Achtung! Das Landgericht Koblenz hat meinen Gerichtstermin vorverlegt. Der neue Termin lautet nun: Donnerstag, 20. September 2012, Sitzungssaal 137, Beginn 9 Uhr. Diese Information erhielt ich erst letzten Freitag.Es geht um einen Berufungstermin vor dem Landgericht Koblenz. Dort soll geklärt werden, ob der Aufruf zu einer friedlichen Blockade eines genehmigten Aufmarsches von Neonazis eine Straftat, eine Ordnungswidrigkeit oder völlig legal ist, wie der Bundesgerichtshof und auch das Oberverwaltungsgericht Hamm urteilten. Ich bitte um eure Solidarität.
In der gegenwärtigen Krise fallen auch bei den Fabrikanten und Händlern von Militärgerät die letzten zivilisatorischen Hemmungen. Das neue Management der Rüstungssparte des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS strebe ein verstärktes Wachstum »außerhalb Europas« an, meldete die Zeitung Die Welt am Dienstag. Hierbei wollten die Waffenbauer vor allem in »Wachstumsländern wie Saudi-Arabien und Indien« Marktanteile erringen. Das »schnellebige Umfeld mit seinem harten Wettbewerb« erfordere eine Neuausrichtung der »Cassidian« getauften EADS-Waffenschmiede, deren Ziel eine »stärkere Verankerung in Wachstumsländern« sei, so deren neuer Chef Bernhard Gerwert in einem internen Rundschreiben, das dem Springer-Blatt zugespielt wurde. Zu einer intensiveren internationalen Ausrichtung von Cassidian gebe es kaum Alternativen, hieß es in Welt, da in der Krise die Rüstungsausgaben in Europa und den USA stagnierten oder gar schrumpften, während sie in Saudi-Arabien, Brasilien oder Indien kräftig anstiegen.
Die Europäer wollen mit dieser enthemmten Aufrüstung der Krisengebiete im globalen Süden klar dem US-amerikanischen Beispiel folgen, konnten doch die Rüstungsschmieden der USA im vergangenen Jahr spektakuläre Absatzerfolge in den »Entwicklungsländern« erzielen, wie US-Medien unter Verweis auf einen Bericht des Congressional Research Service Ende August verbreiteten. Demnach haben die Waffenexporte im Umfang von 66,3 Milliarden US-Dollar 2011 einen neuen Rekord erreicht, der den historischen Höchstwert von 2009 von 31 Milliarden US-Dollar auf mehr als das Doppelte steigerte. Gegenüber 2010 haben sich die Ausfuhren von Militärgerät sogar mehr als verdreifacht. Ingesamt errangen die Vereinigten Staaten auf dem globalen Waffenmarkt, auf dem 2011 Militärgerät im Wert von 85,3 Milliarden Dollar gehandelt wurde, einen Marktanteil von rund 75 Prozent!
Diese erfolgreiche Exportoffensive des Militärisch-Industriellen Komplexes der USA wurde vor allem durch die Ausfuhren in die Krisenregion des Nahen und Mittleren Ostens ermöglich, mit denen die geopolitischen Kontrahenten des Iran massiv aufgerüstet wurden. Allein Saudi-Arabien hat US-Waffensysteme im Wert von 33 Milliarden Dollar erworben, die Vereinigten Arabischen Emirate investierten rund 4,5 Milliarden, Oman gab 1,4 Milliarden Dollar aus. Auf den Einkaufslisten der Golfdespotien standen vor allem Kampfflugzeuge und Raketenabwehrsysteme. Daneben konnten US-Waffenschmieden noch größere Deals mit Indien (Transportflugzeuge) und Taiwan (»Patriot«-Raketenabwehrsystem) abschließen.
