Wie sich die Bilder gleichen. Gegenwärtig wird am Schutzschirm zur Erhaltung der Banken und des kapitalistischen Bank- und Wirtschaftssystems gearbeitet – in den Nachkriegsjahren wurde der Schutzschirm für Naziaktivisten und Kriegsverbrecher, für die Erhaltung antikommunistischer und sowjetfeindlicher Ideologien und Positionen durch die Westmächte, besonders die USA, und durch die Bundesregierung und Justiz aufgespannt. Dieser Schutzschirm reichte über die neuentstandenen Geheimdienst- und Sicherheitsbehörden der BRD in alle Bereiche der Gesellschaft, vorrangig in die Organe der Bundesregierung, der Justiz und der Bundeswehr.
Nazigeneral Reinhard Gehlen hatte nach seiner Rückkehr aus den USA im Jahre 1947, wo der Aufbau eines neuen deutschen Geheimdienstes abgesegnet wurde, hinreichend Erfahrungen bei der Sammlung »geeigneter Kräfte« machen können. Deshalb verwundert es nicht, daß er in Vorbereitung der Bildung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) ein Angebot von Hans Globke erhielt, das Amt als Leiter zu übernehmen. Gehlen kam nicht zum Zuge, da die Briten als Ausgleich für die Pullacher USA-Position ihren Agenten Otto John durchsetzten, der mit der Gründung des BfV im September 1950 die Leitung des Amtes übernahm.
Hubert Schrübbers, der von 1955 bis 1972 das BfV leitete, sicherte die Besetzung zahlreicher Führungspositionen durch bewährte SS- und SD-Offiziere und durch Exmitarbeiter der Gestapo. Schrübbers selbst war überzeugter Nationalsozialist, vor 1945 in der Generalstaatsanwaltschaft am Reichsgerichtshof tätig und zeichnete sich durch hohe Strafanträge gegenüber Gegnern des Naziregims aus. Er mußte schließlich auf Druck der Öffentlichkeit zurücktreten und in den »verdienten« Ruhestand gehen.
Bereits 1951, kurze Zeit nach Gründung des BfV, hatte Gehlen seinen Mitarbeiter und Vertrauten Albert Radke in das Amt geschleust, der dort die Position des Vizepräsidenten einnahm. Radke war Oberst im Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht und nachweislich an Judendeportationen beteiligt.
Im »Polizeibrief« der Alliierten vom 14. April 1949, in dem auch die Grundsätze für den Aufbau und die Tätigkeit eines Verfassungsschutzes festgelegt wurden, war das Sammeln von Nachrichten ohne polizeiliche Exekutive zugestanden worden. Das ist sicher als eine formale Reaktion auf die Erfahrungen mit der Gestapo zu bewerten. Aber von Anfang an waren viele Angehörige der Gestapo im Bundesamt und in den Landesämtern für Verfassungsschutz als offizielle und inoffizielle Mitarbeiter beschäftigt. Dazu gehörten unter anderem Werner Aretz, Gustav Barschendorf, Richard Gercken, Paul Opitz, Johannes Strübing, Erich Wenger, Alfred Wurbs als leitende Mitarbeiter des BfV. Das faschistische Reichssicherheitshauptamt versammelte sich wieder. Die Alliierten wurden getäuscht und hintergangen.
Die Tarnung von Faschisten mit anderen Namen und Ausweispapieren gehörte von Anfang an zur Praxis des Verfassungsschutzes. Alfred Wurbs, auf dem Balkan und in Norwegen an Kriegsverbrechen gegen jüdische Bürger beteiligt, wurde mit Decknamen abgeschirmt und Mitarbeiter des BfV, 1956 dann nach formaler Beendigung der »Aufsichtspflicht« der Alliierten mit Klarnamen legalisiert; auch Kurt Fischer und Karl-Heinz Siemens, nach 1945 als »Karschner« bzw. »Dr. Kaiser« untergetaucht, fanden Anstellung im BfV mit der späteren Legalisierung unter Klarnamen.
Seriösen Forschungen zufolge waren 500 bis 800 Naziaktivisten in den Ämtern für Verfassungsschutz tätig. Schlimmste Verbrechen wurden von einigen begangen. Gustav Barschdorf, bis in die 60er Jahre im BfV beschäftigt, war u. a. am Auspeitschen norwegischer Bürger beteiligt, hierfür erfolgte erst 1974 seine Verurteilung als Kriegsverbrecher; Kurt Lischka, der wegen der Beteiligung an Massenmorden durch ein französisches Gericht zum Tode verurteilt worden war, fand Anstellung im BfV, bevor er 1980 mit zehn Jahren Haft bestraft wurde; Richard Gercken, dessen Beteiligung an Verbrechen bei der Verfolgung von Antifaschisten in Holland nachgewiesen ist, schaffte es sogar bis zum Chef der Spionageabwehr des BfV und blieb unbestraft; Kurt Fischer zeichnete sich in den Konzentrationslagern Dachau und Auschwitz aus; Gustav Halswick war an Kriegsverbrechen in Polen, der Sowjetunion und in Frankreich beteiligt. Seine Verurteilung zu zehn Jahren Haft durch ein französisches Militärgericht wurde ignoriert.
Es ist bezeichnend, daß seit der Gründung des BfV im Jahre 1950, also unmittelbar nach Gründung der BRD, die Abteilung »Rechtsradikalismus« die personell kleinste und offensichtlich unbedeutendste Abteilung war und geblieben ist. Das gilt vergleichsweise auch für die Strukturen der Landesämter. Der Verfassungsschutz hatte von der Adenauer-Regierung eine ganz andere Orientierung erhalten. Noch vor dem Erlaß des 1. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 30. August 1951 begann eine beispiellose Verfolgung linker Kräfte, in deren Folge bis zum Jahre 1968 250000 Ermittlungsverfahren gegen BRD-Bürger eingeleitet wurden. 7000 Verurteilungen sind nachgewiesen, auszugehen ist von 10000.
