Zur Zeit läuft in Teilen der Medien eine Kampagne gegen den weiteren Ausbau der Wind- und Solarenergie. Zum einen wettern Welt, Spiegel, Stern und andere im Chor mit christdemokratischen und liberalen Spitzenpolitikern gegen den Solarstrom. Zum anderen wird ein schon Wochen zurückliegender Vorfall herangezogen, um das Schreckgespenst eines Netzzusammenbruchs an die Wand zu malen.
Am 8. und 9. Dezember hatte der Netzbetreiber Tennet, der unter anderem in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern das zuvor zum Energiemulti E.on gehörende Höchstspannungsnetz verwaltet, kurzfristig Strom aus Österreich einkaufen müssen. Das besondere daran: Für diese Nachfrage mußten Kraftwerke aus der sogenannten Kaltreserve angeworfen werden. Das sind Anlagen, die nur an wenigen Tagen im Jahr oder gar noch seltener betrieben werden und lediglich bei außergewöhnlich hoher Nachfrage oder dem Ausfall anderer Kraftwerke arbeiten. Die deutsche Netzagentur hatte über die Nutzung der entsprechenden Kapazitäten im Nachbarstaat einen Vertrag abgeschlossen, um die 2011 beschlossene Stillegung von acht Atomkraftwerken (AKW) zu kompensieren. Nun waren sie zum ersten Mal in Anspruch genommen worden.
Das war kein besonders dramatischer Vorgang und bis vor einer Woche hat davon hierzulande kaum einer Notiz genommen. Dann griffen jedoch Spiegel und einige Springer-Zeitungen das Ereignis auf und konstruierten daraus einen fragwürdigen Beweis dafür, daß das BRD-Netz am Rande des Zusammenbruchs stehe. Für den vielen Windstrom aus dem Norden fehle es an Leitungen, um diesen zu den Verbrauchszentren im Süden transportieren zu können.
Was war passiert? Am 8. und 9. Dezember hatte es – wie Anfang Januar – reichlich geweht. Wind- und Sonnenstrom deckten zusammen fast zwei Tage lang ein Drittel des deutschen Bedarfs, zeitweise sogar mehr. Dabei war dieser nicht gerade niedrig, denn es handelte sich um zwei normale Werktage. Wegen des großen Angebots an Strom, das sich in den von den Netzbetreibern verwendeten meteorologischen Simulationen mindestens zwei Tage im Voraus abgezeichnet haben mußte, hatte Tennet sich im Ausland nach Abnehmern umgeschaut. Atom- und Braunkohlekraftwerke lassen sich nämlich nur schlecht drosseln, und daher kommt es in solchen Situationen vor, daß deutsche Stromkonzerne ihr Produkt wie Sauerbier anbieten, weil sie diese großen Grundlastkraftwerke weiterfahren lassen wollen. Manchmal, wie zuletzt in der Nacht vom 4. auf den 5. Januar, wird den Kunden an der Strombörse in Leipzig sogar Geld angeboten, wenn sie die überschüssige Produktion abnehmen.
Tennet hatte also für den 8. und 9. Dezember einen Teil des Windstroms bereits im Voraus nach Österreich und Italien verkauft. Nun fiel in dieser Situation unerwartet das bayerische AKW Gundremmingen C wegen eines Defekts an einem Brennstab aus. Knapp 1,3 Gigawatt elektrischer Leistung mußten ersetzt werden. Das ist etwa so viel, wie rund 1000 etwas ältere Windräder in Spitzenzeiten liefern. Sollte Tennet also in dieser Situation den Windstrom, der den südlichen Nachbarn zugesagt war, in die bayerischen Verteilernetze einspeisen? Das hätte – verständlicherweise – empfindliche Konventionalstrafen nach sich gezogen.
Der Netzbetreiber entschied sich also, die für den deutschen Sonderbedarf in Österreich bereitstehenden Kraftwerke anwerfen zu lassen. Soweit ist alles nachvollziehbar und nicht ganz ungewöhnlich. In den jüngsten Medienberichten wird jedoch Wochen später eine andere Geschichte daraus gemacht. Die unerwartete AKW-Panne, die der Auslöser war, wird nur am Rande erwähnt.
Stattdessen liest sich das Ganze, als sei das eigentliche Problem das unzureichende Netz gewesen. Der plötzliche Zusatzbedarf in Bayern habe nicht mit Windstrom aus dem Norden abgedeckt werden können, weil dafür die Netze nicht gereicht hätten. Ergo: Das Land brauche dringend neue Höchstspannungsleitungen, und zwar 4500 Kilometer, wie Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am vergangenen Freitag auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen meinte, die äußerst zweifelhafte Höchstschätzung der Netzagentur zitierend.
Dabei ließen sich aus den Ereignissen auch ganz andere Schlüsse ziehen. Zum Beispiel, daß es Blödsinn ist, die notwendigerweise sehr variabel Strom liefernden Solar- und Windkraftanlagen mit schwerfälligen Großkraftwerken zu kombinieren, die aus technischen und wirtschaftlichen Gründen möglichst rund um die Uhr laufen müssen. Doch keiner der Journalisten kam auf die Idee, auf den Unfug hinzuweisen, in der jetzigen Situation noch neue Dinosaurier dieser Art in die Landschaft stellen zu wollen, wie es etwa die rot-rote Landesregierung in Brandenburg, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) oder auch der FDP-Vorsitzende fordern. Genauso wenig gab es in einem der erwähnten Medienberichte den Hinweis, daß in Bayern wie auch in dessen Nachbarländern Baden-Württemberg und Hessen, der Ausbau der Windenergie wegen massiver Behinderung durch Unionsregierungen bisher so gut wie unterblieben ist.
