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Spanien stürzt ab. Von Arnold Schölzel

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Am 28. Juli 1977, knapp zwei Jahre nach dem Tod des faschistischen Diktators Francisco Franco (1892–1975) stellte die spanische Regierung das Beitrittsgesuch zur Europäischen Gemeinschaft. Seit 1986 ist das Land Mitglied des Staatenverbundes. Pünktlich zum Jahrestag teilte das Nationale Statistikinstitut in Madrid mit: Die Arbeitslosenquote kletterte im zweiten Quartal auf 24,6 Prozent, das entspricht 5,7 Millionen Menschen – bei 47,2 Millionen Einwohnern. Ein höheres Niveau hat es seit Einführung der Statistik 1976 nicht gegeben. Die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen unter 25 Jahren hat die 53-Prozent-Marke erreicht.

Spanien hat damit die höchste Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone. Die Angaben zeigten, erklärten Kommentatoren am Freitag, daß die Wirtschaft des Landes immer tiefer in den Abwärtsstrudel gerät. Welt online zitierte einen Experten des international tätigen Forschungs- und Beratungsinstituts Capital Economics, Ben May, mit den Worten: »Die Daten sind ein weiterer Beleg dafür, in welch miserabler Lage die Wirtschaft ist. Die Dinge werden nur noch schlechter werden.« In der Online-Ausgabe der spanischen Tageszeitung El País hieß es: »Die Sparmaßnahmen heben die Arbeitslosigkeit in Spanien auf einen historischen Rekord.«

Zwar verloren im ersten Quartal 2012 noch 365000 Menschen ihren Job, während es zwischen April und Juni »nur noch« 53500 waren. Diese Verlangsamung ist zum einen darauf zurückzuführen, daß im spanischen Tourismussektor zur Hochsaison viele Menschen eingestellt werden. Zum anderen darauf, daß die Regierung unter dem rechten Ministerpräsidenten Mariano Rajoy im Februar eine sogenannte Arbeitsmarktreform verabschiedet hat. Tatsächlich wurde der Kündigungsschutz durchlöchert, d.h. die Unternehmen haben neue Möglichkeiten, Beschäftigte zu einfacheren und billigeren Bedingungen zu entlassen. Beides – die erwartete Belebung des Arbeitsmarktes wie auch die Einführung von »Hire-and-fire« – haben an dem Ansteigen der Arbeitslosenquote nichts ändern können. Hinzu kommt: Es kommen zwar ähnlich viele Ausländer wie in den Vorjahren als Touristen, der innerspanische Urlaubsverkehr ist aber nach einigen Angaben bislang um 30 Prozent im Vergleich mit 2011 zurückgegangen.

Besserung ist nicht in Sicht. Die Regierung Rajoy verfolgt weiter ihren volkswirtschaftlich irrwitzigen »Spar«kurs, der Ausgabenkürzunge in Höhe von 65 Milliarden Euro sowie vor allem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vorsieht. Sie selbst rechnet damit, daß sich an der Arbeitslosenquote über das Jahr kaum etwas ändern wird. Ihre Politik dürfte dazu führen, daß sich die zweite Rezession, in der sich das Land seit dem Ende des Immobilienbooms 2008 befindet, nocht verschärft.

Die »guten Nachrichten«: An der Börse Madrid legte der Leitindex Ibex 35 nach Bekanntwerden der Arbeitslosenzahlen am Freitag bis Mittag leicht zu. Nach dem Versprechen der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Donnerstag, alles zu tun, »was zum Schutz des Euros notwendig ist«, schwächte sich der Druck auf spanische Staatsanleihen ab. Die Zinsen für zehnjährige Anleihen stiegen nur gering um 0,03 Prozent auf 6,93 Prozent und verblieben damit unter der als kritisch angesehenen Sieben-Prozent-Marke.

Quelle: www.jungewelt.de vom 28./29.07.12

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 28. Juli 2012 um 12:52 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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