Wolfgang Huste Polit- Blog

Schon zu Beginn der 70er Jahre badete der Sozialdarwinist in rassistischem Schaum. Ein Blick in Sarrazins Doktorarbeit. Von Ulrich Guhl

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1973 legte der damals 28jährige Thilo Sarrazin seine Doktorarbeit der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn vor. Er hatte an dieser Bildungsstätte ein vierjähriges Studium der Volkswirtschaft erfolgreich absolviert und fand dort als Assistent eine Beschäftigung. Sarrazin war klug und zielstrebig. Er wollte hoch hinaus. Seine Doktorarbeit befaßte sich mit wissenschaftstheoretischen Aspekten der Wirtschaftsgeschichte. Sie erschien als Band 109 in der Forschungsreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung und wurde auch von der Bonner Universität publiziert. Heute ist diese frühe Arbeit Thilo Sarrazins nur noch schwer erhältlich. Ich wurde erst durch das Buch Otto Köhlers „Die große Enteignung“ darauf aufmerksam, welches sich mit dem skrupellosen Wirken der Treuhand und Sarrazins damit verbundenem Treiben in Ostdeutschland beschäftigt.

Die hier veröffentlichten Zitate aus seiner Doktorarbeit sollte man sich getrost auf der Zunge zergehen lassen, auch wenn einem dabei speiübel werden kann.
Sarrazin will in die „New Economic History“ einführen. Dieser Schule gelang es 1960, die Wirtschaftsgeschichte der USA aus bürgerlich-nationalökonomischer Sicht zu interpretieren. Gerade weil es sich um eine Denkschule aus den Vereinigten Staaten handelte, befaßte sich Sarrazin sehr ausgiebig mit ihren Ursprüngen, wobei er den Begründer des kritischen Rationalismus Karl R. Popper und Hans Albert mit besonderer Vorliebe zitierte.
Ein Teil der 168 Seiten umfassenden Dissertation befaßt sich mit der Geschichte der Sklaverei in den USA-Südstaaten. Sarrazin betrachtet diese einzig und allein aus dem Blickwinkel des kühlen, die Rentabilität der Sklaven ins Kalkül ziehenden Rationalisten. Das klingt dann so: „Folgende Größen gehen in die Ermittlung der Nettoeinnahmen für männliche Sklaven ein: Die Nettoverkaufspreise für Baumwolle ab Farm, also die Handelspreise minus Abschlag für Transport, Versicherung etc. Weiterhin die jährliche Produktion eines Sklaven und die laufenden Kosten für seinen Unterhalt. Auf dieser Grundlage werden unter wechselnden Annahmen bzgl. Kapitalkosten pro Kopf und Jahr durchschnittlicher Nettoverkaufspreis etc. fast durchweg positive Kapitalwerte ermittelt.“
Selbstverständlich legte Sarrazin eine ähnliche Berechnung des Nutzwertes von Sklavinnen vor, wobei er feststellte, das bei Männern „die Produktivität um ein Drittel bis um die Hälfte höher“ ist. Dafür aber „bekamen die Frauen Kinder, welche auch wieder Einnahmen brachten“. Denn „jede Negerfrau produzierte während ihres Lebens 5 bis 10 Kinder, welche in der Produktion verwendet oder verkauft werden konnten“. Weiter heißt es: „Die Negersklavin besaß die Hälfte bis zwei Drittel der Produktivität eines männlichen Sklaven. Dieses Verhältnis wurde ermittelt anhand der Relation der Mietpreise bei der Sklavenvermietung. Jede Schwangerschaft kostete drei Monate Arbeitszeit.“
Auch die Kinder vergaß Sarrazin nicht: „Die Kinder begannen mit 6 Jahren zu arbeiten. Die Jungen konnten sich ab dem 9. Lebensjahr selbst erhalten, die Mädchen vom 13.Lebensjahr an. „Deshalb ergaben „sich für weibliche Sklaven höhere Kapitalwerte und interne Zinsfüße als bei den Männern“. Aber die „Investition in einen weiblichen Sklaven trug längerfristigen Charakter und war darum mit höherem Risiko belastet. Und auch das liest man bei Sarrazin: „Die Fruchtbarkeit weiblicher Sklaven war bei Kauf nicht immer bewiesen. Sklavinnen, welche schon ein Kind bekommen hatten, dürften höhere Preise erzielt haben.
Dennoch stellt der Autor fest: „Sklavenaufzucht und -handel genossen kein sehr hohes Prestige. Für Sarrazin ist das völlig unverständlich, denn immerhin kommt er zu dem befriedigenden Ergebnis: „Insgesamt läßt sich der Schluß ziehen, daß die Sklavenhaltung mindestens ebenso profitabel war wie alternative Verwendungen des eingesetzten Kapitals.“
Allein die Sprache macht einen frösteln! Menschen als purer Kapitalwert! Sarrazin benutzt ganz selbstverständlich die Terminologie des weißen Rassismus. Er schreibt von Negern, ihrer Aufzucht, ihrem Preis und über die Selbsterhaltung und Nützlichkeit ihrer Kinder. Man kann sich unschwer vorstellen, daß Himmler oder ein KZ-Kommandant zu Nazizeiten ähnlich klingende Nutzwertberechnungen über Häftlinge gemacht haben dürfte. Hier spürt man die eisige Kälte des puren, entfesselten Kapitalismus, der den Menschen als entpersonifiziertes Objekt betrachtet, das allein der Profitmaximierung zu dienen hat.
Daß Thilo Sarrazin für dieses faschistoide Elaborat in der BRD einen Doktorhut erhielt, ist bezeichnend. Man stelle sich vor, irgend jemand hätte ein ähnliches Machwerk an einer Universität der DDR einzureichen gewagt. Eine absurde Idee!
Der heute völlig unverblümt kundgetane Sozialdarwinismus Thilo Sarrazins klang also bereits in seiner Dissertation an. Der Mensch, der als seelenlose Masse zur Maximierung der ökonomischen Effizienz zu dienen hat, wobei eine zur Herrschaft prädestinierte Minderheit den dabei erzielten Profit einstreicht, ist heute noch eines seiner Lieblingsthemen. Wenn das „Humankapital“ diesen Zweck erfüllt, wird es immer mit minimalem Aufwand am Leben erhalten. Wer aber die Erwartungen der Herrenschicht nicht erfüllt, ist als überflüssiger Ballast über Bord zu werfen. So entsorgte Sarrazin schließlich im Verein mit Helmut Kohl, Theo Waigel, Horst Köhler und Birgit Breuel Millionen von der Treuhand auf die soziale Abschußliste gesetzte einstige DDR-Bürger als „unnützes Menschenmaterial“. Mit solcher Denkungsart kann man in der BRD ein „gut aufgestellter“ Akademiker, Politiker und schließlich obendrein noch ein millionenschwerer Buchautor werden.
Ergänzend sei bemerkt: Der frühere BDI-Chef Hans-Olaf Henkel plant eine neue Partei mit dem früheren BDI-Geschäftsführer und Kopf der CDU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz, dem SPD-Rechtsaußen Wolfgang Clement und – aparterweise – Thilo Sarrazin. Um was es sich dabei handelt, kann man sich ausrechnen.

Quelle: Zeitschrift „Rotfuchs“, Ausgabe Februar 2012

Dieser Beitrag wurde am Montag, 05. März 2012 um 18:19 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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