Wolfgang Huste Polit- Blog

Camp Anticapitalista. Gegenentwurf zur kapitalistisch determinierten Gesellschaft

Donnerstag, 30. Mai 2013 von Huste

Für 3000 Aktivisten ist im Camp auf dem Frankfurter Rebstockgelände Platz. Rund 1000 kommen nach längerer Vorbereitung in Gruppen und Aktionsbündnissen. In sogenannten »Barrios« – das spanische Wort für Stadtviertel – sind sie auf dem Areal in Zelten untergebracht. Weitere Aktivisten aus Berlin, Bremen und Wien erwartet die Initiative »Kein Mensch ist illegal« aus dem Rhein-Main-Gebiet. Für Flüchtlinge der Selbsthilfeorganisation »Refugee Liberation Bus Tour« aus Baden-Württemberg hat die Gruppe Zelte bei Bekannten ausgeliehen und aufgebaut. »Sie haben viel zu tun und sind unterwegs, um andere Asylsuchende für ihre politische Arbeit zu interessieren. Aufgrund ihrer ausgegrenzten Situation und Arbeitsverboten haben sie kaum Geld«, erklärt Doro Köhler von der Gruppe. Flüchtlingsaktivist Rex Osa wird auf der Auftaktkundgebung am Samstag eine Rede halten. Das Camp sei als Gegenentwurf zur kapitalistischen Gesellschaft gedacht, in der Personen nur aufgrund ihrer »Nützlichkeit« anerkannt seien, wenn sie in irgendeiner Form Profit einbrächten. »Das wollen wir anders machen«, argumentiert er.

Ob Regen Leute vom Demonstrieren abhalten kann? Nein, meint Aktivist Sascha: »Noch nicht mal schlechte Laune haben wir deshalb – oder hast Du vielleicht gesehen, daß wir bei Occupy im Winter bei Minusgraden schlapp gemacht haben?« Die erfahrenen politischen Demonstranten genießen das Zusammensein. Das »Prinzip Selbstverantwortung« erklärt Aktivist Jens Friedrich: »Alle kochen für alle. Beim Kartoffel-Schälen macht jeder mit«, sagt er. »Hingegen gibt es Leute, die wissen, wie Mahlzeiten für 1000 Leute in einer Vokü (Volksküche) richtig zu würzen sind. Das kann nicht jeder«.

Im Camp beginnen Versammlungen: Aktivisten berichten über Widerstand gegen die Krisenpolitik in europäischen Ländern, es gibt Einführungen in Kapitalismuskritik. Doris hat ein besonderes Anliegen: Sie war am Donnerstag dabei, als politische Gefangene besucht wurden. »Sibylle und Sonja müssen raus!«, hieß es bei der Kundgebung vor dem Frankfurter Frauenknast Preungesheim. Gemeint sind Sonja Suder und Sybille S., die seit April in Beugehaft sitzt, weil sie im Prozeß gegen Sonja Suder die Aussage verweigerte. Die 80jährige wiederum war von Frankreich nach Deutschland ausgeliefert worden und ist seither hier inhaftiert. Vorgeworfen wird ihr, an drei Aktionen der Revolutionären Zellen in den 1970er Jahren beteiligt gewesen zu sein. Angeblich hat sie Waffen für den Angriff auf die OPEC-Konferenz 1975 in Wien beschafft. Der Prozeß läuft seit September 2012 und wird vermutlich bis Ende August 2013 weitergeführt. (düp)

Quelle: www.jungewelt.de vom 31.05.13

Rückkehr des politischen Streiks. Rosa-Luxemburg-Stiftung legt Sammelband zu Arbeitskämpfen und Antikrisenprotesten in Europa vor.. Von Florian Osuch

Montag, 27. Mai 2013 von Huste

Über 30mal haben Gewerkschaften in Europa in den vergangenen vier Jahren zu landesweiten, politisch motivierten Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Die Autoren eines Sammelbandes untersuchen diese »massive Zunahme an politischen Generalstreiks seit 2008«. Spitzenreiter der europäischen ­Statistik ist Griechenland, gefolgt von Italien, Frankreich, Belgien und Spanien. Neben der teils dramatischen ökonomischen Situation dieser Länder, sehen die Autoren einen weiteren Grund für die wachsende Bereitschaft zum Ausstand in veränderten Verhältnissen in den Betrieben. Mitherausgeber und jW-Autor Florian Wilde meint, Outsourcing, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, wachsende Arbeitslosigkeit und territoriale Versprengung der Produktion hätten die betriebliche Handlungsmöglichkeiten zunehmend erschwert, was zu weniger Branchenstreiks geführt habe.