Gegenwärtig wird durch Vertreter der Bundes- und Landesregierungen versucht, allen voran die Innenminister der beteiligten Länder, die Mordserie der Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU), die Bundeskanzlerin Angela Merkel als Schande für Deutschland bezeichnete, mit ungenügender Abstimmung zwischen den beteiligten Stellen, mit Erfassungs- und Koordinierungsfehlern zu erklären. Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit und sicher auch nicht der bedeutendste. Die Hauptursache des Versagens liegt vielmehr in der Ideologie, im Geist der Mitarbeiter der Verfolgungsorgane, die in der Unterschätzung der rechten Gefahr ihren Ausdruck findet, historische Wurzeln hat und auch nach Generationen noch wirkt. Das ist die eigentliche Schande für Deutschland.
Von Gotthold Schramm erschien zuletzt zusammen mit Klaus Eichner im Verlag »edition ost« das Buch »Konterspionage. Die DDR-Aufklärung in den Geheimdienstzentren« (Band V der Geschichte der HV A), 256 Seiten, 14,95 Euro
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.11.11
Die »rekordverdächtigen Arbeitsmarktzahlen«, schrieb eine der großen Vermittlungsagenturen der Leiharbeitsbranche dieser Tage, wären »ohne Zeitarbeit nicht denkbar«. Die Lobbyisten haben recht. Dies geht aus aktuellen Zahlen hervor, die das Bundesarbeitsministerium jetzt auf Nachfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann (Die Linke) vorlegte. Danach handelt es sich bei mehr als jeder dritten bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten offenen Stelle mittlerweile um ein Angebot einer Leiharbeitsfirma. Den Regierungsangaben zufolge waren im Oktober »bundesweit rund 500000 ungeförderte Arbeitsstellen gemeldet, darunter rund 180000 oder 36 Prozent in der Arbeitnehmerüberlassung«. Vor einem Jahr, im Oktober 2010, waren 401000 Stellen registriert gewesen. Davon kamen 140000 (oder 35 Prozent) aus der Leiharbeitsbranche.
Auf der ersten Blick erscheint der Zuwachs um einen Prozentpunkt zwar moderat. Betrachtet man den Anteil der Leiharbeit am Stellenzuwachs, also den 99000 Jobangeboten, die die Arbeitsagentur im vergangenen Monat mehr zu bieten hatte als noch vor einem Jahr, sieht es schon anders aus. Hier kommt die Branche schon auf gut 40 Prozent – was ein klarer Indikator für den künftigen Trend sein dürfte.
»Die Bundesregierung hat auf dem Arbeitsmarkt auf der ganzen Linie versagt. Deutschland wird immer mehr zu einem Billiglohnland, und das, obwohl die Unternehmen im derzeitigen Wirtschaftsaufschwung Milliarden einkassieren«, kommentierte Krellmann die Zahlen. »Der drastische Anstieg der Leiharbeit zeigt, daß die Unternehmen ungebremst Stammarbeitsplätze durch prekäre Leiharbeit ersetzen.«
Die Entwicklung ist dabei regional sehr unterschiedlich. Stärker als in allen anderen Bundesländern breitet sich die Leiharbeit demzufolge in Hamburg aus. Hier macht sie mehr als die Hälfte (55,2 Prozent) aller gemeldeten Stellenangebote aus. Es folgen Bremen und Thüringen mit jeweils 40,2 und Nordrhein-Westfalen mit 39,4 Prozent. Über dem Durchschnitt liegen die industriell geprägten Länder Baden-Württemberg (36,9) und Hessen (36,5 Prozent) sowie Niedersachsen mit 36,4 Prozent. Am geringsten ist der Anteil an den offenen Stellen mit 21,3 Prozent in Brandenburg.
Unklar ist, wie viele Leiharbeitsverhältnisse derzeit bestehen. Die IG Metall geht in einer aktuellen Publikation von rund einer Million aus. Unter den insgesamt 41 Millionen Lohnabhängigen sind sie aber nicht die einzigen, die zu Niedriglöhnen arbeiten. Dies trifft auch auf sieben Millionen sogenannte Minijobber zu. Keine Statistik erfaßt die grassierenden Werkverträge. Hier haben die Unternehmer offenbar ein Instrument gefunden, tarifliche oder betriebliche Equal-Pay-Regelungen zu unterlaufen. So berichtete die Mittelbayerische Zeitung am Dienstag über derartige Praktiken bei BMW in Regensburg. Der Automobilhersteller hate sich gegenüber der IG Metall verpflichtet, Leiharbeitern den gleichen Grundlohn zu zahlen wie Festangestellten, nämlich mindestens 11,62 Euro pro Stunde. Seit einiger Zeit geht das Unternehmen aber verstärkt dazu über, externe »Dienstleister« im Rahmen sogenannter Werkverträge zu engagieren. Die Bezahlung der Angestellten der beauftragten Firma sei nicht Bestandteil des Vertrages, zitiert das Blatt einen BMW-Sprecher. Dies führe dazu, schreibt das Blatt unter Berufung auf eigene Recherchen, daß Leiharbeiter teilweise nur in Höhe des Mindestlohns der Zeitarbeitsbranche (7,79 Euro) bezahlt würden.
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.11.11
Das Strafverfahren wegen Beleidigung gegen den stellvertretenden Landessprecher der LINKEN.NRW, Thies Gleiss, ist am Mittwoch mit einem Freispruch in zweiter Instanz zu Ende gegangen. Ob die Staatsanwaltschaft in Revision geht, ist noch unklar. Mit viel persönlicher Unterstützung für den Angeklagten und Protesterklärungen an das Gericht gab es zu diesem Prozess Solidarität und Öffentlichkeit weit über die Gerichtsmauern hinaus, ohne die das Verfahren auch anders hätte ausgehen können.
Thies Gleiss war angeklagt, die Soldaten der Bundeswehr beleidigt zu haben, weil er in einem Artikel für
die Zeitung JungeWelt von „Mördersoldaten“, die von SPD und Grünen in den Krieg geschickt wurden, geschrieben hatte. Gerhard Militzer, der Anwalt von Thies Gleiss, zum Freispruch: „Das Landgericht Berlin hat sich, im Gegensatz zum Amtsgericht, vollumfänglich der Rechtsaufassung der Verteidigung angeschlossen.
