Grund für den Rückgang ist die drastische Absenkung der Einspeisevergütungen und die Herausnahme von größeren freistehenden Solarparks aus der Förderung. Mit der vorletzte Woche vom Bundestag beschlossenen Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werden auch größere Dachanlagen auf Fabrik- und anderen Geschäftsgebäuden deutlich unattraktiver. Dabei sind Solarzellen inzwischen so billig, daß sich die Selbstversorgung mit ihnen lohnt. Das neue EEG belegt allerdings auch den selbsterzeugten Strom bei einem Verbrauch über 10000 Kilowattstunden – eine Menge, die schon ein kleiner Gewerbebetrieb schnell erreicht – mit einer Abgabe von zunächst 1,8, ab 2016 dann voraussichtlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde.
Inzwischen hat der Rückgang des Ausbautempos auch zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten geführt. Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Berlin, geht von rund 50000 Jobs aus, die seit Anfang 2013 in der Industrie und im Handwerk abgebaut wurden. Bis zum Jahresende würde sich bei der gegenwärtigen bescheidenen Auftragslage die Zahl der Firmen vermutlich noch einmal halbieren.
Deutschland ist nicht das einzige Land, das der Solarindustrie immer neue Steine in den Weg legt. 2013 ist der EU-Markt für Solaranlagen, der bis dahin weltweit dominierend war, erstmals seit vielen Jahren geschrumpft. In Spanien geht man sogar schon so weit, die Vergütungssätze für Bestandsanlagen zu kürzen. Auch in Italien befindet sich ein ähnliches Gesetz in Vorbereitung. Die Koalition von Premier Matteo Renzi will die Vergütungen von größeren Altanlagen beschneiden. Die Betreiber müssen entweder Kürzungen von acht Prozent akzeptieren oder sich alternativ für eine noch geringere Vergütung entscheiden, die dann aber vier Jahre länger gezahlt würde. Wie auch in Deutschland bekommen die italienischen Anlagenbesitzer bisher 20 Jahre einen festen Preis für jede ins Netz eingespeiste Kilowattstunde Strom. Außerdem sollen künftig rund zehn Prozent der Vergütung mit einer Verzögerung von bis zu einem Jahr gezahlt werden. Betroffen von den neuen Regeln wären nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters 8600 Betreiber von Solarkraftwerken über 200 Kilowatt. Dabei handelt es sich überwiegend um Freilandanlagen, denn für eine solche Leistung braucht man eine Kollektorenfläche von rund 2000 Quadratmetern.
Ganz anders als in der EU ist der Verlauf in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern, aber auch in den USA und Japan. In den USA wuchs der Solarmarkt 2013 auf 4800 MW (4,8 Gigawatt; GW). In Japan nahmen die Kapazitäten gar um 6,9 GW und in China um 11,3 GW zu. Vor allem in der Volksrepublik kann davon ausgegangen werden, daß es in diesem oder im noch schnelleren Tempo in den kommenden Jahren weitergehen wird. Die dortige Führung will die Abhängigkeit von der Kohle verringern, die mitverantwortlich für die schwere Luftverschmutzung in vielen der chinesischen Großstädte ist. Für 2014 sieht der Plan neue Solaranlagen mit einer Leistung von 14,5 GW vor. Bis 2015 soll der Bestand auf 35 GW angewachsen sein, ein Ziel, das voraussichtlich übererfüllt werden wird.
Auch in anderen Ländern tut sich etwas. So verfünffachte zum Beispiel die iranische Regierung in diesem Jahr ihre Fördermittel für Solaranlagen auf umgerechnet 44 Millionen Euro, berichtet die Nachrichtenagentur AP. Demnach fördert Teheran vor allem kleine Solarkraftwerke in Dörfern, die nicht ans öffentliche Netz angeschlossen sind. Dort ersetzen sie Dieselgeneratoren und helfen damit, Kraftstoff zu sparen und die Belästigung mit Abgasen und Lärm zu vermindern. Gut fürs Klima und die Volkswirtschaft ist das außerdem. Jeder Liter eingesparter Kraftstoff bedeutet mehr Erdölexporte und damit mehr Deviseneinnahmen. Auch in Südafrika und in ärmeren Ländern wie Bangladesch, Kenia, Ruanda, Benin, Togo und vielen anderen hat man zum Teil bereits vor Jahren mit ähnlichen Programmen zur Dorfelektrifizierung begonnen. Nun nimmt der Zug dort wegen der Preisrückgänge bei Solarzellen Fahrt auf.
Auch in Chile gibt es einen regelrechten Solarboom, wie das Alternative Energy Magazine berichtet. Noch ist die dort installierte Leistung mit 176 MW eher bescheiden. Jedoch befinden sich 5500 MW derzeit im Bau und weitere 3500 MW im Genehmigungsverfahren. Nicht zuletzt die Bergbauindustrie im Norden des Landes setzt auf Solarenergie. Die dortige Atacama-Wüste ist eine der trockensten Gegenden des Planeten und daher wegen des meist wolkenlosen Himmels für Solarkraftwerke besonders geeignet.
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