Wolfgang Huste Polit- Blog

Schreddern für Neonazis. Von Claudia Wangerin

Donnerstag, 08. November 2012 von Huste

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) ist wegen der am Dienstag bekanntgewordenen Aktenvernichtung im Bereich Rechtsextremismus beim Berliner Verfassungsschutz in Erklärungsnot geraten. Zum Zeitpunkt der Schredderaktion am 29. Juni habe es bereits »ein klares, rechtliches Aktenvernichtungsverbot« gegeben, sagte der Innenexperte der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux, am Mittwoch. Er verwies auf den Beweisbeschluß, mit dem der Untersuchungsausschuß des Bundestags schon im März die Behörden angewiesen habe, alle verfügbaren Akten zur Sichtung bereitzuhalten. »Die Behörden machen es sich im Moment zu leicht. Allein mit menschlichem Versagen ist der Vorgang nicht zu erklären«, widersprach Lux der Darstellung von Innensenator Henkel am Vortag gegenüber Journalisten.

»Zu einem Zeitpunkt, an dem ganz Deutschland über die Aufklärung der NSU-Mordserie diskutiert hat, wurden in Berlin Akten geschreddert«, betonte die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann am Mittwoch. Daß von der Schredderaktion ausschließlich Dokumente aus dem Bereich Rechtsextremismus betroffen waren, sei »unerklärlich«. Verfassungsschutzakten, deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen seien, würden über einen längeren Zeitraum gesammelt, erläuterte Herrmann. Das Landesarchiv könne sie dann durchsehen und historisch wertvolle Dokumente zum Erhalt aussuchen. In diesem Fall habe es auch Vorgänge aus dem Bereich Rechtsextremismus ausgewählt. Beim Landesarchiv seien aber nur entsprechend angekreuzte Akten aus den Bereichen Linksextremismus und Ausländerextremismus angekommen. Die Grünen fordern von Henkel eine Erklärung. Lux betonte, sie wollten »keine Absicht unterstellen, aber das auch noch nicht ausschließen«.

Für Freitag wollten die Fraktionen eine Sondersitzung des Verfassungsschutzausschusses einberufen. Vor dem Gremium soll die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, nach der Aufdeckung der neofaschistischen Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) vor einem Jahr den Eindruck erweckt haben, in ihrer Behörde sei »nichts zu holen«. Erst am 20. Juli erließ sie in ihrem Haus einen Aktenvernichtungsstopp. Im Oktober will sie erfahren haben, daß das Landesarchiv noch auf Dokumente aus dem Bereich Rechtsextremismus warte. Am Dienstag, den 6. November, informierten Schmid und Staatssekretär Bernd Krömer die Abgeordneten.

Nach Darstellung des Verfassungsschutzes wurden die Akten »aufgrund eines Mißverständnisses« geschreddert. Für einen NSU-Bezug in den Dokumenten aus der Zeit vor 2009 will die Behörde keine Anhaltspunkte haben – allerdings räumte eine Sprecherin ein, es neben dem Holocaustleugner Horst Mahler unter anderem die Band »Landser« betraf. In deren Umfeld war – offenbar nicht »Anhaltspunkt« genug – der frühere sächsische »Blood&Honour«-Funktionär Thomas Starke im Jahr 2000 als V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes angeworben worden. Starke kannte die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe seit den 1990er Jahren und war von ihnen im Knast besucht worden. Angeblich, um Zschäpe zu imponieren, hatte er dem Trio kurz vor dessen Untertauchen Plastiksprengstoff besorgt.