Es hat berechtigte Zweifel geäußert, ob allein der Gebrauch des Wortes „Mördersoldaten“ tatbestandsmäßig überhaupt eine Beleidigung sein kann. Jedenfalls sei die Aussage des Beschwerdeführers durch das Grund- und Menschenrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt. Sie stelle unzweifelhaft einen Beitrag zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage dar und sei deshalb nicht strafbar. Das Landgericht Berlin hat mit dem Freispruch richtigerweise deutlich gemacht, dass auch scharf formulierte Kritik am Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan zulässig ist.“
In einem zweiten Verfahren am selben Tag vor dem Berliner Amtsgericht wurde Inge Viett wegen eines Beitrages in der JungenWelt und auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz zu einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro verurteilt.
Das Gericht sah in ihren Auslassungen zu den Kriegen der Bundesregierung und Brandanschlägen gegen Bundeswehrfahrzeuge einen Aufruf zu und Billigung von Straftaten. Wie das erstinstanzliche Urteil gegen Thies Gleiss ist auch dieses Urteil in keiner Weise mit dem Recht auf Meinungsäußerung und der Pressefreiheit vereinbar. Bis zur zweiten Verhandlung muss die Solidarität mit Inge Viett also weitergehen, damit auch dieses Verfahren mit dem einzig vertretbaren Urteil endet: Freispruch.
Katharina Schwabedissen und Hubertus Zdebel
LandessprecherInnen DIE LINKE. NRW
Trotz gegenteiliger Zeugenaussagen von Anwohnern bleiben die Ermittlungsbehörden dabei, daß die beiden Mitglieder des neofaschistischen Terrornetzwerkes »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November in einem in Eisenach abgestellten Wohnmobil Suizid begangen haben. Das Bundeskriminalamt (BKA) ließ am Dienstag per Pressemitteilung wissen, die beiden Neonazis hätten bemerkt gehabt, daß sich Polizeibeamte dem Fahrzeug näherten. Daraufhin hätte Mundlos erst seinen Komplizen erschossen, danach das Wohnmobil in Brand gesetzt und sich anschließend selbst gerichtet. »Die abgeschlossenen Vernehmungen der seinerzeit vor Ort eingesetzten Polizeibeamten und weitere Ermittlungen zur Tatrekonstruktion bestätigen den angenommenen Geschehensablauf«, so die Behörde. Im Gegensatz zu den Anwohnern, die weder vor noch während des Brandes Schüsse gehört haben wollen, berichteten die beiden eingesetzten Beamten von insgesamt »drei wahrgenommenen Knallgeräuschen«.
Am Dienstag beschäftigte sich auch der Bundestag mit dem größten innerdeutschen Geheimdienstskandal in der BRD und den terroristischen Aktionen des »NSU«. Die Debatte war zum einen von Allgemeinplätzen geprägt und der Sorge, das Ansehen Deutschlands im Ausland könne Schaden nehmen. Andererseits stimmten erstmalig alle Fraktionen einem gemeinsamen Entschließungsantrag zu, auf den sich Spitzenpolitiker aller im Bundestag vertretenen Parteien am Dienstag morgen geeinigt hatten. Einstimmig fordern die Abgeordneten nun die »schonungslose Aufklärung« der Mordserie und sprechen sich dafür aus, ein neues NPD-Verbotsverfahren zu prüfen. Außerdem sollten »die Strukturen der Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene dringend überprüft werden«. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi übte indes harsche Kritik an Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) und forderte die Abschaffung der sogenannten Extremismusklausel, die Projekte unterzeichnen müssen, wenn sie staatliche Zuwendungen erhalten wollen.
Die derzeit schwer in die Kritik geratenen Sicherheitsbehörden erhielten unterdessen Beistand von Bundestagspräsident Norbert Lammert. Für ihn sei unvorstellbar, daß »ganze Landesbehörden für Verfassungsschutz« eine Kumpanei mit V-Leuten »geduldet oder gar organisiert hätten«. Das »kann und will ich mir nicht vorstellen«, äußerte der CDU-Politiker am Dienstag im Deutschlandfunk. Die Ausführungen Lammerts erstaunen indes schon, hatte doch bisher niemand »ganze Landesbehörden« der Kumpanei mit Neofaschisten bezichtigt.
Während die sächsische Landesregierung – wohl zur Beruhigung der Lage – ankündigte, im kommenden Jahr eine Million Euro mehr – also insgesamt drei Millionen Euro – für »Demokratieprojekte« zur Verfügung zu stellen, äußerte sich erstmals Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zu den vom »NSU« verübten Morden und Anschlägen. »Jeder Demokrat hat die Pflicht, dort wo sich Extremismus und Rassismus auch nur im Ansatz zeigen, aufzustehen und deutlich zu machen, daß dafür kein Platz in der Gesellschaft des Freistaates Sachsen ist«, erklärte der Regierungschef. Im vergangenen Monat hatten die Abgeordneten seiner Partei gemeinsam mit denen der FDP und der neofaschistischen NPD die Immunität des Linke-Fraktionschefs André Hahn wegen Beteiligung an antifaschistischen Protesten in Dresden aufgehoben.
Quelle: www.jungewelt.de vom 23.11.11
Die IG Metall ist entsetzt und empört über die Morde und Terroranschläge der neofaschistischen Gruppierung, die sich „Nationalsozialistischer Untergrund“ nennt. Die bisher bekannt gewordenen zehn Morde und Bombenanschläge, die insbesondere gegen Ausländerinnen und Ausländer gerichtet waren, haben uns schockiert.
Wir haben tiefes Verständnis für die Sorgen insbesondere unserer türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und werden uns mit aller Entschiedenheit dafür einsetzen, dass der Schutz von Leib und Leben und persönlicher Sicherheit für jeden Menschen unseres Landes gleichermaßen sichergestellt wird.