Quelle: www.jungewelt.de vom 11.01.12
Sein Vergehen: Er hat eine Packung Kekse genommen – aus der Mülltonne einer Großbäckerei. Nun muss sich der 52-Jährige in Lüneburg erneut vor Gericht verantworten. Um die Frage, ob es illegal ist, abgelaufene Lebensmittel aus dem Abfall zu nehmen – eine Praktik, die „Containern“ genannt wird – soll es in dem Prozess aber nicht gehen. Im Vordergrund des Verfahrens, das an diesem Montag vor dem Landgericht Lüneburg begann, steht der Hausfriedensbruch.
Der Mann, so der Vorwurf, soll das Bäckereigelände betreten haben, obwohl es eingezäunt war. Das Amtsgericht Lüneburg hatte ihn in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 125 Euro verurteilt. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, auch der Angeklagte war in Berufung gegangen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihren Widerspruch allerdings am vergangenen Freitag wieder zurückgezogen.
Der Angeklagte wollte sich zu Prozessbeginn nicht zur Sache äußern. „Ich bin verarmt und lebe vom Containern“, sagte er vor Beginn der Gerichtsverhandlung. „Hartz IV habe ich nicht beantragt, weil mich die unwürdige Behandlung im Amt abgeschreckt hat.“ Unterstützer entrollten vor dem Landgericht ein Transparent auf dem stand „Kriminalisierung geht uns auf den Keks – Gerichte sind zum Essen da!“
Die Staatsanwaltschaft bot an, das Verfahren einzustellen, wenn sich der Angeklagte geständig zeigen würde. Das lehnte dieser jedoch ab und stellte einen Antrag auf Pflichtverteidigung – was abgelehnt wurde. Am Nachmittag wurde der Angeklagte nach Polizeiangaben verhaftet. Hintergrund sollen nichtbezahlte Geldbußen wegen lange zurückliegender Verkehrsdelikte sein. Im aktuellen Fall der Kekse aus der Tonne hat das Landgericht vier Verhandlungstage angesetzt.
Quelle: Süddeutsche Zeitung, 09.01.2012
Kommentar von Wolfgang Huste: Es ist sicherlich nicht nur für mich eine ungeheure Provokation, wenn Grossbanken, die Milliarden Euros „verzockt“ haben und damit hier und da ganze Staaten an den Rand des Bankrotts brachten, nochmals Milliarden Euros in Form von Steuergeldern erhalten, wogegen verarmte Rentner, Alleinerziehende, Hartz IV – Bezieher, Ein-Euro-Jobber usw. keinen „Rettungsschirm“ erhalten. Nun muß aus einer diffusen Empörung Zorn werden- und aus Zorn konkreter, aktiver (!) ziviler Widerstand gegen Sozialabbau und der allgemeinen Umverteilung von unten nach oben.
Gerade sah ich im WDR den Film „Sarrazins Deutschland“. Erschreckend, wieviele Biedermänner und Biederfrauen sich eine Sarrazin-Partei herbeiwünschen. Ich bin davon tief überzeugt:
Die Etablierung eines faschistischen Systems ist in Deutschland durchaus noch immer möglich! Das liegt auch daran, dass Antifaschismus insbesondere in Deutschland keine Tradition hat, Fremdenfeindlichkeit und Antikommunismus dagegen schon. In der Tat ist die Demokratie weniger von ihren äußeren Rändern her gefährdet, sondern um vieles mehr – wiederum traditionell! – aus ihrer tiefen Mitte heraus. Es sind oftmals (aber nicht zwangsläufig!) die vielen unpolitisch agierenden Kleinbürgerinnen und Kleinbürger, die vielen biederen HandwerkerInnen, die Millionen Erwerbslosen, die kleinen Angestellten und Beamten, und alle, die sich „irgendwie“ deklassiert vorkommen- es vielleicht auch faktisch sind, die Sarrazins unwissenschaftliche „Thesen“ insgesamt „klasse“ finden, die bereit sind, für diesen Irrsinn noch Geld zu bezahlen und die mithelfen, ganze Säle zu füllen, sobald ihr neuer Messias, Sarrazin, zu ihnen spricht.
Sie alle projezieren, eher: phantasieren ihr „Schicksal“, das sie als ein rein individuelles, subjektives erleben, in Sarrazins Buch hinein. „Schuld“ daran sind aus ihrer Sicht wieder einmal die „anderen“, die Fremden, die AusländerInnen, insbesondere die angeblich (!) „dummen, kulturlosen“ Muslime. Sarrazin gibt ihren Gedanken nur eine Stimme, verstärkt ihre Vorurteile, ihre diffusen Bedrohungsängste. Demnach ist Sarrazins Buch auch – in einem äußerst negativen Sinne – ein „Wohlfühlbuch“ für Menschen mit Vorurteilen gegenüber AusländerInnen, insbesondere gegenüber „Südländern“, speziell gegen Muslime. In den Köpfen dieser wildgewordenden, desorientierten KleinbürgerInnen ist ein tolerantes, freies Europa mit seinen unterschiedlichen Kulturen noch längst nicht „angekommen“.