Der ehemalige »Landser«-Frontmann Michael Regener ist mit seiner neuen Band »Lunikoff-Verschwörung« auf einer Solidaritäts-CD für Horst Mahler und den NSU-Beschuldigten Ralf Wohlleben, genannt »Wolle«, vertreten, dem vorgeworfen wird, Schußwaffen für den NSU besorgt zu haben. Parolen und Lieder sind beiden gewidmet, der Erlös der CD, auf der mehrere Bands aus dem Dunstkreis des 2000 in Deutschland verbotenen »Blood&Honour«-Netzwerks vertreten sind, soll angeblich vor allem Wohlleben zugute kommen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 08. November 2012

Neonazis attackieren Lausitzer Rundschau

Mittwoch, 07. November 2012 von Huste

Spremberg. Die Lokalredaktion der Lausitzer Rundschau in Spremberg (Spree-Neiße) ist erneut von mutmaßlichen Rechtsradikalen attackiert worden. Am Montag entdeckte eine Mitarbeiterin vier Aufkleber am Haus, auf denen vermummte Neonazis vor dem Bismarckturm in Spremberg zu sehen sind, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Vor einigen Monaten hatte ein Redakteur über eine dortige Feier von Neonazis berichtet. In der Vergangenheit war die Redaktion mehrfach Ziel von Rechtsradikalen, nachdem Journalisten kritisch über die Neonaziszene berichtet hatten. (dapd/jW)

Quelle: www.jungewelt.de vom 07. November 2012

Klage gegen NSU fertig. Von Claudia Wangerin

Mittwoch, 07. November 2012 von Huste

Die Bundesanwaltschaft hat angeblich bereits Anklage gegen die mutmaßliche Neonaziterroristin Beate Zschäpe erhoben. Nach einem Vorabbericht des Berliner Tagesspiegels sind noch vier weitere Personen aus dem Umfeld des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) angeklagt, darunter der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Generalbundesanwalt Harald Range habe die Anklageschrift bereits unterschrieben, das Material werde seit Dienstag zusammen mit über 1000 Aktenordnern an das Oberlandesgericht München geschickt. Dort soll sich der Staatsschutzsenat mit dem Fall befassen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe war für junge Welt nicht für eine Stellungnahme zu dem »Exklusivbericht« zu erreichen. Der Nachrichtenagentur dapd sagte ein Sprecher der Behörde, die Bundesanwaltschaft werde sich erst öffentlich äußern, wenn die Anklageschrift an den Prozeßbeteiligten zugestellt worden sei.

Der NSU wird seit seiner Aufdeckung nach dem mutmaßlichen Selbstmord seiner Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im November 2011 für die Morde an neun Männern türkischer, kurdischer und griechischer Herkunft sowie einer Polizistin verantwortlich gemacht. Außerdem können ihm zwei Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle zugeordnet werden. Beate Zschäpe, die ebenfalls als Vollmitglied des NSU gilt, stellte sich fast auf den Tag genau vor einem Jahr der Polizei, nachdem sie am Todestag ihrer Komplizen die gemeinsame Wohnung in Zwickau angezündet hatte und vier Tage durch die Republik gereist war. Ob sie wegen Beihilfe oder Mittäterschaft bei der Mordserie angeklagt wird, war bei Redaktionsschluß weiterhin unklar.

Als Richter wird Zschäpe nach Informationen mehrerer Medien Manfred Götzl gegenüber sitzen. In spektakulären Prozessen verurteilte Götzl unter anderem den ehemaligen Wehrmachtsoffizier und Kriegsverbrecher Josef Scheungraber sowie den Mörder des Münchner »Modezaren« Rudolph Moshammer, Herisch A., zu lebenslanger Haft. Umstritten ist Götzl wegen seiner harten Urteile gegen Menschen, die in einer Notwehrsituation ihre Angreifer schwer verletzten. »Urteile gegen Zivilcourage« warf ihm etwa ein Kommentator des Online-Magazins Telepolis vor.

Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm sind nicht als rechte Szene-Anwälte bekannt. Sie haben ihrer Mandantin bisher geraten, zu allen Vorwürfen zu schweigen. Auch zu der Frage, ob sie zu irgendeinem Zeitpunkt V-Frau des Verfassungsschutzes war, äußert sich das Verteidigerteam nicht.

