Gibt es im Dortmunder Polizeiapparat einen Maulwurf, der interne und sensible Informationen an Nazis weitergibt? Können Nazis deswegen eine Rollstuhlfahrerin terrorisieren? Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren soll das klären. Die Partei »Die Rechte«, Zentrum der besonders rücksichtlosen Nazi-Szene in Dortmund, macht wieder einmal von sich reden.
Vor einer Woche veröffentlichte sie über das Soziale Netzwerk Twitter ein polizeiliches Schreiben, das persönliche Daten einer Demonstrationsanmelderin enthält. Unter anderem den Namen und die Mobilfunk-Nummer. Zeitweilig war auch ein Foto online, in dem jemand den Behördenbrief, es handelt sich um einen Auflagenbescheid, in der Hand hielt.
Dorothea Moesch hatte eine Flüchtlingsunterstützerdemo im Stadtteil Mengede angemeldet. Nun wird die Rollstuhlnutzerin von anonymen Anrufern terrorisiert. Die sozialdemokratische Lokalpolitikerin, die sich seit Längerem gegen Nazis engagiert, wird nach eigenen Angaben beleidigt und mit dem Tod durch Verbrennen bedroht. Einmal behauptete ein Anrufer, ein Nazi-Kommando stünde vor der Haustüre. Ein Fehlalarm – doch seine Wirkung verfehlte er nicht.
Bedrohungen und Übergriffe auf Nazi-Gegner sind in Dortmund nichts Ungewöhnliches. Die Nazis glauben, Dortmund sei »ihre« Stadt und sie wurden und werden zum Teil noch durch das laxe Vorgehen der Behörden über Jahre in dieser Meinung bestärkt. Doch nun scheint eine neue Dimension erreicht: Wie kam der polizeiliche Auflagenbescheid in die Hände der Nazis?
Nach ersten Medienberichten schaltete Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange das Landeskriminalamt ein, das die Zuständigkeit an die Polizei Bochum übertrug. In Dortmunds Nachbarstadt wird nun ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eröffnet. Infrage kommen Straftatbestände wie Verletzung von Dienstgeheimnissen oder ein Verstoß gegen diverse Normen des Datenschutzes, so ein Behördensprecher zu »nd«. Im Klartext: Bochums Polizei soll herausfinden, ob es in Dortmunds Polizei ein Leck gibt, über das Informationen an Nazis fließen.
»Dass auch heute noch Polizisten mit Nazis sympathisieren, ist nicht auszuschließen«, meint die Dortmunder Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke mit Blick auf die 1950er-Jahre, als der ehemalige SS-Obersturmbannführer Kriminaloberrat Dr. Josef Menke die dortige Kripo leitete und auf Betreiben des NRW-Innenministeriums gar zum Direktor des Landeskriminalamtes befördert werden sollte, was erst eine Intervention der Gewerkschaft ÖTV verhinderte. In den 1980ern seien Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos in Dortmund auf »Migrantenjagd« gegangen, erinnert die LINKE-Politikerin.
Seit 1999 kamen in Dortmund fünf Menschen durch Nazi-Attacken zu Tode. Darunter auch drei Polizisten, was heutige »Die Rechte«-Kader bejubelten. Jelpke fordert ein Verbot von »Die Rechte«: »Muss es in Dortmund erst wieder Tote geben?«, fragt sich die Innenpolitikerin
Mittlerweile wurde ein mutmaßlicher Droh-Anrufer ermittelt. Er soll Kontakte zu Dortmunder Neonazis unterhalten.
Quelle: Neues Deutschland vom 08.07.15
« Gottloses Sendungsbedürfnis. Kritik an massenhaftem Einsatz von Sonntagsarbeit im Post-Tarifstreit. Konzern simuliert Betrieb und pfercht Aushilfen in Container. Von Ralf Wurzbacher – „Die meisten Menschen leben innerhalb des kapitalistischen Staates weit unter ihren soziokulturellen und ökonomischen Möglichkeiten!“. Ein Diskussionsbeitrag von Wolfgang Huste »
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