Damit da keine Missverständnisse aufkommen: Ein solch „neues“, faschistisch determiniertes System muß nicht unbedingt mit Henkerbeil und KZs daherkommen, oder im Sinne eines zweiten Hitlers, also nicht in Form einer Neuauflage des historischen Faschismus. Diese Wölfe in Schafspelzen könnten aber durchaus wiederum fähig werden, ein System an die Macht zu bringen, was genau das abschafft, was sie angeblich (!) retten wollen: Demokratie, Toleranz, Humanismus, Völkerverständigung und Freiheit! Aufgehetzt durch eine oder mehrere rechte, völkisch-rassistisch ausgerichtete Parteien, ideologisch flankiert durch konservative PolitikerInnen anderer Parteien, durch ebenso konservative bis reaktionäre, antikommunistische Printmedien und anderen Medien, die einen „gewissen Nährboden“ bereiten, auf dem Faschismus/Rassismus bestens gedeihen kann, des weiteren flankiert durch einen ebenso konservativen, traditionell antikommunistisch ausgerichteten Justizapparat, der in der Regel Naziaufmärschen zumindest in der nächst höheren Gerichtsinstanz eine „freie Bahn“ verschafft (alles heuchlerisch im Namen der Demokratie, einer abstrakten, nicht näher definierten Freiheit) und durch einen Schulunterricht, der den Faschismus primär auf den historischen, deutschen Faschismus reduziert, dabei nur seine Phänoebene betrachtet und weitaus seltener die Ursachen von Faschismus detailliert beschreibt und untersucht und erst recht nicht seine Funktion innerhalb des kapitalistischen Systems aufzeigt, ist die Etablierung eines autoritären und rassistischen Gesellschaftssystems durchaus eine sehr realistische Möglichkeit.
In diesem Film wurde auch eine Buchhandlung in Döbeln gezeigt, die sich „Erich Kästner Buchhandlung“ nennt. Erich Kästner (23.2.1899 – 29.7.1974) war engagierter Anti-Militarist, Antifaschist und Antirassist, der sich unter anderem sehr stark aktiv an der damaligen Ostermarschbewegung beteiligte. Erich Kästner ist bewußt nicht ins Exil geflohen, weil er als Zeitzeuge detailliert aufschreiben wollte (was er auch tat, ähnlich wie sein Zeitgenosse Kempowski!), wie sich der Alltag innerhalb des deutschen Faschismus gestaltete, und um seine kranke Mutter in seinem und ihrem Heimatort zu pflegen. Diese von mir genannte Buchhandlung verkaufte (oder verkauft immer noch) in großen Mengen das nicht nur aus meiner Sicht zutiefst rassistische und völkisch ausgerichtete Buch „Deutschland schafft sich ab!“ – wie viele andere Buchhandlungen leider auch. Erich Kästner hätte das als tiefste Beleidigung, als einen Affront gegenüber seiner humanistisch-freiheitlich geprägten Weltanschauung, angesehen. Er betrachtete eine Bücherverbrennung der Nazis in größter Nähe, quasi „inkognito“.
Er beobachtete also als Augenzeuge, wie seine eigenen Bücher verbrannt wurden. Erich Kästner hat sich immer für den Frieden zwischen den Völkern eingesetzt, Faschismus und Rassismus waren ihm zutiefst zuwider. Buchhandlungen, die mit Sarrazins Buch und mit breiter Unterstützung des dumpfen, bürgerlich geprägten Rassismus kurzfristig „Kasse machten“ und noch immer Kasse machen, sind mitschuldig daran, dass deutschtümelnde, völkisch ausgerichtete, insbesondere antiislamische Gruppen und Organsistionen wiederum Aufwind in Deutschland bekommen (und nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa!). Auch Richter, die im Namen von Recht und Freiheit (wieder einmal) den ausgemachten Feinden von Recht, Toleranz, Völkerverständigung, Antimilitarismus und Freiheit „freie Bahn“ schaffen für Aufmärsche des fleischgewordenen Bösen, machen sich hier ebenfalls mitschuldig. Auch der konservative Pfarrer, der sich nicht traut, von der Kanzel herab die Denke der Faschisten und Rassisten als das zu ächten, was sie ist: als ein ungeheures, gefährliches Verbrechen an der Menschlichkeit! Sie alle sollten auf Rosa Luxemburg hören, die sagte: „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!“, sie sollten auch auf Heinrich Böll hören, der wiederum sagte: „Wer dem Bösen gegenüber tolerant ist, ist selber böse!“. Mitschuldig machen sich alle Lehrer und Lehrerinnen, die den Hitlerfaschismus, die fabrikmäßig organisierte Massenermordung von Juden, von Sozialisten, Kommunisten, Freidenkern, Humanisten, Zeugen Jehovas, Anthroposophen, Sinti und Roma, dem sogenannten „unwerten Leben“, von Greisen, Kindern und „AusländerInnen“, nahezu reflexhaft mit dem Unrecht in der DDR oder mit den Verbrechen Stalins „relativieren“ wollen. Die weitestgehende Gleichsetzung des Faschismus mit deren Opfern, darunter auch SozialistInnen und KommunistInnen, ist selbst schon ein Verbrechen für sich und an sich. Jeder demokratisch gesinnte Mensch hat die Pflicht, engagiert und täglich gegen all das einzutreten, was Faschismus und Rassismus begünstigt, „gesellschaftsfähig“ macht. Das ist unsere gemeinsame Pflicht im Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges, und das sind wir auch unseren Kindern und Enkeln gegenüber schuldig! So sollte es sein, so muß es sein! „Wehret den Anfängen- nie wieder Faschismus!“. Das ist ein Auftrag der Opfer und Überlebenden des Hitlerfaschismus! Es sollte auch unser aller Auftrag sein, egal wo wir leben, wo wir arbeiten!
Wenn sie Schwarze vor sich hat, sieht die Dessauer Polizei gerne mal rot: Bei einer Demonstration haben Beamte am Samstag nach Angaben von Teilnehmern in einer Prügelorgie regelrecht Jagd auf sie gemacht. Anlaß der Demo war der für den heutigen Montag vor dem Landgericht Magdeburg angesetzte neue Prozeß gegen einen Dienstgruppenleiter der Dessauer Polizei. Unter dessen Verantwortung war am 7. Januar 2005 der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Oury Jalloh in einer Polizeizelle verbrannt.
