Das dürfte einiges mit dem bisherigen Vorgehen der Polizei zu tun zu haben. Die beschränkt seit Wochen das Demonstrationsrecht von Antifaschisten und richtet es den Rechten sehr kuschelig ein. Von Seiten der Neonazis ist der Polizei deshalb auch schon mehrfach ein Lob ausgesprochen worden.
Sie haben der Polizei jüngst vorgeworfen, sie ignoriere rechte Gewalt aus dem Umfeld der Dügida-Demonstranten. Über welche Erkenntnisse verfügen Sie?
Die Dügida-Aufmärsche finden bereits seit mehreren Wochen regelmäßig statt. Seitdem ist es vermehrt zu gewalttätigen Angriffen von Neofaschisten auf vermeintliche Linke gekommen. Und bei den Aufmärschen der Rechten wurden Journalisten, Nachbarn und Gegendemonstranten bedroht, ohne dass Beamte eingegriffen hätten. Es kam zu Anschlägen, beispielsweise auf das Wahlkreisbüro der Linke-Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht. Erst in der vergangenen Woche erreichte uns außerdem die Information, dass 15 vermummte Neonazis und Hooligans mit Baseballschlägern eine Gruppe von Menschen attackiert haben sollen, weil sie sie für Antifaschisten hielten.
Zu all dem äußert sich die Polizei nicht, geschweige denn dass sie Täter dingfest macht oder Aufmärsche wegen Gewalttätigkeiten abbricht, was sie problemlos könnte.
Wie erklären Sie sich das Verhalten der Beamten?
Wir sehen die Verantwortung für diese Zustände beim Düsseldorfer Polizeipräsidenten Norbert Wesseler (SPD). Bis vor einem Jahr hatte er dasselbe Amt in Dortmund inne. Dort konnte sich in den letzten Jahren – unter seiner Ägide und der seiner Vorgänger – eine äußerst militante Neonaziszene etablieren. Die Dortmunder Polizei beließ es bei markigen Allgemeinplätzen, ging jedoch nicht entschlossen gegen die Rechten vor. Nachdem Wesseler schon in Dortmund auf voller Linie versagt hat, setzt er seine Politik des Wegduckens nun offenbar in Düsseldorf fort.
Sollte das so beibehalten werden, drohen uns die bundesweit bekannten und berühmt-berüchtigten »Dortmunder Verhältnisse« – zumal die Polizei zugleich sehr aggressiv gegen Nazigegner vorgeht. Mehrfach haben die Beamten in letzter Zeit Schlagstöcke und Pfefferspray gegen Antifaschisten eingesetzt. Einem Mann wurde Ende Januar sogar ein Arm von den Beamten gebrochen, und erst am vergangenen Montag wurden die Opfer eines Neonaziangriffs festgenommen und ohne den von ihnen geforderten Kontakt zu ihrer Anwältin über Stunden festgehalten. Es gab wegen solcher Vorfälle in den letzten Wochen zahlreiche Strafanzeigen gegen Polizeibeamte, schauen wir mal, was daraus wird.
Optimistisch sind Sie diesbezüglich nicht?
Nein. Erfahrungen mit der Justiz haben wir in der Vergangenheit zur Genüge sammeln dürfen. Nur wenn der öffentliche Druck stark genug ist, gehen die Gerichte gegen Polizisten vor.
Wie reagiert die sogenannte Zivilgesellschaft Düsseldorfs auf diese Entwicklung?
Ein großer Teil schweigt dazu. Der DGB hat sich jedoch mittlerweile unserem Bündnis »Düsseldorf stellt sich quer!« angeschlossen. Gemeinsam werden wir uns auch in den nächsten Wochen Neonazis und Rassisten in den Weg stellen. Diejenigen, die sich zurückgezogen haben, sollten sich immer bewusst machen: Wenn Rechte ungestört durch Proteste durch die Stadt marschieren könnten, würden sie das als Machtgewinn und als Sieg wahrnehmen. Parolen wie »Wir springen nicht über jedes Stöckchen, das die Nazis uns hinhalten« können schnell zum Bumerang werden.
Die extrem rechte Splitterpartei »Pro NRW« hat bereits eine Kundgebung in Düsseldorf am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, angemeldet. Ich kann nur an die Verantwortung von Organisationen der sogenannten Zivilgesellschaft, aber auch an manche Gewerkschaftsgliederungen appellieren, das nicht zu ignorieren. Es darf nicht bei Sonntagsreden bleiben! Wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Häufung von rechter Gewalt und Neonaziaufmärschen schnellstmöglich ein Ende findet, auch wenn dazu persönliches Engagement nötig ist.
Heute (30. März): Antifaschistischer Protest, 18.30 Uhr, Düsseldorf Hauptbahnhof
Quelle: www.jungewelt.de vom 30.03.15
« Solikampagne des Tages: FDP-Rettung. Von Stefan Huth – DDR-Bevölkerung gegen Bonn. Am 30. März 1990 wird das Vorhaben der Kohl-Regierung bekannt, DDR- und D-Mark im Verhältnis von zwei zu eins zu tauschen. Von Jörg Roesler »
No comments yet.
Sorry, the comment form is closed at this time.