Unter den Anwälten der Nebenklage ist auch die gewählte bayerische Verfassungsrichterin Angelika Lex, die zusammen mit Rechtsanwalt Yavuz Narin die Familie des 2005 ermordeten Theodoros Boulgarides vertritt. Die ehemalige Grünen-Stadträtin ist in München seit Jahren als Bürgerrechtsanwältin bekannt, verteidigte oft Aktivisten der Friedensbewegung sowie antifaschistischer Gruppen und gewann mehrfach Prozesse gegen staatliche Institutionen. Im Oktober erstritt sie vor Gericht, daß das bayerische Innenministerium drei Verfassungsschutzberichte ändern muß. Die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (a.i.d.a. e.V.) hatte sich mit Hilfe von Lex erfolgreich dagegen gewehrt, in den Jahresberichten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz 2009, 2010 und 2011 im Bereich »Linksextremismus« aufgeführt zu werden.

Ebenfalls am Dienstag wurde laut Tagesspiegel bekannt, daß in Berlin im Juni zahlreiche Akten des Verfassungsschutzes geschreddert worden sind. Der Berliner Landesarchivar hatte die Dokumente als historisch wertvoll eingestuft und um Aufbewahrung gebeten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 07. Novembert 2012

Nachdenkliches von Kurt Tucholsky

Mittwoch, 07. November 2012 von Huste

„Wenn ein Kommunist arm ist, dann sagen die Leute, er sei neidisch. Gehört er dem mittleren Bürgertum an, dann sagen die Leute, er sei ein Idiot, denn er handele gegen seine eignen Interessen. Ist er aber reich, dann sagen sie, seine Lebensführung stehe nicht mit seinen Prinzipien im Einklang. Worauf denn zu fragen wäre: Wann darf man eigentlich Kommunist sein ?“

Quelle: Kurt Tucholsky in: Die Weltbühne, 3.11.1931, S. 673

Sumpf aus Neonazis und Geheimdiensten. Den Plan von Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, eine zentrale V-Leute-Datei anzulegen, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag Ulla Jelpke:

Dienstag, 06. November 2012 von Huste

Ein Jahr nach Entdeckung der faschistischen Terrorzelle NSU haben parlamentarische Untersuchungsausschüsse von Bund und Ländern aufgrund der Vertuschungsversuche von Verfassungsschützern den Sumpf aus Neonazis und Geheimdiensten noch nicht einmal annähernd aufklären können. Schon jetzt zeichnet sich allerdings deutlich ab, daß Verfassungsschutzämter über ihre V-Leute eng an den drei Neonazis Uwe Bönhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe dran waren, ohne daß es zu einem polizeilichen Zugriff auf die Gesuchten kam.

Als ein Schlag ins Gesicht der NSU-Opfer muß hier die Feststellung von Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen wirken, wonach V-Leute unverzichtbar sind und der Geheimdienst als Konsequenz aus seinem Versagen mehr Kompetenzen erhalten soll. Während V-Leute nicht in die im September 2012 eingerichtete Verbunddatei Rechtsextremismus von Polizei und Geheimdiensten aufgenommen werden sollen, plant Maaßen ein zentrales Register aller V-Leute der Verfassungsschutzämter, die innerhalb der Naziszene eingesetzt werden. (…)

Doch nicht fehlende Koordination zwischen den Geheimdiensten von Bund und Ländern beim Spitzeleinsatz, sondern das V-Leute-Unwesen an sich ist das Problem. Denn die Verfassungsschutzämter haben die Naziszene über ihre V-Leute seit Jahrzehnten personell und finanziell gestärkt.

So erklärte etwa der fast 40 Jahre für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz tätige V-Mann Wolfgang Frenz gegenüber dem Magazin Stern, mit Zustimmung des NPD-Parteivorstandes in NRW für den Geheimdienst gearbeitet zu haben, um die Spitzelhonorare für den Parteiaufbau zu nutzen. (…)

V-Leute haben manche Naziorganisationen erst gegründet. So führte der für seine Agententätigkeit vom Thüringer Verfassungsschutz in den 90er Jahren mit rund 200000 Mark entlohnte Tilo Brandt den von ihm gegründeten Thüringer Heimatschutz. (…)