Wir erklären unsere uneingeschränkte Solidarität mit allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und Staatsangehörigkeit, die Zielscheibe dieser rassistischen Anschläge sind. Wir erwarten von allen staatlichen Institutionen, dass die Gefahren rechtsextremer Gewalt endlich erkannt, aufgeklärt und konsequent verfolgt werden.
Insbesondere die Rolle von Mitarbeitern von Verfassungsschutzämtern und so genannten V-Leuten, die Ursachen von möglichen Fahndungspannen, die Tatsache, dass die terroristischen Gewalttäter über zehn Jahre unentdeckt im Untergrund agieren konnten, müssen rückhaltlos aufgeklärt werden.
Die IG Metall verweist darauf, dass in den vergangenen 20 Jahren mehr als 130 Menschen in Deutschland durch rechtsextremistische Gewalttäter getötet wurden. Sie verweist auf die zahlreichen Gewaltakte durch neonazistische Gruppen und fordert, dass nicht nur die Zivilgesellschaft sich mit verbrecherischen Ideologien auseinandersetzen muss, sondern dass auch die staatlichen Behörden diese Verbrechen konsequent verfolgen. Insbesondere haben die vorschnellen Erklärungen, die Morde und Anschläge seien auf Konflikte unter Migranten oder kriminelle Machenschaften von Migranten zurückzuführen, den Blick auf die wirklichen Täter verstellt und den Opfern unsägliches Leid zugefügt.
Dazu gehört auch ein Verbot der NPD und aller neonazistischen Organisationen. Bundes- und Landesregierungen sind aufgefordert, die juristischen Hürden für ein solches Verbot auszuräumen. Falsche Toleranz gegenüber neonazistischer Propaganda ist nicht hinnehmbar.
Staatliche Finanzierung neonazistischer Aktivitäten direkt durch Wahlkampfkostenerstattung und indirekt durch Bezahlung rechtsextremer V-Leute sind ein Skandal.
Die Zivilgesellschaft und alle gesellschaftlichen Institutionen sind aufgefordert, weiterhin und verstärkt die politische und moralische Auseinandersetzung mit neofaschistischen, ausländerfeindlichen und rassistischen Ideologien und ihren Propagandisten zu führen.
Dabei müssen der Respekt vor der Würde und die Anerkennung der Rechte aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Nationalität oder ihrer Religion im Mittelpunkt stehen.
Frankfurt, 21. November 2011
„Der Landkreis Lüneburg hat seine Drohung wahrgemacht und das Castor-Protestcamp in Dumstorf verboten“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke. „Begründet wird das am Montagabend bekanntgewordene Verbot damit, dass sich Camp-Teilnehmer möglicherweise an der Aktion ,Schottern‘ beteiligen könnten. Dem Internet will das Landratsamt entnommen haben, dass die Camps zur Planung zentraler Aktionen, für Aktionstraining und die Lagerung von Werkzeug genutzt werden.“ Jelpke weiter:
„Ich stelle klar: Als Anmelderin bin ich weder für Internetaufrufe Dritter verantwortlich, noch für mögliche Schotter-Aktionen Kilometer vom Camp entfernt. Im Camp werden keine Straftaten begangen. Das Camp soll allen offenstehen, die sich an dem legitimen Protest gegen den Castor-Transport 2011 beteiligen wollen.
Ich habe deshalb beim Verwaltungsgericht Lüneburg Widerspruch gegen das Verbot eingelegt.
Indem Atomkraftgegnern die Möglichkeit genommen wird, sich friedlich zu versammeln, sollen diese bereits im Vorfeld des Castor-Transports kriminalisiert werden. Offensichtlich sollen so erneute Knüppel- und Pfefferspray-Angriffe der Polizei gegen Atomkraftgegner legitimiert werden.
Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht – auch für Atomkraftgegner. DIE LINKE wird sich auch in diesem Jahr wieder an den Protesten der Anti-Atom-Bewegung im Wendland beteiligen.“
—-
Quelle vom 21.11.11: Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Es war nur eine Frage von Tagen. Und man hätte erwartet, dass Henryk M. Broder den Job übernimmt. Nun ist es stattdessen Freya Klier geworden, die in der heutigen „WELT“ erklärt, dass DIE LINKE die Verantwortung für den gesamtdeutschen Rechtsextremismus trägt.
Unter dem Titel „Neger, Fidschis und die Heuchelei der Linken“ spricht die Autorin zwar nicht ausdrücklich über die Mordanschläge der Zwickauer Terrorzelle. Jedem, der in diesen Tagen etwas zum Thema Rechtsradikalismus hört oder liest, ist der inhaltliche Bezug ohnehin klar.
Sie zeichnet stattdessen das Bild einer antisemitischen, rassistischen und ausländerfeindlichen DDR. Verantwortlich hierfür ist das „rechtsradikale Programm“ der SED und in den Augen von Freya Klier hat die mittlerweile „honigsüße Linke“ diese Verantwortung geerbt. Zum Nachweis der Zustandsbeschreibung und der Schlussfolgerung dienen vor allem persönliche Erlebnisse und leichte Korrekturen der Historie.
Ein ungewöhnlicher Hut
Der deutsche Rechtsextremismus hat seine Wurzeln in der ehemaligen DDR. Diese Sichtweise vertritt Freya Klier zumindest in ihrem Kommentar für Springers „WELT“. Demnach hat die SED die Bürger der DDR konsequent zu Fremdenhass, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus erzogen und diese schlechten Eigenschaften mit Maueröffnung in den Westen exportiert.
Und weil es sich bei der Linkspartei um die Nachfolgeorganisation der SED handelt, trägt diese Schuld und Verantwortung für den heutigen Rechtsextremismus:
„Diese Partei sollte endlich aufhören, zu heucheln, sondern sich dazu bekennen, dass sie den Boden für den Rechtsradikalismus im Osten stark mitbereitet hat. Ihren Mitgliedern sind Menschenleben nur dann wichtig, wenn sie sich politisch instrumentalisieren lassen.“
Die Autorin begründet ihre Thesen vor allem mit persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen. So beschreibt sie, wie sie selber auf „Platz acht der Mordliste der DDR-Neonazis“ landete oder berichtet über das Erlebnis ihrer „jüdischen Freundin Johanna“, die ihren Nazi-Vergewaltiger aus dem Jahr 1935 später als „Parteisekretär der SED vor sich sitzen sah“.
