Wer Berichte verschiedenster Organisationen und Medien über die Vorgänge im Irak und in Syrien seit August 2014 verfolgt hat, kann nicht davon ausgehen, dass von dort geflüchtete Jesidinnen und Jesiden »zu Unrecht« Asyl in Deutschland erhalten haben. Schlagzeilen über »Korruption« im Zusammenhang mit 1.200 positiven Asylbescheiden, die Angehörigen dieser Gruppe von der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausgestellt worden waren, erwiesen sich bisher als substanzlos. Ebenso wie der Vorwurf der »bandenmäßigen Kriminalität« gegen die ehemalige Bremer BAMF-Chefin Ulrike B. sowie drei Anwälte, einen Dolmetscher und eine weitere Person. Erneute Hausdurchsuchungen, die am Donnerstag laut Staatsanwaltschaft Bremen bei B. und weiteren Beschuldigten stattfanden, wirken wie eine Trotzreaktion auf entlastende Berichte an den beiden Vortagen.
»Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass sie eine Verwaltungsvorschrift nicht beachtet hat, aber die Gerichte ihr inzwischen Recht gegeben haben«, sagte der Anwalt von Ulrike B., Erich Joester, Reportern des NDR-Magazins Panorama. »Das, was sie entschieden hat, war rechtmäßig. Und Recht geht immer noch vor Verwaltungsvorschrift.«
Der interne Revisionsbericht des BAMF enthielt nach Recherchen von NDR und Radio Bremen zum Teil falsche Behauptungen, die Ulrike B. belasten. So hieß es, Bremen sei bei den überprüften Asylverfahren nur für 142 örtlich zuständig gewesen, habe aber 1.371 Asylentscheidungen getroffen. Dies sei ein »außergewöhnlicher« Wert. Auf Nachfrage erklärte das BAMF gegenüber den Sendern, der Wert sei zwar hoch, aber die Bremer Außenstelle tatsächlich »zeitweise für Antragstellende aus anderen Zuständigkeitsbereichen zuständig« gewesen. Dies sei der internen Revision »zum Zeitpunkt der Prüfung nicht bekannt« gewesen.
In der Disziplinarverfügung gegen die inzwischen abgesetzte Ulrike B. heißt es laut NDR, sie habe aus humanitären und nicht aus eigennützigen Motiven gehandelt.
Fakt ist: Jesidinnen und Jesiden erhielten im Normalfall zur fraglichen Zeit in der gesamten Bundesrepublik einen Schutzstatus. Auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke teilte die Bundesregierung diese Woche mit, sie wisse nicht, ob in einzelnen Fällen Antragsteller die Behörde über ihre Identität getäuscht hätten: »Dazu gibt es derzeit noch keine Erkenntnisse«, hieß es.
Am 3. August 2014 hatte die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) die Region Sindschar im Nordirak überfallen, einen Vernichtungsfeldzug gegen die jesidische Bevölkerung begonnen, Männer vor den Augen ihrer Familien getötet und Tausende junger Frauen und Mädchen vergewaltigt, als Kriegsbeute verschleppt und zum Teil als Sklavinnen verkauft. In einem »Kalifat« nach IS-Muster ist für Angehörige anderer »Buchreligionen« eine Kopfsteuer vorgesehen, wenn sie nicht vertrieben, getötet, versklavt oder zwangskonvertiert werden wollen. Jesiden, deren Religion nur mündlich überliefert ist, will der IS als Gruppe auslöschen. Kurz nach dem Angriff gelang es den Volks- und Frauenverteidigungseinheiten aus dem Selbstverwaltungsgebiet Rojava im Norden Syriens und Guerillaeinheiten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), einen Fluchtkorridor für die jesidische Bevölkerung und andere gefährdete Minderheiten freizukämpfen. So wurden weitere Massaker verhindert. Wenig später griff der IS den Kanton Kobani in Rojava an. Monatelang wurde um die gleichnamige Hauptstadt gekämpft. Nach der Befreiung im Februar 2015 blieb es dort wegen hinterlassener Sprengfallen sowie Munitionsresten und Blindgängern gefährlich. Die Zerstörungen waren enorm – ebenso in Sindschar, das Ende 2015 befreit wurde. Massengräber wurden entdeckt; der IS war im Irak und in Syrien noch lange nicht geschlagen.
Ausgerechnet die sonst Islamisierungsängste schürende AfD hat in der ersten Juniwoche einen Untersuchungsausschuss zur »BAMF-Affäre« beantragt, der sich einseitig mit positiven Asylbescheiden und der nach Meinung der Rechten insgesamt zu liberalen Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel befassen soll. Bislang fehlt ihr das nötige Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten – obwohl auch die FDP den »Skandal« untersuchen lassen will.
