Gerichtliche Kriminalisierung und staatsanwaltliche Einschüchterungsversuche von Antifaschist_inn_en nach Neonazidemonstration in Remagen. 23jähriger Ziel von massiven Repressionen nach Protesten am 20.11.2010 in Remagen. Zeuge der Verteidigung im Gerichtssaal verhaftet. Weitere Prozesse stehen an.
Am 12.05.2011 wurde vor dem Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler gegen einen 23jährigen Antifaschisten verhandelt. Er soll laut Anklage einem Polizeibeamten mittels eines harten Gegenstandes in einem Rucksack oder Stoffbeutel eine Platzwunde am Kopf zugefügt haben. Der 23jährige wurde ohne Beweise zu einer zur Bewährung ausgesetzten 18monatigen Gefängnisstrafe, einer Reihe schikanierender Auflagen, 150 Sozialstunden sowie einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von € 1.500,00 verurteilt.
Was war passiert:
Der Angeklagte wollte am 20.11.2010 gegen den in Remagen jährlich stattfindenden Aufmarsch von Neonazis demonstrieren. Als er sich zusammen mit anderen Demonstrant_inn_en in einer frei zugänglichen Straße befand, wurde er vom später verletzten Remagener Streifenpolizisten mit Pfefferspray besprüht. Der Polizist versah dort seinen Streifendienst; für einen Einsatz im Demonstrationsgeschehen war er nicht vorgesehen. Laut Aussage des Zeugen der Verteidigung drohte der Beamte der gesamten Gruppe mit einem Teleskopschlagstock. Der geschädigte Polizist sagte aus, er sei von einem, mit einem harten Gegenstand gefüllten, Beutel oder Rucksack am Kopf getroffen worden. Die Täterschaft des 23jährigen begründete der Polizist nun vor Gericht damit, dass er den Täter zwar während des Schlages nicht sehen konnte, sich jedoch sicher sei, nur dem Täter Pfefferspray ins Gesicht gesprüht zu haben. Da sich der junge Antifaschist eigenständig in die Obhut eines
in der Nähe stehenden Rettungswagens begeben hatte, um seine Augenreizungen behandeln zu lassen, war dem Polizisten nun klar, dass der verletzte Demonstrant der Täter sein müsse und ließ ihn noch im Krankenhaus festnehmen. (Eine Zeugenbeschreibung des Vorfalls wurde zeitnah auf indymedia veröffentlicht unter
http://de.indymedia.org/2010/11/294920.shtml?c=on#c684721 ).
Weitere Personen wurden am 20.11.2011 wahllos in Gewahrsam genommen, teils erkennungsdienstlich behandelt und danach wieder frei gelassen. Bei mindestens 6 Personen stehen zur Zeit noch Gerichtsverfahren an.
Bei der Haftprüfung des 23jährigen Antifaschisten am 21.11.2010 wurde zwar der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, der ermittelnde Oberstaatsanwalt Johannes-Walter Schmengler tönte jedoch schon dort, dass er den vermeintlichen Täter und seine „Freunde allesamt in den Knast“ bringen werde. Vom rechtsstaatlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung war also von Anfang an nicht die Rede. Die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft spiegeln diese Vorabverurteilung wider.
Es wurde weder bei dem Beschuldigten noch anderswo die vermeintliche Tatwaffe – ein Rucksack bzw. ein Stoffbeutel – gefunden. Es gibt für die Tatannahme keine weiteren Zeug_inn_en, und es gibt keine Beweise. Alleine die Tatsache, dass der Antifaschist sich wegen der ihm zugefügten starken Augenreizung in unmittelbarer Nähe zum Tatort in medizinische Behandlung begeben hat, reichte dem Gericht für dieses Skandalurteil aus. Oberstaatsanwalt Schmengler folgte seiner Linie der unbewiesenen Vorverurteilungen, indem er den Angeklagten und seinen Verteidiger beschimpfte und Menschen im Publikum ohne Rechtsgrundlage Schreibblöcke und Stifte abnehmen ließ. Ein Entlastungszeuge, der vor Gericht aussagen konnte, dass der Angeklagte keinen Rucksack oder Beutel mit sich geführt habe, der Polizeibeamte aber mit Pfefferspray und Teleskopschlagstock gegen die Demonstrant_inn_engruppe vorgegangen sei, wurde zum krönenden Abschluss wegen vermeintlicher Falschaussage in Handschellen aus dem Gericht abgeführt. Er wurde über 6 Stunden in Polizeigewahrsam gehalten. Ihm droht nun ebenfalls ein Gerichtsverfahren.