Der Dienstgruppenleiter und ein weiterer Beamter waren zunächst der fahrlässigen Tötung angeklagt worden, wurden aber im Dezember 2008 vom Landgericht Dessau freigesprochen. Nach Aufhebung des Urteils durch den Bundesgerichtshof steht jetzt die Neuverhandlung vor dem Landgericht Magdeburg an. Flüchtlingsorganisationen, Migrantenverbände und zahlreiche Juristen gehen davon aus, daß Oury Jalloh ermordet wurde: Auf eine Pritsche in der Arrestzelle gefesselt, war er verbrannt. Die Matratze soll er nach Polizeidarstellung mit einem Feuerzeug selbst angezündet haben – und das, obwohl er an Händen und Füßen gefesselt war.
Stein des Anstoßes war für die Polizei am Samstag die von ihr verbotene Parole »Oury Jalloh – das war Mord!«. Noch am Freitag hatte Dirk Vogelskamp vom Komitee für Grundrechte und Demokratie in Köln in jW klargestellt: Der Slogan ist nicht beleidigend, sondern drückt die Überzeugung von Bürgerinnen und Bürgern zum Tode von Oury Jalloh aus. Er sei somit durch die grundrechtliche Meinungs- und Redefreiheit gedeckt. Das habe auch das Landgericht Magdeburg bestätigt, sagte Mbolo Yufanyi, Sprecher der Flüchtlingsorganisation The voice Berlin zur jW. Eine Bestätigung dafür konnte am Wochenende jedoch nicht eingeholt werden.
Youfanyi berichtete weiter, die Polizei habe in einem »wahren Gewaltexzeß« auf die etwa 200 Teilnehmer der Demo eingeprügelt und 30 von ihnen verletzt. Besonders schlimm habe es den Demo-Anmelder und Gründer der Dessauer »Oury-Jalloh-Initiative«, Mouctar Bah, getroffen: Während er noch versucht habe, das Aktenzeichen des Landgerichtsbeschlusses aus seiner Tasche zu kramen, hätten Beamte ihm Pfefferspray in die Augen gesprüht und ihn bewußtlos geschlagen.
Auch er selbst und andere Sprecher der »schwarzen Community« seien gezielt angegriffen worden, berichtete Youfanyi weiter. Begonnen habe die Auseinandersetzung schon im Dessauer Bahnhof, als die Polizei versucht habe, Transparente mit der Aufschrift »Oury Jalloh – das war Mord« zu beschlagnahmen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätten die in Kampfmontur auftretenden Polizisten eine Frau geschlagen, die den Slogan mit Kreide auf den Boden habe schreiben wollen.
Eine Hamburger Aktivistin wurde laut Youfanyi mit dem Kopf brutal gegen eine Wand gestoßen, andere wurden ins Gesicht geschlagen. Weitere Zeugen berichteten von grundlosen Angriffen der Polizisten sowie von Prügel für einen Arzt und einen Fotografen.
Info: Heute, 9.30 Uhr Kundgebung vor dem Landgericht Magdeburg, das in zweiter Instanz den Tod von Oury Jalloh aufklären will. Die Flüchtlingsorganisation The Voice bittet alle, die Foto- oder Filmmaterial von der Demonstration am Samstag in Dessau haben, es an thevoiceforum@gmx.de zu senden und zur Dokumentation zur Verfügung zu stellen.
Quelle: www.jungewelt.de vom 09.01.12
Das Auseinanderbrechen der Jamaika-Koalition bietet die Chance für einen politischen Neuanfang. Es geht jetzt darum, eine stabile Mehrheit für eine Politik zu finden, die die über zehn Jahre andauernde Stagnation der saarländischen Landespolitik überwindet.
Es dürfte der saarländischen SPD als Wunschpartnerin der amtierenden Ministerpräsidentin schwerfallen, ihren Wählerinnen und Wählern und ihren Mitgliedern zu vermitteln, daß ausgerechnet mit der abgewirtschafteten CDU ein politischer Neuanfang an der Saar möglich ist.
Die CDU Saar steht für den Niedergang der Landespolitik in den letzten Jahren und das finanzielle Desaster, das die Handlungsfähigkeit des Landes immer weiter begrenzt und seine Existenz bedroht. Das Auseinanderfallen der Saar-FDP ist zwar der äußere Anlaß für das Scheitern dieser Koalition, es kann aber nicht davon ablenken, daß die CDU Saar die Hauptverantwortung für die Fehlentwicklungen der letzten Jahre trägt.
Die Saar-Grünen, die, durch ungewöhnliche Wahlspenden beeinflußt, die Jamaika-Koalition erst ermöglicht haben, haben ihre Glaubwürdigkeit verloren und sind kläglich gescheitert. In dieser Situation sind Neuwahlen der sauberste Weg, um einen politischen Neuanfang an der Saar zu ermöglichen.
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.01.12
In der zweiten Dezemberwoche des vergangenen Jahres meldeten verschiedene Zeitungen, US-Militärpersonal habe routinemäßig die Gebeine von US-Kriegstoten auf einer Mülldeponie in Virginia abgekippt. Diese Praxis begann etwa 2004 während der Regierungszeit von US-Präsident George W. Bush und wurde erst kurz vor der Amtsübernahme durch Barack Obama Ende 2008 eingestellt.