Rußland, das mit Ausfuhren im Umfang von 4,8 Milliarden US-Dollar auch 2011 der zweitgrößte Waffenexporteur wurde, mußte hingegen einen massiven Einbruch von 50 Prozent bei Neuaufträgen hinnehmen, die nur noch einen Umfang von 3,69 Milliarden Dollar erreichten. Den größten Aufsteiger beim Handel mit Kriegsgerät stellt die Bundesrepublik dar, die ihre einschlägigen Ausfuhren binnen der vergangenen fünf Jahre verdoppeln konnte und im Jahr 2010 auf den dritten Platz im globalen Ranking der Waffenexporteure aufrückte. Auch in Deutschland haben die reaktionären und in Öldollars schwimmenden Golfmonarchien ihre Order bereits vorgelegt: Hunderte von modernsten »Leopard2«-Kampfpanzern wollen Saudi-Arabien und Katar erwerben – der Bundessicherheitsrat stimmte dem Verkauf von 200 »Leos« an die Saudis bereits zu.
Die Bundesregierung scheint solchen milliardenschweren Deals mit brutalsten Diktaturen auch künftig nicht abgeneigt. Mitte August kündige Sprecher Steffen Seibert an, daß man die Exportbestimmungen für deutsche Rüstungsgüter dem »europäischen Recht angleichen« werde. Umfangreiche Waffenverkäufe an Indonesien (Panzer) und Ägypten (U-Boote) zeichnen sich bereits ab. Dabei legitimiert vor allem in Krisenzeiten das leidige Arbeitsplatzargument diese zunehmende Rücksichtslosigkeit beim Export von Kriegsgerät. In Deutschland seien 80000 Menschen in der Rüstungsindustrie beschäftigt, so Spiegel-online: »Die Rechnung ist einfach: Brummt der Export, sind die Arbeitsplätze gesichert.«
Dieser zunehmende Wettbewerb der westlichen Militärindustrie um die »Wachstumsmärkte« in den Krisenregionen des globalen Südens schlug sich bereits in der letztjährigen Handelsstatistik nieder: Mit einem Umfang von 71,5 Milliarden US-Dollar ging der Löwenanteil der globalen Waffenexporte bereits in »Entwicklungsländer«, berichtete die New York Times.
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.09.12
Was bis 2016 in der Colbitz-Letzlinger Heide entsteht, ist keine Kulisse für einen gesellschaftskritischen Science-Fiction-Film, sondern ein militärisches Ausbildungszentrum für den Städtekampf. Im dortigen Gefechtsübungszentrum (GÜZ) gibt es bereits sechs kleinere Übungseinrichtungen, die kosovo-albanischen und afghanischen Dörfern nachempfunden sind. Doch mit dem neuen »Urbanen Ballungsraum Schnöggersburg« entsteht etwas, was es bis jetzt in keinem Einsatzgebiet der Bundeswehr gibt, eine sechs Quadratkilometer große moderne Stadt mit U-Bahnhof, Autobahnauffahrten und modernsten Regierungsgebäuden. Militärkritiker ahnten es längst, nun gibt es die Bundesregierung zu: In der gigantischen Übungskulisse aus mehr als 500 Gebäuden kann zukünftig auch der Einsatz im Innern geprobt werden. Dies geht aus einer junge Welt vorliegenden Antwort auf eine kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Inge Höger vor. Die Bundesregierung spricht hier Klartext. Zu den Aufgaben der Bundeswehr, die im GÜZ geübt werden sollen, gehören explizit der »Schutz kritischer Infrastruktur«, der »Heimatschutz« sowie »Innerer Notstand«. Die Linke-Abrüstungspolitikerin Höger befürchtet denn auch: »Was die Verfassungsrichter Mitte August ermöglichten, kann zukünftig in der Altmark geübt werden: der Einsatz der Bundeswehr in Inland.«
Die Kosten für den Betrieb des GÜZ sind beachtlich. So wurden für die bereits existierende Infrastruktur, für die Betreiberfirma Rheinmetall und zahlreiche weitere Posten bis heute beinahe eine Milliarde Euro ausgegeben. Der Häuserkampf in modernen Großstädten soll mit weiteren 100 Millionen gefördert werden. Die Bundesregierung gibt in der Anfrage zu, daß die urbanen Kriegsstrategien ohne Beteiligung des Parlaments in den Ausbildungsbetrieb aufgenommen wurden.