„Hier geht es nicht um die Verurteilung eines Täters“, sagt die Pressesprecherin der Antifa Bonn/Rhein-Sieg, Melanie Hübsch, „hier soll dringend notwendiges antifaschistisches Engagement kriminalisiert werden. In der Region Rhein-Ahr gibt es mit dem Aktionsbüro Mittelrhein eine der aktivsten und gefährlichsten Nazigruppierungen in Westdeutschland. Die Methoden der Staatsanwaltschaft Koblenz haben den Boden der Rechtsstaatlichkeit lange verlassen. Verurteilungen ohne Beweise und eklatante Zeugeneinschüchterungen dürfen nicht hingenommen werden. Was sich hier abspielt muss von einer unabhängigen, demokratischen und rechtsstaatlichen Öffentlichkeit beobachtet werden. Das Urteil gegen den jungen Antifaschisten muss aufgehoben werden.“
Die Solidaritätsgruppe für die kriminalisierten Antifaschist_inn_en von Remagen hält die Umsetzung der Forderungen von Melanie Hübsch für unabdingbar, insbesondere vor dem Hintergrund weiterer anstehender Prozesse gegen Antifaschist_inn_en. Die Kriminalisierungsversuche der Staatsanwaltschaft Koblenz dürfen nicht dazu führen, dass im November 2011 Neonazis ohne Gegenproteste erneut in Remagen aufmarschieren können.
Die nächsten Prozesse wegen des Vorwurfs des Landfriedensbruchs sowie der gefährlichen Körperverletzung finden am 25.07.2011 und am 15.08.2011 jeweils gegen drei Personen am Amtsgericht Sinzig vor dem Jugendrichter statt.
Ausführlichere Informationen gibt es hier:
http://remagensoli.blogsport.de/images/remagenjuni2011.pdf
Bonn, Juni 2011
Solidaritätsgruppe für die kriminalisierten Antifaschist_inn_en von Remagen
www.remagensoli.blogsport.de
Solidaritätsgruppe für die kriminalisierten Antifaschist_inn_en von Remagen
c/o Buchladen Le Sabot . Breite Str. 76 . 53111 Bonn
Zur Griechenlandkrise folgende kurze Anmerkungen:
Es geht hier primär nicht um das deutsche, griechische oder ein sonstiges singulär zu betrachtende Volk, erst recht nicht um privatistische “Befindlichkeiten”, sondern um die wissenschaftlich fundierte Einsicht in die Tatsache, dass der Kapitalismus sich nicht in einer momentanen Krise befindet- sondern, weltweit betrachtet – im Sterben liegt, und das ist gut so! Denn ein System, das auf der allgemeinen Ausbeutung und Unterdrückung von Individuen, Gesellschaften und der Natur gründet, ist nicht wert erhalten zu werden! Oder wollen wir den Kapitalismus “retten”?
Der Kapitalismus beruht darauf, dass solche “Krisen” regelrecht produziert werden, sie sind bekanntlich (?) systemimmanent. Da haben “völkische” oder nationalistisch gefärbte (singuläre Lösungs-) Ansätze oder gar (entpolitisierende, entsolidarisierende, nationalistische oder völkisch determinierte) Schuldzuweisungen an “die” Griechen nichts zu suchen- zumindest da nicht, wo der Anspruch vertreten wird, mensch agiert aus einer originär linken (antikapitalistischen, sozialistischen, marxistischen) Perspektive heraus! Sämtliches Herumdoktern auf der Phänoebene, egal ob mit oder ohne Keynes ökonomischen “Reparaturkoffer”, bringt auf Dauer keine Wende zugunsten der Majorität und/oder der Umwelt! Und nicht vergessen: Der Schuldenberg des deutschen Staates ist noch weit größer als der in Griechenland! Auch bei uns wird es im nächsten Jahr zu einer großen ökonomischen (und auch sozialen!) Krise kommen. Da hätte ich eher Vertrauen gegenüber Hütchenspielern, als gegenüber Großbanken oder “unserer” Regierung, wenn es um eine wirksame und auch dauerhafte (!) Bekämpfung der allgemeinen kapitalistischen Krise geht!
Eure und die Kritik vieler anderer an dem Antisemitismus-Beschluß meiner Bundestagsfraktion tut weh, gerade weil wir viele Gemeinsamkeiten in der Nahostpolitik haben, etwa wenn wir uns der Spirale der Gewalt widersetzen oder aus Solidarität mit der Bevölkerung Israels auch ihre Regierung kritisieren.
Die Nahostpolitik der Linken, insbesondere ihre Haltung im israelisch-palästinensischen Konflikt, ist die Scheidelinie zu den anderen Bundestagsparteien, zur Bundesregierung; sie treibt uns aber auch innerparteilich um. Auf der gleichen Fraktionssitzung, die den von Euch kritisierten Beschluß gefaßt hat, haben wir einen Bundestagsantrag beschlossen, in dem wir die Bundesregierung unter anderem auffordern, in der UNO für die Anerkennung des Staates Palästina einzutreten und selbst den Staat Palästina anzuerkennen (…).