Das Pentagon hat versucht, den Skandal zu vertuschen, aber ein Artikel der Washington Post vom 8. Dezember 2011 deckte auf, daß die sterblichen Überbleibsel von mindestens 274 US-Soldaten auf dieser Mülldeponie vergraben wurden. Die Hinterbliebenen waren nicht über den Verbleib der Gebeine oder Leichenteile ihrer Angehörigen informiert.
Mal abgesehen von der politischen Meinungsmache, die bei solchen Nachrichten immer eine Rolle spielt, ist dieses ernüchternde Bild von Gefallenen, die wie Müll entsorgt werden, eine vielsagende Metapher für das wahre Leben. Sie zeigt, was die Herrschenden wirklich über Soldaten denken, von denen viele junge Männer und Frauen sind, die gerade mal die High School abgeschlossen haben.
In den letzten Jahren haben sich Politiker in Talkshows im Radio oder Fernsehen immer emsig bemüht, anwesenden Kriegsveteranen für ihren Kriegsdienst zu danken. In Wahrheit ist das reines Robotergeschwafel und so aussagekräftig wie das Geplapper von Papageien, denen man beigebracht hat, »Hallo!« zu sagen.
Der amerikanische Dichter E.E. Cummings hat einmal gesagt: »Ein Politiker ist ein Arsch, auf dem jeder schon mal gesessen hat, nur noch kein richtiger Mensch.« Und John Africa hat zu dem gleichen Thema gesagt: »Ein Politiker wird dir erzählen, daß er nicht von einer Frau geboren wurde, wenn er dich dadurch dazu bringen kann, für ihn zu stimmen.«
In den Jahren seit dem 11. September 2001 wurden Kriege geführt, die Länder, Ökonomien und den Weltfrieden zerstört haben. Tausende Namenlose sind für nicht mehr und nicht weniger als die US-amerikanische Paranoia gestorben. Tausende US-Soldatinnen und Soldaten sind im Kampf für die Verteidigung der Lügen der US-Regierung gefallen.
Und noch viel mehr sind vom Einsatz zurückgekehrt, ihre Körper, ihr Geist und ihre Seelen zerschunden durch das politische Kalkül ihrer Befehlsgeber, die von Arroganz, Habgier und schierer Dummheit getrieben sind. Soldatenehen werden geschieden, weil die Paare über viele Jahre getrennt sind, und ganze Familien sind auseinandergebrochen, weil irgendein schmieriger Politiker »Kriegspräsident« (oder Senator bzw. Abgeordneter) spielen wollte.
In Wahrheit ist das Bild von Soldatenleichen, die man wie Müll auf eine Deponie kippt, alles andere als eine Metapher. Es ist die Wahrheit.
Übersetzung: Jürgen Heiser
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.01.12
Am Montag wird der Prozeß zum Feuertod von Oury Jalloh in der Zelle Nummer fünf im Dessauer Polizeigewahrsam im Jahr 2005 vorm Landgericht Magdeburg in zweiter Instanz fortgesetzt. Nach sieben Jahren wird nun gegen den Dienstgruppenleiter des Reviers, Andreas Schubert, wegen »fahrlässiger Tötung« verhandelt. Die Initiative Oury Jalloh ist der Ansicht, daß der Fall noch immer nicht aufgeklärt wird – wie sehen Sie das?
In den vergangenen Monaten sind neue Widersprüche in Zeugenaussagen und im Brandgutachten aufgetaucht. Diese stehen der Hypothese deutlich entgegen, Oury Jalloh habe sich in der Zelle – an Händen und Füßen gefesselt und auf einer feuerfesten Matratze! – selber angezündet. Von daher müßten andere Wege gegangen werden, beispielsweise durch ein neues Brandgutachten oder eine härtere Befragung der Polizisten. Es ist kaum mehr zu übersehen, wie es im Prozeß läuft: Alles, was die These einer vermeintlichen Selbstentzündung des Asylbewerbers aus Sierra Leone unterstützt, läßt man durchgehen, was dem entgegensteht, wird abgebogen.
Wie läuft das praktisch ab?
Das Gutachten, das zeigen sollte, wie Oury Jalloh sich selber angezündet haben könnte, ist nicht nachvollziehbar. Versuchsfilme zeigen, daß es so nicht gewesen sein kann: An einer Stelle ist zu sehen, wie ein Polizist in die schwerentzündbare Matratze hineinpusten muß, um sie in Brand zu stecken; an anderer Stelle wie einer die Matratze hochhebt, mit dem Fuß darauf tritt, und das Futter auseinander reißt, um sie zu entzünden. Daß der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh das so gemacht haben soll, kann nicht sein. Obendrein hat der Brandgutachter zugegeben, sein Gutachten auf Anordnung der Polizei erstellt zu haben.
Der Fall, daß das Feuer von Polizisten angezündet worden sein könnte, wurde nicht durchgespielt?
Nein, sobald ein Versuch der vermeintlichen Selbstentzündung nicht geklappt hat, ordnete das Gericht an: »Wir brauchen einen neuen«. All das wirft bei den schwarzen Freunden der Initiative Oury Jalloh verständlicherweise Zweifel auf.
Nach Auskunft der Initiative Oury Jalloh haben Polizisten den Anmelder der Kundgebung, Mouctar Bah, in seinem Internetcafé aufgesucht und unter Druck gesetzt. Demnach soll der Slogan verboten sein: »Oury Jalloh, das war Mord«. Stimmt das?