Insgesamt 17 Beiträge sind in dem 240 Seiten starken Band zusammengefaßt. Das Buch ist eine Publikation der Rosa-Luxemburg-Stiftung und enthält wissenschaftliche Ausarbeitungen, persönlich gehaltene Texte sowie Interviews. Die Texte gliedern sich in drei Kapitel zu politischen Generalstreiks und Sozialprotesten in Europa, zu praktischen Erfahrungen international sowie zum Thema politischer Streik und die Gewerkschaften in Deutschland.

Im ersten Kapitel wird umfangreich eine vergleichende Fallstudie zu Arbeitskämpfen in Großbritannien und Frankreich vorgestellt. Eine Analyse zu Generalstreiks in Westeuropa zwischen 1980 und 2011 mag ernüchternd wirken auf Gewerkschaften und linke Parteien. Denn es gab durch derlei Aktivitäten keine »signifikante Erhöhung« der Mitgliedszahlen und des Stimmenanteils für Parteien wie Rifondazione (Italien), KKE (Griechenland) oder Vereinigte Linke (Spanien). Im zweiten Kapitel kommen Gewerkschafter aus Belgien, Großbritannien, Spanien, Österreich, Frankreich, Portugal, Griechenland und dem Baskenland zu Wort. Es fällt auf, daß es kein einziges Interview aus Osteuropa gibt, obwohl dieser Abschnitt als »Herzstück« der Veröffentlichung bezeichnet wird.

Im dritten Kapitel äußern sich aktive und ehemalige Gewerkschafter aus der Bundesrepublik, darunter Veit Wilhelmy von der IG BAU (»politischer Streik muß erkämpft werden«). Der Rechtsanwalt und ehemalige Vorsitzende der IG Medien, Detlef Hensche, geht auf rechtliche Fragen ein und verweist auf jüngste juristische Erfolge für Streikende in der BRD. Für Klaus Ernst, IG Metaller und ehemaliger Vorsitzender der Linkspartei, sind politische Arbeitsniederlegungen ein »legitimes Mittel«. Er plädiert für eine engere Kooperation seiner Partei mit außerparlamentarischen Kämpfen, denn »nur mit wirklichen Bewegungen auf der Straße kann etwas bewegt werden«.

Alexander Gallas/Jörg Nowak/Florian Wilde (Hrsg.): Politische Streiks im Europa der Krise. VSA-Verlag, Hamburg 2012, 240 Seiten, 14,80 Euro

Quelle: www.jungewelt.de vom 28.05.13

 

„Bundesregierung muss sofort aus allen Drohnen-Projekten aussteigen!“ Von Inge Höger, MdB