Ich möchte Euch versichern: Die Linke knickt in der Nahostpolitik nicht ein, es wird keinen Kurswechsel geben. (…) Die Nahostpolitik der Linken beruht auf dem Eintreten für die »Schaffung eines souveränen palästinensischen Staates mit völkerrechtlich verbindlichen, von allen Beteiligten anerkannten, sicheren Grenzen, mit einem zusammenhängenden Territorium im Westjordanland auf der Grundlage der Grenzen von 1967, dem Gazastreifen und Ostjerusalem als Hauptstadt, einschließlich der Möglichkeit eines einvernehmlichen Gebietsaustausches mit Israel« und der »Anerkennung eines sicheren Existenzrechts Israels und eines palästinensischen Staates in völkerrechtlich verbindlichen sicheren Grenzen, die von allen Beteiligten anerkannt werden«. (…)
Wegen dieser Politik und nicht wegen einzelner Äußerungen einzelner Mitglieder oder Gliederungen wird die Linke so scharf angegriffen und des Antisemitismus bezichtigt. Als rassistische Ideologie ist Antisemitismus in den Gesellschaften Deutschlands und Europas weit verbreitet und wird aus der Mitte der Gesellschaft heraus immer wieder wachgerufen. Die Rassisten und Antisemiten sind Typen wie Thilo Sarrazin oder Roland Koch. Die Wahlerfolge rechter Parteien in vielen europäischen Ländern erfüllen uns mit großer Sorge. Darüber wurde in der gespenstischen Bundestagsdebatte zum angeblichen Antisemitismus in der Linken kein Wort verloren. Absicht und Tenor waren andere: Die Linke sollte ihrer Nahostpolitik abschwören (…)
Es scheint, als ob es der israelischen Regierungspolitik gelungen ist, jegliche Kritik (…) als antisemitisch zu diffamieren. Die Linke darf nicht auf den Leim eines Antisemitismus-Vorwurfes gehen, der Interessen von Jüdinnen, Juden mit der israelischen Regierungspolitik gleichsetzt. Die Linke muß ihre Nahostpolitik deutlich von den Antisemitismusvorwürfen trennen; das ist uns offensichtlich in den letzten Wochen nicht gelungen. (…)
Liebe Freundinnen und Freunde, in Punkten, die ihr kritisiert, bin ich verunsichert, ob meine und die Entscheidung der Fraktion richtig war. Wir möchten dem Anspruch von Rosa Luxemburg, Freiheit der Diskussion und Einheit in der Aktion, gerecht werden und wissen doch, daß wir ihn oft nicht erfüllen. Diese Situationen grämen uns dann besonders.
Quelle: www.waehlt-gehrcke.de/
Die Weltmarktpreise für Getreide und andere Lebensmittel haben aktuell wieder das Niveau der Lebensmittelkrise im Sommer 2008 erreicht. Viele afrikanische Länder verzeichnen im Vergleich zum vergangenen Jahr Anstiege von 50 bis 60 Prozent – für viele Menschen werden Mais oder Reis damit wieder unbezahlbar. Es könnte eine Frage der Zeit sein, bis es erneut zu Hungerrevolten kommt. Dies dürften die Agrarminister der G-20-Staaten im Blick haben, wenn sie am 22. und 23. Juni in Paris zusammenkommen, um über Strategien für mehr Ernährungssicherheit zu beraten.
Es ist ein Thema, das eigentlich ganz oben auf der Agenda stehen müßte, denn Hunger und Durst treiben jedes Jahr Millionen Menschen zur Flucht in die Industrieländer. Doch bislang wird von seiten der Politik wenig unternommen, um die Situtation in den Entwicklungsländern zu entschärfen. Im Gegenteil: Mit Subventionen auf der einen und neoliberaler Deregulierung der Märkte auf der anderen Seite hat sie maßgeblichen Anteil daran.
Steigende Preise
So hat die massive Förderung der Agrarkraftstoffproduktion maßgeblich zur Verknappung und damit Verteuerung von Getreide, insbesondere Mais, aber auch von Ölpflanzen und Zucker auf dem Weltmarkt beigetragen. Doch der Trend wird anhalten, wenn es keinen scharfen Kurswechsel in den Industrie- und Schwellenländern der G 20 gibt. Nach einer am Freitag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Schätzung werden im Jahr 2020 bei Getreide 13, bei Pflanzenöl 15 und bei Zucker sogar 30 Prozent der Weltproduktion für die »Biosprit«-Erzeugung verwendet. Marita Wiggerthale, Agrar- und Handelsexpertin bei der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam Deutschland, findet es in diesem Zusammenhang »erstaunlich«, daß in der gleichen Prognose davon ausgegangen wird, daß die Lebensmittelpreise bis 2020 wieder zurückgehen. Dagegen gehen Experten, die Oxfam mit einer Prognose beauftragt hat, davon aus, daß die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel bis 2030 im Vergleich zu 2010 um 120 bis 180 Prozent steigen werden, wenn die Folgen des Klimawandels berücksichtigt werden.