In der Antwort finden sich zudem Hinweise darauf, daß es im Luftraum über dem GÜZ und damit in der gesamten Region zukünftig lauter wird. 2013/2014 wird eine Behelfslandebahn in der Heide in Betrieb genommen. Diese soll so gut ausgebaut werden, daß darauf neben Herkules- und Transall-Militärflugzeugen auch der neue Airbus A400M landen kann. Transport- und Kampfhubschrauber üben schon jetzt verbundene Kriegsführung mit Bodenkräften. Militärexperten gehen jedoch davon aus, daß sich dies nach Aufstellung der Division »Schnelle Kräfte« im Jahr 2014 und der vollständigen Auslieferung des Kampfhubschraubers Tiger sowie des Transporthubschraubers NH90 noch deutlich verstärken wird. Ebenso wird voraussichtlich die Nutzung des unteren Luftraumes durch Drohnen zunehmen. Wenn es nach dem Wunsch des Verteidigungsministeriums geht, dann werden dort nicht nur wie bisher Überwachungsdrohnen, sondern auch Kampfdrohnen den Einsatz über städtischen Ballungsräumen üben können.
Auf die Frage nach eventuellen Übungsplänen von Polizei, allein oder gemeinsam mit den Militärs, lautet die Antwort etwas ausweichend: »Derzeit nein.« Der regierungsnahe »Newsletter Verteidigung« berichtet jedoch bereits, daß Kommandos von Bundes- und Länderpolizeien zukünftig das GÜZ nutzen wollen. Die Aufgabenprofile nähern sich bei Einsätzen in städtischen Ballungsräumen in jedem Fall an, und damit wird die Trennung von Polizei und Militär mehr und mehr aufgehoben. Der Verfassungsschutz befaßt sich zwischenzeitlich auch mit dem GÜZ, jedoch nicht mit den potentiell demokratiefeindlichen Übungsszenarien der Bundeswehr, sondern mit den für Mitte September geplanten Protesten gegen das Kriegstrainingszentrum.
Quelle: www.jungewelt.de vom 04.09.12
Im Frühjahr dieses Jahres schätzte das Internetportal taxjusticenetwork für die Bundesrepublik: Dort werden die Steuern jährlich um 215 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 171 Milliarden Euro) verkürzt. Deutschland nahm damit gemessen am Umfang der Hinterziehung weltweit Platz fünf hinter USA, Brasilien, Italien und Rußland ein. Es handelt sich um einen Betrag, bei dem die Freundschaft mit Politikern aufhört, die nicht spuren.
Am Wochenende warf sich daher Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für die Steuerbetrüger in die Bresche. Sie will den Ankauf von Daten deutscher Steuerhinterzieher im Ausland unter Strafe stellen. Der Rheinischen Post sagte sie: »Das ist auch unabhängig von Steuer-CDs heute ein wichtiges Thema, weil in unserer vernetzten Welt Daten wirtschaftlichen Wert repräsentieren und in dieser Hinsicht genauso geschützt werden müssen wie andere kommerziell verwertbare Güter.«
Anlaß für den Auftritt Leutheusser-Schnarrenbergers war der Kauf von Daten deutscher Steuerbetrüger im Geldwaschland Schweiz durch bundesdeutsche Behörden. Vor allem Nordrhein-Westfalen hat mehrfach solche Datenträger erworben. Auf Initiative des von CDU und FDP regierten Hessens hatte die deutsche Justizministerkonferenz bereits im Juni beschlossen, Datenhehlerei unter Strafe zu stellen. Allerdings hieß es in dem Beschluß noch: »Der Straftatbestand soll nicht den Erwerb von Daten erfassen, der ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient (zum Beispiel Ankauf von Steuerdaten).« Das kann eine 171 Milliarden Euro schwere Lobby schon auf die Palme bringen.