V-Leute haben auch schwere Straftaten einschließlich Brandanschlägen begangen und wurden dabei von den Verfassungsschutzämtern gedeckt. Wie einer Analyse des Bundeskriminalamtes von 1997 zu entnehmen ist, hat der Verfassungsschutz in den 90er Jahren seine Hand schützend über straffällig gewordene V-Leute aus der rechten Szene gehalten. Das BKA wirft in der dem NSU-Untersuchungsausschuß im Bundestag bislang vorenthaltenen aber dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorliegenden Papier den Geheimdienstmitarbeiter vor, ihre V-Leute vor Durchsuchungen gewarnt zu haben. (…) Die V-Leute, von denen nach BKA-Einschätzung viele »überzeugte Rechtsextremisten« sind, würden aufgrund des Schutzes durch die Verfassungsschutzämter vielfach weder angeklagt noch verurteilt.

Auch kriminelle Aktivitäten von Neonazis wurden von V-Leuten teilweise erst angestiftet. (…)

Nicht die zentrale Erfassung der V-Leute sondern ihre sofortige Abschaltung sollte daher ein Jahr nach Aufdeckung der NSU-Terrorzelle die Konsequenz sein als erster Schritt zur Auflösung des Verfassungsschutzes selber.

Quelle: www.ulla-jelpke.de vom 05. November 2012

Hungern für Kurdistan. Von Nick Brauns

Dienstag, 06. November 2012 von Huste

Während die türkische Luftwaffe in der Nacht zum Montag Angriffe auf Lager der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) im Nordirak flog, droht ein Hungerstreik von politischen Gefangenen in der Türkei zu eskalieren. »An diesem Montag werden sich alle Gefangenen in der Türkei und Nordkurdistan dem unbefristeten Hungerstreik anschließen«, hatte der Sprecher der Gefangenen aus der PKK, Deniz Kaya, am Sonntag die Ausweitung der seit dem 12. September von bislang rund 700 Gefangenen durchgeführten Protestaktion auf rund 10000 Teilnehmer angekündigt »Wir setzen unsere Körper für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage und für ein würdevolles Zusammenleben der Völker dem Tod aus.« Wie viele Gefangene am Montag tatsächlich begonnen haben, die Nahrungsaufnahme zu verweigern, war bis Redaktionsschluß nicht zu erfahren. Mehrere der bereits seit fast zwei Monaten im Hungerstreik befindlichen Gefangenen befänden sich inzwischen in akuter Lebensgefahr, warnte das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit »Civaka Azad« in Frankfurt am Main.

Die Protestierenden, zu denen auch zwei inhaftierte Parlamenta­rier und ein Bürgermeister der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) sowie neun Journalisten gehören, fordern ein Ende der Isolationshaft von PKK-Führer Abdullah Öcalan. Dieser durfte seit Juli vergangenen Jahres keinen Besuch seiner Anwälte mehr auf der Gefängnisinsel Imrali erhalten. Stattdessen wird am heutigen Dienstag in Silivri bei Istanbul der Prozeß gegen 46 größtenteils inhaftierte Rechtsanwälte fortgesetzt, die aufgrund ihrer Verteidigertätigkeit für den PKK-Vorsitzenden nun selber des Terrorismus bezichtigt werden. Weitere Forderungen der Gefangenen betreffen eine Beendigung der Assimilationspolitik des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung sowie eine Aufhebung gesetzlicher Barrieren beim öffentlichen Gebrauch der kurdischen Sprache etwa im Unterricht und vor Gericht. Ein von der Regierung angekündigter Gesetzentwurf zur Möglichkeit, sich vor Gericht in kurdischer Sprache zu verteidigen, entpuppte sich bereits als Täuschungsmanöver, denn gerade bei den politischen Massenprozessen gegen auf Grundlage des »Antiterrorgesetze« angeklagte Kurden soll diese Regelung wegen der durch die Übersetzung drohenden Verzögerungen nicht zur Anwendung kommen.