Danach erzählt sie von den beiden deutsch-sudanesischen Darstellern eines „kleinen antirassistischen Theaterstücks“, die in der DDR nur „Nigger“ und „Kohle“ genannt wurden oder erinnert daran, dass eine „Fascho-Horde“ 1987 eine Kirche in der Nachbarschaft überfiel und unter „Sieg Heil!“ Rufen mit „Flaschenhälsen auf fliehende Punker“ einstach.
Hierbei handelt es sich ohne Zweifel um schreckliche Ereignisse. Eine besonderer Ost-Exklusivität lässt sich allerdings kaum ausmachen. Denn das, was Frau Klier schildert, gehörte in tausendfacher Ausführung zum Alltag der alten BRD. Die Autorin bündelt ihre individuellen Erlebnisse dennoch zur kollektiven DDR-Gesellschaftsstudie und attestiert ihren Mitbürgern:
„Das Unbehagen von DDR-Bürgern galt ja jedem Abweichen von der Norm, grellen Haarfarben von Punkern ebenso wie „Negern“ oder „Fidschis“, Körperbehinderten oder auch nur Menschen mit einem ungewöhnlichen Hut auf dem Kopf.“
Die Ausländerpolitik der SED
Freya Klier erklärt die Linkspartei für die Ausländerpolitik der SED verantwortlich. Damit dieser Vorwurf zumindest einen kleinen Teil seiner Absurdität verliert, verschiebt sie den historischen Ursprung jener Politik um knapp 20 Jahre nach vorne.
In dem Artikel erfährt der Leser, dass „nach der millionenfachen Flucht von DDR-Bürgern ein solch permanenter Arbeitskräftemangel (herrschte), dass die sozialistische Führung sich Ende der 70er-Jahre schweren Herzens entschloss, Kontingente von Vietnamesen und Mosambikanern hereinzulassen“.
Tatsächlich stammt das sogenannte Vertragsarbeiterprogramm der SED bereits aus den frühen 1960er Jahren. Damals war Gregor Gysi allerdings erst 12 Jahre alt und Sahra Wagenknecht noch nicht geboren. Eine Schuld oder Verantwortung lässt sich dabei nur schwer konstruieren, so dass die Autorin hier zur zeitlichen Korrektur greift.
Es folgt eine Darstellung der Lebenssituation der Vertragsarbeiter in der DDR:
„Fidschis und Mozis aber waren in abgesonderten Wohntrakts untergebracht, die offiziellen Gaststätten waren ihnen verwehrt. Sie durften die Stadt nicht ohne Genehmigung verlassen, mussten in den Betrieben niedere Arbeiten verrichten und sollten gar nicht erst Deutsch lernen.
Die Schilderung ist zwar bedrückend, dürfte sich allerdings kaum von den Lebensumständen der westdeutschen „Gastarbeiter“ in den 1960er Jahren unterscheiden.
Resümierend fragt Freya Klier: „Gibt es ein rechtsradikaleres Programm?“ und überträgt die Schuld und die Verantwortung an den geschilderten Zuständen direkt an die heutige Linkspartei:
„Die, die solches praktizierten, spielen heute Die Linke.“
1989 lebten in der DDR rund 94.000 Vertragsarbeiter. Die Bundesrepublik bemühte sich ab 1990 darum, sie in ihre Heimatländer abzuschieben. Nur den wenigsten gelang es, sich einen Aufenthaltsstatus in Deutschland zu sichern.
Franz Schönhuber prologiert
Zu Beginn Ihres Artikels lässt Freya Klier den Gründer und früheren Vorsitzenden der bis 2006 als rechtsextrem eingestuften Republikaner zu Wort kommen. Der hatte die DDR als „viel deutscher als die Bundesrepublik“ beschrieben und ihre „weitgehende Ausländerfreiheit“ gelobt.
Klier schreibt „etlichen Bürgern der verblichenen DDR“ und „vielen sozialistischen Genossen“ zu, diese Sichtweise mit Schönhuber zu teilen. Dieser habe 1993 seine „Partei mit Kadern aus dem Osten“ aufgefüllt. Und in der Tat: Bei den Landtagswahlen zwischen 1992 und 1995 erreichen die Republikaner in Sachen-Anhalt 1,4 %, in Thüringen und Sachsen je 1,3 %, in Brandenburg 1,1 % und in Mecklenburg Vorpommern 1,0 %.
Was Frau Klier, die mit der Zustimmung vieler DDR Bürger zu den Thesen und Standpunkten Schönhubers deren rechte Gesinnung dokumentieren will, nicht erwähnt, ist das Abschneiden der Republikaner in den alten Bundesländern. In Baden-Württemberg erzielen sie im gleichen Zeitraum 10,9 Prozent, in Hamburg 4,8 % und in Bayern 3,9 %. Es folgen Rheinland-Pfalz und Hessen mit je 2,0 %, Niedersachsen mit 1,5 %, das Saarland mit 1,4 Prozent, Schleswig Holstein mit 1,2 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit 0,8 Prozent.
Es spricht also, entgegen der Auffassung von Freya Klier, einiges dafür, dass der Rechtsradikalismus der Republikaner im „Westen“ deutlich stärker verfing, als im „Osten“.
Sie unterstellt Schönhuber, zu dieser Zeit noch nicht realisiert zu haben, was „diese Genossen im Osten noch alles auf der Pfanne hatten“ und fügt ihre eigene Einschätzung über ihr damaliges Land und ihre Mitbürger an:
„Einen über 40 Jahre gepflegten Antisemitismus sowie einen Zangengriff für die extreme Minderheit von Ausländern“.
