Wolfgang Huste Polit- Blog

Grüße aus dem Trainingslager. Thüringer Verfassungsschutz war über Schießübungen von späterem »NSU«-Mitglied informiert. Skandalserie reißt nicht ab. Von Markus Bernhardt

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Die Serie der Enthüllungen über das Zusammenwirken von bundesdeutschen Inlandsgeheimdiensten und der neofaschistischen Szene reißt nicht ab. War ihm in der Vergangenheit vorgeworfen worden, die braune Szene über Spitzelhonorare staatlich zu alimentieren, muß sich das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz nunmehr die Frage gefallen lassen, warum es in den 1990er Jahren Schießübungen zuließ, an denen unter anderem der langjährige behördeneigene V-Mann Tino Brandt und das spätere Mitglied des Terrornetzwerks »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU), Uwe Bönhardt, teilgenommen haben sollen.

Bereits seit dem 28. Juli 1996 sollen sowohl der Thüringer Geheimdienst als auch das dortige Landeskriminalamt (LKA) Kenntnis von besagten Waffenübungen gehabt haben, die die militante Naziszene auf einem Gelände im thüringischen Kahla durchführten. Dies berichtete am vergangenen Samstag der Mitteldeutsche Rundfunk unter Berufung auf ihm in Kopie vorliegende Unterlagen des LKA. Das besagte Grundstück war demnach von Tino Brandt, einer der Schlüsselfiguren des »NSU«-Skandals, gepachtet worden, der für seine tatsächliche oder vermeintliche Spitzeldienste in der rechten Szene insgesamt etwa 200000 D-Mark erhalten hatte, die er unter anderem in den Aufbau von Neonazistrukturen investierte. Brandt galt als einer der Hauptaktivisten des militanten »Thüringer Heimatschutzes« (THS), einem Zusammenschluß in dem sich Mitte der 1990er Jahre Kader der sogenannten Anti-Antifa, »Freie Kameradschaften« und Mitglieder der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten« wiederfanden.

Bisher verweigern der Thüringer Verfassungsschutz und das LKA die Beantwortung von Anfragen zu den neuerlichen Enthüllungen. Ganz im Gegensatz zu der Beteuerung größtmöglicher Transparenz und den gebetsmühlenartigen Versicherungen, die Rolle der Geheimdienste im »NSU«-Skandal aufklären zu wollen, liegen selbst den Mitgliedern des Thüringer Untersuchungsauschusses, der sich mit besagtem Komplex befaßt, derzeit nur drei Aktenordner mit Material des dortigen Landesamtes für Verfassungsschutz vor. Aktenbestände aus der Gründungszeit des »THS« sind darin ebenso wenig enthalten wie Richtlinien zum Umgang der Behörde mit V-Leuten.

Die Polizei müsse sich die Nachfrage gefallen lassen, warum man die Schießübungen, Geländetrainings mit Waffen und Uniformierung nicht zum Anlaß genommen habe, intensiv in Richtung Aufbau militanter bewaffneter Neonazistrukturen zu ermitteln und gegenüber dem Innenministerium eine Warnung auszusprechen, konstatierte am Montag auch Martina Renner, Landtagsabgeordnete der Linksfraktion.

Darüber hinaus stellt sich außerdem die Frage, ob es der neofaschistischen NPD ohne das Zutun der Geheimdienste überhaupt hätte gelingen können, ihren stets drohenden Weg in die politische Bedeutungslosigkeit derart zu verlangsamen. Betrachtet man, in welchem Ausmaß Neofaschisten wie Tino Brandt gehätschelt und gefördert wurden, wagt man sich kaum vorzustellen, welche Rolle die zuletzt etwa 130 Spitzel in der NPD gespielt haben, von denen allein rund 20 in den Bundes- und Landesvorständen der Partei aktiv waren.

Quelle. www.jungewelt.de vom 02.05.12

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 02. Mai 2012 um 09:36 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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