Sonntag, 26. Mai 2013 von Huste

In der vergangenen Woche stoppte das Bundesverteidigungsministerium das Drohnen-Programm Euro-Hawk. Die letztlichen Gründe für das Scheitern waren imWesentlichen die fehlende Luftraumzulassung, eine Steuerbox, die veraltet war und in die der US-Hersteller keinen Einblick gewähren wollte, und ein fehlendes Ausweichsystem. Nun berichten Zeitungen, dass die Regierung
den Vertrag mit Northrop-Grumman immer noch nicht gekündigt hat. „Sehenden Auges hat die Bundesregierung jahrelang Abermillionen Steuergelder in ein zum Scheitern verurteiltes Projekt gesteckt. Dass sie nun damit fortfährt und immer noch nicht den Vertrag aufgekündigt hat, ist kaum
zu glauben!“, kommentiert Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag das Geschehen. Höger weiter:
„Nun übertreffen sich SPD und Grüne gegenseitig in ihrer berechtigten Kritik am Verteidigungsminister. Aber wo waren die kritischen Stimmen denn eigentlich 2004, als der Auftrag ausgelöst wurde? De Maiziere muss zurücktreten – Darin sind wir uns einig. Aber die Scheinheiligkeit besonders der SPD, deren verteidigungspolitischer Sprecher Arnold noch vor wenigen Wochen seine Unterstützung bewaffneter Drohnen in die Mikrofone brüllte, ist kaum zu überbieten. Immerhin lagen die Anfänge des ganzen Projektes inklusive der fehlenden Luftzulassung in der Regierungszeit von Rot-Grün. Auch unter ihrer Amtszeit zog der Rüstungslobbyismus muntere Kreise. Wo sonst wäre es möglich, Millionen- oder Milliardenaufträge zu vergeben und in die Verträge sogenannte Bemühensklauseln einzubauen, die es der Rüstungsindustrie unabhängig vom Endergebnis erlauben, ohne Rechenschaftspflicht nach Lust und Laune Steuergelder zu verbrennen?
Die Bundesregierung sollte das wirtschaftliche Desaster zum Anlass nehmen, jegliche Beschaffungspläne für bewaffnete Drohnen im Mülleimer verschwinden zu lassen. Das heißt keine Predator- oder Reaper-Drohnen und auch keine israelischen Heron! Das heißt sofortige Kündigung der Verträge mit Northrop-Grumman! Das heißt sofortiger Ausstieg aus dem Drohnen-
Entwicklungsprogramm der NATO und ein Ende der Machenschaften der Lobbyisten und Einstampfen der Gewinngarantien für Rüstungsunternehmen! Wir brauchen Geld für Bildung, Gesundheit und Soziales statt für  Rüstungsprojekte.“
Inge Höger
Abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Jutta Ditfurth: „Die ersten 50 Jahre waren interessant“

Sonntag, 26. Mai 2013 von Huste

Die ersten 50 Jahre waren interessant, da war die SPD politischer Ausdruck der Arbeiterbewegung. Der tapfere August Bebel lobte 1871 im Reichstag die Pariser Commune. Über’s Erfurter Programm konnte man noch streiten. Mit den Kriegskrediten von 1914 und dem Verrat der Novemberrevolution 1918/19 war die SPD als fortschrittliche Kraft am Ende. Es gab viele mutige Antifaschisten, aber dominant blieben Hardliner wie Noske und obrigkeitsstaatliche Kleinbürger wie Ebert – bis heute. Nach dem Krieg spaltete und befriedete die SPD die Arbeiterbewegung per „Sozialpartnerschaft“. 1959 entschied sie sich endgültig für Kapitalismus und Nato, aber – gratuliere! – mit dem Rauswurf des SDS 1961 bekam die Apo unabsichtlich eine unabhängige Organisation. In den siebziger Jahren wurden wir AKW-Gegner_innen von der SPD-Führung als „Terroristen“ beschimpft. Seit 1998 wird die SPD für Kriege und Sozialstaatszerstörung gebraucht, im Herbst 2013 droht auch dafür wieder eine Große Koalition. Aufrichtig gratulieren kann ich für Brandts Kniefall in Warschau.

»Wir wollen keine Killerdrohnen«. Unter diesem Titel veröffentlichte die KP Luxemburgs (KPL) am Freitag folgende Erklärung:

Samstag, 25. Mai 2013 von Huste

Trotz weltweit wachsender Kritik an den gezielten Tötungen durch militärische Drohnen der USA entwickelt die NATO ein Projekt zur Herstellung von Drohnen mit der Bezeichnung »Global Hawk«. Dieses Programm, an dem neben den NATO-Staaten Bulgarien, Deutschland, Estland, Italien, Lettland, Norwegen, Rumänien, Slowakei, Tschechien und den USA auch Luxemburg beteiligt ist, kostet die Steuerzahler mindestens drei Milliarden Euro.

Nach dem unrühmlichen Ende des vor allem von Deutschland betriebenen Projekts »Euro Hawk« mehren sich selbst im bürgerlichen Lager die Stimmen, die eine Beendigung auch der Entwicklung der NATO-Drohnen fordern.

