Wolfgang Huste Polit- Blog

Jagd auf Linke. Ukraine: Demonstrationen gegen neue Machthaber unmöglich. Kommunisten angegriffen und mißhandelt. Faschisten patrouillieren mit der Polizei. Von Susann Witt-Stahl, Kiew

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In dem am 21. Februar von den drei EU-Außenministern Frank-Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Radoslaw Sikorski vermittelten Abkommen zwischen der damaligen Regierung und der Opposition in der Ukraine hatten sich die Anführer des »Maidan« verpflichtet, alle nichtstaatlichen Milizen zu entwaffnen. Das ist auch nach dem Sturz von Präsident Wiktor Janukowitsch einen Tag später bis heute nicht geschehen. Der Maidan im Zentrum von Kiew gleicht nach wie vor einem Heerlager. Auch an den Verkehrsknotenpunkten, vor dem Sitz des ukrainischen Parlaments und anderen wichtigen Gebäuden: Überall stehen behelmte und vermummte Kämpfer in voller Montur, ausgerüstet mit Eisenstangen und Baseballschlägern. Nicht wenige von ihnen tragen Pistolen und Revolver.

Die rot-schwarzen Fahnen mit der Aufschrift »Prawi Sektor« (Rechter Sektor) oder UNSO (Ukrainische Nationale Selbstverteidigung, der paramilitärische Arm der Partei Ukrainische Nationalversammlung) und die »Wolfsangeln«, die einige der Milizionäre auf gelben Armbinden spazieren tragen, lassen keinen Zweifel daran aufkommen: Es sind militante Rechte, die den öffentlichen Raum beherrschen.

Erst vor wenigen Tagen sei ein Mitglied der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) bei einem Besuch in Kiew von Mitgliedern des Rechten Blocks festgehalten, zu dessen Basis verschleppt und dort zwei Tage lang übel mißhandelt worden, erklärte Sergej Kiritschuk von der revolutionär-marxistischen Organisation Borotba (Kampf) gegenüber jW. Erst auf beharrliches Drängen einer Frau, die auf dem Maidan als Freiwillige Sanitätsdienst leistete, sei der schwerverletzte Mann freigekommen, mit dem Zug nach Moskau und dort in ein Krankenhaus gebracht worden. Die Diagnose der dortigen Ärzte: diverse Rippenbrüche und eine Lungenverletzung.

Das Zentralkomitee der Borotba, die 2006 als KPU-Abspaltung entstanden war, hatte sich noch rechtzeitig vor den faschistischen Sturmtrupps in Sicherheit bringen können. Im Westen des Landes und in Kiew haben rechte Schläger bereits wenige Stunden nach dem Sturz von Janukowitsch in den Einrichtungen kommunistischer Organisationen gewütet. Viele der von den Hetzjagden betroffenen Linken hätten zunächst in Charkiw und Donezk Zuflucht gefunden, berichtete Kiritschuk, der die derzeitige Situation als »stabil schlecht« beschrieb. Diejenigen, die in Kiew geblieben seien, würden es vermeiden, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Antifaschistische Proteste zu organisieren sei unmöglich. »Jede Demonstration mit einer roten Fahne würde sofort von faschistischen Gangs angegriffen werden«, so Kiritschuk.

»Europa versteht überhaupt nicht, was hier geschieht«, kritisierte er. Der Westen verharmlose das Problem. Die Ultranationalisten und Faschisten seien zwar eindeutig in der Minderheit. »Aber sie sind sehr straff organisiert, ideologisch gefestigt – und mittlerweile sind sie schwer bewaffnet«, gab er zu bedenken. »Sie treiben die ukrainische Gesellschaft nach rechts.«

In welchem Ausmaß das bereits gelungen ist, läßt eine Maßnahme erahnen, die der neue Innenminister Arsen Awakow, ein Vertrauter Julia Timoschenkos, angeordnet haben soll: »Die staatliche Polizei wird neuerdings auf ihren Patrouillen von sogenannten Selbstverteidigungskräften des Maidan begleitet«, berichtete Kiritschuk. »Das heißt, Rechte kontrollieren jetzt auch offiziell die Städte der Ukraine.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 10.03.14
Dieser Beitrag wurde am Montag, 10. März 2014 um 12:14 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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