Wolfgang Huste Polit- Blog

Noch mehr Nazis im Justizministerium

Mittwoch, 08. Mai 2013 von Huste

Berlin. 68 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes erwartet das Bundesjustizministerium neue Erkenntnisse über den Einfluß von Altnazis im eigenen Haus auf politische Weichenstellungen der Nachkriegszeit. Das sagte Ressortchefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der Welt (Mittwochausgabe) vor einem Symposium in Berlin zur Aufarbeitung der Nazivergangenheit in Ministerien. Nach Erkenntnissen einer unabhängigen Historikerkommission, die Leutheusser-Schnarrenberger Anfang 2012 eingesetzt hatte, haben im Justizministerium bis in die 60er Jahre mehr ehemalige Nazis gearbeitet als bisher angenommen. 1950 waren demnach 47 Prozent aller leitenden Beamten ehemalige NSDAP-Mitglieder, 1959 waren es immer noch 45 Prozent.(dpa/jW)

 

Quelle: www.jungewelt.de vom 08.05.2013

EU ist nicht reformierbar. Saarländischer Taler oder Sozialismus. Anmerkungen zu Oskar Lafontaine und der Euro-Diskussion in der Partei Die Linke. Von Thies Gleiss

Mittwoch, 08. Mai 2013 von Huste

Oskar Lafontaine hat eine Debatte in der Partei Die Linke losgetreten. Diesmal zum ­Euro. Ihm sollte dafür Dank gezollt werden. Im Jahr der Bundestagswahl und angesicht der anhaltenden großen Finanz- und EU-Krise sind »Europäische Union und Euro« das überragende Thema in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit. Gleichzeitig ist offenkundig, daß die etablierten deutschen Parteien – CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne – dieses Wahlkampfthema nicht für ihre jeweilige Kampagne ausnutzen können. Der Grund dafür ist einfach: Sie sind sich alle bis ins Detail einig und unterstützen den »Merkelismus« und seinen barbarischen Feldzug zur Sicherung der deutschen Dominanz in »Europa«.

Es wäre also ein Geschenk für die Partei Die Linke, dieses »Europa-Thema« in ihrer Wahlkampagne in den Mittelpunkt zu stellen. Leider kapieren das maßgebliche Kräfte und Wahlprogrammschreiber in der Linken nicht. Sie ersticken es mit Bekenntnissen »zu Europa« oder »zum Euro«. Die EU wäre zwar falsch und fehlerhaft konstruiert, im Ergebnis undemokratisch und prokapitalistisch, aber irgendwie sei sie doch toll und alles Schlechte zu reparieren.

Ein Wahlkampf der Linken müßte, will er dem Großthema »EU-Krise« gerecht werden, klipp und klar fordern, die EU-Verträge sofort zu kündigen. Diese EU des Kapitals ist nicht zu reformieren und mitzugestalten. Die deutsche Linke hat eine große Verantwortung gegenüber der europäischen Linken und den durch die Politik Merkels und des deutschen Kapitals gebeutelten Menschen im EU-Raum. Von ihr wird erwartet, daß sie den sogenannten Rettungspaketen, ESM, Finanzpakt und wie die verschiedenen Formen der Kapitalsanierungsoffensive alle heißen, Widerstand entgegensetzt. Das ist der heute erforderliche linke und solidarische Internationalismus. Das schließt die Unterstützung protektionistischer Maßnahmen – wie zum Beispiel Austritt aus dem Euro – der Linken in Südeuropa oder Irland ebenso ein, wie die praktische Solidarität mit dem Aufbau solidarischer Gegenmacht und Selbstverwaltungsstrukturen in diesen Ländern. Die Linke wird allerdings vor allem daran gemessen, was sie an der Durchsetzung der Kapitalinteressen hier in Deutschland konkret verhindert.

Große Pose

Oskar Lafontaine kommt nicht ohne seine Kaspereien aus. Man ist fast geneigt, die alte Kabarettnummer gegen Helmut Schmidt – »Nachdem ich und Henry Kissinger die Bauernkriege beendet hatten, mußten wir leider feststellen, daß die katholische Kirche nicht das gemacht hat, was wir wollten« – auf ihn anzuwenden: Nachdem ich in den neunziger Jahren erfolgreich den Euro eingeführt hatte, muß ich leider zur Kenntnis nehmen, daß die europäischen Regierungen nicht das machen, was ich wollte. Was für eine Pose! »Der makroökonomische Dialog« sei »von den Regierenden unterlaufen worden«. Und jetzt – nach dem Motto »Wer nicht hören will, muss fühlen« – müßen eben alle wieder zurück auf Los. Fakt ist jedoch: Der Euro sollte von den beteiligten Regierungen – die zwar damals mehrheitlich sozialdemokratisch, aber dennoch dem Kapital und seinen Interessen verpflichtet waren – zu keinem Zeitpunkt als Mittel des ökonomischen Ausgleichs eingesetzt werden. Im Gegenteil, es ging um eine effektivere Ausnutzung der Produktivitätsgefälle im EU-Raum, um gegenüber den USA und Japan konkurrenzfähig zu werden. Der massive Ausbau eines Niedriglohnsektors war deshalb ausdrücklich das gewünschte Zusatzmittel, ebenso wie die rabiate Schleifung aller Hindernisse, die dem freien Handel und Wandel des Kapitals noch im Wege standen. Linke Ökonomen haben dies in den neunziger Jahren vorhergesehen. Sie sind aus heutiger Sicht höchstens dafür zu kritisieren, daß sie die Euro-Krise schon viel früher erwartet und das Ausmaß der 15jährigen Erfolgsgeschichte des Euro unterschätzt haben. Der damalige Finanzminister Lafontaine war nicht der Oberbuhmann, er war zumindest zögerlich und ist rechtzeitig zurückgetreten, aber daß der Euro als Wohltat für die Menschen eingeführt wurde, ist nichts als Legende. Bis heute wird ja bilanziert, daß die politische und moralische Begründung der neuen Währung sträflich vernachlässigt wurde. Geld hat immer zwei Seiten: Vertrauen und Repression. Das Vertrauen in den Euro wurde so wenig erzeugt wie ein europäisches Nationalgefühl. Und die repressive Seite des Geldes hebt die Einkommens- und Produktivitätsgefälle nicht auf, sondern nutzt und verlängert deren Existenz.