Die KPL hat sich von Beginn an gegen dieses Projekt ausgesprochen. Militärische Drohnen bringen nicht mehr Sicherheit, sondern Tod und Verderben. Die Einsätze dieser Raubvögel zu gezielten Tötungen in Pakistan, in Afghanistan, im Jemen und anderswo verletzen das Völkerrecht. Die von den Drohnen abgefeuerten Raketen töten immer mehr am Kriegsgeschehen unbeteiligte Kinder, Frauen und Männer. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Opfer der Killerdrohnen nachträglich in den Medien als »mutmaßliche Terroristen« bezeichnet werden. (…)

Die KPL fordert die Regierung auf, unverzüglich einen Beschluß zum Ausstieg Luxemburgs aus dem Drohnenprogramm zu fassen und auch die anderen beteiligten Länder zur Aufgabe des Programms zu bewegen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 25.05.13

Erdogan unter Druck. Türkische Regierung gibt zu: Pläne für Anschlag in Reyhanli waren im Vorfeld bekannt. Von Hackern veröffentlichte Dokumente offenbar echt. Von André Scheer

Samstag, 25. Mai 2013 von Huste

Die türkische Regierung hat eingeräumt, daß die von Online-Aktivisten veröffentlichten Geheimdokumente über den Anschlag vom 11. Mai in Reyhanli echt sind. Innenminister Muammer Güler erklärte jedoch, die Gruppe »Red Hack« habe die Papiere nicht durch einen elektronischen Angriff auf das Netzwerk der paramilitärischen Jandarma erlangt. Vielmehr seien sie ihr durch einen Militär zugespielt worden, der inzwischen verhaftet worden sei. Die Papiere, die »Red Hack« am Mittwoch ins Internet gestellt hatte, widersprechen der bisherigen offiziellen Version Ankaras über den Autobombenanschlag, bei dem offiziellen Angaben zufolge 51 Menschen getötet worden waren. Aus den Dokumenten geht hervor, daß der militärische Geheimdienst die späteren Attentäter beobachtet hatte, den Anschlag jedoch nicht verhinderte. Unmittelbar danach hatte Ankara den syrischen Geheimdienst für das Verbrechen verantwortlich gemacht. In den Papieren der Jandarma wird hingegen die islamistische Al-Nusra-Front als Urheber bezichtigt. Diese Gruppierung, die von den USA als terroristisch eingeschätzt wird, gehört zur syrischen Aufstandsbewegung gegen die Regierung von Staatschef Baschar Al-Assad.

Trotz der neuen Tatsachen beharrt die türkische Regierung darauf, das Regime in Damaskus für den Anschlag verantwortlich zu machen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan brachte am Freitag sogar die kemalistische Oppositionspartei CHP mit dem Attentat in Verbindung. Bei einer Rede vor Mitgliedern seiner AK-Partei sagte der Regierungschef, hinter dem Attentat stünden die selben, die im Jahr 2011 führenden CHP-Vertretern zu einem Treffen mit Assad verholfen hätten. »Sie stecken in der Sache drin«, zitierte ihn die englischsprachige türkische Tageszeitung Today’s Zaman.

Demgegenüber erklärt »Red Hack« auf ihrer Internetseite, der festgenommene Offizier sei unschuldig. Zudem sei es kein Verbrechen, vor der Öffentlichkeit geheimgehaltene Informationen über den Tod von Zivilisten zu veröffentlichen. Vielmehr habe der »faschistische türkische Staat« Verbrechen begangen, als er die Durchführung des Anschlags zugelassen habe. »Ministerpräsident Erdogan sagt, die Bombenanschläge von Reyhanli würden vom Geheimdienst untersucht, und die Medien sollten warten, bis die Ergebnisse veröffentlicht werden. Wenn das so ist, warum hat er dann gleich am ersten Tag das syrische Regime dafür verantwortlich gemacht?« Die von »Red Hack« geäußerte Vermutung ist, daß Erdogan das Attentat für seinen Besuch bei US-Präsident Barack Obama wenige Tage später gelegen kam, um Washington für einen offenen Krieg gegen Syrien zu gewinnen.