Wiggerthale informierte am Donnerstag vor Journalisten in Berlin vorab über den OECD-Bericht und über die aktuelle Lage auf den Agrarmärkten. Sie sind seit mehr als fünf Jahren von enormen Preisschwankungen gekennzeichnet, wobei die Mehrheit der Landwirte insbesondere in den Entwicklungsländern von starken Anstiegen nur begrenzt oder gar nicht profitiert hat. Selbst in den Industrieländern nutzt dies nur größeren Betrieben, die ausschließlich Ackerbau betreiben und über eigene Lagerkapazitäten verfügen, also bessere Gebote an den Agrarbörsen abwarten können. In sogenannten Mischbetrieben etwa mit Milchviehhaltung müssen gehen höhere Einnahmen in einem Bereich meist zum Abpuffern von Verlusten in einem anderen wie etwa in der Milchkrise drauf. In den Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika, kann die Mehrzahl der Bauern auf Preissteigerungen nicht mit einer Ausweitung der Produktion reagieren. Rund drei Viertel der »Agrarhaushalte« auf dem Kontinent seien »Nettokonsumenten«, so Wiggerthale. Dies bedeutet, daß sie einen hohen Anteil ihrer Erzeugnisse selbst verbrauchen und Überschüsse sofort auf regionalen Märkten verkaufen müssen, um ihre Lebenshaltungskosten zu decken. So profitiert die Landwirtschaft in Entwicklungsländern zu einem geringen Teil von hohen Getreidepreisen, und in den Industriestaaten ist dies ebenfalls nur sehr begrenzt. Denn auch in letzteren, betonte Wiggerthale, haben die Bauern »oft wenig Verhandlungsmacht«. Sie sind das »letzte« Glied in der Handelskette und haben geringen Einfluß auf den Erzeugerpreis. So bleibe der größte Teil der Profite infolge gestiegener Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt »in der Mitte stecken«, also bei Großhändlern und Supermarktketten.
Mehr Transparenz
Beziffern läßt sich dieser Anteil jedoch nur schwer, weil kaum entsprechende Daten verfügbar sind. Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie Oxfam fordern von der Politik daher unter anderem, mehr Transparenz zu schaffen, insbesondere was Produktreserven der großen Händler betrifft. Dies ist vor dem Hintergrund höchst relevant, daß es auf den Agrarmärkten enorme Monopolisierungstendenzen gibt. So kontrollieren allein vier Konzerne – Cargill, Bunge, ADM und Dreyfus – 73 Prozent des Weltgetreidehandels, die Hälfte der Umsätze für Saatgut machen ebenfalls nur vier Unternehmen (Dupont, Monsanto, Syngenta und Limagrain).
Eine weitere Forderung ist die nach Regulierung der Nahrungsmittel- und Rohstoffmärkte. Markus Henn, Referent für Finanzmärkte bei der Organisation WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung), betonte am Donnerstag in Berlin, Spekulation auf den Agrarmärkten sei nicht grundsätzlich »schlecht«. Vielmehr stelle sie auch die notwendige Liquidität bei der Abwicklung von Warentermingeschäften bereit. Problematisch sei aber »exzessive« Spekulation vor allem von Finanzmarktakteuren ohne Kenntnis der Besonderheiten der Rohstoffmärkte. Diese habe stark zum Entstehen von »Blasen« und den daraus resultierenden starken Preisschwankungen beigetragen. Nach Oxfam-Angaben hat die Preisexplosion 2008 mehr als 100 Millionen Menschen in den Hunger getrieben. Eine stärkere Regulierung der Rohstoffmärkte wird derzeit auch von konservativen Politikern wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) befürwortet. Bleibt abzuwarten, wofür sich in Paris Mehrheiten finden.
Aktuelle Kampagne zur Ernährungssicherheit: www.oxfam.de/Mahlzeit
Quelle: www.jungewelt.de vom 18.06.11
Deutschland und Frankreich wollen private Gläubiger auf freiwilliger Basis an der Griechenland-Rettung beteiligen. Das sagten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Freitag nach einem Treffen in Berlin – ohne aber Details über den Umfang und die genaue Vorgehensweise zur Einbindung des Privatsektors zu nennen. »Wir wünschen uns eine Beteiligung privater Gläubiger auf freiwilliger Basis«, sagte Merkel. Für eine verpflichtende Beteiligung gebe es keine rechtliche Grundlage. Zudem müsse die Beteiligung des Privatsektors im Einvernehmen mit der Europäischen Zentralbank (EZB) erfolgen. Sarkozy sagte, er habe sich mit Merkel auf vier Prinzipien für das neue Hilfspaket geeinigt: Private Gläubiger sollten auf freiwilliger Basis daran beteiligt werden, »ein Kreditereignis, einen Zahlungsausfall« Griechenlands dürfe es nicht geben, die EZB müsse zustimmen, und es müsse schnell eine Lösung geben.
Athen hatte im vergangenen Jahr internationale Notkredite über 110 Milliarden Euro gewährt bekommen. Inzwischen ist jedoch klar, daß weitere Hilfen notwendig sind, um das Land vor dem Bankrott zu bewahren. Streitpunkt zwischen Frankreich und Deutschland war bislang die Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenland-Hilfe. Berlin wollte dabei einen möglichst verbindlichen Beitrag des Privatsektors durchsetzen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte etwa vorgeschlagen, die Laufzeiten für griechische Staatsanleihen um sieben Jahre zu verlängern.
