Am Mittwoch abend beschloß das griechische Parlament weitere Massenentlassungen, Steuererhöhungen, drastische Kürzungen von Gehältern und Renten sowie Einschnitte im Sozial- und Gesundheitswesen. Gegen das sogenannte Sparpaket richteten sich ein 48stündiger Generalstreik und eine Kundgebung mit mehr als 70000 Menschen in Athen (siehe Seite 6). Fast zur gleichen Zeit hielt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor dem Europaparlament in Brüssel eine »Grundsatzrede«. In der Aussprache beantwortete sie von Abgeordneten geäußerte Kritik an ihrer Haltung zu Griechenland mit einem Ausbruch über »die Griechen«: »Man muß ihnen sagen: Es ist nicht in Ordnung, daß ich jedes Mal einen Streik mache, wenn eine Privatisierung erfolgen soll; es ist nicht in Ordnung, daß ein Eisenbahnsystem über die Fahrkartenpreise nicht mal so viel einbringt, daß man davon die Beschäftigten bezahlen kann; es ist nicht in Ordnung, wenn die Regierungsministerien nicht miteinander zusammenarbeiten; es ist nicht in Ordnung, wenn man ein Steuersystem hat, aber keine Steuern zahlt.«
Der Fraktionschef der EU-Sozialdemokraten, der Österreicher Hannes Swoboda, hielt ihr vor: »Sie verlangen mit Unterstützung der Troika etwas, was sie in Deutschland nie verlangen würden: nämlich die Zerstörung von sozialen Netzen!« Die Linke-Abgeordnete Gabi Zimmer ergänzte: »Austerität tötet! Was nützt uns Wettbewerbsfähigkeit, wenn dabei Menschen zugrunde gehen?« Die Grünen-Vorsitzende Rebecca Harms sprach von der Knechtung Unschuldiger und Merkels griechischer »Schande«. Deren Replik: Wer bestreite, daß die Schuldigen für das griechische Drama in Griechenland selbst zu suchen seien, der »versündigt sich an den Gewerkschaftern und Arbeitnehmern in Europa. Ich werde da sehr leidenschaftlich!« Was den Griechen abverlangt werde, sei schmerzhaft, hart und nicht immer fair, weil die Vermögenden mit ihrem Geld »längst über alle Berge« getürmt seien. Auch Deutschland habe Hartz IV, Sozialproteste, Wutbürger, Abwahl von SPD und Grünen nach der Agenda 2010 gehabt. Aber: »Wir haben fünf Jahre abwarten müssen, dann haben sich die Wirkungen eingestellt.«
Ganz im Sinn der damit gemeinten Umverteilung von unten nach oben hatte sie sich zuvor für »Durchgriffsrechte« der EU-Kommission gegenüber dem Haushaltsrecht nationaler Parlamente eingesetzt. Wörtlich: »Ich bin dafür, daß die Kommission eines Tages so etwas wie eine europäische Regierung ist.« Sie wolle, daß eine vertiefte Währungsunion »nicht zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten führt, sondern eine Union mit doppelter Kraft schafft«.
Linksparteichef Bernd Riexinger kritisierte am Donnerstag in Berlin den Auftritt der Kanzlerin: »Noch nie hat Merkel so offen gezeigt, daß sie nichts mit den demokratischen Wurzeln der europäischen Idee am Hut hat.« Ihre Vision von Europa sei »ein Kontinent ohne Sozialstaat und Demokratie«. Unter ihrer Führung sei es ein Kontinent geworden, »in dem Politik mit Erpressungen, Drohungen und Angst gemacht wird. Das ist Europa zum Abgewöhnen.« Er forderte »einen demokratischen Neuanfang für Arbeit und soziale Gerechtigkeit« und fügte hinzu: »Europa braucht mehr Demokratie und weniger Merkel.«
Quelle: www.jungewelt.de vom 09. November 2012
« »Die Behörde ist heillos in die Neonaziszene verstrickt«. Über 100 Gruppen rufen für Samstag zu einer Demonstration vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln auf. Gespräch mit Rolf Gössner. Rolf Gössner ist Rechtsanwalt und Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte Interview: Gitta Düperthal – Erinnerung an Pogromnacht. Die »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes–Bund der Antifaschisten« (VVN-BdA), Kreisverband Kassel, erklärte am Mittwoch zum heutigen Jahrestag der Pogromnacht von 1938: »
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