Innerhalb eines kapitalistischen Marktsystems sind Ausgleichsmaßnahmen wie eigene Währungen und deren Ab- oder Aufwertung, Zölle oder politische Schutzmaßnahmen (Qualitätszertifikate, Normen, Markenrechte usw.) immer die Mittel, Produktivitätsgefälle auszugleichen. Geschieht dies nicht, werden Formen des permanenten ungleichen Tausches etabliert, in deren Folge ganze Regionen und Länder ausbluten und verarmen. Die Vorschläge, die Oskar Lafontaine jetzt macht, sind deshalb völlig richtig, wenn die Zielsetzung die Erhaltung eines europäischen kapitalistischen Marktsystems ist. Dann spricht viel dafür, die alten europäischen Währungsmechanismen wieder einzuführen, vielleicht sogar einen speziellen saarländischen Taler. Sicher ist dann aber, daß die Verarmungsprozesse in Südeuropa fortgesetzt werden, und sicher ist dann auch, daß diese Ökonomien völlig dem Weltmarkt ausgesetzt werden und der geringe Schutz, der die Mitgliedschaft in einer großen EU bringt, wegfällt. Wenn der Binnenmarkt mit 500 Millionen Menschen zusammenbricht, dann freut sich das konkurrierende Kapital. Profitieren würde von der Wiedereinführung der alten Währungen zusätzlich die nationale kapitalistische Klasse in den südeuropäischen Länder. Es ist aber zu fragen, ob diese Klassen wirklich noch als großer gesellschaftspolitischer Akteur vorhanden, oder ob sie nicht schon lange in den Eingeweiden der EU-Kapitalelite verschwunden sind. Und noch mehr ist zu fragen, ob eine deutsche oder europäische Linke sich zu deren Interessenswächterin machen sollte.

Schutzmaßnahmen

Die Vorschläge von Oskar Lafontaine kommen deshalb wie so viele sozialdemokratische Vorschläge in der Geschichte zu spät. Daher erfährt Oskar ja auch die bissige Resonanz aus dem bürgerlichen Lager. Aber völlig klar ist: Die Thesen von Oskar sind absolut andere als die der rechten »Alternative für Deutschland«. Das vor allem deshalb, weil er neben der Etablierung des nationalen Kapitalismus in den bedrängten EU-Ländern ja auch eine Reihe politischer Schutzmaßnahmen für die arbeitende Klasse (Lohn, soziale Rechte usw.) fordert. Warum es die letzteren nicht auch ohne die erste geben kann, bleibt Oskars Geheimnis, ebenso, warum er politische Forderungen zum Schutz der zweiten Springquelle allen Reichtums, der Natur, nicht mit einbindet.

Meine Zielsetzung ist die Sicherstellung eines kapitalistischen Europas nicht. Die Linke sollte die Krise der EU als eine tiefe Krise des Kapitalismus erklären und aus ihr die Notwendigkeit und Aktualität des Sozialismus ableiten.

Aktualität des Sozialismus heißt, dem grundlegenden Prinzip des Kapitalismus, alle Dinge, einschließlich der Arbeitskraft, erst in eine Ware zu verwandeln und sie dann auf einen anonymen Markt zu tragen, unser Prinzip einer solidarischen, demokratisch geplanten und vernunftgeleiteten Ökonomie der Mehrheit entgegenzustellen. Das ist die große Aufgabe, vor der SYRIZA in Griechenland, aber auch die Linke in Deutschland steht.

Es gibt drei Bestandteile dieser konkreten sozialistischen Utopie. Erstens der Aufbau von Gegenmacht gegen die Institutionen der herrschenden Klasse. Das sind alle Kämpfe der Verweigerung, des Boykotts, der Streiks und der Aufbau von Strukturen zum Führen solcher Kämpfe und der Kontrolle ihrer Ergebnisse. Zweitens politische Vorschläge an die Zentralmacht oder da, wo es bereits oder noch möglich ist, konkrete Regierungsmaßnahmen. Das ist die Politik der Umverteilung durch Steuern, des Ausbaus der Rechte der Arbeiterklasse und der Beschneidung der Rechte des Kapitals, einschließlich Kapitalverkehrskontrollen, politischer Marktbeschränkungen oder Währungsreformen. Und drittens der Aufbau von realen Alternativökonomien wie Tauschringen, Genossenschaften, Selbsthilfeorganisationen. Alle drei Sektoren sind die große Schule, in der neue gesellschaftliche Kräfte geschult und neue Theorien entwickelt werden, wie die Zukunft der Menschen konkret aussehen soll und wird.

Es ist unschwer zu erkennen, daß in Griechenland, Spanien, Portugal, Irland, Italien heute der erste Bereich, die Bewegung der Verweigerung und der Streiks eine ungleich größere Bedeutung hat; ebenso, daß Selbsthilfe wichtiger ist als Maßnahmen eines kaputten, sterbenden und vom Konkurrenten niedergemachten bürgerlichen Staates.

Wenn in diesen Kämpfen die Abschaffung der europäischen Einheitswährung, in vielen Bereichen in Griechenland wird heute sogar das Geld abgeschafft, gefordert wird, dann sollte die deutsche Linke das massiv unterstützen. Die wichtigste Währung bleibt jedoch die Veränderung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse zugunsten der Arbeiterklasse.

Thies Gleiss ist Mitglied im Bundessprecherrat der Antikapitalistischen Linken, einer Bundesarbeitsgemeinschaft in der Partei Die Linke.