DIE LINKE trägt Schuld und Verantwortung
Freya Klier durchlebt in ihrer Abhandlung 40 Jahre DDR Geschichte und 20 Jahre vereinigtes Deutschland. Ihrer Analyse soll belegen, dass die SED den Grundstein für Rechtsextremismus, Ausländerhass, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gelegt hat. Und in ihren Augen hat sich daran bis heute nichts geändert:
„Heute denken viele Ex-DDR-Bürger immer noch so. Doch sind sie nicht mehr so blöd, das öffentlich zu äußern. Die Zungen haben sich in private Sphären zurückgezogen, dort erreichen sie die Jugendlichen an den Abendbrottischen. Mit dem Satz „Die Fremden nehmen uns die Arbeitsplätze weg“ sind viele Kinder nach der Wende im Osten aufgewachsen.
Für die Autorin ist die Verantwortung für die geschilderten Zustände und folglich auch die Schuld am heutigen Rechtsextremismus unmittelbar auf die Linkspartei übergegangen. Und so erreicht das Linken-Bashing der Springer-Presse eine Dimension, angesichts derer selbst eingefleischte Reaktionäre wohl zunächst kräftig schlucken und zweimal hinschauen müssen:
Nach Vorhaltungen in Sachen Linksextremismus, Mauer- und Diktatorenverherrlichung, Kommunismus und Antisemitismus ist jetzt der Punkt erreicht, an dem man DIE LINKE selbst für den rechtsextremistischen Terrorismus in Deutschland verantwortlich machen kann.
Damit werden die Opfer rechtsextremistischer Verbrechen instrumentalisiert, um genau die Partei zu diffamieren, die sich entschieden gegen Rechtsradikale stellt, die Demonstrationen gegen Naziaufmärsche organisiert und die anstelle der Täter oder vermeintlicher Sicherheitskonzepte konsequent die Opfer rechtsextremistischer Gewalt und ihre Angehörigen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellt. Besonders perfide wird dieser Versuch der Diskreditierung dadurch, dass Linke und ihre Einrichtungen selber immer wieder zum Ziel rechtsradikaler Anschläge werden.
Freya Klier sollten dabei nicht außer Acht lassen, dass selbst große Fässer überlaufen, wenn man sie nur allzu eifrig füllt. Wenn Springer den Bogen derart überspannt, dann dürften selbst regelmäßige Leser früher oder später zu dem Schluss kommen, dass solche Artikel allenfalls in die Kategorie Satire gehören. In der Folge könnte dann genau das geschehen, was man bei der „WELT“ so verzweifelt zu verhindern versucht: Deutlich mehr Menschen könnten damit beginnen, nicht über die Linkspartei sondern stattdessen mit ihr zu sprechen.
Quelle: Jacob Jung Blog vom 22.11.11
„Köln – Kalk macht dicht!“ Dies war die Parole der Antifaschisten, die auf die erneute Provokation der Rechtspopulisten von ‚PRO-KÖLN‘ ausgegeben worden war.
Ausgerechnet in der nähe jener Straße, wo der faschistische Nagelbombenanschlag 2006 auch Todesopfer gekostet hatte, wollte diese selbsternannte Bürgerbewegung das im Stadtteil befindliche „Autonome Zentrum“ nutzen, um die Sicherheitsängste und den latenten Rassismus gegen einen großen Teil der türkischstämmigen Bevölkerung zu aktivieren.
Dies führte zu einer antifaschistischen Gegenmobilisierung, die sich auf die seit Jahren entwickelten antifaschistischen Strukturen der Stadt stützte.
Köln – Kalk war bereits morgens um 9:00 Uhr dicht gemacht durch ein riesiges Polizeiaufgebot mit ‚Team-green‘ Einheiten aus ganz NRW. Von Bochum, Wuppertal, Duisburg, Essen, Bonn, Mönchengladbach, waren sie angereist, um den gesamten Stadtteil mit ca.40 Zufahrtsstraßen abzuriegeln. Die etwa 2,5 km Wegstrecke der Kalker Hauptstraße waren für die Antifaschisten nur mit großen Umwegen zu erreichen.
Die ansonsten Samstags sehr belebte Einkaufsmeile war durch diese Maßnahme „stillgelegt“. Der Kaufhof war ebenso geschlossen wie die ca. 30 Supermärkte und zahllose kleine Läden entlang dieser Straße. Obwohl es eine angemeldete und genehmigte Kundgebung in der abgesperrten Zone gab und obwohl dem Anmelder Claus Ludwig freier Zugang zu dieser Kundgebung zugesichert worden war, hielt sich die Polizei nicht an die Absprachen und verweigerte allen Nicht-Anwohnern den Durchlass.
Im Zweifelsfalle redeten sich die Beamten damit heraus, dass sie „nicht aus der Stadt“ seien. Ein tief fliegender Polizeihubschrauber nervte zusätzlich und sollte wohl abschreckende Wirkung entfalten. Claus Ludwig beschwerte sich vehement über den Bruch der Zusagen und forderte den ungehinderten Zugang zur Kundgebung, sowie eine Begründung für die massiven Behinderungen und den Hubschraubereinsatz.
Die Antwort bewies, dass der Karnevalshumor auch bei der Polizei nicht unbekannt ist: ein „kanonenähnlicher Gegenstand“ sei vom Helicopter aus gesichtet worden. Nachdem auch die Landtagsabgeordnete der Linken Özlem Demirel nur nach Ausweiskontrolle zur Kundgebung durfte, beschwerte sie sich sofort als Rednerin massiv über diese Schikanen. Da auch der Kölner Bundestagsabgeordnete Matthias W. Birkwald gut kenntlich an den Absperrungen, gesichtet worden war, lockerte die Atmosphäre etwas auf. Polizeisperren stellten die Ausweiskontrollen an mehreren Punkten ein , der Hubschrauber verzog sich. Und viele Menschen „sickerten“ langsam durch die Polizeiabsperrungen.
So gelang es, ganz am Beginn der Demoroute den Einmarsch der ca. 60 ‚Pros‘ in die Kalker Hauptstraße mit einer Blockade von ca. 300 Menschen zu stoppen. Die ‚Pros‘ standen nun den entschlossenen Blockierern in ca. 50 Metern Entfernung gegenüber.