Das ging Frankreich aber zu weit. Die französische Regierung will die Privaten nur auf freiwilliger Grundlage ins Boot holen. Französische Banken sind mit Milliardenbeträgen in Griechenland engagiert, drei Großbanken könnten deshalb sogar im Rating heruntergestuft werden. Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hielten die französischen Kreditinstitute Ende 2010 rund 10,5 Milliarden Euro der griechischen Staatsschuld, die deutschen 15,3 Milliarden Euro.
Quellen: (AFP/jW), www.jungewelt.de vom 18.06.11
Mehmet Desde ist Autor des im Loeper Verlag erschienenen Buchs »Folter und Haft in der Türkei – Ein Deutscher in den Mühlen der Willkürjustiz«
Am Mittwoch lesen Sie in Berlin aus ihrem kürzlich erschienenen Buch, das Ihre eigene Geschichte von Folter und Haft in der Türkei beschreibt. Alles hat im Juni 2002 begonnen, als Sie zur Beerdigung Ihres Vaters in die Türkei fuhren. Danach hat man Sie, einen deutschen Staatsbürger, gefoltert, unschuldig in Haft genommen und bis Oktober 2008 an der Ausreise gehindert. Wie ist es dazu gekommen?
Seit 1979 lebe und arbeite ich in Deutschland, ich bin kurdischer Abstammung. Als mein Vater in der Türkei beigesetzt wurde, war ich dort mit einem Freund im Auto unterwegs. Damals, im Juni 2002, wurde ich in einem Vorort von Izmir festgenommen. Man hat nichts gefunden, mich aber dennoch zum Verhör ins Polizeipräsidium in Izmir verschleppt und die Augen verbunden. Schließlich hat man mir mitgeteilt, eine Anzeige liege vor, man ermittle gegen mich polizeilich. Ohne mir meine Rechte vorzulesen, hat man mich in Untersuchungshaft genommen. Kontaktaufnahme zu meiner Familie oder einem Rechtsanwalt hat man mir verweigert. Meine Forderung, das deutsche Konsulat zu benachrichtigen, wurde zurückgewiesen. Die Terrorismus-Bekämpfungsbehörde verlangte von mir zuzugeben, daß ich Mitglied der Organisation »Bolschewistische Partei Nordkurdistan/Türkei« sei. Ich sollte Verantwortung für eine Reihe von Aktionen dieser Partei übernehmen – die ich noch nicht einmal kannte.
Was hat man Ihnen angetan?
Im Terrorismus-Bekämpfungsbüro wurde ich vier Tage lang gefoltert. In einem schlecht belüfteten Raum wurde ich starkem Licht ausgesetzt, man ließ mich hungern und nicht schlafen. Immer wieder hat man mich mit verbundenen Augen zum Verhör geführt, geschlagen, beschimpft, beleidigt und mit Hieben auf die Brust, den Rücken und den Kopf traktiert. Ich wurde splitternackt ausgezogen, mir wurden die Hoden gequetscht. Ich wurde gezwungen, mich zu bücken; man versuchte, mich zu vergewaltigen. Hier in diesem Büro gebe es keine Menschenrechte, sagte man mir. Man drohte, mich verschwinden zu lassen.
Nach sechs Monaten im Hochsicherheitsgefängnis mußte ich viereinhalb Jahre in der Türkei bleiben – und durfte nicht ausreisen. Vom April 2007 bis Oktober 2008 habe ich nach richterlichem Urteil weiterhin eine Haftstrafe absitzen müssen für eine Tat, die ich nicht begangen habe. Bei diesem unfairen Prozeß hat man Aussagen gegen mich geltend gemacht, die von Mitangeklagten unter Folter erpreßt wurden.
Die Bundesrepublik Deutschland hat Sie kaum unterstützt. Wie erklären Sie sich das?
Die Botschaft in Ankara hat sich mit meinem Fall kaum befaßt. Das macht mir deutlich, daß ich – obgleich deutscher Staatsbürger – ein Fremder in Deutschland geblieben bin. Ich erinnere mich hingegen an den Fall des Deutschen Marco Weiß aus Uelzen – die Medien überschlugen sich mit Schlagzeilen, Kanzlerin Angela Merkel forderte seine Freilassung, noch bevor die Rechtslage geklärt war. Für meine Freilassung hat sich aber kein Politiker eingesetzt.
Sie haben die Türkei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf Schadensersatz verklagt – mit welchem Ergebnis?
Mir wurden eine Entschädigung von 19000 Euro sowie 2000 Euro für Verfahrenskosten gewährt.
Sie sind kein Einzelfall – wie ist denn die politische Situation in der Türkei?
Ja, ich war nicht das einzige Folteropfer und werde nicht das letzte gewesen sein. Die Menschenrechtsstiftung in der Türkei sprach in ihrem Bericht 2008 von einer Million Menschen, die seit dem Putsch der Generäle im September 1980 gefoltert wurden. Die Stiftung hat seit 1990 mehr als 10000 Menschen wegen Folter behandelt – ich war einer davon. Weil die Türkei der Europäischen Union beitreten wollte, gab es zwar einige Verfassungsänderungen, in der Umsetzung aber immer wieder Rückschritte. Etwa 4000 Ermittlungen laufen gegen die Presse, rund 10000 politische Gefangene sitzen in türkischen Gefängnissen.
