Wolfgang Huste Polit- Blog

Schwarz-braune Allianz. Dem Vizelandeschef der NPD in Rheinland-Pfalz wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Mit ihm sitzt auch ein CDU-Mitglied auf der Anklagebank. Von Christian Jöricke

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Safet Babic liebt die Inszenierung. Vor Verhandlungsbeginn am vergangenen Donnerstag hat der Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende der NPD in Rheinland-Pfalz gegenüber dem Gerichtsgebäude in Trier mit einem Dutzend Teilnehmern eine »Mahnwache« organisiert und Flugblätter verteilt, in denen er von einem »Schauprozeß« spricht. Darin kündigt er auch an, gegen den Richter einen Befangenheitsantrag stellen zu lassen, weil dieser Vorstandsmitglied einer Stiftung sei, die sich gegen die Politik der NPD richte. Im Sitzungssaal läßt sich der gebürtige Bosnier von Fotografen mit nach oben gestreckten Daumen ablichten.

Seit letzter Woche muß sich Babic nun mit zwei Mitangeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Trierer Landgericht verantworten. Ihnen wird zur Last gelegt, im Mai 2009 mit drei bis fünf weiteren, nicht bekannten Personen Jagd auf Linke gemacht zu haben, die zuvor Wahlplakate der NPD abgerissen hatten. Ein 21jähriger stürzte bei der Flucht und wurde krankenhausreif geschlagen. Er erlitt eine Gehirnerschütterung, eine Bauchprellung und eine Halswirbelverstauchung und mußte zwei Tage stationär behandelt werden.

Am ersten Verhandlungstag, bei dem nach einstündiger Beratung der Befangenheitsantrag gegen den Richter zurückgewiesen wurde, hat Babic abgestritten, gezielt nach den Plakatabreißern gesucht zu haben. Ein Kommilitone habe ihn auf die Gruppe aufmerksam gemacht, woraufhin man sich zur Polizei begeben habe, um sie anzuzeigen. Auf dem Weg dorthin habe der Zeuge die Täter auf einer Straße gegenüber der Polizeiwache wiedererkannt. Babic habe sich dann entschlossen, von seinem Festnahmerecht Gebrauch zu machen. Dabei sei die Situation eskaliert. »Ich habe den Mann weder geschlagen noch getreten«, beteuert der 29jährige. Der weitere Angeklagte, ebenfalls Mitglied der NPD und der Trierer Hooligan-Szene, behauptet, bei der Tat nicht dabei gewesen zu sein. Der Dritte auf der Anklagebank – jener Student, der Babic den Tipp gegeben hatte –, ist Mitglied der Jungen Union Koblenz. Dort will man den Richterspruch abwarten, bevor man ein Ausschlußverfahren einleitet. »Wir werden uns den Prozeß ganz genau anschauen«, so Johannes Becker, Kreisgeschäftsführer der CDU Koblenz gegenüber junge Welt.

Auch bei der NPD wartet man zunächst das Urteil ab. Erst dann wolle man sich zu möglichen Konsequenzen für Babic äußern, so Bundespressesprecher Klaus Beier auf jW-Anfrage. Einen Ausschluß würden manche in der Partei sicher begrüßen, da Babic bosnischer Abstammung ist. Obwohl er einen deutschen Paß besitzt, sagte sich wegen ihm im Januar 2004 der Kreisverband Prignitz-Ruppin von der NPD los. Im Falle einer Verurteilung dürfte Babic, der auch wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angeklagt ist, zumindest schon mal seinen Sitz im Trierer Stadtrat verlieren, dem er seit Juli 2009 angehört. Laut Gemeindeordnung kann ein Ratsmitglied, das rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt wurde, ausgeschlossen werden.

Schon vor einigen Jahren sorgte Babic überregional für Aufsehen, als er mit der von ihm gegründeten »Freiheitlich Sozialen Liste (FSL)« ins Studierendenparlament der Universität Trier einzog, wo er seit 2001 Jura und seit drei Jahren Politikwissenschaft studiert. Dort bemühte er das Verwaltungsgericht gegen den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Babic wollte dem AStA verbieten lassen, sich zu allgemeinpolitischen Themen zu äußern.

Das Verfahren gegen Babic und die beiden Mitangeklagten wird am heutigen Mittwoch fortgesetzt; unter anderem soll das Tatopfer aussagen.

www.jungewelt.de vom 13.10.10

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 13. Oktober 2010 um 12:28 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. „Liebe JU, wie weit nach Rechts wollt Ihr?“

    Die Jusos RLP kritisieren die Unterstützung eines aktiven Koblenzer JU-Mitglieds beim Wahlkampf der NPD in Trier:

    „Wer hängt denn dann im Landtagswahlkampf die Plakate mit der JU und CDU auf? Wir sind darüber enttäuscht, dass in der Jungen Union offensichtlich Platz für rechte SchlägerInnen ist, jedoch nicht sonderlich verwundert“, so der Landesvorsitzenden der Jusos Rheinland-Pfalz Andro Scholl.

    „Der inhaltliche Zustand dieser Organisation und ihrer Mutterpartei, ihr konservativer Selbstfindungstrip in ihren Debatten rücken CDU und Junge Union immer weiter nach rechts, noch weiter weg von ihrer sogenannten bürgerlichen Mitte als ohnehin schon. Was Seehofer und Klöckner derzeit tun ist dafür beispielhaft. Sie fördern die Spaltung der Gesellschaft nach sozialem Status, Religionszu- oder unzugehörigkeit, nach nationaler Herkunft und ethnischer Zuschreibung. Das ist das Gegenteil dessen wofür wir Jusos zusammen mit der SPD kämpfen!

    Anstatt die NPD und ihre FunktionärInnen bei Wahl- und Straßenkämpfen handgreiflich zu unterstützen, solidarisieren wir uns mit aktiven AntifaschistInnen im Kampf gegen Rechts. Es muss das demokratische Grundverständnis von politischen Verbänden wie der Jungen Union hinterfragt werden, deren Mitglieder immer wieder, nicht nur hier in Koblenz, durch Kontakte zu Neonazis in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit geraten. Also liebe JU, wie weit nach rechts wollt ihr?“

    Anmerkung von Wolfgang Huste: Dem ist nichts weiter hinzuzufügen, bis auf diesen folgenden dringenen Aufruf zur antifaschistischen, antirassistischen Zusammenarbeit zwischen DemokratInnen (Faschismus und Rassismus sind Geschwister):

    „Laßt uns ein breites Bündis gegen Faschismus und Rassismus aufbauen. Sorgen wir dafür, dass die Sarrazins keine Plattform für ihre atavistische (= menschenverachtende) Denke bekommen. In dieses Bündnis sollten auch Gewerkschaften eintreten und die zahlreichen Organisationen/Gruppierungen der außerparlamentarischen Opposition. Nur gemeinsam sind wir stark und haben eine gute Chance, faschistische und rassistische Tendenzen in der Gesellschaft, die längst auch die Mitte der Gesellschaft erreicht haben, wirksam zu bekämpfen. Das Problem: faschistoide und rassistische Meinungen werden selbst aus der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ (wer immer da auch die Definitionshoheit beansprucht, was eine politische Mitte ausmacht) regelrecht „produziert“.und über die bürgerlichen Medien in die Öffentlichkeit kommuniziert. Sehr häufig ganz unverhohlen mit einer „klammheimlichen Sympathie“ zugunsten der Fachisten und Rassisten.

    Comment: Wolfgang Huste – 13. Oktober 2010 @ 14:21

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