In Diyarbakir und Istanbul ist die türkische Polizei in den letzten Tagen wiederholt mit Gasgranaten und Wasserwerfern gegen Demonstranten vorgegangen, die aus Solidarität mit den Gefangenen auf die Straße gegangen waren. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte während seines Deutschland-Besuchs letzte Woche noch bestritten, daß überhaupt ein Hungerstreik in türkischen Gefängnissen stattfindet. Nun nannte er diesen auf einer Veranstaltung zum zehnjährigen Regierungsjubiläum seiner islamisch-konservativen AK-Partei am Wochenende eine »Erpressung« und behauptete, die türkische Bevölkerung sei mehrheitlich für eine Wiedereinführung der Todesstrafe. Die regierungsnahe Tageszeitung Todays Zaman geht allerdings nicht davon aus, daß Erdogan tatsächlich die im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses 2004 abgeschaffte Todesstrafe wieder einführen will.

Auf der heutigen Fraktionssitzung der Linksfraktion im Bundestag will sich deren Sprecherin für internationale Beziehungen, Sevim Dagdelen, dafür einsetzen, zum Hungerstreik in den türkischen Gefängnissen eine »aktuelle Stunde« des Parlaments zu beantragen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 06. November 2012

DROGEN: Amsterdam will Coffeeshops auch zukünftig für Touristen öffnen

Montag, 05. November 2012 von Huste

Wie die niederländische Tageszeitung de Volkskrant Ende vergangener Woche berichtete, hat der Amsterdamer Bürgermeister Eberhard van der Laan (PvdA) jetzt bekanntgegeben, dass es für Touristen in der Hauptstadt auch weiterhin möglich sein wird, weiche Drogen in Coffeeshops zu konsumieren. Die Aussage tätigte der Sozialdemokrat vor dem Hintergrund des jüngst beschlossenen Koalitionsvertrages der designierten niederländischen Regierung aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten. Noch gilt jedoch die Regelung der im September abgewählten Minderheitsregierung, nach der ab dem 1. Januar 2013 nur noch solche Personen Zutritt zu den Coffeeshops in Amsterdam bekommen, die auch ihren Wohnsitz in den Niederlanden hätten.

Die landesweite Einführung eines „wietpas“ (dt. Marihuanapass) genannten Mitgliedsausweises, welche für 2013 gesetzlich festgelegt war, sollte die Vollendung einer Politik der abgewählten Minderheitsregierung sein. Regionen wie etwa der Süden der Niederlande verfahren bereits seit Monaten mit einem solchen System, welches Kriminalität und Unruhen durch Drogentouristen aus dem benachbarten Ausland entgegenwirken sollte. Seit der Einführung des Passsystems verzeichnen die Coffeeshops im Süden der Niederlande sowie der lokale Einzelhandel jedoch hohe Umsatzverluste und eine starke Zunahme des Straßenhandels (NiederlandeNet berichtete).

Bereits im September hatte Maastrichts Bürgermeister Onno Hoes (VVD) so auch gefordert, das Passsystem wieder abzuschaffen, da die Shops durch die Registrierung große Teile ihrer früheren Stammkundschaft an den illegalen Straßenhandel verloren hatten (NiederlandeNet berichtete). Eine Wiederöffnung für Touristen aus anderen Ländern lehnte und lehnt Hoes allerdings nachdrücklich ab, da besonders seine Stadt lange Zeit vor allem unter deutschen und belgischen Drogentouristen zu leiden hatte. Sein Amsterdamer Amtskollege Eberhard van der Laan geht hier jedoch bewusst einen Schritt weiter. Wie de Volkskrant am Donnerstag berichtete, will Van der Laan die 220 Coffeeshops in seiner Stadt auch zukünftig uneingeschränkt für Touristen öffnen. Dabei bewertete er die niederländische Hauptstadt als einen Sonderfall, der nicht mit anderen Städten zu vergleichen wäre. So besuchten von den etwa sieben Millionen Gästen, die pro Jahr nach Amsterdam kommen, auch rund 1,5 Millionen einen Coffeeshop. „Die anderthalb Millionen Touristen werden nicht sagen: Dann halt kein Haschisch. Auf der Suche nach Drogen werden sie sich über die ganze Stadt verteilen. Mehr Straßenraub, Streit über nachgemachte Drogen, keine Kontrolle der Drogenqualität – alles was wir an Elend hatten kommt wieder zurück“, so Van der Laan gegenüber de Volkskrant.