Lesung und Diskussion mit dem Autor Mehmet Desde und der Schauspielerin Renan Demirkan, Mittwoch, 22. Juni, 19.30 Uhr, Berlin, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Robert-Havemann-Saal, Greifswalder Str. 4
Quelle: www.jungewelt.de vom 18.06.11
Die Frage, wer in aller Welt die USA dazu ermächtigt hat, den von Ghaddafis Sohn Saif Al-Islam gemachten Vorschlag zur Durchführung von international überwachten Wahlen in Libyen, zurückzuweisen, wird von den Meinungsmachern erst gar nicht gestellt. So selbstverständlich erscheint ihnen das von Washington beanspruchte Machtmonopol. Genau in diesem Geist entfaltet sich der Bombenterror über Libyen. Um der Menschenrechte und der Demokratie willen, heißt es. Und so kommt es, daß vorgeblich zum Schutz der von »Ghaddafi-Schergen« gepeinigten Zivilbevölkerung Tripolis in ein Trümmerfeld verwandelt wird. Weil andernfalls eine humanitäre Katastrophe drohe.
Um die Katastrophe einer westlichen Katastrophenhilfe abzuwenden, hatte das Regime in Tripolis schon sehr früh eine friedliche Beilegung des Bürgerkrieges in Erwägung gezogen. Das kam für die Aufständischen zu keinem Zeitpunkt in Frage. Es könne keine andere Lösung als eine militärische geben, tönte es aus dem Rebellenhauptquartier, begleitet von zustimmenden Kommentaren aus den westlichen Hauptstädten. Die Ghaddafi-Gegner waren sich angesichts »ihrer« Luftüberlegenheit ihres Sieges stets sicher, und der Westen wußte die Entschlossenheit »seiner« Bodentruppen, keine andere als eine militärische Lösung zuzulassen, zu schätzen. Deshalb wurde der von Ghaddafi akzeptierte Chávez-Plan für ein Ende des Blutvergießens ungelesen abgelehnt – trotz heuchlerischer Beteuerungen, der Gewalt, die ausschließlich der Regierungsseite unterstellt wird, beenden zu wollen. Der rechtlich auf einem unter Vorwänden erschwindelten Mandat des Sicherheitsrates fußende Krieg gegen Libyen, hatte von Beginn an nur das Ziel, einen Regimewechsel zu erzwingen.
An einen demokratischen Umsturz dürfte dabei eher nicht gedacht sein. Anders ist die geradezu reflexhafte Ablehnung des jüngsten Angebots aus dem Ghaddafi-Lager nicht zu erklären. »Libyen wird freie Wahlen und Demokratie haben, aber die Familie Ghaddafi spielt dabei keine Rolle«, erklärte ein Rebellensprecher. Das heißt, daß es erst dann »freie Wahlen« geben soll, wenn es von den zwei Hauptlagern in der libyschen Gesellschaft eines nicht mehr gibt. Es ist das antiimperialistische Lager, das der Imperialismus und seine einheimischen Kostgänger auszumerzen gedenken. Daß Ghaddafi durch seinen Tanz mit dem imperialistischen Wolf den Stellenwert Libyens als unabhängiger, gegen die westliche Vorherrschaft positionierter Staat selbst herabgesetzt hatte und er das mit einem Verlust an Massenunterstützung bezahlen mußte, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.
Die Demokratie, die sie meinen, wäre somit eine »halbierte Demokratie«. Wobei noch offen ist, ob das Bündnis aus CIA-Agenten, Überläufern und versprengten Al-Qaida-Kadern den Erwartungen seiner Mentoren gerecht wird oder ob diese die Geister, die sie riefen, noch verfluchen werden.
Quelle: www.jungewelt.de vvom 18.06.11
Aller Voraussicht nach wird Ende kommender Woche eine weitere Flottille von Schiffen mit Hilfsgütern für Palästina versuchen, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Ein ähnlicher Versuch im vergangenen Jahr war von der israelischen Marine blutig beendet worden: In internationalen Gewässern kaperten Soldaten die sechs Schiffe und erschossen auf der »Mavi Marmara« neun Türken. Zahlreiche Menschen wurden außerdem verletzt. Etwa 750 Aktivisten wurden gefesselt an Land gebracht und dann abgeschoben.
Ein türkisches Schiff wird dieses Mal allerdings nicht dabeisein. Bolant Yilderim, Vorsitzender der muslimischen Hilfsorganisation ISS, wurde am gestrigen Freitag von der israelischen Zeitung Jediot Aharonot mit den Worten zitiert: »Wegen technischer Probleme wird die Mavi Marmara dieses Mal nicht auslaufen, und das tut uns sehr leid. Dennoch werden zehn andere Schiffe aus verschiedenen Ländern in See stechen.« Die technischen Probleme sind nach Ansicht von Beobachtern allerdings wohl eher diplomatischer Natur: Die Türkei möchte angesichts der Unruhen im Nachbarland Syrien jede weitere politische Komplikation vermeiden.