 

Quelle: www.jungewelt.de vom 08.05.2013

Juncker und der Terror. Luxemburgs Premier mußte dem Geheimdienstausschuß seines Parlaments Rede und Antwort stehen. Von Daniel Bratanovic und Peter Wolter

Mittwoch, 08. Mai 2013 von Huste

Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker kommt in Bedrängnis: Am Dienstag mußte er der Geheimdienstkommission des Parlaments in Sachen Bombenlegeraffäre Rede und Antwort stehen und wird wahrscheinlich schon übernächste Woche als Zeuge vom Kriminalgericht gehört. »Auch sein Vorgänger im Amt, Jacques Santer, wird aussagen müssen«, äußerte der Luxemburger Anwalt Gaston Vogel gegenüber jW. »Ich habe beide vorladen lassen, es ist absolut sicher, daß sie erscheinen müssen.« Beiden droht eine Anzeige wegen »Nichtanzeigens einer Straftat«.

Kriminalgericht und Parlament bemühen sich zur Zeit, Licht in die Serie von etwa zwei Dutzend Bombenanschlägen zu bringen, bei denen zwischen 1984 und 1986 in Luxemburg Strommasten, eine Polizeiwache, eine Redaktion und eine Radarstation in die Luft flogen. Angeklagt sind zwei ehemalige Elitepolizisten, die mitgemacht haben sollen – im Auftrag der NATO-Geheimarmee »Stay Behind«. Schon vor Jahren hatten Justiz und Polizei zu ermitteln versucht – mit dürftigen Erfolgen. Kein Wunder: in die Affäre sind höchste Regierungs- und Geheimdienstkreise verwickelt. Möglicherweise hat sogar Prinz Jean mitgemischt, bis zu seinem Verzicht im Jahre 1986 Thronfolger. Auch er mußte schon vor Gericht erscheinen.

Juncker verwahrte sich im Ausschuß gegen den Vorwurf, Kenntnis von der Affäre gehabt zu haben. Es sei eine »Verrücktheit« zu behaupten, »der Juncker, der weiß was, sagt aber aus Gründen der Staatsräson nichts«. Derlei Unterstellungen und Falschmeldungen müsse er fast täglich über sich ergehen lassen. Daß es aber zwei Hausdurchsuchungen beim Premierminister gegeben habe, habe niemanden gestört, obwohl das weltweit wohl einmalig sein dürfte, klagte Juncker.

2006 sei er vom Geheimdienst unterrichtet worden, daß sich zur Zeit der Bombenanschläge der italienische CIA-Mitarbeiter und mutmaßlicher Strippenzieher bei »Stay Behind«-Aktionen, Licio Gelli, in Luxemburg aufgehalten habe. »Gellis Name gehört nicht zur Allgemeinbildung«, sagte Juncker. »Er war mir nicht im Zusammenhang mit der Bombenlegeraffäre oder dem Stay-Behind bekannt«. Gleichwohl hielt es der Premier immerhin für möglich, daß Kräfte in der NATO Interesse an einer Strategie der Spannung gehabt haben.

Die bisherigen Ermittlungen legen nahe, daß die Luxemburger Anschläge Teil der in vielen europäischen Staaten verfolgten NATO-Strategie waren, mit Terrorakten, die man den Linken in die Schuhe schob, einen politischen Rechtsruck zu provozieren. Daß dahinter Geheimdienste und NATO standen, ist allerdings kein Produkt von Verschwörungstheoretikern, sondern nachgewiesen – u.a. durch italienische Gerichte und parlamentarische Untersuchungen in Italien, Belgien, der Schweiz und jetzt wohl auch in Luxemburg. Das Attentat auf das Münchener Oktoberfest am 26. September 1980 mit 13 Toten soll ebenfalls auf das Konto der NATO gehen.

In bundesdeutschen Medien haben weder die Erkenntnisse über »Stay Behind« vom Anfang der 90er Jahre noch die jüngsten Enthüllungen großen Niederschlag gefunden. Als einzige deutsche Zeitung berichtete anfangs lediglich die jW, diverse andere Blätter stiegen nach und nach in das Thema ein. In 3Sat-»Kulturzeit« wurde am Dienstag abend ein erster TV-Beitrag dazu ausgestrahlt – recht wenig für einen Skandal fast vom Kaliber des Münchner NSU-Prozesses.

Dokumentation online unter: www.kurzlink.de/Schattenmann

Quelle: www.jungewelt.de vom 08.05.2013

Alles, was rechts ist. Der NSU-Prozeß beginnt. Von Sebastian Carlens

Dienstag, 07. Mai 2013 von Huste

Der deutsche »Jahrhundertprozeß« gegen Beate Zschäpe und andere begann ohne ein Zeichen der Reue. Zschäpe, die mutmaßlich einzige Überlebende des »Nationalsozialistischen Untergrundes«, soll den Nebenklägern der Opferfamilien vor dem OLG München am Montag demonstrativ den Rücken zugekehrt haben. Ein beschuldigter Terrorunterstützer zeigte aus einem Polizeiwagen heraus gar einen »Stinkefinger« in Richtung der Fotografen. Renitente, verstockte Neonazis, die keine Silbe der Entschuldigung für ihre Taten aufbringen und obendrein die Presse verhöhnen. Das paßt.

Ebenso passend ist es, daß die etablierte deutsche Medienlandschaft, ob mit oder ohne Platzkarte für die große Zschäpe-Show, solchen Details gern Beachtung schenkt. Als sei Reue zu erwarten gewesen, als würde sie irgend etwas ändern: am Leid der Hinterbliebenen, an der Verunsicherung unter Millionen hier lebenden Migranten, an der Rolle der deutschen Dienste im NSU-Komplex. Das Verfahren gegen die mutmaßlichen Mörder von zehn Menschen, die Bombenleger von Köln und Polizistenmörder von Heilbronn – es ist zusammengeschnurrt auf die Hauptbeschuldigte und ihr Verhältnis zu ihren beiden Katzen. Daran ist die Presse nicht unschuldig.

