Berlin. Die hungerstreikenden Flüchtlinge vor dem Brandenburger Tor machen weiter. Die Polizei mit ihren Schikanen auch. Seit sechs Tagen und Nächten harren die 20 Streikenden auf dem Pariser Platz trotz weiter sinkender Temperaturen aus. Unterstützer berichteten via Twitter, daß einer der Aktivisten von einem Rettungswagen abgeholt werden mußte, da er über Bauchschmerzen geklagt habe.
Einen angemessenen Kälteschutz gewährt die Polizei nicht. Immer wieder haben Beamte Flüchtlingen Schlafsäcke, Isomatten und andere wärmende Utensilien mit der Begründung weggenommen, deren Nutzung sei vom Versammlungsrecht nicht gedeckt. Am Montag morgen sollen Polizisten nach Angaben einer Unterstützerin auch vorhandene Ersatzkleidung beanstandet haben, da diese der »Bequemlichkeit von Versammlungsteilnehmern« dienen könnte. Dirk Stegemann, Anmelder des Hungerstreiks, der bis zum 5. November genehmigt wurde, nannte diese Argumentation »einen blanken Zynismus«.
Stegemann hat erneut »eine unbefristete, an der Anmeldungssituation späterer anderer Veranstaltungen anpaßbare Genehmigung zur Sondernutzung für den derzeit angemeldeten Versammlungsort« beantragt. Eine solche Sondernutzung gestattete den Flüchtlingen den Schutz vor Kälte durch Zelte, Schlafsäcke oder ähnliches. Derweil hat Hakan Tas, Mitglied der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, die Möglichkeit eines Ausweichplatzes in der Nähe des Brandenburger Tors ins Spiel gebracht. Der partizipations- und flüchtlingspolitische Sprecher erklärte, »der Umgang der Behörden mit den Flüchtlingen (…) ist unmenschlich.« Das Vorgehen der Polizei nannte er »verantwortungslos«, zudem täten Senat und der Bezirk Mitte nichts für die gesundheitliche Versorgung im Protestcamp. Tas kündigte an, die Angelegenheit im Innenausschuß zur Sprache zu bringen.
Mit der Verweigerung der Nahrungsaufnahme wird die sofortige Abschaffung und Beendigung der Abschiebungen, der Residenzpflicht sowie der Flüchtlingslager und Sammelunterkünfte gefordert.
Unklar blieb bis zuletzt, ob der Besuch des türkischen Ministerpräsidenten und die angekündigte Gegendemonstration, die am Mittwoch mittag vor dem Brandenburger Tor beginnen soll, Auswirkungen auf das kleine Camp der Hungerstreikenden haben wird. Die Polizei jedenfalls hatte am Montag stapelweise Absperrgitter angekarrt.
Quelle: www.jungewelt.de vom 30. Oktober 2012
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