Seine Aussagen traf Eberhard van der Laan auf Basis einer Interpretation des jüngst beschlossenen Koalitionsvertrages des designierten Kabinetts Rutte II . Dort hat man sich für die Abschaffung des Wietpasses ausgesprochen, will grundsätzlich aber dabei bleiben, dass der Verkauf weicher Drogen nur an Personen erfolgt, die in den Niederlanden wohnen (NiederlandeNet berichtete). Allerdings beinhaltet die Koalitionsvereinbarung von Rechtsliberalen und Sozialdemokraten laut Van der Laan auch einen Passus, der unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten Ausnahmen von diesem Grundsatz zulassen soll. So heißt es in dem Papier etwa, dass die Zugangskontrollen zu den Coffeeshops „in Rücksprache mit den betroffenen Gemeinden“ geschehen sollen, „wobei an die lokale Coffeeshop- und Sicherheitspolitik angeknüpft wird“. Diese Klausel will Amsterdam nun als erste Stadt aufgreifen, um die Coffeeshops auch zukünftig für Touristen offenzuhalten. Im Gegenzug kündigte Van der Laan an, dass er dem zuständigen Ministerium versprochen habe, die Kriminalität und Unruhe rund um die Coffeeshops strenger anzupacken sowie dem Drogenkonsum Minderjähriger strenger zu entgegnen. Auch sei es wichtig, mehr Gewicht auf den Gesundheitsaspekt zu legen. So gibt es laut des Amsterdamer Bürgermeisters momentan noch zu viele Betreiber, welche die möglichen Gefahren für die Gesundheit bagatellisieren würden.

Das zuständige Ministerium für Sicherheit und Justiz bewertet die Auslegung der Koalitionsvereinbarung durch den Amsterdamer Bürgermeister allerdings als vorschnell. In Reaktion auf den Zeitungsbericht ließ ein Sprecher des Ministeriums verlauten, dass Eberhard van der Laan über keine Zustimmung des zuständigen Ministers Ivo Opstelten (VVD) verfüge, um Touristen auch zukünftig legalen Zugang zu den Coffeeshops in Amsterdam zu gewähren. Nach Ansicht des Ministeriumssprechers sei innerhalb des Koalitionsvertrages lediglich vereinbart worden, dass es in dieser Frage spezielle Anpassungen des entsprechenden Passus zur Drogenpolitik angewandt werden können. Diese müssten jedoch noch genauer ausgearbeitet werden. Ministeriumsvertreter werden sich hierzu mit Vertretern aus jenen Gemeinden an einen Tisch setzen, die sich spezielle Anpassungen wünschen.

Quelle: Westfälische Wilhelms-Universität Münster vom 05.11.12

Auch eine Antwort. NSU-Morde, Politik und Behörden. Von Markus Bernhardt

Sonntag, 04. November 2012 von Huste

Am ersten Jahrestag der Aufdeckung des neofaschistischen Terrornetzwerks »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) gibt es mehr Fragen als Antworten zu dessen mörderischem Treiben. Das hat vor allem mit der Haltung von etablierter Politik, Inlandsgeheimdiensten und Polizei zu tun. Vor dem 4. November 2011 hatten sie gebetsmühlenartig erklärt, in der Bundesrepublik seien keine rechten Terrorgruppen aktiv, es gebe keine Bedrohung.

Danach wurden im Bundestag und in den Landtagen von Bayern, Thüringen und Sachsen Untersuchungsausschüsse gebildet. Die Innenausschüsse fast aller deutschen Parlamente befaßten sich mit dem NSU. Dennoch hat sich bis heute wenig getan – sowohl was die Aufklärung angeht als auch die Konsequenzen. Die einzige Gewißheit besteht darin, daß die Morde, Anschläge und anderen Verbrechen des NSU nicht möglich gewesen wären, hätten Politik, die 19 Inlandsgeheimdienste und die Landeskriminalämter die braune Gewaltszene nicht systematisch verharmlost, gefördert und über V-Leute staatlich alimentiert.