Das kann die Polizei nicht als Demonstrationsauflage machen: Es handelt sich um eine allgemeine Aussage, die niemanden beleidigt. Bürgerinnen und Bürger äußern sich so: »Wir haben eine andere Vorstellung davon, was in diesem Polizeirevier passiert ist.« Und dieses Grundrecht auf freie Meinungsäußerung kann man ihnen nicht nehmen. Das Gut der Rede- und Versammlungsfreiheit muß geschützt werden. Es ist doch klar, daß keiner der Aktivisten sagen wird: Ich demonstriere seit sieben Jahren unter dieser Parole, aber heute nicht! Und deshalb bin ich überzeugt, daß alle wieder sagen, daß es Mord in der Polizeizelle war.
Am Samstag wollen unter anderem der evangelische Kirchenkreis Dessau, der Ausländerbeirat und die Beratungsstelle für Opfer rechter Straf- und Gewalttaten und die Stadt Dessau bei einer Mahnwache vor dem Polizeirevier »ein Licht für Oury Jalloh« anzünden. Können Sie nachvollziehen, warum die schwarzen Aktivisten das nicht ausreichend finden?
Ich kann die schwarze Community gut verstehen. Sie wollen, daß dieses Verbrechen endlich aufgeklärt wird. Jetzt läuft alles auf »fahrlässige Tötung« hinaus, aber was tatsächlich am 7. Januar vor sieben Jahren in dieser Zelle in Dessau geschehen ist, bleibt im dunkeln. Es muß doch jeden Bürger erschrecken: Da stirbt jemand an Händen und Füßen gefesselt im Polizeigewahrsam – und es ist nicht annähernd herauszufinden, wie das genau passiert ist. Da genügt es nicht, eine Kerze anzuzünden.
Samstag: Kundgebung der Initiative Oury Jalloh, 13 Uhr, Hauptbahnhof Dessau; Montag: Prozeß, 9.30 Uhr, Landgericht Magdeburg, Saal A 23
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.01.12
Die FDP ist ein Fall für die Detektei Argus. Gibt es sie wirklich? Oder ist sie eine Erfindung der Medien? Würde sie, falls es sie gar nicht gäbe, jemand vermissen? Oder ihre Nichtexistenz überhaupt bemerken?
Gerade mal zwei Prozent der wahlberechtigten Deutschen möchten der FDP, im Fall, daß sie tatsächlich existierte, ihre Stimme geben. Daran gemessen genießt die Splittergruppe, die eher unter »Sonstige« firmieren müßte, ein gewaltiges mediales Interesse. Das hat mit der Geschichte der FDP zu tun. Die kleine Partei war immer für eine große Mediengeschichte gut: ein Kanzlersturz hier, ein Koalitionsverrat dort, ein bilderbuchbetrügerischer Otto Graf Lambsdorff, ein Minister des Äußersten, der in Prag Victor Hugo zitierte, ohne allerdings zu erwähnen, daß der pathetisch herausgedonnerte Satz »Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist« von Victor Hugo stammt und keineswegs aus seiner, Genschers, eigener Satteltaschenohrenrübe. Wenn einmal gar nichts mehr lief, setzte sich eine Ulknudel als Bundespräsident hoch auf den gelben Wagen und saß beim Schwager vorn, oder ein Fallschirm mit Schnäuzer landete hart. Immer aber hatten die Dreigroschenjungen etwas zu berichten.
Diese alte Verbundenheit und die betriebseigene wumpig-schlumpige déformation professionelle sind die Gründe, warum sich Journalisten überhaupt zu FDP-Veranstaltungen schleppen. »Ist Guido Westerwelle eigentlich immer noch Außenminister?«, fragt einer, und ein Kollege antwortet ihm: »Nee, der hat sich nur ins Ausland abgesetzt.« Ich selbst kann mit der Geheiminformation aufwarten, daß einer der Musiker, die am 19. Dezember zu Ehren Franz Josef Degenhardts im BE spielten, auch am 18. Januar im Berliner Tipi auf der Bühne stehen wird, wenn Guido Westerwelle dort seinen 50. Geburtstag nachfeiert. Das nenne ich U-Boot-Politik in Unterwanderstiefeln!
Was die längst von jedem Geist verlassene FDP am traditionellen Stuttgarter Dreikönigstreffen ablieferte, gehört in die Rubrik »Verschiedenes«, und das in jeder Bedeutung des Wortes. Während der Vorsitzende Philipp Rösler sich an die Zwangsvorstellung vom »Wachstum« anklammerte wie Kai Diekmann an sein Amt als Bundespräsidentenmacher, wurde ruchbar, daß die Regierungskoalition aus CDU, Grünen und FDP im Saarland aufgekündigt wurde, wegen des katastrophal intriganten Gebarens diverser FDP-Politiker. Rösler bewies seine Qualitäten als Realitätsignorierer und gab weiter seinen Durchhaltequark zum besten. Die Anstrengung beim Interesseheucheln war seinen Zuhörern deutlich anzumerken.
Allein die »Grüne Jugend« griff Rösler ein bißchen unter die armen Arme und entrollte ein Transparent mit der Aufschrift »Die FDP dröslert sich auf«: trostlose, gruselige Kabarettversuche von Politikstrebern für Streberkollegen. Ob einer grün oder gelb ist vor Neid auf den jeweils anderen, macht kaum einen Unterschied.
Was heißt FDP? Für Deutliche Peinlichkeit? Fittis, Dämlacks, Pillepallos? Es ist egal, auch der Mann von der Detektei Argus hebt wie sich ergebend die Schultern und sagt: »Ich pfeife aufs Honorar und höre auf, nach der FDP zu suchen. Das ist doch alles nur noch erbärmlich.« Und macht sich vom Acker.
»Deutschland geht es gut« ist die Hauptlatrinenparole der FDP. So sprechen Depressive in den Spiegel oder wahlweise in Spiegel online hinein, kurz vor dem Suizid.