Der Süddeutschen Zeitung (Montagausgabe) sagte die FDP-Politikerin daher folgerichtig, ihr Ministerium prüfe derzeit, wie eine Regelung gegen den Ankauf illegal erlangter Steuerdaten ausgestaltet werden könne. Man könne Steuerhinterziehung nicht mit Hilfe von Kriminellen und »windigen Datenhehlern« bekämpfen. Zugleich warb sie für das Steuerabkommen mit der Schweiz, das den Kauf von CDs überflüssig machen soll. Vorgesehen ist darin die anonyme Besteuerung deutscher Schwarzgelder in der Eidgenossenschaft. Der Vertrag wird bei der Abstimmung im Bundesrat im Herbst aber nach bisherigem Stand am Widerstand von SPD und Grünen scheitern. Union und FDP haben in der Länderkammer keine Mehrheit.
Die Opposition kritisierte den Vorstoß scharf. Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Ulrich Maurer, erklärte in einer Pressemitteilung: »Die FDP ist nichts anderes als eine Steuerhinterzieherbeschützerpartei. Erst Millionenspenden von Vermögensverwaltern kassieren und dann Steuerflüchtlinge vor der Verfolgung schützen – wie beim Mövenpick-Steuernachlaß erweist sich die FDP einmal mehr als käuflich.« Der stellvertretendeVorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß warf Leutheusser-Schnarrenberger vor, sie wolle »eine Schutzzone für Steuerkriminelle« errichten.
NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) verwies auf ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2010, in dem NRW gebeten wird, angebotene Steuerdaten unverzüglich zu kaufen. In dem Brief, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ist zudem eine rechtliche Einschätzung enthalten: Demnach machen sich die Amtsträger mit dem Kauf nicht strafbar.
(Mit Reuters und dapd)
Quelle: www.jungewelt.de vom 03.09.12
Achtung! Das Landgericht Koblenz hat meinen Gerichtstermin vorverlegt. Der neue Termin lautet nun: Donnerstag, 20. September 2012, Sitzungssaal 137, Beginn 9 Uhr. Ich soll verurteilt werden, weil ich Ende August 2011 auf meinem Blog einen Aufruf zur Blockade eines genehmigten Aufmarsches von Neonazis veröffentlichte, den mehrere hundert Menschen unterschrieben haben- u.a. die gesamte Landtagsfraktion der Partei DIE LINKE, Ulla Jelpke, MdB, und Ullrich Sierau, der Oberbürgermeister von Dortmund. Ihr erinnert euch: Dieser Aufmarsch fand statt am 3. September 2011 in Dortmund (mehr Infos im Internet unter: „Solidarität mit Wolfgang Huste“). Es würde mich sehr freuen, wenn ihr an diesem Termin als Prozessbeobachter anwesend sein könnt, um den Saal zu füllen oder wenn ihr euch in anderer Form kreativ/phantasievoll solidarisch zeigt. Es darf nicht sein, dass Neofaschisten mit dem Segen von reaktionären Richtern und Staatsanwälten und dazu noch unter einem massiven Polizeischutz ihre menschenverachtenden Parolen durch unsere schönen Städte grölen dürfen, wogegen engagierte Antifaschisten kriminalisiert werden. „Wer gegenüber dem Bösen tolerant ist, ist selber böse!“. Heinrich Böll. Verhindern wir gemeinsam die Kriminalisierung von antifaschistischen und antirassistischen Blockadeaufrufen!
Machen wir diesen wichtigen Gerichtstermin mit unseren Möglichkeiten bekannt, schaffen wir gemeinsam Öffentlichkeit! Der Oberstaatsanwalt hat ebenfalls Berufung gegen mein Urteil eingelegt, er fordert für mich eine noch höhere Bestrafung! Das ist ein Skandal, ein Signal in die falsche Richtung. Schon heute berufen sich Mitglieder der NPD und andere Rechtsradikale auf dieses Provinz- (Fehl-)Urteil, was zukünftig bundesweit als Richtschnur für ähnlich gelagerte „Fälle“ dienen soll, wenn der Staatsanwalt diesen Prozess gewinnt und die nächst höhere Gerichtsinstanz dieses Urteil ebenfalls bestätigen sollte. Dieser Staatsanwalt will anscheinend vom Verfassungsgericht klären lassen, ob solche oder ähnliche Blockadeaufrufe kriminell, eine Ordnungswidrigkeit oder legal sind. Ich bleibe bei meiner Behauptung: So mancher Richter, so mancher Staatsanwalt, so mancher Polizist und so mancher konservative Politiker hat zumindest eine klammheimliche Sympathie mit den Rechten, geriert sich in alter Tradition als Antikommunist, als Antisozialist und/oder als Sarrazinist- das ist zumindest meine Erfahrung innerhalb meines mittlerweile 40jährigen Kampfes gegen Faschismus und Rassismus.
