Termin zur Eidestattlichen Versicherung heute gehabt. Auch Offenbacher umgangsprachlich genannt. Es war – nun ja – sagen wir mal – interessant bis amüsant.
Kam rein ins Büro des Gerichtsvollziehers. Er räkelte auf seinem Stuhl rum. Richtig einladend. Dann konnte er es erst nicht glauben, dass ich einen Termin bei ihm habe. Erst als ich ihm die Vorladung hinhielt geruhte er, mal in seinem Stapel nachzusehen. Er war ganz stolz, als er meinen Vorgang fand. Dann das Übliche, Personalien und so.
Name: AIGNER, usw………….
Geburtsname: AIGNER …………. “Aha, nie verheiratet gewesen!“ Stellte er für sich fest. Ich sagte nix. Dann kam
Familienstand: GESCHIEDEN …….nun stutze er. „Nie den Namen des Mannes angenommen?“ Ich: „Von welchem?“
Und dann fügte ich hinzu: „Warum? Steht doch in meinem Ausweis, AIGNER, geb. AIGNER“
Er: „Brauch ich damit sie einwandfrei identifiziert werden können.“
Spätestens da hatte er bei mir gelost, aber total! Ich frag mich nun wirklich, bin ich nicht identifizierbar anhand meines Namens, meines Geburtsdatums, meines Ausweises, meiner Adresse, meiner Rentenversicherungsnummer? Braucht es da den Namen eines Mannes, den ich vor 31 Jahren geheiratet hatte und von dem ich seit 20 Jahren geschieden bin? Der Krieg war eröffnet!
Also ich: „Nein, ich hies nie anders!“
Er: „Sie haben die Belehrung gehört, wenn sie falsche Angaben machen?“
Jojojojojojo ……………
Okay weiter gings: Beruf, ausgeübte derzeitige Tätigkeit: Rentnerin, ich erntete nen blöden Blick. Dann Rentenbescheide, hatte ich ja alles brav dabei, schob es ihm rüber. Er schrieb alles schön auf, dann schob er beide Bescheide wieder zurück. Hatte aber nur den einen aufgeschrieben, nicht meine Zusatzrente. Ich überlegte, ob ich´s so lassen sollte, aber leider hatte ich ja niemand mit dabei als Zeuge oder Zeugin. So hätte er mir ja später unterstellen können, ich hätte die Zusatzrente verschwiegen. Also schob ich es ihm wieder hin und fragte, ob er das nicht brauche. Giftblick zu mir. Giftblick zurück! Kann ich gut!
Ich: „Nachher heisst es dann noch, ich hätt´s unterschlagen“
Noch´n Giftblick zu mir. Knurrend: „Doch, brauch ich auch!“
Ich: „Na, gut, dass ich aufgepasst habe, wäre eigentlich Ihr Job! Aber okay, wer schon so nen Job macht“
Sorry, ich konnt nicht anders. Wenn´s nen Netter gewesen wäre, aber es war einer von der Sorte, denen es Scheiß egal ist, warum Menschen über immer weniger Geld verfügen, dem es scheiß egal ist, warum immer mehr bei ihm erscheinen. Wenn er seine Arbeit wenigstens gut machen würde. Man stelle sich vor, jemand merkt das nicht, dass er die Hälfte nicht eingetragen hat, obwohl es ihm vorgelegen hat. Wegen so schlampig arbeitenden Arschlöchern bekommen dann andere Probleme. Weil, wem wird denn geglaubt? Richtig !
Da flippte er aus. Fing echt an zu schreien.