Vor Gericht werden keine großen Enthüllungen zu erwarten sein. Im Gegensatz zu den Untersuchungsausschüssen in Bund und Ländern, die wenigstens lose Fäden zur Verwicklung der Sicherheitsapparate hinterlassen, werden sich Staatsanwaltschaft und Richter weigern, über irgend etwas zu verhandeln, was nicht Gegenstand der Anklage ist. Auch die Begründung dafür kennen wir schon: Um das »Leid der Opfer« nicht durch Ausweitung der Verfahrensdauer »zu verlängern«. Die Hinterbliebenen, sie leiden seit vielen Jahren, seit die Polizei die Verwandten der Ermordeten zu den ersten Verdächtigen gestempelt und das Ansehen der Toten mit wüsten, aus der Luft gegriffenen Beschuldigungen verhöhnt hat. Doch die Polizei sitzt in München nicht auf der Anklagebank; ebensowenig wie der Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst, die Landes- und Bundeskriminalämter, der Bundesnachrichtendienst. Sie alle haben ihre V-Leute ganz tief drin in dem Milieu, das den NSU gebar.

Doch der NSU existiert nicht mehr, befand die Bundesanwaltschaft – durch Selbstmord aufgelöst. Was bleibt, sind Desperados, Einzeltäter, Irre. Dazu passend warnte der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen: »Was uns große Sorge bereitet, sind Kleinstrukturen, die sich im Internet zusammentun«. Er denke jedoch, »daß wir eigentlich einen guten Überblick haben«, so der Behördenchef am Sonntag.

An diesem guten Überblick besteht kein Zweifel – er ist Teil des Problems. Die junge Welt, vom Losglück begünstigt, wird vom Prozeß berichten. Und gleichzeitig die Dienste im Auge behalten, die bereits wieder mit jener Selbstherrlichkeit agieren, die geradewegs in die Katastrophe führte, welche nun in München verhandelt wird.

Quelle: www.jungewelt.de vom 07.05.13

Auch die Anklagebank ist zu klein

Montag, 06. Mai 2013 von Huste

„Das Münchner Oberlandesgericht hat nicht nur zu wenige Presseplätze. Auch die Anklagebank ist zu klein für all diejenigen, die eigentlich dort sitzen müssten“, kommentiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, den Prozessauftakt gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Terrorhelfer. Jelpke weiter:

„Schon die bisherigen Erkenntnisse haben gezeigt: Ohne Hilfe von Neonazis, die als V-Leute des Verfassungsschutzes geführt wurden, hätten die NSU-Terroristen niemals so lange im Untergrund leben und morden können. Wenn nun endlich Beate Zschäpe und ihren mutmaßlichen Terrorhelfern aus der Naziszene der Prozess gemacht wird, gehört auch der Verfassungsschutz mit auf der Anklagebank, der immer wieder den Schutz seiner braunen Quellen über die Aufklärung der Verbrechen gestellt hat. Diese im Widerspruch zum Gesetz stehende Haltung hat neben einem rassistisch verblendeten Ermittlungsansatz, der Opfer zu Tätern machte, maßgeblich dafür gesorgt, dass die NSU-Terroristen über Jahre mordend durchs Land ziehen konnten.

Die Angehörigen der Opfer haben ein Recht darauf, dass das Gericht die individuelle Schuld der Angeklagten ebenso aufklärt wie das Versagen der Sicherheitsbehörden. Der Hickhack um die Medienplätze hat gezeigt, dass das Gericht die gesellschaftliche Dimension des Verfahrens erst sehr spät erkannt hat. Die Verhandlungsführung wird zeigen, ob diese Erkenntnis von Dauer ist.“

Quelle: Homepage von Ulla Jelpke vom 05.05.13

»Es gibt keine gemäßigten Rebellen mehr«. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien in der Freitagausgabe ein Gastbeitrag von Jürgen Todenhöfer. Der Autor, von 1972 bis 1990 MdB der CDU, veröffentlichte 2011 das Buch »Feindbild Islam. Zehn Thesen gegen den Haß«. In dem FAZ-Artikel »Es gibt keine gemäßigten Rebellen mehr« schildert er Eindrücke von Begegnungen in der vom Krieg gezeichneten syrischen Hauptstadt Damaskus:

Samstag, 04. Mai 2013 von Huste

(…) Zweimal spreche ich mit dem syrischen Präsidenten Assad. Er wohnt mit seiner Familie nicht in einem der Staatspaläste, sondern mitten in der Stadt, in der umgebauten früheren deutschen Botschaft. Er wirkt noch schmaler als früher. Und härter. Ich frage nach seinen Zielen. Er nennt »die Befreiung Syriens von Al-Qaida« und die »Wiederherstellung einer säkularen Gesellschaft, in der alle Religionen einen Platz haben«. Muslime, Christen, alle. Für einen fairen Frieden sei er zu tiefgreifenden Zugeständnissen bereit. Doch wer wolle schon Frieden in Syrien? Er werde das Land nicht dem Chaos überlassen. Deshalb werde er bei der Präsidentschaftswahl 2014 wieder kandidieren. Und weiter kämpfen. (…)

Es ist meine sechste Syrien-Reise seit Beginn der Unruhen. Ich habe lange mit Vertretern der Opposition gesprochen und Stunden mit dem syrischen Präsidenten. Was als legitimer demokratischer Aufstand eines Teils der Bevölkerung begann, ist zu einer Mischung aus fanatischem Religionskrieg und antiiranischem Stellvertreterkrieg entartet. Beide Seiten haben jedes Maß verloren. Auch die Rebellen. Selbst die UN werfen der einst gemäßigten FSA Folter, Mord und Vergewaltigung vor. Salem schilderte mir seelenruhig, wie er und seine Kampfgefährten »Verräter« und Soldaten folterten und dann hinrichteten: »Wir machen es wie die andere Seite.«

Die schweigende Mehrheit Syriens verfolgt diesen Krieg mit fassungslosem Entsetzen. Ich frage einen Arzt, der irgendwo zwischen den Fronten steht, nach der Rolle Assads :» Er hat vor allem am Anfang Fehler gemacht. Aber er ist nicht Stalin, eher Putin«, antwortet er.

