Wolfgang Huste Polit- Blog

Kollegen & Kameraden. »Verfassungsschutz« für »Heimatschutz«. Von Sebastian Carlens

Tags:

»Deutsche Polizisten schützen die Faschisten« – dieser Spruch war in den letzten dreißig Jahren landauf, landab auf etlichen Antifa-Demonstrationen zu hören. Die Robocop-Formationen martialisch behelmter Hundertschaften, die den Neonazis beinahe jedes Wochenende irgendwo in der Republik die Straße freiprügeln, bestätigen seine Richtigkeit immer wieder schlagend. Anfang August beispielsweise, als die NPD auf »Deutschlandfahrt« war und der Stadt Halle einen Besuch abstattete: 35 Neonazis, 400 Gegendemonstranten, eine polizeilich national befreite Zone. Ohne sie wäre es, da braucht es keine hellseherischen Fähigkeiten, kaum zum Auftritt der braunen Bande gekommen.

Dieser institutionalisierte Irrsinn läßt die Polizei immer wieder als steuerfinanzierte Schlägertruppe für Neofaschisten aufmarschieren. Doch am alten Antifa-Slogan ist noch mehr dran, und diejenigen, die das eingestehen mußten, sind des Linksradikalismus gänzlich unverdächtig. Thüringer Polizisten, meldeten Bundesverfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst ihren Thüringer Geheimdienstkollegen schon 1999, sollen nicht nur in ihrer Freizeit als Neonazis unterwegs gewesen sein, sondern ihre Kameraden auch vor anstehenden Zugriffen gewarnt haben. Der Beamte T., der sich – gemeinsam mit den späteren NSU-Terroristen – im »Thüringer Heimatschutz« (THS) engagierte, steckte seinen Gesinnungsgenossen zum Beispiel rechtzeitig, wann etwas zu befürchten war. Geschadet hat ihm dies nicht, ganz im Gegenteil: T. machte steile Karriere, wechselte zur Kripo und später schließlich zum Thüringer Verfassungsschutz. Dort führte er dann selbst wieder V-Leute. Im THS nicht ungewöhnlich: Jedes siebte Mitglied soll vom Inlandsgeheimdienst gedungen worden sein. Und auch beim Verfassungsschutz verwundert gar nichts mehr: Ein ehemaliger Amtschef mit Neigung zu historischen Kostümen, der in einem rechtsextremen Verlag publiziert. Ein Geheimdienstmann mit Faible für handschriftliche Exzerpte aus »Mein Kampf«, den seine Kollegen »kleiner Adolf« riefen. Und eine V-Mann-Praxis, bei der wohl niemand mehr so genau wußte, wer da eigentlich wen ausspioniert: die Verfassungsschützer die Neonazis oder die Nazis den Staat – und das auch noch gegen Bezahlung.

Über die Thüringer Rechtsausleger in Uniform kann sich nur wundern, wer die Hexenjagd auf einstige SED-Parteibuchinhaber im Staatsdienst als »Anbruch der Demokratie« feierte. Wenn alles, was links von der Sozialdemokratie steht, »extrem« ist, wird eben auch alles, was weiter rechts ist, zur »Mitte«. Ohne Verfassungsschutz gäbe es keinen »Thüringer Heimatschutz«. Ein weiterer bekannter Spruch, der vom »blinden rechten Auge« des Staates, könnte deshalb beizeiten endlich eingemottet werden, denn Blindheit ist hier nicht das Problem. In den rechten Abgrund geht es sehenden Auges.

Quelle: www.jungewelt.de vom 27.08.12

Dieser Beitrag wurde am Montag, 27. August 2012 um 12:29 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

Ein Kommentar

  1. Der Verfassungsschutz soll wirksamer organisiert werden. Dazu erklärt Petra Pau, Mitglied im Vorstand der Fraktion DIE LINKE und im Innenausschuss:

    „Im Zuge der NSU-Nazi-Mordserie haben alle Ämter für Verfassungsschutz versagt. Die Ursachen dafür sind noch nicht aufgeklärt. Trotzdem rufen nun alle schon wieder: ‚Ich bin wichtig, gebt mir mehr!’
    Es ist ein verantwortungsloses Geschacher mit gefährlichen Inkompetenzen“.

    Comment: Wolfgang Huste – 27. August 2012 @ 12:59

Sorry, the comment form is closed at this time.

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)