Am Freitag zeichnete sich ab, daß die Zersplitterung der syrischen Regierungsgegner zum wichtigen Hindernis für eine Verhandlungslösung werden könnte. Damaskus sei prinzipiell zur Teilnahme an einer Friedenskonferenz bereit, erklärte der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, am Freitag in Moskau. Es müsse aber geklärt werden, »wer mit welcher Berechtigung für die Opposition« spreche. Diese versuchte, sich in Istanbul bei einem zweitägigen Treffen auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Ein Vertreter der »Nationalen Koalition«, Chaled Chodscha, forderte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, die westlichen und arabischen Staaten müßten »vermehrte militärische Unterstützung« für die »Freie Syrische Armee« leisten. Die bisherigen EU-Sanktionen gegen Damaskus laufen in der kommenden Woche aus. London und Paris fordern, einzelnen Staaten Waffenlieferungen an die Aufständischen zu gestatten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 25.05.13

„Gladio“-Untergrund endlich aufarbeiten! Von Ulla Jelpke

Dienstag, 21. Mai 2013 von Huste

„Der Sumpf des „Gladio“-Untergrunds ist tiefer, als es die Bundesregierung glauben machen will“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, die Regierungsantwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion. Anlass für die Anfrage ist der Luxemburger „Bombenlegerprozess“, bei dem Polizisten beschuldigt werden, Bombenanschläge durchgeführt zu haben. In diesem Zusammenhang hatte der Sohn eines ehemaligen Bundeswehr-Berufssoldaten angegeben, sein Vater habe im Auftrag des BND unter anderem den Anschlag auf das Münchner Oktoberfest 1980 mit vorbereitet. Jelpke weiter:

„In Sachen Gladio gibt es jetzt einen juristischen Vorgang: Die Generalbundesanwaltschaft hat nach Angaben der Bundesregierung bereits Ende März einen sogenannten Prüfvorgang eingeleitet, um den Angaben über die Verantwortung des BND am Münchner Oktoberfestanschlag nachzugehen.

Es liegt mit Sicherheit noch so manche Leiche im Keller des BND. Dessen Aktenbestände, heißt es, sind „noch nicht vollständig erschlossen“, es könnten daher „in Zukunft weitere einschlägige Unterlagen gefunden werden.“
Dass viele Fragen noch offen sind, liegt auf der Hand. So gibt die Bundesregierung immerhin zu, dass die geheimen Depots, in denen die Nato-Geheimdienste auch Waffen gelagert hatten, nicht, wie es früher einmal hieß, schon bis 1972 aufgelöst worden waren: Es seien „noch Ende der 1990er Jahre entsprechende Depots der Alliierten gefunden“ worden, heißt es jetzt. Die Regierung „geht nunmehr davon aus“, dass alle diese Lager mittlerweile aufgelöst seien.

Seit 1990 will die Regierung praktisch keine neuen Erkenntnisse über die Tätigkeit des geheimem Nato-Netzwerkes im Kalten Krieg gewonnen haben. Das ist auch kein Wunder: Immerhin räumt sie selbst ein, dass sie bisher „auch keine Notwendigkeit (sah), sich mit diesem Problemkomplex weiter zu befassen.“
Die Bundesregierung schiebt die Verantwortung ab: „Die historische Erforschung und Bewertung bleibt der Wissenschaft vorbehalten.“ Dabei geht es um nicht weniger als den Verdacht auf eine staatsterroristische Vereinigung geht, die mehrfachen Mord begangen hat. DIE LINKE besteht darauf, dass die Bundesregierung sich selbst dieser Aufarbeitung annimmt.“

Quelle: Homepage von Ulla Jelpke, 21.05.13

»Wir brauchen einklagbare Regelungen«. Brandkatastrophen in Bangladesch: »Selbstverpflichtung« der Konzerne ist nur einer erster Schritt. Gespräch mit Thomas Seibert. Interview: Gitta Düperthal

Dienstag, 21. Mai 2013 von Huste
Thomas Seibert ist Süd­asien-Referent der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation Medico international

Nach der Katastrophe von Bangladesch mit über 1000 Toten haben Textilkonzerne eine Selbstverpflichtung unterschrieben, den Brandschutz und die Gebäudesicherheit in Fabriken zu erhöhen. Wer kontrolliert, ob sie dieser auch nachkommen?