Sie, die Rechtsradikalen, empfehlen mittlerweile im Internet ihren Mitgliedern jeden anzuzeigen, der zur Blockade einer genehmigten Demonstration aufruft, sich auf dieses Urteil zu berufen. Mein Slogan lautet wie gehabt: „Kein Haus, keine Straße und keine Stadt den Faschisten und Rassisten! Faschismus ist keine schützenswerte Meinung unter vielen anderen- sondern ein Verbrechen an der Menschlichkeit! Es ist einfacher, ein Flämmchen zu löschen, als einen Flächenbrand. Geben wir den Faschisten daher keine Öffentlichkeit- nirgendwo!“.
Das Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitglied im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages, Sevim Dagdelen, besucht am Sonntag, 2. September, in der ecuadorianischen Botschaft in London Julian Assange. Das ist der erste Besuch eines Parlamentsmitglieds. Assange, Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks und international mehrfach ausgezeichnet für sein Engagement im Kampf für die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Menschenrechte, befindet sich seit Juni in der ecuadorianischen Botschaft in London, wo ihm kürzlich politisches Asyl gewährt wurde. Assange droht eine Auslieferung über Schweden bzw. Großbritannien in die USA, wo ihn lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe erwartet.
Dagdelen will sich mit Assange über die aktuelle Situation austauschen und als Parlamentarierin gemeinsam nach Wegen aus der diplomatischen Krise suchen. Die Sprecherin der Fraktion Die Linke für Internationale Beziehungen: »Ich freue mich sehr auf das Treffen mit Julian Assange. Die weltweite Öffentlichkeit verdankt Menschen wie Assange sowie mutigen ›Whistleblowern‹, wie dem US-Obergefreiten Bradley Manning, den Zugang zu bislang geheim gehaltenen Informationen. Ich begrüße die Veröffentlichung der geheimen US-Dokumente, die die US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan ans Licht brachten. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich die Nominierungen für mutige ›Whistleblower‹ wie den US-Obergefreiten Bradley Manning aber auch für Julian Assange für den Friedensnobelpreis.«
Dagdelen sieht ihren Besuch auch als Antwort auf das Versagen bzw. die einseitige Parteinahme der Bundesregierung zugunsten der britischen Regierung und erklärt abschließend: »Für mich gehören nicht diejenigen vor Gericht, die Kriegsverbrechen aufdecken, sondern diejenigen, die Kriegsverbrechen begehen und verantworten. Die Drohung der britischen Behörden, die ecuadorianische Botschaft gegebenenfalls mit Gewalt zu betreten, um Assange zu verhaften, hat mich sehr bestürzt. Es ist beängstigend genug, wie mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und der Pressefreiheit umgegangen wird. Jetzt allerdings droht ein internationaler Konflikt mit den lateinamerikanischen Staaten. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses fühle ich mich besonders verpflichtet, alles für eine diplomatische und die Menschenrechte wahrende Lösung des Konfliktes zu unternehmen und einen Menschen vor Folter, ungerechtfertigter lebenslanger Haft oder sogar dem Tod zu bewahren. All dies könnte drohen, wenn Assange an die USA ausgeliefert würde. Das zeigt der Fall Bradley Manning eindrücklich.«
Veranstaltungshinweis: »Ein Asylantrag und seine Folgen – Über die Hintergründe des diplomatischen Asyls für Julian Assange und zum Kontext der britischen Drohung, die Botschaft von Ecuador in London zu stürmen.« Podiumsgespräch mit Sevim Dagdelen und S.E. Jorge Jurado, Botschafter der Republik Ecuador in Deutschland, am kommenden Donnerstag, 5. September, 19 Uhr, in der jW-Ladengalerie (Torstraße 6 in Berlin-Mitte)
Quelle: www.jungwelt.de vom 31.08.12
Linke dient sich als Regierungspartei im Bund an«, schlagzeilte die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag – und fast alle zogen nach: »Linke will mit SPD und Grünen regieren«, schrieb Spiegel online, »Linke strebt ins Bundeskabinett« die Zeit auf ihrer Internetseite. Vorlage war ein neunseitiges Diskussionspapier der beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger zur Planung des Bundestagswahlkampfs in den nächsten Monaten.