Saudi-Arabien und Katar ziehen im Hintergrund die Fäden. Sie haben Al-Qaida zu einem phänomenalen Siegeszug verholfen. Ich habe Al-Qaida in Afghanistan, Pakistan und im Irak erlebt. Gegenüber Al-Nusra waren das Zwergorganisationen. Zum Riesen wurde Al-Qaida in Syrien. Mit jedem Kriegstag wird Al-Qaida mächtiger, attraktiver, ja sogar respektierter. Die Sender Al-Dschasira und Al-Arabija berichten täglich von ihren »Heldentaten«. Peter Bergen, ein anerkannter amerikanischer Fachmann, nennt Al-Nusra die »effektivste und disziplinierteste« Kampftruppe gegen Assad. Fähig, eines Tages auch »den Westen anzugreifen«.

Die von Washington abgenickten saudisch-katarischen Geld- und Waffenlieferungen sowie die westliche Unterstützung für die Rebellen heizen den Syrienkrieg weiter an. Sie wirken wie ein Marschallplan für Al-Qaida. De facto betreiben die amerikanischen Zauberlehrlinge das Geschäft Al-Qaidas. Zwar setzen sie offiziell noch immer auf »gemäßigte Rebellen«. Doch die gibt es nicht mehr. Selten war die amerikanische Politik im Nahen und Mittleren Osten kurzsichtiger und gefährlicher.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.05.13

Unverkürzte Erinnerung. In Gefängnis und KZ zugrunde gerichtet: Vor 75 Jahren starb Carl von Ossietzky. Vielerorts wird der Antifaschist gewürdigt – ohne als solcher aber benannt zu werden. Von Kurt Pätzold

Samstag, 04. Mai 2013 von Huste

Carl von Ossietzky, dem der Friedensnobelpreis zuerkannt wurde, lehnte es ab, auf diesen öffentlich zu verzichten, obwohl ihm die Faschisten dafür die Freilassung aus dem KZ versprachen.

Am 4. Mai 1938 erloschen die Lebenslichter des Carl von Ossietzky. Sie hatten lange schon geflackert. Der in Berlin verstorbene war nicht älter als 48 Jahre geworden. Die faschistischen Terroristen hatten ihn in Gefängnis und Konzentrationslager zugrunde gerichtet. Der Mann, der über geschliffene Geisteskräfte die Masse verfügte, besaß gegen deren von Rachsucht angetriebenen Schikanen keine hinreichenden physischen Widerstandskräfte. Und die internationale Bewegung, die sich für seine Befreiung einsetzte und dem Osloer Komitee 1936 schließlich die Verleihung des Friedensnobelpreises abtrotzte, kam zu spät, als daß sie Ossietzky noch eine Überlebenschance hätte verschaffen können. Zwar wurde er im gleichen Jahr aus dem Konzentrationslager entlassen, doch führte sein Weg von Esterwegen in Krankenhäuser Berlins. Die Lungentuberkulose war nicht ausheilbar. Er wurde auf einem Friedhof in Berlin-Niederschönhausen begraben.

An Ossietzky erinnern in Berlin zwei Denkmäler. Das eine wurde zu DDR-Zeit in Pankow in der Straße errichtet, die seit 1948 seinen Namen trägt, das andere befindet sich in Berlin-Kreuzberg. Tafeln verweisen auf seine Lebens- und Wirkungsstätten. In der Charlottenburger Kantstraße, wo sich das Büro der Weltbühne befand, wird mitgeteilt, daß er hier für Recht, Freiheit, Frieden und Völkerverständigung wirkte. In Berlin-Rosenthal heißt es in der Mittelstraße, hier habe sich im einstigen privaten Sanatorium Nordend seine letzte Lebensstation befunden. Auf einer Tafel an der Justizvollzugsanstalt Tegel, wo Ossietzky 1932 inhaftiert hatte leben müssen, wird Lion Feuchtwanger zitiert, der hervorhob, daß Ossietzky für den Frieden eintrat und starb. In vielen Städten Deutschlands sind Straßen oder Plätze nach ihm benannt, mehrfach auch Schulen. In Hamburg, seiner Geburtsstadt trägt eine Universitätsbibliothek seinen Namen. Den hat nach langwierigen Auseinandersetzungen 1991 auch die Universität im niedersächsischen Oldenburg erhalten. Dort wurde ihm 1996 in den Wallanlagen ein Denkmal, eine Stele mit einer Büste errichtet. Ossietzkys Namen tragen Medaillen und Preise, die bis auf den Tag verliehen werden, so eine, die von der Liga für Menschenrechte alljährlich vergeben wird. Schließlich ist seiner mehrmals auch durch die Edition von Postwertzeichen gedacht worden. 1964 tat das die Deutsche Demokratische Republik in einer Serie, zu der auch Marken mit den Bildnissen von Frédéric Joliot-Curie und Bertha von Suttner gehörten, 1975 folgte die Bundesrepublik mit einer Ausgabe. Zum 100. Geburtstag im Jahre 1989 edierte die Bundespost wiederum eine Marke, die DDR ehrte ihn durch die Prägung einer Geldmünze mit seinem Bildnis.