Quelle: jungewelt.de vom 16.06.018
Ist man EU-Mitglied, dann steht einem der gesamte Arbeitsmarkt zur Verfügung. Ist man aber Drittstaatler, dann nicht, dann ist man ein Mensch/Werktätiger zweiter, wenn nicht hier und da sogar dritter Klasse, wenn man zum Beispiel aus Afrika kommt, und nicht – zum Beispiel – aus den USA oder Kanada. Wenn wir sagen, der Arbeiter hat keine Heimat (frei nach Karl Marx, siehe „Kommunistisches Manifest“), dann macht es keinen Sinn, zwischen einem italienischen oder griechischen oder algerischen Arbeiter zu unterscheiden- zum Beispiel. Sie werden innerhalb des Kapitalismus überall ausgebeutet. Da die Werktätigen überall ausgebeutet werden, in allen kapitalistisch strukturierten Ländern, muss er sich überall „verkaufen“. Deshalb macht es keinen Sinn, wenn wir in einer nationalistischen Trump-Argumentation fordern: „Deutsche/Europäer zuerst!“. Das wäre ja dann purer nationalistischer Nützlichkeitsrassismus. Wir sind ja als Linke gleichzeitig auch Internationalisten, die humanistisch und solidarisch denken, handeln – keine egoistischen Nationalisten – so sollte es sein, so muss es sein! Wir fordern „ein gutes Leben“ und „gute Erwerbsarbeitsplätze“ für alle, nicht nur für Deutsche, nicht nur für Europäer! Demnach müssen wir uns auch für diejenigen Arbeitsmigranten öffnen, die als Drittstaatler in Europa einen Erwerbsarbeitsplatz suchen. Wir wollen es ja auch hier besser und anders machen als AfDCSUSPDCDUGRÜNE.
Bei den Flüchtlingen, auch nicht bei deutschen oder anderen Menschen, steht keinesfalls auf deren Stirn geschrieben: „Ich bin ein Krimineller! Lasse mich nicht rein!“. Knapp 2% der Flüchtlinge sind oder werden kriminell. Die allgemeine Kriminalität lässt sich auch dadurch weiter verringern, wenn man den Menschen (allen Menschen!) schnellstens und unbürokratisch eine positive Perspektive bietet. Das bedeutet konkret: Schnelles Anbieten von Deutschkursen, die Beschaffung eines Arbeitsplatzes, ihnen so viel Geld geben, dass sie davon genügend Essen und Kleidung kaufen können, ohne, dass sie in Armut leben müssen. Diese Forderung gilt selbstverständlich auch für Deutsche und andere Menschen! Wir streben ein „gutes Leben für alle“ an! Das heißt: Gut bezahlte Erwerbsarbeitsplätze, preiswerte Wohnungen, ein armutsfester Mindestlohn für alle! Denn, so steht es auch im Grundgesetz: „Niemand darf bevorzugt oder benachteiligt werden!“. Die jetzigen Sondergesetze für Ausländer sind aber eher repressiv, rassistisch fundiert und abwehrend, inhuman, als wirklich integrierend. Wir als Linke treten nicht nach unten, in Richtung der Schwächsten der finanziell Schwachen- sondern weit eher nach oben, in Richtung aller, die verantwortlich sind für die internationalen Fluchtbewegungen. So sollte es zumindest sein, so muss es sein! Verantwortlich sind in erster Linie Rüstungskonzerne, Militaristen, Nationalisten, reaktionäre bis rassistische Politikerinnen, Medienvertreterinnen, Banken und Konzerne. Nie vergessen: Es kommen ca. 3% der Flüchtlinge nach Europa, davon nur ein sehr kleiner Teil nach Deutschland. Zwischen 1945 und 1955 hat das damalige Deutschland, territorial kleiner als das vorherige „Großdeutschland“, mit einem viel kleineren BIP, mit einer viel schlechteren Infrastruktur als heute, 14 Millionen Menschen (!) aufgenommen- dabei ist es völlig unerheblich, ob das Polen, Ukrainer oder Deutsche waren. Menschen (!) mussten eine Wohnung, einen Arbeitsplatz, Nahrung bekommen. Das wurde geschafft. Kein Flüchtling nimmt Dir Deine Rente weg, oder Dein Haus, Dein Hartz IV, dein Konto. Kein Flüchtling ist für Alters- und Jugendarmut verantwortlich, für den allgemeinen Sozialabbau, für eine brutale Kürzungspolitik in den Kommunen (oftmals entpolitisierend verbrämt als „Sparpolitik“). Kein Flüchtling ist für den erstarkenden Faschismus und Rassismus verantwortlich! Verantwortlich dafür sind neoliberale/marktradikale Politikerinnen im Besonderen und die Gesellschaftsformation Kapitalismus im Allgemeinen! Und das schon von Anbeginn!