Tatsächlich kann von »Andienen« keine Rede sein. Wohl heißt es in dem Text: »Auf die Koalitionsfrage werden wir mit einem offensiven Reformprogramm antworten«. Ein möglicher Eintritt in ein Regierungsbündnis wird aber an klare Bedingungen geknüpft. »Wir sind bei einer Linksregierung dabei, die: für eine friedliche Außenpolitik steht (und dazu gehört ein sofortiger Stopp von Rüstungsexporten sowie die Ablehnung von Militäreinsätzen im Ausland); sicherstellt, daß kein Mensch unter 1000 Euro im Monat fällt (Mindestrente, sanktionsfreie Mindestsicherung, Mindestlohn); Reichtum couragiert besteuert.«
Im Kern geht es Riexinger und Kipping nicht darum, über die Zusammensetzung des künftigen Kabinetts zu spekulieren. Das Papier benennt vor allem politische Schwerpunkte, formuliert Positionen gegenüber den anderen Parteien und räumt den Methoden, der Art und Weise des Vorgehens im Wahlkampf, viel Raum ein. Die zentralen Forderungen sind identisch mit den »roten Haltelinien« für eine Regierungsbeteiligung. Darüber hinaus will die Partei den Kampf gegen die »Rente mit 67«, das »Verbot von Leiharbeit«, die Ablehnung von Privatisierungen und eine »Energieversorgung in kommunaler Hand« in den Mittelpunkt der Kampagne stellen.
Ausgehend von der Analyse, mit der SPD »die größten Schnittmengen bei unseren Wählerstimmen« zu haben, plädiert das Papier für eine »Doppelstrategie« gegenüber der Sozialdemokratie: »Einerseits eine klare Kritik ihrer Positionen zum Fiskalpakt, zur Euro-Krise, zur rot-grünen Deregulierung der Finanz- und Arbeitsmärkte, zu Militäreinsätzen etc. (…) Andererseits sollten Vorschläge, die in die richtige Richtung gehen, positiv aufgegriffen werden.« Es gelte dabei, »die Diskrepanz zwischen Worten und Taten zu kritisieren und gleichzeitig die Möglichkeiten gesellschaftlicher Mehrheiten – über pure Rhetorik hinaus – für eine andere Politik deutlich zu machen.« In Bezug auf die Grünen will Die Linke betonen, »daß wir im Gegensatz zu ihnen die ökologische mit der sozialen Frage verbinden«.
Die Piraten, obgleich »eine liberale, keine linke Partei«, hätten der Linken »etwas voraus, was wir im kommenden Wahlkampf noch lernen müssen: eine Partei zu sein, die zum Mitmachen und zur Mitbestimmung einlädt«. In diesem Sinne sollen für die Bundestagskampagne »nicht Plakate und Anzeigen, sondern die Mitglieder der Linken« im Mittelpunkt stehen. Man werde genau »analysieren, in welchen Vierteln und Wohngebieten« die Partei bei vergangenen Wahlen ihre Hochburgen hatte. »Hier beginnen wir umgehend mit einer Präsenz- und Zuhöroffensive.« Dazu müßten »nicht nur zuvor angekündigte Infostände und Kaffeetafeln« abgehalten werden. Vielmehr gehe es darum, »mit politischen Aktionen auf Mißstände aufmerksam« zu machen – »bewußt zuspitzend, aber nicht auf martialische oder altbackene oder gar bierernste Weise«.