So wird des Mannes auf verschiedenste Weisen gedacht. Geschieht das aber auch in einer seiner Rolle angemessenen, ihm gebührenden Weise? Auf Tafeln und Texten in öffentlichen Räumen wie in den im Internet aus verschiedenen Quellen abrufbaren Kurzbiografien wird Ossietzky Journalist, Publizist, Pazifist, mitunter politischer Pazifist, Antimilitarist oder Republikaner genannt. Keine dieser Charakteristika verfehlt oder verzeichnet ihn. Und doch gibt keine von ihnen ein schärferes Bild von seinem Platz in der Gesellschaft der zwanziger und beginnenden dreißiger Jahre. Sie sagen so viel, als würde über Karl Marx geschrieben, er sei ein Sozialwissenschaftler gewesen,
Scharfe Frontstellung

Wer sich mit Ossietzkys Biografie auch nur ungefähr bekannt gemacht hat, ist auf seine scharfe Frontstellung gegen den Faschismus – er schrieb Fascismus – gestoßen. In dessen Sieg sah er die gefährlichste aller Richtungen, in die sich die deutsche Geschichte entwickeln konnte. Was in seinen von ihm selbst als sehr begrenzt beurteilten Kräften und denen der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Weltbühne geschehen konnte, diesen »Fall« zu verhindern, das tat er. Warum aber läßt sich nach der Durchmusterung solcher Kurzbiografien fragen, zu deren Autoren Mitarbeiter des Deutschen Historischen Museums und der Universität in Oldenburg, Spezialisten also, gehören, billigen sie ihm die Bezeichnung eines Antifaschisten nicht zu? Eine Antwort läßt sich an die in Medien wie in der wissenschaftlichen Literatur zu machenden Beobachtung schließen, daß es im Deutschland der zwanziger bis vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zwar »Nationalsozialisten« und eine »nationalsozialistische Herrschaft«, aber keinen Faschismus gegeben habe. Antifaschismus war demnach so etwas wie ein Mißverständnis. Das soll aber Ossietzky ins Grab nicht nachgesagt werden. So wird geschwiegen, beispielsweise auch sein Satz meist unzitiert gelassen, gesprochen auf einer Versammlung von Berliner Schriftstellern am 17. Februar 1933: »Die Flagge, zu der ich mich bekenne, ist nicht mehr die schwarzrotgoldene dieser entarteten Republik, sondern das Banner der geeinten antifaschistischen Bewegung.« Die Worte sehen 2013 ihre Leser fragend und herausfordernd an.

Eine Antwort auf die Frage nach dem verschwiegenen Antifaschisten, die mehr als bloße Vermutung ist, läßt sich finden, wenn entdeckt wird, daß es derlei Auslassungen noch weitere gibt. Ob Pazifist, Antimilitarist, Republikaner – Ossietzky verkörperte von alledem eine eigene und unverwechselbare Spezies, die von der größeren Gruppe jeweils eine Minderheit ausmachte und ausgezeichnet war durch Konsequenz des Denkens und der eigenen Position, durch die Fähigkeit, Gefahren ebenso wahrzunehmen wie Irrwege, auf denen sie nicht abgewehrt werden konnten, auch durch persönlichen Mut.

Zum Beispiel der Publizist: Ossietzky hat die Zu- und Tatbestände der Gesellschaft und des Staates, in der er lebte, bei Klarnamen genannt. In seinen Artikeln gibt es folglich »die kapitalistische Ära« und die »herrschende Klasse«, »das rebellierende Kleinbürgertum«, das »Klassengefühl« und den »Klassenstaat«, zur Unterscheidung von anderen Formen den »offenen Faschismus« und den »Gegensatz zwischen kapitalistischem und sozialistischem Denken«. Nirgendwo ist einer dieser Begriffe als Etikett benutzt, sie sind Bausteine einer Analyse. Und da wird verständlich, warum von den Eigenheiten des Publizisten eingehender doch die Rede 2013 besser nicht ist, namentlich nicht unter der Mehrzahl seinen derzeitigen Berufskollegen.
Erbe des Militarismus

Zum Beispiel der Republikaner. Klar sah Ossietzky, daß diese Republik solange instabil und in ihrer Existenz gefährdet bleiben würde, solange sie nicht mit dem Erbe des Militarismus abgerechnet hatte, das aus dem Kaiserreich auf sie gekommen war. Dabei ging es ihm nicht nur um die Geschichte, sondern mehr noch um die Zukunft dieses Landes, in dem er Kräfte nach der Macht streben sah, die auf einen neuen Krieg hinaus wollten. Die und ihre Helfer hat er bloßgestellt, damit ihren Haß auf sich gezogen und deren Bedürfnis nach Rache provoziert. Zugleich war er davon überzeugt, daß nicht erst nach einer Revolution in einer anderen sozialen Ordnung Friedensbedingungen hergestellt werden könnten, sondern in diesem Punkte schon die Zustände in der Republik veränderungsfähig seien. Unter einer Voraussetzung: dem Druck von Massen auf die Herrschenden.

Das führt zu dem Thema, das in keiner der erwähnten Kurzbilder vom Leben Ossietzkys auch nur in einem Nebensatz Erwähnung findet. Sein Verhältnis zur Arbeiterklasse und ihren politischen Organisationen, vor allem der kommunistischen und der sozialdemokratischen. Je bedrohlicher sich der Faschismus erhob, je kürzer sich dem Vorausschauenden die Lebensdauer der Republik bemaß, umso mehr setzte er seine Hoffnungen darauf, daß beide ihr Verhältnis im Kampf neu bestimmen würden. Er hat, ohne sich zum Richter zu machen, den einen wie den anderen die geistigen und praktisch-politischen Barrieren benannt, die der Überwindung des unheilvollen Feindverhältnisses entgegenstanden. Er attestierte den Kommunisten Dogmatismus und Stalinismus und wandte sich zugleich gegen die Bilder vom »moskowitischen Schrecken«, denen er entgegenhielt, daß er unter den Politikern der KPD »ruhige und verantwortungsbewußte Männer« gefunden habe. Was soll heutigen »Verehrern« Ossietzkys aber derlei Haltung, gar sein Eintreten für den Kandidaten Ernst Thälmann im Reichspräsidentenwahlkampf 1932, dies letzte nicht mit dem Blick auf einen Sieg, aber doch, eine große Stimmenzahl vorausgesetzt, auf einen hoffnungsvollen Ausblick. Wie nimmt sich hinter dieser historischen Folio die blamable Anklage gegen Sozialisten aus, überhaupt über eine Gesellschaftsordnung nach und anstelle der bürgerlichen zu diskutieren?