Schiffe aus vielen Nationen
Nebulös ist zur Zeit noch, welche Schiffe unter welcher Flagge fahren. Das »Steering Committee« der Hilfsaktion hält sich mit präzisen Informationen zurück – sicherlich auch, um Störmanöver durch diplomatische Rücksichtnahmen oder Sabotageakte des israelischen Geheimdienstes zu erschweren. Möglicherweise wird auch ein Schiff dabeisein, das von deutschen Palästina-Aktivisten organisiert wurde– ein 34 Meter langes »Pleasure boat«, das in Manchester erworben wurde und ursprünglich von Hamburg, jetzt aber von Schottland aus starten soll.
Die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft konzentriert sich auf die »Tahrir«, die mit 45 Passagieren und fünf Mann Besatzung vermutlich von einem griechischen Hafen starten wird. Das Schiff ist mit Australiern, Kanadiern, Dänen und Belgiern besetzt und wird mit Spenden aus diesen Ländern sowie aus Deutschland finanziert. Laut New York Times wird auch ein US-Schiff dabeisein: die »Audacity of Hope« – »Kühnheit der Hoffnung«, in Anspielung auf ein gleichnamiges Buch von US-Präsident Barack Obama. Mit großer Sicherheit werden auch ein spanisches, ein griechisch-schwedisches, ein norwegisches, ein irisches sowie ein französisches Schiff zur Flotte gehören. Wie im vergangenen Jahr werden auch dieses Mal Prominente sowie Parlamentarier an Bord der Flottille sein– u.a. der schwedische Schriftsteller Henning Mankell.
Obwohl Tel Aviv im vergangenen Jahr nach dem brutalen Überfall auf die Hilfsflottille weltweit kritisiert wurde, scheint dessen Marine nicht vor einer Wiederholung zurückzuschrecken. Der Rundfunk der israelischen Streitkräfte berichtete vergangene Woche über Seemanöver, bei denen das schnelle Kapern von Handelsschiffen geübt wurde.
Gewaltlosigkeit als Prinzip
Alle beteiligen Organisationen, die sich dem »Free Gaza Movement« (Bewegung zur Befreiung von Gaza) zurechnen, bestehen darauf, daß ihre Aktionen der Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung gelten, daß sie keinerlei politische Partei oder Organisation unterstützen. In einem Grundsatzpapier heißt es u.a.: »Wir sind uns darin einig, daß für uns sowohl in Worten als auch in Handlungen das Prinzip der Gewaltlosigkeit und des gewaltlosen Widerstandes gilt.« Unterstützt wird die Flottille auch von den »Europäischen Juden für einen gerechten Frieden« – einer Dachorganisation von 16 jüdischen Friedensgruppen aus acht Ländern.
Für die Teilnehmer der Aktion, die u.a. Medikamente und Krankenhausmaterial transportiert, ist die Aktion mit Risiken und Opfern verbunden: Abgesehen von der Gefahr, verletzt oder gar getötet zu werden, wird bei einer Kaperung auch jedes persönliche Eigentum verloren sein. Teilnehmer des vergangenen Jahres berichteten, daß auch Handys, Kameras, Laptops und Datenträger beschlagnahmt wurden. Auch Kreditkarten – die letzte Spur dazu waren Abhebungen größerer Summen von Israel aus.
Quelle: www.jungewelt.de vom 18.06.11
Eine Kundgebung von 36 Neonazis hat am Freitagabend direkt vor dem Gebäude stattgefunden, in dem die Redaktionsräume der jungen Welt untergebracht sind. Ab 18 Uhr versammelten sich die Rechtsextremen in der Linienstraße, nur wenige Meter von unserem Hintereingang und dem dort befindlichen Rosa-Luxemburg-Denkmal entfernt. Nach Aussage eines Polizisten gegenüber jW war es „eine politische Entscheidung“, die NPD-Versammlung dort stattfinden zu lassen.
Geschäftsleitung und Redaktion der jungen Welt waren jedoch zu keinem Zeitpunkt darüber informiert worden. Der Einsatzleiter der Polizei war auch während der Neonazikundgebung für sie nicht zu sprechen.
Mitarbeiter von Redaktion und Verlag beschlossen zunächst im Gebäude zu bleiben. Daraus entwickelte sich eine lautstarke Protestaktion auf der Terrasse im sechsten Stock. Kochgeschirr aus der Teeküche und eine Lautsprecheranlage wurden eingesetzt, um die Propaganda-Reden der NPD zu übertönen. Antifaschistische Parolen wurden gerufen und Töpfe gegeneinander geschlagen. Aus dem Haus flogen auch mit Wasser gefüllte Luftballons.
Noch bei Redaktionsschluß hatte es geheißen, die NPD-Versammlung unter dem Motto »Arbeiter, wehrt euch« zur Erinnerung an den gescheiterten Aufstand in der DDR am 17. Juni 1953 sei vor der Zentrale der Partei Die Linke, dem Karl-Liebknecht-Haus am Rosa-Luxemburg-Platz angemeldet. Dort hatten sich etwa 250 Gegendemonstranten versammelt. Polizeisperren trennten sie vom tatsächlichen Kundgebungsort der NPD, die zwar nur wenige, dafür aber bundesweit bekannte Teilnehmer wie Parteichef Udo Voigt aufzubieten hatte.