Die Zeit arbeitete gegen die Polizei
Als der Blockadeblock von Polizeieinheiten umstellt wurde, formierte sich in etwa 50 Meter Entfernung hinter der ersten eine zweite Blockadereihe. Dies ergab sich, da mehrere Polizeireihen einer Sambagruppe den Zugang zur 1. Blockade verwehrten. Also wurde auf der Straße getanzt und dabei geschickt eine zweite Blockade organisiert. Die Polizei stand nun ebenfalls geblockt zwischen zwei Blockaden.
Die vielfachen Aufforderungen der Polizei zur Freigabe der Demoroute wurden einhellig ignoriert und mit lauten Pfeifkonzerten beantwortet. Die Situation wurde nun für die Polizei etwas unübersichtlich: Bei einer Räumung der ersten Blockade hätte sie es mit einer 2 und evtl. einer 3,4, etc. zu tun gehabt. Außerdem hatten Seilartisten hohe Straßenlaternen mit Transparenten erklommen und machten keine Anstalten, sich abzuseilen. Zusätzlich musste der massive Zulauf aus den vielen Seitenstraßen verhindert werden. Hinzu kam die mittlerweile massive Medienpräsenz.
Als sich nach der ersten Stunde Blockade immer noch nichts bewegte, fassten immer mehr Bewohner des Stadtteils sich ein Herz und gesellten sich zu den Blockierern. Kinder, Alte, Rollstuhlfahrer waren nun ebenfalls unter den Blockierern und der Zulauf hielt an.
Solidarität zeigte sich auch in den Fenstern: Transparente (oft sehr phantasievoll) wurden aus den Wohnungen gehängt. Türkische Imbissbesitzer spendierten den Blockierern heißen Tee, palettenweise Ayran und Gebäck.
Bereits in der Nacht zuvor hatten „streetkünstler“ die Fahrbahnen massiv mit Antinaziparolen besprüht und nun zeigten sich viele „Nachahmer“, die sogar mit Kinderkreide arbeiteten.
Umschwung
In der 3. Blockadestunde hatten sich der stehende PRO-Block auf 40 People verkleinert. Die Stimmung kippte auf Blockiererseite nach stundenlanger Nervenanspannung in allgemeine Volksfeststimmung um: Türkische Musik und deutsche Klassik erscholl aus manchen Boxen in den Fensterrahmen, Sambagrupppen feuerten Tanzende auf der Straße an.
An Straßenecken konnte man Balaleikamusikern lauschen oder türkische Musiker live erleben. Pantomimengruppen zeigten ihr Können und trieben Schabernack mit der Polizei. Kostümierte Karnevalisten trugen umgedichtete Karnevalslieder vor und zu den ‚Pro´s‘, die ja den Namen der Stadt reklamieren schallten Sprechchöre hinüber: „Hier ist Köln“ …. Die Kids vom Autonomen Zentrum luden alle zu einer Feier mit Essen in das Zentrum ein. Die Feier wird wohl bis in den frühen Morgen gehen.
Der Pro-Block musste umkehren und durfte dann kurz vor dem Polizeipräsidium auf einer leeren und vom Verkehr umfluteten Straßenkreuzung eine 5-Minuten-Kundgebung abhalten. Uns allen war nun nach 6 Stunden Aktion klar: wir hatten gewonnen!
Fazit
Der Erfolg war in erster Linie ein politischer: Den Rassisten wurde der Einmarsch in ein von vielen Migranten bewohntes Viertel verwehrt. Der Wille auf Seiten der Polizei, diesem kleinen Häuflein Provokateure den Weg frei zu prügeln, war begrenzt. Erschreckend war die massive Notstandsübung der Polizei, die einen ganzen Stadtteil abriegelte, die Bewegungsfreiheit der Bürger massiv einschränkte und Grundrechte verletzte. Dass die zuvor getroffenen Vereinbarungen nicht eingehalten wurden, muss bewertet werden.
Der größte Pluspunkt, war die solidarische Zusammenarbeit der politischen Spektren, die jeweils ihren Part voll ausspielten: die Vertreter/innen der Linkspartei, die ständig das Gespräch mit Polizeiverantwortlichen suchten, der aktionsorientierte Teil mit entschlossener Blockadehaltung und einem guten Meldewesen, die Kölner Künstlerszene, die in vielfältiger Form beteiligt war und die sich oft überschneidende Szene von Schülerstreik, occupy und AZ, die in vielen kleinen Aktivitäten oft großes Engagement mit Phantasie einbrachten.
Dass die beiden großen Bündnisse Kölns diesmal wieder ziemlich einhellig zusammen arbeiteteten, war eine wichtige Bedingung des Erfolgs. Dabei ist die geringere Mobilisierungsfähigkeit des „Bündnis gegen Rechts“ auffällig. Diese gemeinsame Arbeit gilt es weiter auszubauen und zu entwickeln.
Denn trotz des Erfolgs bleibt der braune Sumpf dank staatlicher Beihilfe auch weiterhin aktionsfähig.
Dass der Kölner Rassistensumpf auch Kontakte zu der NSU in Thüringen zumindest hatte, ist auf einem Foto dokumentiert, das von Antifas 2003 auf einer Pro-Kundgebung in Köln aufgenommen wurde. Umso unbegreiflicher, warum Polizisten von der NRW-Regierung dazu gezwungen werden, Gruppen zu schützen, die nachweislich Kontakte zu den Mördern ihrer Kollegin haben.
Fotostrecke:
http://www.report-k.de/index.php/component/option,com_fotostrecke/Artikel,46429/
Quelle: www.scharf-links.de vom 21.11.11
Am 23. November 2011 soll sich Inge Viett, ehemalige Aktivistin der »Bewegung 2. Juni« und der Roten Armee Fraktion (RAF), erneut wegen ihres fortlaufenden Engagements gegen imperialistische Kriege vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin verantworten.
Nachdem Inge Viett bereits 2009 wegen angeblichen Widerstands gegen die Staatsgewalt im Rahmen von antimilitaristischen Protesten gegen ein Gelöbnis der Bundeswehr, das am 20. Juli 2008 in Berlin ritualisiert wurde, verurteilt worden war, soll sie nun wegen ihres Beitrags auf der von der Tageszeitung junge Welt im Januar dieses Jahres veranstalteten »Rosa-Luxemburg-Konferenz« kriminalisiert werden.
