Wolfgang Huste Polit- Blog

»Lächerlicher geht es wohl kaum noch«. Simon-Wiesenthal-Center veröffentlicht »Top-Ten-Liste« des Antisemitismus. Ein Gespräch mit Hermann Dierkes. Interview: Peter Wolter. Hermann Dierkes ist Kreisvorsitzender der Linkspartei in Duisburg

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Das Simon-Wiesenthal-Center (SWC) hat eine internationale »Top-Ten-Liste der antiisraelischen/antisemitischen Verleumdungen« herausgegeben– wie kommt es, daß ausgerechnet der Kreisvorsitzende der Linkspartei in Duisburg darauf zu finden ist?
Das frage ich mich auch. Mir wird Antisemitismus unterstellt, weil auf unserer Jugend-Homepage ein Flugblatt aufgetaucht war, das uns offenbar von einem Hacker untergeschoben worden war. Wir haben sofort, nachdem wir darauf aufmerksam wurden, Strafanzeige gestellt – die Spur ließ sich aber nur bis in den Raum Essen/Gelsenkirchen zurückverfolgen.

Obwohl wir uns von diesem Flugblatt sofort schärfstens distanziert haben, wird es immer wieder zum Anlaß genommen, uns und mir persönlich Antisemitismus vorzuwerfen. Natürlich wurde die Datei sofort gelöscht. Wir haben allerdings den Verdacht, daß dieser Text mit Absicht auf unserer Jugend-Homepage an unübersichtlicher Stelle plaziert wurde, um ihn zu einem geeigneten Zeitpunkt gegen uns instrumentalisieren zu können.

In der Top-Ten-Liste tauchen bekannte Namen auf, etwa Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Klar ist doch, daß er der Repräsentant des von Israel unterdrückten und kolonialisierten Palästina ist. Ihm wird vorgeworfen, daß er in einer Rede vor den UN sinngemäß gesagt hat: Ich komme aus dem Heiligen Land, der Geburtsstätte vieler religiöser Ideen. Daß er als Beispiele dafür den Islam und das Christentum nannte und nicht sagte, das sei das Land Abrahams, wird ihm jetzt als Antisemitismus ausgelegt. Lächerlicher geht es kaum noch.

Auch der griechische Komponist Mikis Theodorakis steht auf der Liste …
Da wird es noch absurder. Theodorakis hat immerhin die »Mauthausen-Trilogie« komponiert – in Zusammenarbeit mit dem Holocaust-Überlebenden Simon Wiesenthal! Daß er wegen israelkritischer Positionen jetzt auf dieser Liste geführt wird, ist eine schlimme Entgleisung und bösartige Verleumdung eines Antifaschisten. Allerdings muß ich zugeben, daß einige andere auf dieser Liste tatsächlich antisemitische Misthaken allererster Güte sind.

Das SWC hat sich Verdienste bei der Verfolgung von Naziverbrechern erworben. Wie kommt diese Institution dazu, jetzt so undifferenziert um sich zu schlagen?
Es ist unfaßbar, daß im Namen einer so verdienstvollen Persönlichkeit wie Simon Wiesenthal eine derartige Hetze betrieben wird. Man braucht sich doch nur die Homepage des SWC anzuschauen. Da werden alle Propagandathemen der gegenwärtigen Rechtsregierung Israels besetzt.

Wer also nicht der Linie der israelischen Regierung folgt, ist automatisch Antisemit?
So sieht es leider aus. Wer den jüdischen Fundamentalisten in Israel und seiner Rechtsregierung zu nahe tritt, wird als »Antisemit« beschuldigt, ihm wird also Sympathie oder zumindest Nachsicht für die Judenvernichtung durch die deutschen Faschisten unterstellt.

Aber hat nicht selbst der Herausgeber der israelischen Zeitung Haaretz seinem Land bescheinigt, ein Apartheidstaat zu sein, wie Südafrika zu Zeiten der Rassentrennung?

Damit hat er völlig recht. Und ich finde es sehr gut, daß sich mittlerweile auch Massenmedien in Deutschland kritischer mit den Verhältnissen in Israel befassen – in der Frankfurter Rundschau z.B. war erst kürzlich ein derartiger Beitrag erschienen, nachdem das Blatt jahrelang meist sehr unkritisch die Position der israelischen Regierung wiedergegeben hatte.

Wie reagiert Ihre Partei darauf, daß Ihnen und den Duisburgern immer wieder Antisemitismus vorgeworfen wird?
In unserem Kreisverband fällt niemand mehr auf derartige Anwürfe herein. Auch der Landesvorstand der Linkspartei von Nordrhein-Westfalen steht hinter mir, verbunden mit der Anfrage, wie man uns helfen kann. Von der Bundesebene habe ich bisher keinerlei Rückendeckung bekommen – mal abwarten, ob wenigstens eine Reaktion zu dieser unverschämten Top-Ten-Liste kommt. Richtig ist auch, daß in der Vergangenheit ein Teil meiner Partei mit auf uns eingeprügelt hat. Nicht aus Unkenntnis der Verhältnisse – sondern aus Anpassung an die politischen Vorgaben der Mainstreammedien.

Quelle: www.jungewelt.de vom 19.12.11

Dieser Beitrag wurde am Montag, 19. Dezember 2011 um 11:29 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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