Quelle: www.jungewelt.de vom 31.08.12
Ahmad, ein junger Mann um die Zwanzig und einer der Protagonisten der »Vermisst«-Kampagne des Bundesinnenministeriums, schaut so friedfertig vom Plakat, als könne er kein Wässerchen trüben. Und doch, Ahmad ist gefährlich, er ist in die Fänge einer islamistischen Sekte geraten. »Er zieht sich immer mehr zurück und wird jeden Tag radikaler«, steht unter seinem Konterfei, das an einen Steckbrief erinnert. Unter seinem Bild prangt eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse der »Initiative Sicherheitspartnerschaft«. Dort sollen sich besorgte Migranten melden, wenn auch aus ihrem Umfeld jemand Ahmads Weg in den religiösen Wahn einschlägt. Die Initiative, eigentlich eine Gründung des Ministeriums und auch der Türkisch-Islamischen Union DITIB, des Verbandes der Islamischen Kulturzentren, des Zentralrates der Muslime in Deutschland und der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland, war auf dem »Präventionsgipfel« im Juni 2011 aus der Taufe gehoben worden. Nun distanzieren sich die vier muslimischen Verbände – am Dienstag verlangten sie in einer in Köln veröffentlichten Erklärung, die Plakataktion zu stoppen. Die Organisationen bemängeln, daß ihre früh geäußerte Kritik an den Entwürfen nicht berücksichtigt worden sei. Es stehe zu befürchten, daß »neue Konfliktfelder« geschaffen würden, da die »scheinbare Zielgruppe ›zur Fahndung‹ ausgeschrieben und damit kriminalisiert« würde: So werde »eine gesellschaftliche Paranoia heraufbeschworen, die geeignet ist, das gesellschaftliche Miteinander nachhaltig zu beeinträchtigen.«
… Herbert von der Jungen Union in einer satirischen Verfremdung – gefunden auf www.metronaut.de
Mit der am Freitag in Berlin vorgestellten Kampagne wollte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eigentlich für seine Anlaufstelle gegen islamistische Radikalisierung werben. 300000 Euro wird die Aktion kosten, die ab Mitte September in Hamburg, Berlin und Bonn mit Postern an U-Bahnhöfen und Anzeigen in türkischsprachigen Tageszeitungen für Aufmerksamkeit sorgen soll. Nun wird sie ohne die muslimischen »Kooperationspartner« stattfinden müssen: Solange »die Bedürfnisse und Nöte der Muslime in den ministeriellen Arbeiten keine Beachtung, ihre konstruktiven Beiträge, Vorschläge und Kritiken keinen Niederschlag finden«, sei eine weitere Zusammenarbeit sinnlos. Der Islamrat, ein weiterer großer Dachverband muslimischer Organisationen, warf dem Innenministerium vor, die Kampagne schüre »Ängste gegenüber Muslimen«. Das Ministerium solle seine Ressourcen statt dessen für die Aufklärung des Skandals um die Neonazi-Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrund« aufwenden, forderte Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Rates.
Würde Kizilkayas Vorschlag aufgegriffen, müßte das Innenministerium mit Bildern »deutschstämmiger« junger Leute warnen, die in den rechten Sumpf abzurutschen drohen – mit dem schüchternen Uwe und der tierlieben Beate aus der Nachbarschaft, die sich zurückzogen und immer radikaler wurden, bevor sie den »Kampf gegen die Überfremdung Deutschlands« in die eigenen Hände nahmen und neun Migranten erschossen. Die Gefahr lauert überall, in Dortmund-Dorstfeld, in Gera, in Nürnberg. Doch der erste Schritt zur Menschenhatz ist immer der pauschalisierte Generalverdacht, die rassistische Zuschreibung negativer Eigenschaften auf ganze Personengruppen. Es sind diese politischen Risikogruppen, die Deutschland wirklich lebensgefährlich machen: die ministeriellen Scharfmacher, uniformierten Blockwarttypen und ressentimentgeladenen Populisten, die in jedem Jugendlichen mit nahöstlicher Herkunft den potentiellen »Schläfer« sehen.
Quelle: www.jungewelt.de vom 30.08.12