Die Einhaltung des Abkommens überprüft ein »Steering Committee«, das paritätisch von den Unternehmen und Gewerkschaften besetzt ist und nach Mehrheit entscheidet: Es wird also ein unabhängiges Inspektionssystem eingerichtet, der Einfluß der Gewerkschaften und Beschäftigten wird verstärkt. Die Konzerne kommen für den Umbau der Fabriken auf. Aber: Es ist eine freiwillige Vereinbarung, obwohl die Regelung der Arbeitsbedingungen eigentlich eine gesellschaftliche Aufgabe ist und per Gesetz zu treffen wäre.Medico international wertet das Sicherheitsabkommen der großen Handelsketten – darunter H&M, C&A, Tchibo, Otto, Primark, Aldi, Zara, Benetton sowie Abercrombie & Fitch – als einen »ersten Schritt«. Ist es nicht vielmehr eine dreiste PR-Kampagne?

Ich glaube, daß sich die Unterzeichner erst einmal an diese Regelungen halten werden. Problematisch ist, daß das Abkommen auf Bangladesch begrenzt ist. Anderswo herrschen dieselben unerträglichen Bedingungen: Im September 2012 verbrannten 300 Arbeiterinnen und Arbeiter im pakistanischen Karatschi, in einer Fabrik, die den deutschen Discounter KiK belieferte.Warum hat KiK nicht einmal die Absicht erklärt, gleiche Verpflichtungen auch für Pakistan einzugehen?

Geschieht das nicht, wird das Abkommen schlicht zum »Wettbewerbsnachteil« für Bangladesch. Dann werden die Produktions- und Lieferketten dorthin verlegt, wo man weitermachen kann wie bisher. Deshalb fordern wir die Ausweitung der Regelung auf alle Produktions- und Lieferländer.Reicht ein Sicherheitsabkommen? Müssen nicht auch Löhne und Arbeitsbedingungen international neu geregelt werden?

Die Arbeit in den Weltmarktfabriken kostet auch ohne Großbrand und Hauseinsturz ungezählte Menschenleben. Die Leute schuften bis zu 14 Stunden täglich für 35 Dollar im Monat. Der Gewerkschaft beizutreten, ist oft lebensgefährlich. Damit sind die nächsten Forderungen schon benannt: Verdopplung und Durchsetzung des Mindestlohns, Begrenzung der Arbeitszeit, freie gewerkschaftliche Organisation. Auch dazu brauchen wir international einklagbare gesetzliche Regelungen.Wer soll solche Forderungen durchsetzen?

Die mörderische Logik des kapitalistischen Weltmarkts kann nur global gebrochen werden: von sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, politischen Parteien im Süden wie im Norden, gemein­sam. Wir haben deshalb die pakistanische Gewerkschafterin Zehra Khan nach Deutschland eingeladen. Sie wird am 23. Mai auf dem Umfairteilen-Kongreß in Berlin sprechen und am 1. Juni an den »Blockupy«-Krisenprotesten in Frankfurt teilnehmen.Welche konkreten Vorschläge haben Sie, etwas zu verändern?

Bleiben wir beim Bangladesch-Abkommen. Das haben die lokalen Gewerkschaften, international agierende Gewerkschaftsbünde und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) durchgesetzt, in einer Ausnahmesituation, die die Konzerne zum Nachgeben zwang.

Das reicht aber nicht, weil es nur um Bangladesch, nur um Brandschutz, nur um Selbstverpflichtungen geht. Das sagen wir in den Medien; aber auch auf dem Umfairteilen-Kongreß, bei Blockupy, zu ver.di-Kolleginnen und Kollegen, zu sozialen Aktivisten, den Linken und den Grünen. Wir wollen diese Frage an die weitergeben, die nach ihrer Beantwortung suchen müssen: Wie erkämpfen wir heute globale gesetzliche Regelungen zu Mindestlöhnen, zur Begrenzung der Arbeitszeit, zur weltweiten Durchsetzung des Rechts auf freien Zugang zu Gesundheit? Diese Frage stellt sich gerade den Gewerkschaften, die hier in Deutschland für sich selbst Mindestlöhne, Arbeitszeitbegrenzungen, freien Zugang zu Gesundheit fordern. All dies kann heutzutage nur noch international sinnvoll geregelt werden. Wenn das verstanden wird, können wir nachlegen und fragen, was der tausendfache Tod in asiatischen Textilfabriken damit zu tun hat, daß deutsche Konsumentinnen und Konsumenten im Durchschnitt jährlich zwischen 40 und 70 Kleidungsstücke kaufen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 21.05.13
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Auf der Spur des Terrors. Oktoberfestanschlag, Luxemburger Bombenterror und die Rolle des BND: Bundesregierung und Generalbundesanwalt prüfen neue Vorwürfe. Von Peter Wolter

