Wolfgang Huste Polit- Blog

Folklore für Europa. Von Rüdiger Göbel

Tags:

Die Bundesregierung hat bei ihrem Amtsantritt versprochen, die Ostrenten an das Niveau im Westen anzupassen. Hehre Worte, passiert ist nichts. Vor dem 3. Oktober zog die Linke-Spitze mit einem Großtransparent vor das Kanzleramt, um Angela Merkel an ihr Versprechen zu erinnern: »Frau Bundeskanzlerin, halten Sie Wort! Altersarmut stoppen! Ostrenten anpassen!« Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger forderte Bundespräsident Joachim Gauck auf, Stellung zur Rentenungleichheit zwischen Ost und West zu beziehen. »Ich erwarte, daß der Bundespräsident am Tag der Einheit auch ein klares Wort zur Renteneinheit sagt«, sagte Riexinger der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. »Kanzlerin Merkel hat 2009 mit dem Versprechen Wahlkampf gemacht, daß die Renteneinheit bis 2013 angepackt wird. Seitdem wird viel geredet und nichts passiert«, monierte er.

Altersarmut, Rentenungleichheit in Ost und West? Die in München versammelte Staats- und Regierungsspitze verfiel zur immer größer werdenden sozialen Ungerechtigkeit in Deutschland am Mittwoch in kollektives Schweigen. Statt dessen gab es reichlich Folklore, Solidaritätsappelle für Europa und eine Glücksbotschaft des Bundespräsidenten, mit der sich die schlechter gestellten Rentner ihren Lebensabend schöner reden können. Gauck ließ gestern verlauten, er empfinde die deutsche Einheit »noch immer als ein unglaubliches Glück«. »Wir, das Volk, haben das erreicht. Die friedliche Freiheitsrevolution von 1989 scheint uns heute oft wundersam, aber sie ist von Menschen erkämpft. Und sie ist die Geschichte einer Nation, die wir mögen dürfen.« Auch der bayerische Regierungschef und Bundesratspräsident Horst Seehofer (CSU) versuchte in seiner Rede, Mut zu machen: »Deutschland ist ein wunderbares Land – und gemeinsam mit unseren europäischen Freunden haben wir alle Chancen auf eine blühende Zukunft.«

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) warnte beim offiziellen Festakt in der Bayerischen Staatsoper vor einer neuen Rivalität von Nationalstaaten als Reaktion auf die Euro-Schuldenkrise. Die Weiterentwicklung Europas liege »im deutschen Interesse«. Auch Kirchenvertreter verwiesen gestern immer wieder auf Europa und schwiegen zur anhaltenden Ungleichheit zwischen Ost und West. »Wir sind nicht alleine als Deutsche unterwegs, sondern wir sind unterwegs als Europäer«, mahnte Kardinal Reinhard Marx, der katholische Erzbischof von München und Freising. »Ohne die Gemeinschaft in Europa gäbe es keine Deutsche Einheit.« Und: »Unser geeintes Land in Europa ist Gabe und Aufgabe.« Ähnlich äußerte sich der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die nahm am Festakt in München teil – und schwieg. Heute lädt sie erst einmal zum Demographiegipfel in Berlin.

Vor dem Feiertag hatten junge Abgeordnete aus Union und FDP ein Rentenkonzept in Konkurrenz zu dem der Zuschußrente von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgelegt. Die Gruppe um den CDU-Politiker Philipp Mißfelder (berüchtigt seit seiner 2003 ausgegebenen Maxime »Ich halte nichts davon, wenn 85jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen«) will betriebliche und private Altersvorsorge mit einem Freibetrag von »mindestens 100 Euro« auch für Geringverdiener attraktiver machen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte dazu, das wäre »der nächste Schritt zu einem Hartz IV fürs Alter«. Statt Altersarmut zu vermeiden und Rentnern den Weg zum Sozialamt zu ersparen, würde die Grundsicherung massiv aufgebläht.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.10.12

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 04. Oktober 2012 um 11:30 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

Keine Kommentare

No comments yet.

Sorry, the comment form is closed at this time.

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)