeichnen sollte, nämlich der Kampf gegen Rechts.

    Comment: Dietmar Zieger – 05. März 2012 @ 19:12

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