Kurzum: In der Werkstatt für politische Warntafeln ist die mit der Aufschrift »Vorsicht Ossietzky« längst hergestellt. Mit deren Aufstellung wird gezögert. Der Aktion haftet eine gewisse Peinlichkeit an. Einfacher und weniger verfänglich ist die Amputation des Geehrten. Auf diesem Felde existiert Erfahrung. Beispielsweise auch aus dem Umgang mit einem Mitstreiter Ossietzkys, mit Kurt Tucholsky. Ceterum censeo: Die Antifaschisten sollen Ossietzky lesen. Sein literarisches Erbe enthält Lektionen, deren Studium Wege weisen und Irrwege ersparen kann und auch vor mancher Dummheit bewahren.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.05.13

Heraus zum 1. Mai! Aufruf der DKP (Deutsche Kommunistische Partei) zum 1. Mai:

Dienstag, 30. April 2013 von Huste

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heraus zum 1. Mai! Der Slogan mag altbacken klingen, er ist aber hochaktuell und dringend für unsere Zukunft, für die Zukunft der Kolleginnen und Kollegen, nicht nur in Deutschland und Europa.

Im Verhältnis zur immensen Produktivität ist Deutschland ein Niedriglohnland. Daran haben auch die Tarifrunden der letzten Jahre nichts geändert. Die Gewerkschaften haben 2012 Lohnerhöhungen in Höhe von 2,7 Prozent für rund neun Millionen Beschäftigte durchgesetzt. Nach Abzug der Inflationsrate ist das eine Nullrunde, die mit Umverteilung von oben nach unten nichts zu tun hat. Die ist aber nötig! Schon heute kann ein Drittel der Beschäftigten, darunter Teilzeitler, Leiharbeiter, geringfügig Beschäftigte und sogenannte Aufstocker, von ihrem Lohn allein nicht leben.

Die Umverteilung von oben nach unten ist auch nötig, weil unsere Niedriglöhne die Kolleginnen und Kollegen in Zypern, Portugal, Griechenland, Italien und Spanien treffen. Sie ermöglichen es, diese Länder noch tiefer in die Schuldenfalle zu treiben. Unsere Antwort heißt Solidarität!

Die Unternehmer und deren Politiker predigen Verzicht. Dadurch würden Arbeitsplätze sicherer und Standorte gerettet. Nokia und Schlecker zeigen: Das ist eine Lüge. Vor allem bei Opel ist jüngst sichtbar geworden, wie Standorte gegeneinander ausgespielt werden. Wer sich darauf einläßt, läßt die Anderen und auch sich selbst im Stich. Ob in Bochum, Rüsselsheim oder Kaiserslautern: Unsere Antwort heißt Solidarität.

Wir müssen uns wehren, weil Unternehmer und ihre Parteien die nächsten Angriffe vorbereiten. Sie loben die Agenda 2010, die uns Hartz IV gebracht hat, und planen die Agenda 2020. Sie haben uns mit der Rente mit 67 betrogen und planen die Rente mit 70.

Wir müssen uns wehren, weil die BRD im Verbund mit der NATO den Krieg in Syrien durch völkerrechtswidrige Einmischung von außen mit Geld und Waffen anheizt, um sich den Zugang zu Rohstoffen und Märkten zu sichern. Unsere Antwort ist: Hände weg von Syrien! Rüstungsexporte stoppen! Abzug aller Bundeswehrsoldaten weltweit!

Deshalb sagen wir: Heraus zum 1. Mai! Das ist notwendig, um diese Schweinereien abzuwehren und für unsere Interessen zu kämpfen. Heraus zum 1. Mai! Das ist notwendig, um über die Ursachen dieser Zustände zu diskutieren. Wir, die Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei, sagen: Wer von der Krise spricht, darf vom Kapitalismus nicht schweigen.

Eine Welt ohne Kapitalismus, das ist der Sozialismus, eine Gesellschaft, in der die Macht der Konzerne und Banken ersetzt wird durch die politische Macht der Arbeiterklasse und anderer werktätiger Schichten der Bevölkerung. Eine Gesellschaft, die die Vergesellschaftung der wichtigsten Produktionsmittel, von Grund und Boden herbeiführen wird. Erst dadurch wird die Möglichkeit geschaffen werden, der Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Gesellschaft zu entgehen.

Auch dafür demonstrieren wir am 1. Mai!

www.dkp.de

Quelle: www.jungewelt.de vom 30.04.13

Ein Jahrhundertskandal Der Bombenleger-Prozeß interessiert in Luxemburg – nicht in BRD. Von Peter Wolter

Dienstag, 30. April 2013 von Huste

Haarsträubende Details sind im Luxemburger Bombenleger-Prozeß bislang zum Vorschein gekommen. Nicht nur, daß die NATO zwischen 1984 und 1986 dort Strommasten in die Luft jagte, um die Attentate Linken in die Schuhe zu schieben, nicht nur, daß zwei Expolizisten mitgezündelt haben sollen – nein: Der damalige Premierminister Jacques Santer wußte über die Terrorakte bestens Bescheid, sein Nachfolger Jean-Claude Juncker erfuhr spätestens 2006 davon. Beiden steht jetzt eine Vorladung als Zeugen bevor. Und möglicherweise auch noch eine Anzeige wegen Nichtmeldens einer Straftat.

Nicht nur haarsträubend, sondern geradezu ungeheuerlich ist, was der Duisburger Historiker Andreas Kramer unter Eid als Zeuge aussagte: Sein Vater sei Bundeswehrhauptmann gewesen und habe im Auftrag des Bundesnachrichtendienstes derartige Anschläge organisiert. Sowohl das Attentat in Luxemburg als auch das auf das Münchner Oktoberfest am 25. September 1980 gehe auf sein Konto.

In Luxemburg befaßt sich nicht nur das Kriminalgericht, sondern seit Ende vergangenen Jahres auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß damit, welchen Anteil der Geheimdienst SREL an diesen Terrorakten hat. Im Rahmen einer Expertenanhörung wurde vergangene Woche auch der deutsche Geheimdienstexperte und Rechtsanwalt Rolf Gössner befragt.