Samstag, 18. Mai 2013 von Huste

Die Bundesregierung prüft nach eigener Aussage Vorwürfe, der Bundesnachrichtendienst (BND) sei in das Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest im Jahre 1980 verwickelt gewesen. Als Zeuge vor dem Luxemburger Kriminalgericht sowie in der jW hatte der Duisburger Andreas Kramer behauptet, sein Vater Johannes habe als Angehöriger dieses Geheimdienstes den Anschlag organisiert, bei dem 13 Menschen umkamen.

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, erklärte die Regierung am Freitag, bisher gebe es keine Hinweise, »die die Darlegungen des A. K. in bezug auf die Tätigkeit seines Vaters, J. K. bestätigen können«. Dennoch würden die Vorwürfe weiter untersucht. Auch der Generalbundesanwalt (GBA) habe am 27. März 2013 »einen Prüfvorgang eingeleitet«. Die Berichterstattung zu dem Luxemburger Prozeß werde von Regierung und GBA verfolgt, heißt es weiter. »Darüber hinaus geht der GBA den in der Tageszeitung junge Welt in der Ausgabe vom 13. April 2013 in einem Interview getätigten Angaben des A. K. zu den Hintergründen des Anschlags auf das Oktoberfest in München« nach. Aus »kriminaltaktischen Erwägungen« würden keine Details preisgegeben.

Andreas Kramer hatte unter Eid ausgesagt, sein Vater habe nicht nur die 20 Sprengungen koordiniert, die zwischen 1984 und 1986 Luxemburg erschütterten, sondern auch den Anschlag auf das Oktoberfest eingefädelt. Er habe im Auftrag geheimer NATO-Gremien sowie des BND die Geheimarmee der NATO, »Stay Behind«, in Deutschland geleitet. Ziel der Anschläge sei es gewesen, sie Linken anzulasten und so einen politischen Rechtsruck auszulösen.

Den Aussagen des Zeugen zufolge war sein Vater offiziell Hauptmann der Bundeswehr und arbeitete im Logistikbereich des Streitkräfteamtes. Er habe Zugang zu Munitionslagern gehabt. Sein Deckname sei »Cello« gewesen – ein Name, der auch in einem Buch des abtrünnigen BND-Mitarbeiters Norbert Juretzko als Ausbilder für »Stay Behind«-Mitglieder genannt wird.

Die Regierung bestätigt in ihrer Antwort lediglich, daß ein Hauptmann Johannes Kramer bis zur Pensionierung 1990 in der Stabsabteilung G4 des Streitkräfteamtes beschäftigt war. Zu den Vorwürfen gegen den BND wollte sie sich nicht weiter äußern. Im Rahmen der Erforschung der Frühgeschichte des Geheimdienstes werde auch dessen »Stay Behind«-Organisation behandelt. Möglicherweise würden »weitere einschlägige Unterlagen gefunden«. Die »historische Erforschung und Bewertung« sei der Wissenschaft vorbehalten.

Die Behörden hätten bisher leider wenig Ehrgeiz gezeigt, »Licht in das Dunkel des Stay-behind-Untergrunds zu bringen«, kritisierte Jelpke. »Wenn überhaupt, ist weitere Aufklärung allenfalls mutigen Zeugen, investigativen Journalisten und aufrechten Richtern zu verdanken.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 18.05.13

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Uranhexafluorid auf brennendem Atomfrachter Atlantic Cartier in Hamburg: War das Uranhexafluorid für Gronau oder Lingen bestimmt?

