Wolfgang Huste Polit- Blog

Gezielte Angriffe. In Sachsen-Anhalt häufen sich Überfälle von Rechten. Nazigegner schlagen Alarm. Von Susan Bonath

Tags:

Neonazis werden in Sachsen-Anhalt immer aktiver. Sie drohen, beleidigen, zerstören, propagieren Naziparolen – und schlagen zu. Ihre Opfer: Migranten, Linke, Behinderte, Dunkelhäutige. Der Jugendverband der Linkspartei, Solid, sowie der Verein »Miteinander« sind besorgt. Die Angriffe der Rechten würden immer gezielter und offensiver. Allein in den letzten gut drei Wochen meldete die Polizei elf Straftaten im Land, wie eine Chronik von Solid aufzeigt.

So prügelten am 13. April in Bad Schmiedeberg (Kreis Wittenberg) zwei Neonazis auf den Betreiber eines asiatischen Restaurants ein, randalierten im Gastraum und zeigten den Hitlergruß. Einen Tag später bedrohte ein 55jähriger in Magdeburg zwei Frauen aus der Elfenbeinküste. Als er sie mit einer Bierflasche angriff, schritt ein Passant ein. Etwa zur selben Zeit beleidigten zwei Neonazis einen 15jährigen dunkelhäutigen Schüler, zeigten eine Geste des Halsabschneidens und den Hitlergruß. Auch diesmal verhinderte ein couragierter Magdeburger, daß die Täter zuschlagen konnten. »Feige Nazischläger prügeln auf einen Behinderten ein«, titelte wenig später die Mitteldeutsche Zeitung. Der Fall: Am 20. April lauerten in Halle sechs Rechte am Rande eines Rummels einem 22jährigen geistig Behinderten und seinem gehörlosen Begleiter auf. Als die Opfer flüchteten, folgten ihnen die Täter. Schließlich prügelten und traten sie den Behinderten zu Boden, stahlen ihm Geld, Handy und Jacke und »verabschiedeten« sich mit einem Hitlergruß.

Um den 20. April (Hitler-Geburtstag) bahnte sich in Burg (Jerichower Land) eine weitere Serie von rechten Angriffen an. Überall in der 24000-Einwohner-Stadt tauchten Naziparolen, Hakenkreuze und Hitlerporträts auf. Mit Eiern, Tomaten und Zigarettenkippen wurde ein von einem Libanesen und einem Kuwaiter betriebenes Restaurant attackiert. Vier Tage später brachen mehrere Täter in diese Gaststätte ein, zerstörten die Einrichtung und hinterließen rechte Parolen an den Wänden. Auch in Lützen (Burgenlandkreis) wurde Ende April ein aserbaidschanischer Gastwirt von Neonazis bedroht. In einer Magdeburger Straßenbahn beschimpften drei Rechte eine dunkelhäutige 40jährige und ihre beiden fünf bzw. zehn Jahre alten Kinder. In Eisleben (Landkreis Mansfeld-Südharz) ereignete sich am Vortag des ersten Mai eine wahre Gewaltorgie: Mitten auf einem Fest prügelten drei Neonazis mit Schlagstöcken hinterrücks auf eine syrische Familie ein. Ein 32jähriger mußte mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Zwei weitere Männer und drei Frauen erlitten Hämatome und einen Schock.

Auch am 1. Mai selbst riß die Übergriffserie in Sachsen-Anhalt nicht ab. In Aschersleben (Salzlandkreis) stürmten etwa 30 Rechte eine Feier, brüllten Parolen und verteilten Propagandamaterial – bis die Polizei eingriff. Zu spät kamen die Beamten allerdings im 2000-Einwohner-Dorf Langenweddingen (Börde) für einen Mann aus Sierra Leone. Dort waren zwei Neonazis unvermittelt aus einem Kleintransporter gesprungen und hatten vor den Augen der Feiernden ihr Opfer so stark verletzt, daß es in die Klinik gebracht werden mußte. »Pech« hatten auch drei im Saalekreis radelnde Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren. Mehrere vermummte Rechte verfolgten sie mit einem Auto, stoppten sie, schlugen, traten und beleidigten sie rassistisch. Jüngstes Angriffsziel wurde am vergangenen Sonntag – bereits zum sechsten Mal innerhalb eines Jahres – das Wahlkreisbüro der Linkspartei in Magdeburg. Das Resultat: eingeschlagene Scheiben und ein in die Tür geritztes Hakenkreuz.

Im Landesinnenministerium sei man wegen der gehäuften Vorfälle alarmiert, wie Sprecher Michael Kraska auf jW-Anfrage mitteilte. Einerseits wolle man nun mit vermehrter Aufklärung verhindern, »daß sich extremistisches Gedankengut in Köpfen festsetzt«. Zugleich gehe man »konsequent gegen solche Straftäter vor«. In den aufgeführten Fällen ermittele der Staatsschutz, so Kraska. Der Verein »Miteinander« spricht von einem sich verschärfenden rassistischen Klima. Mehr Polizei werde das aber nicht verhindern. Vielmehr müßten Festveranstalter und Sicherheitsmitarbeiter sensibilisiert werden. Es bedürfe zudem mehr Zivilcourage.

Quelle: www.jungewelt.de vom 09.05.12

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 09. Mai 2012 um 03:12 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

Ein Kommentar

  1. Tja, ich habe Zivilcourage gegen Rechtsradikale gezeigt. Ich lebe diese Zivilcourage seit rund 40 Jahren. Und nun erhielt ich Anfang April des Jahres einen Strafbefehl, weil ich Ende August 2011 dazu aufrief, einen Aufmarsch von Rechtsradikalen zu verhindern (dieser Aufruf wurde von mehr als 1000 Personene ebenfalls unterschrieben, unter anderem vom Oberbürgermeister der Stadt Dortmund und von MdBs). Dieser Aufmarsch konnte unter Polizeischutz am 3. September 2011 in Dortmund stattfinden. Mein Gerichtsprozess findet statt am Donnerstag, 28. Juni 2012, um 9 Uhr im Amtsgericht Ahrweiler, Rheinland-Pfalz, im Sitzungsssaal 4 (Erdgeschoss). Kommet zu Hauf! Hier muss Öffentlichkeit hergestellt werden. Weitere Infos im Internet.

    Comment: Wolfgang – 09. Mai 2012 @ 03:19

Sorry, the comment form is closed at this time.

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)