Damit handelt es sich nicht nur um den größten Geheimdienstskandal in der Geschichte der Bundesrepublik, sondern auch um einen Staatsskandal. Vor allem die in Berlin Verantwortlichen treten deswegen die Flucht nach vorn an. Sie bemühen sich – maßgeblich aus Sorge um die deutsche Exportquote – die Verflechtung der neofaschistischen Mördergruppe mit dem Staat zu Pannen umzudeuten. Die Angehörigen der NSU-Opfer wurden mit einigen tausend Euro abgefertigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ihnen allerdings versprochen, »die Taten umfassend aufzuklären und alle Beteiligten, auch die Helfershelfer, zur Rechenschaft zu ziehen«. Nichts davon wurde bis heute wahr.

Statt dessen begann ein Umbau der sogenannten Sicherheitsarchitektur, z.B. durch Einrichtung eines »Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus«. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten wurde so erneut mißachtet.

Vor diesem Hintergrund besteht wenig Hoffnung, auf entscheidende Fragen Antwort zu erhalten. Stand z.B. Beate Zschäpe im Dienst eines deutschen Geheimdienstes? Ihr Rechtsanwalt wollte das in einem Interview nicht verneinen. Wo ist das erbeutete Geld? Warum endete die Mordserie an den Migranten mit der Festnahme des damaligen hessischen Verfassungsschutzmitarbeiters Andreas Temme – bekannt geworden unter dem Namen »Kleiner Adolf« – im Jahr 2006 in Kassel? Nach bisheriger Kenntnis folgte allein die Erschießung der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007. Aus welchem Grund mordeten das NSU-Trio und seine Helfershelfer nicht weiter bis zur Enttarnung? Warum wurde nach dem Nagelbombenanschlag 2004 in Köln allein unter Migranten ermittelt, obwohl Verdächtige auf Videoaufzeichnungen als weiße Deutsche zu erkennen waren? Einige dieser Fragen hätten längst geklärt sein können und müssen. Keine Antwort ist auch eine Antwort.

Quelle: www.jungewelt.de vom 05. November 2012

Wohnungsloser erfroren. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) fordert die Ausweitung der Kältehilfe in Deutschland:

Freitag, 02. November 2012 von Huste

In Rostock ist am Donnerstag ein 54jähriger wohnungsloser Mann in einem öffentlichen Park erfroren. Am frühen Morgen war er von einem Passanten auf dem Boden liegend entdeckt worden. (…) Angesichts des ersten Kälteopfers des nahenden Winters 2012/13 fordert die BAG Wohnungslosenhilfe e.V., der Dachverband der Wohnungslosenhilfe in Deutschland, daß die Kommunen ihre Kältehilfe deutlich hochfahren. (…)

Besonders betroffen sind die zirka 22000 Wohnungslosen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Nach Kenntnis der BAG W sind in den letzten 20 Jahren (seit 1991) mindestens 274 Wohnungslose erfroren – im Freien, unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, Abrißhäusern, in scheinbar sicheren Gartenlauben und sonstigen Unterständen.

Jede Kommune in Deutschland muß Wohnungslose unterbringen. Städte und Gemeinden verstoßen gegen ihre Amtspflichten, wenn sie nicht rechtzeitig Notunterkünfte bereitstellen oder verschaffen. (…) Nach Erfahrung der Wohnungslosenhilfe wird ein Teil der Betroffenen von den Angeboten nicht erreicht. Viele sind physisch und psychisch nicht in der Verfassung, sich in Massenunterkünften zu behaupten und sich ggf. gegen Übergriffe und Auseinandersetzungen durchzusetzen. Viele Angebote sind zu weit abgelegen und werden deswegen nicht erreicht, sind zu früh überfüllt, bieten keine Aufenthaltserlaubnis tagsüber und keine sichere Aufbewahrung der Habseligkeiten.

