Wolfgang Huste Polit- Blog

Fast wie im Bürgerkrieg. Wenn es gegen Banken geht, versteht die Polizei keinen Spaß. Von Gitta Düperthal

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Tausende Polizisten riegeln ab Mittwoch das Bankenviertel in Frankfurt am Main ab, jede öffentliche Versammlung und Meinungsäußerung sind dort untersagt, U- und S-Bahn-Stationen in der Innenstadt werden nicht mehr angefahren. Das Occupy-Camp unter der Europäischen Zentralbank (EZB) muß geräumt werden. Angesichts der bis Samstag geplanten Proteste gegen die EU-Krisenpolitik hat die schwarz-grüne Stadtregierung von Frankfurt am Main auf autoritäres Durchgreifen geschaltet. »Natürlich wird die U-Bahn am Willy-Brandt-Platz vor der EZB gesperrt, denn das ist genau die Ecke, wo die Polizeikette stehen wird«, sagte Thomas Scheben vom städtischen Presseamt zu junge Welt. »Wenn sich alle an diese Verbote halten, gibt es kein Problem.«

Davon ist jedoch nicht auszugehen. Auch wenn das örtliche Verwaltungsgericht das Verbot aller Versammlungen für Donnerstag und Freitag bestätigt hat: Das Blockupy-Bündnis aus ATTAC, Erwerbslosenforum Deutschland, Occupy und Interventionistischer Linker geht davon aus, daß noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. »Wir halten an unseren geplanten Aktionen fest und empfehlen, sich zeitnah auf der Internetseite unter www.blockupy-Frankfurt.org zu informieren«, empfiehlt Roland Süß von ATTAC.

»Die Polizei malt ein Bedrohungsszenario aus, als ob morgen ein Bürgerkrieg beginnt«, kritisiert Martin Behrsing vom Erwerbslosenforum Deutschland. Die vom Gericht verfügte Auflage, die Großdemo am Samstag dürfe nur stattfinden, wenn »alle brav sind und es am Donnerstag und Freitag nicht zu Protesten kommt«, hält er für abenteuerlich. Spätestens das Bundesverfassungsgericht werde dieses Urteil kassieren.

Mittlerweile fast 100 Organisationen rufen zu »Blockupy Frankfurt« auf. Zunächst geht es ihnen um gewaltfreien Widerstand gegen eine Räumung am Mittwoch. Für Donnerstag fordert das Komitee für Demokratie und Grundrechte dazu auf, um 12.00 Uhr auf dem Paulsplatz dagegen zu protestieren, daß in Frankfurt die demokratischen Grundrechte außer Kraft gesetzt werden – aber auch diese Versammlung wurde bereits untersagt.

Ulrich Wilken von der hessischen Linkspartei fühlt sich »an Zustände in diktatorisch regierten Ländern« erinnert. Die friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Christine Buchholz, findet die Reaktion der Stadt, die sogar ein Konzert des Liedermachers Konstantin Wecker verboten hat, »in höchstem Maße undemokratisch«. Sie wolle am Mittwoch morgen im Occupy-Camp dabei sein.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Jochen Nagel, kritisierte, wie in Griechenland und in Italien werde jetzt auch in Deutschland versucht, Bürgerrechte einzuschränken. Er halte daran fest, am Donnerstag auf öffentlichen Plätzen mit Gewerkschaftern aus anderen europäischen Ländern zu debattieren. Und er werde am Freitag mit Vertretern der Linkspartei über »Alternativen zur Krisenpolitik« diskutieren. Und Samstag werde er auf der Kundgebung der Großdemonstration sprechnen.

Der Sprecher des Friedensratschlags, Peter Strutynski, fühlt sich durch »die blindwütige Verbotspolitik der Stadt Frankfurt« »in fataler Weise an Zustände in der Ukraine oder Belarus« erinnert, die hierzulande ansonsten immer so gern lauthals kritisiert werden«. Das zeige, »wer in unserem Land wirklich das Sagen hat: Gegen die Regierung zu demonstrieren, ist noch erlaubt, wenn es aber gegen die Banken geht, hört jeder Spaß auf.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 16.05.12

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 16. Mai 2012 um 11:31 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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