Vor den bunten Zelten wird diskutiert, Sommerwind streicht durch das Gärtchen mit Kräutern und Gemüse unter dem großen Euro-Zeichen vor der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Idylle praktischer Kapitalismuskritik, eine Provokation mitten in der Innenstadt der Bankenmetropole Frankfurt am Main. Doch der Räumungstermin rückt näher: Dienstag, 31. Juli. Im Occupy-Camp jammert niemand. »Wir bleiben«, verkünden die Bewohner. Bei der Demonstration am Samstag für das Bleiberecht von Occupy und gegen die Finanzdiktatur haben sie 250 Formulare für die Anmeldung einer öffentlichen Versammlung verteilt: für den 31. Juli, 12 Uhr, bis zum 1. August, 12 Uhr, um das Euro-Zeichen herum und in angrenzenden Grünanlagen. Das Ordnungsamt wird es mit jeder Menge Versammlungsleitern zu tun bekommen. »Jeder kann ein Formular von unserer Homepage www.occupyfrankfurt.de herunterladen, es an das Amt mailen oder faxen; und sich über die aktuelle Lage informieren«, erklärt Aktivist Sascha. Occupy-Sprecher Thomas lädt ein, das Camp am Dienstag und Mittwoch zu besuchen: »Wann immer ihr Zeit habt.«
Die Stimmung ist verhalten optimistisch. »Als die Polizei das Bankenviertel wegen der Blockupy-Aktionstage im Mai abgesperrt und uns geräumt hat, sind wir wenig später wieder da gewesen«, sagt Nadja. Als »gute Seele des Camps« wacht sie darüber, daß jeder eine warme Mahlzeit erhält. »Freiwillig werden wir nicht gehen«, konstatiert auch Eero, der am Infostand Touristen und Einheimischen Fragen beantwortet. Von ihm ist zu erfahren, wie groß der Unmut über die rassistische Hetze von Bild war. Schlagzeilen wie »Rumänen übernehmen das Camp« oder »Ekelalarm: Ratten besetzen Occupy-Camp« hätten wütend gemacht. Einige wollten zwei Bild-Reporter nicht nur vom Platz jagen, sondern auch auf sie losgehen. »Wir mußten sie zurückhalten«, sagt Eero.
»Wir rufen jetzt zu friedlichem und entschlossenem Widerstand auf«, erklärt ein anderer Aktivist. Die Gründe für ihren Protest seien noch dramatischer geworden: »Einerseits ignoriert die Politik ihre soziale Verantwortung, andererseits geben gewählte Volksvertreter Milliarden für Bankenrettung und Rüstungswahnsinn aus«, schimpft er. Sicherlich kann der Frankfurter Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) die Polizei veranlassen, unser Camp zu räumen, so Occupy-Sprecher Thomas. »Aber das geht nicht, ohne Porzellan zu zerschlagen.« In die Stadtverordnetenversammlung und den zuständigen Ortsbeirat seien Anträge eingebracht worden, das Camp zu verbieten – in beiden Gremien habe man sich aber für den Fortbestand ausgesprochen. Darüber wolle sich der Ordnungsdezernent hinwegsetzen.
Nun soll die Bevölkerung mobilisiert werden. Am Donnerstag abend hielten die Occupy-Leute auf der Konsummeile Zeil eine »Asamblea« ab, eine Versammlung nach spanischem Vorbild mit offenem Mikro.
Quelle: www.jungeelt.de vom 30.07.12
« Rheinland-Pfälzische Regierung denunziert 168 Bürger bei den britischen Behörden – Demonstration zur Unterstützung »
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