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.01.12
DIE LINKE. Kreisverband Ahrweiler begrüßt diese löbliche Aktion der Kreisverwaltung Ahrweiler. Insbesondere Menschen, die nachweisbar eine rechtsradikale Gesinnung haben oder in entsprechenden Gruppen und Organisationen Mitglied sind, sind charakterlich für den Erwerb bzw. für die Benutzung von Waffen keinesfalls geeignet. Waffen in Händen von Rechtsradikalen sind eine permanente und reale Gefahr für die öffentliche Sicherheit, wie nicht nur die faschistische NSU-Terror-Gruppe bewiesen hat. Die weiteren Kontrollen, Einsammlungen und Vernichtungen von Waffen bilden für die Kreisverwaltung Ahrweiler als Waffenbehörde Schwerpunktaufgaben im Jahr 2012. Die Waffenbesitzer müssen für die Überprüfung seit 1. Januar eine Gebühr von 30 Euro bezahlen. Die Kreisverwaltung ist mit dem neuen Jahr auch für das Sprengstoffrecht zuständig.
„Wir nehmen das Thema sehr ernst“, erklärte Landrat Dr. Jürgen Pföhler und nannte die aktuelle Zahl der Waffen, die beim Kreis zur Vernichtung abgegeben wurden. Seit 2009, als die Kontrolle von Schusswaffen als Folge des Amoklaufes eines 17-Jährigen in Winnenden mit 16 Toten bundesweit verschärft wurde, hat die
Kreisverwaltung mit der Polizei bis Ende Dezember 2011 rund 1.050 Gewehre, Pistolen und Revolver in Schredderanlagen zerstört. „Damit gehören wir zur Spitzengruppe in Rheinland-Pfalz“, so Pföhler.
Das nationale Waffenregister, das bis Ende 2012 eingerichtet werden soll, bezeichnete Pföhler als „längst überfällig“. Das Deutschland-weite Register solle die Informationen aller Waffenbehörden zusammenführen und für die Polizei auswertbar machen. Ein Lob richtete der Landrat an die Jäger und Sportschützen im AW-Kreis, die sich bei den Waffenkontrollen „sehr kooperativ“ zeigten.
Zu den Neuerungen für 2012: Die Kreisverwaltung als Waffenbehörde fordert nochmals alle Waffenbesitzer auf, der Behörde den Nachweis über die sichere Unterbringung der Gewehre, Pistolen und Revolver so schnell wie möglich mitzuteilen. Die ordnungsgemäße Aufbewahrung müsse nachgewiesen werden. Bei den 1.050 zur Vernichtung abgegebenen Waffen konnten die Besitzer diese sichere Aufbewahrung nicht garantieren.
Für alle Waffenbesitzer gilt der Nachweis als „Bringschuld“. Das heißt: Der Nachweis ist ohne besondere Aufforderung der Kreisverwaltung zu liefern. Wer dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Die Kreismitarbeiter werden weiterhin häusliche Kontrollen vornehmen,
wenn die Nachweise nicht vorliegen. Welche exakten Anforderungen das Gesetz an die Waffenbesitzer stellt, steht auf den Internetseiten www.kreis-ahrweiler.de, „Bürgerservice“, „Ordnungswesen“, „Waffen und Jagd“.
Zum 1. Januar 2012 ist ein weiterer Teil der Verwaltungsreform in Kraft getreten. Die Kreisverwaltung hat von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz (SGD) die Aufgaben des Sprengstoffrechtes übernommen. Darunter fallen beispielsweise die Genehmigungen für das Abbrennen von Feuerwerken, das
Abschießen von Böllern und das Wiederladen von Munition. Der Kreis ist jetzt zuständig für nichtgewerbliche Feuerwerke der Klasse II. Diese umfasst alle Feuerwerke, die nicht an Silvester und Neujahr verwendet werden sollen; für die beiden Tage des Jahreswechsels gilt eine generelle Genehmigung.
Grundvorausetzung für die waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse ist die persönliche Zuverlässigkeit der Erlaubnisinhaber. Der Kreis überprüft diese Bedingung alle drei Jahre mit hohem Aufwand. Bisher waren diese Überprüfungen für die Waffenbesitzer kostenfrei. Seit Jahresbeginn wird – im Einklang mit der
Gebührenordnung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes – eine Gebühr von 30 Euro erhoben.
Quelle: Pressemitteilung der Kreisverwaltung Ahrweiler
An: Herrn Bundespräsident Christian Wulff Spreeweg 1 10557 Berlin
Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Bundeskanzleramt Willy-Brandt-Straße 1 10557 Berlin
Frau Bundesministerin Dr. Kristina Schröder Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Glinkastraße 24 10117 Berlin
Herrn Bundesminister Dr. Hans-Peter Friedrich Bundesministerium des Innern Alt-Moabit 101 D 10559 Berlin
Herrn Bundestagspräsident Norbert Lammert sowie an alle Fraktionen im deutschen Bundestag, Berlin Hamburg, 15. Dezember 2011
Offener Brief des Auschwitz-Komitees an die Regierenden
Wir, die letzten Zeugen des faschistischen Terrors, rufen auf: […] Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen, wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hervortreten! Erinnern heißt handeln!
(Esther Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees)
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Damen und Herren,
in großer Sorge wenden wir uns heute an Sie. Antisemitische, rassistische und neofaschistische Ideologie und Praxis finden Akzeptanz bis in die Mitte der Gesellschaft. Sie, die Regierenden, tragen Mitverantwortung an den „deutschen Zuständen“ heute, an der Ökonomisierung des Denkens, an der Entsolidarisierung der Gesellschaft, und, daraus folgend, an der sozialen Spaltung, die Ängste schürt. Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit haben heute wieder Konjunktur in Deutschland.