Luxemburger Zeitungen berichten z.T. per Liveticker über Prozeß und Ausschußsitzungen. Der Rundfunk treibt ehemalige Geheimdienstler auf, die vor dem Mikrofon munter aus dem Nähkästchen plaudern. Auch Schweizer Zeitungen sowie die katalanische La Vanguardia griffen das Thema auf. Für das Großherzogtum ist es ein Jahrhundertskandal – nur wenige Kilometer weiter allerdings herrscht bleiernes Schweigen: Die meisten deutschen Medien ignorieren das Geschehen.

Über die Gerichtsverhandlungen hatten lediglich einige kleinere Zeitungen aus dem Grenzgebiet berichtet, zeitweise jedenfalls. Ein Interview des Zeugen Andreas Kramer mit dem ZDF kam zwar zustande, wurde aber nicht gesendet. Nachdem die jW in das Thema eingestiegen war, berichteten immerhin das Internetportal Telepolis sowie die Münchner Abendzeitung. Es wird auch eine TV-Reportage bei 3Sat – Kulturzeit vorbereitet.

Es gibt viele Hinweise darauf, daß die Zusammenarbeit zwischen faschistischen Mördern und deutschen Geheimdiensten schon Jahrzehnte vor dem NSU-Skandal reibungslos funktionierte. Aufgabe der deutschen Behörden wäre es, den Zeugenaussagen Kramers minutiös nachzugehen – soweit es die noch nicht gschredderten Akten zulassen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 30.04.13

Feindbild Armutsflüchtling. Anfrage der Linkspartei offenbart: Bundesregierung hat keine Beweise für angeblichen Sozialhilfetourismus. Von Ulla Jelpke

Dienstag, 30. April 2013 von Huste

Die Bundesregierung setzt offenbar darauf, die Diskussion um angeblichen Sozialhilfe­betrug durch osteuropäische Roma zum Wahlkampfthema aufzublasen. Belastbare Zahlen kann sie allerdings nicht nennen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) klagt seit Wochen über einen Zuzug sogenannter Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien. Vorige Woche hat er sogar gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Österreich, Großbritannien und den Niederlanden in einem Brief die EU-Ratspräsidentschaft aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, »um den Folgen dieser Art von Einwanderung zu begegnen«. Die Minister führen aus, es sei eine »Beleidigung für den gesunden Menschenverstand«, Neuankömmlingen denselben Zugang zu Sozialleistungen zu gewähren wie Einheimischen. Konkret wird eine neue »Auslegung« der EU-Freizügigkeitsrichtlinie gefordert. Im Juni steht dies auf der Tagesordnung des EU-Innenministertreffens.

Friedrich stützt sich auf ein Papier des Deutschen Städtetages, in dem behauptet wird, in einigen Großstädten siedelten sich Roma vor allem aus Bulgarien und Rumänien einzig zu dem Zweck an, Sozialleistungen zu kassieren. Weder der Städtetag noch Friedrich können dies aber mit Zahlen belegen, wie der Bundesinnenminister Ende vorige Woche in der Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion zugeben mußte.

Soweit amtliche Zahlen vorliegen, deuten sie in eine ganz andere Richtung. Tatsächlich hat der Zuzug aus Bulgarien und Rumänien stark zugenommen. Knapp die Hälfte der hier lebenden 205000 Rumänen und 119000 Bulgaren kam in den letzten drei Jahren. Eine überdurchschnittliche Belastung der Sozialsysteme verursachen sie aber gerade nicht. Mit offiziell 9,6 Prozent ist die Arbeitslosigkeit unter ihnen deutlich niedriger als unter anderen Ausländern (16,4 Prozent). Die meisten Zuwanderer gehen nach Baden-Württemberg und Bayern, also dorthin, wo es mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt. »Bisher ist in absoluten Zahlen kein erheblicher Anstieg der Arbeitslosigkeit von rumänischen und bulgarischen Staatsangehörigen statistisch erfaßt«, räumt die Bundesregierung ein.

Sie verwickelt sich in weitere Widersprüche. Einerseits fordert sie die Freizügigkeitsrichtlinie zu verschärfen. Andererseits führt sie in der Antwort an die Linksfraktion aus, diese Richtlinie erlaube es den Mitgliedsstaaten schon jetzt, »Zuwanderer aus dem Land zu weisen, die in Täuschungsabsicht nur vorgeblich zum Zweck der Arbeitssuche oder der selbständigen Erwerbstätigkeit einreisen, um in den Genuß staatlicher Leistungen zu kommen«. Konkrete Zahlen fehlen aber auch hier, zudem ist diese Interpretation in der Europäischen Union umstritten.

Auch in der EU-Kommission kennt man keine Zahlen und Fakten, die einen Mißbrauch belegen könnten. EU-Sozialkommissar Laszlo Andor sprach in der Süddeutschen Zeitung (SZ) von einer »sehr aufgeblasenen Diskussion«. Dennoch stimmte jetzt auch der nordrhein-westfälische Sozialminister Guntram Schneider (SPD) in den demagogischen Chor ein und malte in der SZ das Bild von »unglaublichen Zuständen« an die Wand, die bei voller Freizügigkeit für Bulgaren und Rumänen im kommenden Jahr drohten.

Falls die Kommission dem Ruf aus Berlin nicht folgt, ist die nächste Eskalationsstufe programmiert: Die Bundesregierung bekundet ihr Verständnis für Befürchtungen, daß Armutszuwanderung »zu einer Gefährdung des sozialen Zusammenhalts und des sozialen Friedens führen könnte«. Das klingt nach dem Beginn der 1990er Jahre, als CDU/CSU, SPD und FDP Verständnis für jene sahen, die etwa in Rostock-Lichtenhagen den »sozialen Frieden« gestört hatten und schutzsuchende Flüchtlinge ermorden wollten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 30.04.13

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