Die Migration von EU-Bürgern, insbesondere aus den osteuropäischen Mitgliedsstaaten, hat in den letzten Jahren zugenommen. Eine immer größer werdende Zahl dieser Menschen landet irgendwann mittellos, wohnungslos und krank auf der Straße. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit steht jedem Menschen zu – unabhängig von der Staatsangehörigkeit. (…) Die BAG W bekräftigt deswegen ihre Appelle und Forderungen an die Kommunen:

– Streetwork und andere Formen aufsuchender Arbeit aus- oder aufbauen, um vom Kältetod bedrohte Wohnungslose auf der Straße aufsuchen zu können

– Notrufnummern einrichten bzw. die 110 propagieren, damit Bürger gefährdete Menschen melden können

– Keine menschenunwürdigen Asyle, sondern Ermöglichung eines Mindestmaßes an Privatsphäre und Selbstbestimmung

– Schutz und Sicherheit vor Diebstahl und Gewalt in den Unterkünften gewährleisten

– Für wohnungslose Frauen muß es die Möglichkeit einer separaten und sicheren Unterbringung geben

– Dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten für kleinere Gruppen von Wohnungslosen (auch mit Hunden)

– Großzügige Öffnungszeiten der Unterkünfte, d.h. auch tagsüber und nachts

– Keine Befristung des Aufenthaltes auf wenige Tage pro Monat

– Öffnung von U-Bahnstationen, Bahnhöfen und anderen geeigneten öffentlichen Gebäuden

– Ausreichend viele niedrigschwellige Tagesaufenthalte

– Notfalls zusätzliche Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten, bspw. leerstehenden Gewerbeimmobilien, die beheizbar sind und über sanitäre Einrichtungen verfügen.

An die Bürger appelliert die BAG W eindringlich: »Seien Sie aufmerksam! Wenn Sie wohnungslose Menschen sehen, die hilflos oder in einer Notsituation sind, setzen Sie die Polizei in Kenntnis, wählen Sie den Notruf 110! Alarmieren Sie bei akuter gesundheitlicher Gefährdung den Rettungsdienst 112!«

www.bagw.de

Quelle: www.jungewelt.de vom 03. November 2012

Pressemitteilung der Kreisverwaltung Ahrweiler: Brauchtum pflegen, Natur schützen. Tiere vor Flammentod bewahren – Standorte abstimmen

Freitag, 02. November 2012 von Huste

Der Martinsbrauch erfreut sich langer Tradition und großer Beliebtheit. Kinder basteln Laternen für den abendlichen Martinszug. Viele Orte prämieren die schönsten Fackeln. Der leuchtende Umzug findet seinen Abschluss vor den Martinsfeuern.

Wenn Jugendliche jetzt wieder ihre Martinsfeuer bauen und später abbrennen, sollte dies allerdings ohne Gefahr für Mensch und Natur ablaufen. Die Kreisverwaltung Ahrweiler gibt daher Tipps, wie sich lebendiges Brauchtum und Naturschutz verbinden lassen.

Reptilien, Igel, Frösche und Mäuse suchen sichere Plätze für die Winterruhe. Geeignet erscheint ihnen dafür das über Wochen aufgeschichtete organische Brennmaterial des Martinsfeuers. Doch Vorsicht: Tiere können am Martinstag Opfer des Flammentodes werden. Daher sollten die „Bauherren“ das Brennmaterial wie Hölzer und Sträucher erst wenige Tage vor dem Abbrennen auf dem Feuerplatz aufschichten. Sinnvoll ist es auch, das Feuer mit einigem Abstand zum Boden auf Ständern zu errichten. Auch dies mindert den Anreiz für die Tiere, sich dort ihren Platz zur Winterruhe zu suchen.

Die Standorte der Feuer müssen mit den jeweiligen Gemeinde- und Stadtverwaltungen abgestimmt werden. Wer den alten Platz verlässt und einen neuen Standort wählt, muss dies zuvor mit der Kreisverwaltung klären (Landespflege, Ruf 02641.975-442).

Das Abbrennen selbst muss drei Tage vorher ebenfalls angemeldet werden, und zwar bei der zuständigen Stadt- oder Verbandsgemeindeverwaltung. Die einzuhaltenden Mindestabstände betragen in der Regel 100 Meter von Wäldern, Mooren und Heiden sowie 50 Meter von Gebäuden und Verkehrswegen.

Quelle: Pressemitteilung der Kreisverwaltung Ahrweiler

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