1. In Zeiten, in denen hierzulande mindestens zehn Menschen von einer rechten Terrorbande ermordet wurden, weil sie türkische und griechische Namen trugen und mindestens 13 Jahre lang der „nationalsozialistische Untergrund“/NSU unter den offensichtlich rechts zugedrückten Augen der Polizei, der Justiz und des Verfassungsschutzes wütete, 2. in Zeiten, da 182 Tote durch Gewalt von Nazis und Neonazis in den vergangenen 20 Jahren von den Regierenden scheinbar übersehen wurden, obwohl doch Ausstellungen wie „Opfer rechter Gewalt“ seit Jahren vielerorts gezeigt wurden, einschlägige Websites und Foren mit unendlicher Mühe von NGOs, Bürgerinitiativen und Opferverbänden ganz öffentlich zugänglich waren und sind, 3. in Zeiten, in denen selbst im Winter Menschen schon wieder nachts aus dem Schlaf gerissen und abgeschoben werden, Bürgerkriegsflüchtlinge, Roma, Familien mit Kindern, Alte und Kranke in elende Zustände gewaltsam verbracht werden, obwohl auch Überleben- de des Holocaust, die im Exil Zuflucht fanden, immer wieder das Bleiberecht anmahnen, 4. in Zeiten, in denen ungeachtet zahlreicher Proteste, trotz Mahnungen von Überlebendenorganisationen, von den Zentralräten der Juden und der Muslime, von WissenschaftlerInnen die Fachministerin beratungsresistent bleibt. Fremdschämen müssen wir uns für die Ministerin Schröder, die mit ihrer so genannten „Extremismusklausel“ Überlebendenorganisationen und seit Jahrzehnten ehrenamtlich arbeitende Initiativen gegen rechts mit dem Generalverdacht überzieht, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen. Bespitzelung und Verdächtigung statt Aufklärung und Anerkennung, Geld nur gegen Gesinnungsschnüffelei – wie groß wird der Scherbenhaufen sein, den das Ministerium hinterlässt?, 5. in Zeiten, in denen schon wieder obrigkeitsstaatliches Denken Konjunktur hat, durch das Befolgen von Befehlen und Anordnungen selbst bei Frosttemperaturen mit Wasserwerfern auf Menschen geschossen wird, die in friedlichen Blockaden sich mutig auf die Straßen der Städte setzen, um marschierende Neonazis zu stoppen. Gegen die Tränengas in gesundheitsgefährdenden Mengen eingesetzt wird. Der Vertrauensverlust in demokratische Zustände ist kaum zu ermessen, wenn Demonstranten weggespritzt und anderweitig traktiert werden, Menschen bespitzelt, überwacht und ausgehorcht werden, Mobilfunkdaten missbraucht werden, Immunitäten von Abgeordneten aufgehoben werden, 6. in Zeiten, in denen selbst ein Shoa-Überlebender wie Ernst Grube, VVN-BdA-Vorsitzender in Bayern, vom Nachrichtendienst überwacht und als Zeitzeuge diskreditiert wird, 7. in Zeiten, in denen die NPD und neofaschistische Kameradschaften ganze Regionen zu „national-befreiten Zonen“ erklären und die NPD immer noch nicht verboten ist mischen wir uns ein und fordern Sie auf: Handeln Sie, jetzt!
Sieben Sofortmaßnahmen schlagen wir Ihnen vor:
· Schluss mit der öffentlichen Subventionierung neofaschistischer Organisationen durch V-Leute, wir fordern gründliche und parlamentsöffentliche Aufklärung der Morde selbst sowie der Verfehlungen und Verstrickungen des Verfassungsschutzes und der Polizei in die Morde des „nationalsozialistischen Untergrunds“ und ähnlicher Geheimbünde
· Schluss mit der Un-Kultur des Verdachts und der Gleichsetzung „Rot gleich Braun“, wir fordern gründliche und öffentliche Aufarbeitung aller Todesfälle durch rechte Gewalt in den vergangenen 20 Jahren
· Schluss mit den Abschiebungen, Bleiberecht für alle, insbesondere für Rom und Sinti · Schluss mit den Verdächtigungen staatlich nicht kontrollierter Projekte und Initiativen gegen rechts!
· Schluss mit der Gewalt gegen Menschen, die ihren eigenen Körper in friedlichen Sitzblockaden gegen Neonaziaufmärsche einsetzen, die großen Mut beweisen und unsere Hoffnung auf eine bessere Zukunft sind. Schluss mit der Kriminalisierung und Überwachung
· Schluss mit der Überwachung von Überlebenden des Holocaust, die Diskreditierung ihrer Zeitzeugenarbeit wie z.B. bei Ernst Grube in Bayern muss sofort beendet werden
Und Sie, Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel und die Bundesregierung fordern wir wiederum auf: Verbieten Sie endlich nach Artikel 139 Grundgesetz und entsprechend dem Potsdamer Abkommen die NPD und alle faschistischen Nachfolgeorganisationen, ihre Schriften, ihre Embleme, ihre Aktivitäten! Das sind wir den Millionen Opfern der faschistischen Verbrechen schuldig. Bitte unterrichten Sie uns über Ihre Maßnahmen.
Mit freundlichen Grüßen
Esther Bejarano, Vorsitzende
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V. Postfach 304 185 20324 Hamburg Vorsitzende: Esther Bejarano Tel. +49 (0)175 9 374 446 Fax: +49 (0)40 380178 53874 Konto: 60179 2206 Postbank Hamburg BLZ 200 100 20 AuschwitzKomitee@t-online.de oder Auschwitzkomitee@aol.com