Ich, ganz ruhig: „Hören Sie auf zu schreien!“
Er schreit:“ Ich schreie nicht, ich erhebe nur meine Stimme. Sowas ist mir ja noch nie passiert.“
Dann heulte er fast: „Ich habe einen anständigen Job, ich habe einen anständigen Job!“ Das wiederholte er mehrfach
Und dann, um sich selber wieder zu rechtfertigen: „Haben Sie die Schulden oder habe ich sie?“
Ich: „Ich. Und?“
Er: “Dann stehen sie dazu“
Ich: „Tu ich. Und es ist mir SCHEIß EGAL!“
Er fragte wieviel Bargeld ich dabei habe: „Nix“
„Nichtmal paar Cent?“ „Nöö ……………nix.“ Gute Güte, wenn der ne Kontrolle gemacht hätte, ich habe sogar noch ca. 40,00 Franken im Geldbeutel…………. Ich glaube, da hätt ich nen Problem gehabt, wegen Schweizer Konten und so.
Dann kam Bankverbindung und so. Er fragte, ob ich der Kontoinhaber wäre. Ich sagte, „Nein, ich bin die Kontoinhaberin.“ „Also, sie sind der Kontoführende?“ Ich: „Nein, ich bin die Kontoführende.“ Beim Roller und den Fahrzeugpapieren: „Sie sind der Besitzer?“ „Nein, ich bin die Besitzerin!“ Er raffte das nicht ………… er raffte es echt nicht! Ich war dann so weit, dass ich ihm nur noch dreckig grinsend ins Gesicht sah. Boah, ungepflegt war er auch noch *würg*
Okay, nu hab ich das Ding unterschrieben. Ich fühle mich nicht als Verbrecherin, ich fühle mich nicht böser als vorher auch schon, ich fühle mich nicht schuldig, ich fühle mich nicht mal wenigstens ein wenig verrucht Schade.
So, nun aber meine Gedanken zu dem ganzen Scheiß: Ich bin ja nicht die Erste und werde auch nicht die Letzte sein, die da bei so einem Kerl erscheinen muss. Ich kann es auch noch verstehen, wenn diese Menschen vieles an sich gar nicht heranlassen, weil es eben viele Schicksale gibt. Aber Menschen dann zu behandeln als wären sie was Schlechteres, der letzte Dreck, so was von herablassend, das können sich solche Menschen abschminken. Vermutlich kommen auch die meisten die dahin müssen und schämen sich. Warum? Weil wir in einer Gesellschaft leben, in der jeder und jede von heute auf Morgen in diese Situation kommen kann? Also, Leute, hört auf, euch zu schämen, es ist keine Schande arm zu sein.
Die Armut in „diesem unserem“ Lande ist hausgemacht, das wissen wir alle. Es wird seit Jahren von unten nach oben verteilt. Auch das ist bekannt. Mit der GroKo wird sich das alles noch mehr zuspitzen. Armut ist auch weiblich, auch das wissen wir. Frauen, die Kinder alleine groß gezogen haben – bei mir waren es 4 – ist i.d.R. Armut vorprogrammiert. Trotz Berufstätigkeit.
Deswegen habe ich beschlossen: Tragt weiter Euren Kopf stolz erhoben! Niemand muss auf irgendeinem Amt jemandem zu Kreuze kriechen, nur weil er oder sie arm ist. Arm sind manch andere viel mehr, dies aber im Geiste. Das erleben wir doch jeden Tag selber, wenn wir uns auf Ämtern befinden! Ich betone, es gibt selbstverständlich auch Ausnahmen, die sind leider selten und werden oftmals rausgemobbt, denn Menschen mit Mitgefühl sind nicht mehr erwünscht in unserer Gesellschaft. Schon gar nicht im Arbeitsleben.
Viele Menschen haben gar keine Ahnung, was es heißt von der Hand in den Mund zu leben.
Und ich stelle das nun ganz bewusst auf meine Seite, öffentlich! Denn – die Scham ist vorbei. Ich wünsche mir, dass alle armen Menschen aufhören sich zu schämen und ihre Rechte einfordern! Stolz erhobenen Hauptes.
Das einzige, was mir im Moment die Tränen in die Augen treibt, das ist, dass mein Roller nun endgültig kaputt ist und damit meine einzige Möglichkeit der Mobilität weg fällt. Aber auch da werde ich wieder eine Lösung finden. Denn – NOT MACHT ERFINDERISCH!
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