Freitag, 17. Mai 2013 von Huste

Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltverbände befürchten, dass die neun Tonnen Uranhexafluorid, die der brennende Atomfrachter Atlantic Cartier am 1. Mai im Hamburger Hafen an Bord hatte, für die Urananreicherungsanlage Gronau oder die Brennelemente Fabrik Lingen bestimmt waren. Nur diese beiden Atomfirmen gehen in Deutschland mit Uranhexafluorid um. In diesem Zusammenhang sind die Initiativen und Verbände bestürzt über die Verschleierungstaktik des Hamburger Senats in Zusammenhang mit dem schweren Brand am 1. Mai. In ersten Berichten war nur davon die Rede, dass sich an Bord Autos und Gefahrgüter befanden hatten, die nicht näher benannt wurden. „Doch nun waren nach Angaben des Senats in Hamburg u. a. rund 9 Tonnen hochgefährliches Uranhexafluorid, sowie Munitionsmaterial an Bord. Es ist empörend, dass solche Stoffe zusammen transportiert werden und dass die Öffentlichkeit über die extrem gefährliche Situation auch im Nachhinein nicht informiert wurde“, so Udo Buchholz vom Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz. Die Hamburger Innenbehörde muss jetzt die Absender und Empfänger der radioaktiven Fracht rückhaltlos auf den Tisch legen, damit die Öffentlichkeit ein vollständiges Bild von der Beinahe-Katastrophe erhält.

Das Bündnis aus Initiativen und Verbänden betont, dass es dem engagierten Einsatz der Feuerwehr zu verdanken ist, dass es in Hamburg zu keiner Katastrophe gekommen ist. Die Löscharbeiten zogen sich über 15 Stunden hin und rund 300 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Glücklicherweise konnten die Feuerwehrleute die Nuklearfracht rechtzeitig von dem brennenden Schiff bergen. Wäre es zu Freisetzungen von Uranhexafluorid gekommen, hätte das Material nicht mit Wasser in Verbindung kommen dürfen. Uranhexafluorid und Wasser reagieren zur hochgefährlichen Flusssäure. Die Feuerwehr hat sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten vorbildlich verhalten. Sie konnte aber nicht optimal reagieren da sie nicht mit CO2-Löschmittel in ausreichender Menge ausgerüstet war und deshalb zuerst eine Teilentladung des Schiffes vornehmen musste. Das zeigt, dass eine Gefährdung durch Urantonsporte überall an den Transportstrecken besteht. Und überall werden die Rettungskräfte das selbe Problem haben: Sie sind nicht informiert über anstehende Urantransporte und sind nicht entsprechend ausgestattet. Das Verhalten der Verantwortlichen ist alles andere als vorbildlich, da sie es nicht nötig hatten die Bevölkerung über die bestandene Gefahr zu informieren. Aus Sicherheitsgründen hätte das Umfeld des brennenden Schiffs weiträumig evakuiert werden müssen. „Dieser Vorfall zeigt mal wieder deutlich: Atomkraft ist unbeherrschbar. Das gilt eben nicht nur für den Betrieb von AKWs, sondern für die gesamte Produktions- und Abfallkette dieser Hochrisikotechnologie“, so Claudia Baitinger, die stellvertretende Sprecherin des Arbeitskreises Atom des BUND NRW.

Die Anti-Atomkraft-Bewegung kritisiert, dass der Betrieb der Brennelemente Fabrik Lingen und der Urananreicherungsanlage Gronau durch die damit verbundenen Atomtransporte auch an weit entfernten Orten ein großes Gefährdungspotenzial darstellen können. Dennoch sind die Uranfabriken in Lingen und Gronau (bislang) vom sogenannten Atomausstieg ausgenommen. In der Urananreicherungsanlage in Gronau und in der Brennelementefabrik in Lingen wird weiterhin Uran für den Einsatz in Atomkraftwerken vorbereitet und weltweit vermarktet. Dies ist mit vielen weiteren verborgenen Transporten mit LKW, Sonderzügen und mit Schiffen verbunden.

Die Anti-Atomkraft-Bewegung fordert deshalb die sofortige Stilllegung dieser Atomanlagen und die Entwidmung aller Häfen für den Umschlag von radioaktiven Stoffen.

Weitere Informationen: www.urantransport.de, www.antiatomgruppe-osnabrueck.de, www.aku-gronau.de, www.bbu-online.de, www.bund-nrw.de, www.nadir.org/nadir/initiativ/sand, www.umweltfairaendern.de

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