Sichtlich erbost über die von der jW-Etage ausgehenden Störungen versuchte eine Gruppe von Neonazis, in die jW-Räume im Erdgeschoß vorzudringen, wurde aber dann doch von der Polizei aufgehalten, die zuvor an dieser Stelle keine Absperrgitter aufgestellt hatte.
Nach dem Abzug der Teilnehmer der Nazikundgebung hielten Polizeibeamte das Haus umstellt, kontrollierten jW-Mitarbeiter, die sich auf den Heimweg machen wollten. Mit der Begründung, vom Dach der Redaktion seien Wasserbeutel auf die Neonazikundgebung geworfen worden, nahm die Polizei Besucher der jungen Welt sowie Geschäftsführer Dietmar Koschmieder vorübergehend in Gewahrsam, fotografierten sie und stellten Personalien fest. Die sogenannten »freiheitsbeschränkenden Maßnahmen« wurden zum Teil mit Gewalt durchgesetzt und dauerten fast zwei Stunden. Dabei ignorierten die Beamten auch den Presseausweis Koschmieders.
Verlag, Redaktion und Genossenschaft protestierten gegen diese Provokation. Politik und Polizei hätten gezielt eine Eskalation in Kauf genommen. Weder seien die Räume der jungen Welt ausreichend geschützt gewesen, noch habe man die Nazis ausreichend auf Distanz gehalten. Und nun soll der berechtigte Protest gegen den Naziauftritt kriminalisiert werden, heißt es in einer Erklärung.
Quelle: jW-online Bericht vom 18.06.11
Kommentar von Wolfgang Huste: Anscheinend gilt zumindest hier der Satz: „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten!“ – und sie hatten hier wohl auch eine klammheimliche (wenn nicht gar eine offene!) Sympathie mit den Faschisten, zumindest, was die Situation vor dem Pressehaus der Jungen Welt angeht. Wer schützt unsere Verfassung vor diesem Ungeist? Für mich ist das ein negatives Signal in Richtung einer prä faschistischen Situation! Der aus meiner Sicht kriminelle Polizeieinsatz muß ein Nachspiel haben, damit sich eine solche Situation nicht noch einmal wiederholt. Es muß schnellstens festgestellt werden, wer hier der Polizei den Einsatzbefehl gab.
Rund 125.000 Selbstständige, so die Bundesagentur für Arbeit (BA), waren im vergangenen Jahr Aufstocker – sie benötigten, um zu überleben, Hartz-IV-Almosen. Dazu erklärt der Landesvorsitzende der LINKEN Rheinland-Pfalz, Wolfgang Ferner:
Die Feststellung der Bundesagentur für Arbeit ist verknüpft mit der Furcht, dass Selbstständige ihr Einkommen so herunterrechnen können, dass sie auf dem Papier Anspruch auf die Hilfe zum Lebensunterhalt haben, obwohl sie auf das Geld gar nicht angewiesen sind. Wenn der BA-Vorstand jetzt über Einschnitte für Unternehmensgründer nachdenkt, bedeutet dies eine Kriminalisierung aller Betroffenen. Hetzer gegen vermeintliche „Sozialschmarotzer“ bekommen von der BA ein neues Opfer frei Haus geliefert – den Existenzgründer.
Gleichzeitig will die Bundesregierung den Existenzgründerzuschuss drastisch kürzen – hiergegen protestieren sogar Unternehmer. Es werden also noch mehr Selbstständige unter die Armutsgrenze fallen – und kriminalisiert. Anfang des Jahres verfügten rund 85.000 selbstständige Aufstocker über ein Einkommen von weniger als 400 Euro im Monat, 25.000 verdienten bis zu 800 Euro.
Hinzu kommt, dass bei einer Unternehmung von „Tragfähigkeit“ die Rede ist, wenn sie ihre Kosten erwirtschaftet. Von jedem Euro Umsatz geht etwa ein Drittel in Form von Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Sozialabgaben an den Staat. Je nach Art und Umsatz des Unternehmens kann dem Staat dadurch mehr Geld zufließen als für den Betriebsinhaber an Hartz-IV-Leistungen aufzuwenden ist.
DIE LINKE sieht in der Absicht der Bundesregierung, selbstständigen Aufstockern möglicherweise die staatlichen Leistungen zu kürzen oder ganz zu entziehen, einen menschenverachtenden Versuch, die Arbeitslosenstatistik zu schönen und gleichzeitig Bedürftigen ihr zustehendes Geld vorzuenthalten. Bundesregierung und Finanzbehörden wären besser beraten, die Zahl der Betriebs-und Steuerprüfer aufzustocken, damit florierende Unternehmen sich nicht asozial arm rechnen oder dem Fiskus zustehendes Geld ins Ausland schaffen können.
Quelle: DIE LINKE Rheinland – Pfalz vom 15.06.11