Aktuell wird ihr von der Berliner Staatsanwaltschaft die »Billigung und Belohnung von Straftaten« vorgeworfen. Inge Viett hatte auf der Konferenz über Perspektiven, Strategien und Widerstand zur Überwindung des Kapitalismus referiert und ist gegen von der Bundeswehr geführte und unterstützte imperialistische Angriffskriege aufgetreten. In diesem Zusammenhang erklärte sie: „Wenn Deutschland Krieg führt und als Anti-Kriegsaktion Bundeswehr-Ausrüstung abgefackelt wird, dann ist das eine legitime Aktion, wie auch Sabotage im Betrieb an Rüstungsgütern. Auch wilde Streikaktionen, Betriebs- oder Hausbesetzungen, militante antifaschistische Aktionen, Gegenwehr bei Polizeiattacken etc.“. Das Referat wurde vorweg in der jungen Welt veröffentlicht. Das brachte auch der jungen Welt ein Verfahren ein.
Zeitgleich mit dem Prozeß gegen Inge Viett wird in Berlin in zweiter Instanz auch gegen Thies Gleiss, den stellvertretenden Sprecher der LINKEN.NRW wegen »Beleidigung anderer Personen« verhandelt. Er hatte von »Mördersoldaten« in Afghanistan gesprochen.
Während die herrschende Klasse und ihre eingebetteten Medien die Mord- und Totschlagspolitik von Bundeswehr, NATO und US-Armee begrüßen, bejubeln und anheizen, wird schon verbales Engagement gegen diese Barbarei juristisch verfolgt, wenn es von links kommt. Kriegsverbrechen gehören zum Alltag der imperialistischen Armeen. Wenn sie nicht vertuscht werden können, werden sie als „unvermeidlich“ legitimiert.
Die Ermittlungen gegen den deutschen Oberst Klein, der das von US-Kampffliegern verübte Massaker am 4. September 2009 in Kundus (Afghanistan) angeordnet hatte, wurden von der Bundesanwaltschaft eingestellt. Dies, obwohl, Angaben der NATO zufolge, allein dabei 142 Menschen ermordet und mehrere Personen schwer verletzt worden waren.
Die Bilanz des nun seit mehr als zehn Jahren mit deutscher Beteiligung gegen Afghanistan geführten Angriffskrieges ist mörderisch. Er kostete bisher etwa 70 000 Menschen, darunter die Hälfte Zivilisten, Frauen, Kinder und Jugendliche, das Leben. Seit Beginn des völkerrechtswidrigen Krieges hat sich die Situation der Afghaninnen und Afghanen massiv verschlechtert und keineswegs – wie von etablierter Politik und Medien gebetsmühlenartig wider besseren Wissen behauptet – verbessert. Deutschland führt wieder machtbesessene Kriege und schert sich nicht darum, daß dies gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung geschieht.
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Wir, die Unterzeichnenden, erklären uns explizit solidarisch mit den vielen Opfern der Bundeswehr in Afghanistan und unseren Mitstreitern Inge Viett und Thies Gleiss! Und wir rufen auf zu den Protesten gegen die Kriegskonferenz Petersberg II. Nach zehn Jahren Krieg gegen Afghanistan kommt die Kriegsallianz wieder in Bonn zusammen, um ihre weitere Besatzung zu beraten. Kommt zur Demonstration am 3. Dezember nach Bonn. Alle Infos zu diesen Protesten findet ihr auf der Internetseite: Berliner Bündnis gegen die Kriegskonferenz in Bonn.
Verbrecherisch ist die Beteiligung Deutschlands an imperialistischen Angriffskriegen und keineswegs der dagegen gerichtete Widerstand! Denn: Kriegsgerät, das in Deutschland zerstört wird, kann nirgendwo anders auf der Welt mehr als Instrument für Mord und Unterdrückung genutzt werden!
Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB), Initiativ e. V. (Duisburg), Interventionistische Linke (IL), Zusammen Kämpfen Duisburg, Klaus Hartmann (Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes), Ula Richter (Dortmund), Prof. Wolfgang Richter (Dortmund), Peter Wegner (Sprecher der VVN-BdA Westberlin), Patrik Köbele (DKP), Carsten Albrecht (Mitglied Die Linke.Berlin-Neukölln), Ulrich Boje (Die Linke.Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf), Werner Seppmann, Klaus von Raussendorff (Bonn), Thomas Knecht, Azad Tarhan (Jugendpolitischer Sprecher Die Linke.NRW), Markus Bernhardt (Berlin), Wera Richter (stellv. Landesvorsitzende DKP-Berlin), Salih Alexander Wolter (Berlin), Frank Laubenburg (Mitglied des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf), Joachim Guilliard (Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg), Annette Schiffmann (Heidelberg), DKP Queer, Hajo Kahlke (Heidelberg), Helmut Born (Mitglied Landesvorstand ver.di NRW), Rainer Perschewski (Landesvorsitzender DKP-Berlin), DKP Berlin, Dirk Scholl (AKL Saarland), Kommunistische Assoziation Hamburg, Konrad Keimling, Assoziation Dämmerung (Hamburg), SDAJ München, Angelica Seyfrid, DKP Gießen, Erika Beltz (Gießen), Revolutionäre Perspektive Berlin, Rote Antifa NRW), Sven George (Mitglied des Vorstandes der SDAJ Berlin), Organisierte Autonomie (Nürnberg), Sabine Albrecht (DKP Gießen), Monty Schädel (Bundessprecher Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen), Thomas Immanuel Steinberg (SteinbergRecherche.com), Revolutionäre Aktion Stuttgart, see red! Linke Initiative Düsseldorf (organisiert in der Interventionistischen Linken).
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.11.11
Nach immer neuen Enthüllungen über das tatsächliche Ausmaß der von den bundesdeutschen Sicherheitsbehörden über Jahre ignorierten rechten Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) übten sich Politiker der etablierten Parteien am Wochenende in Schadensbegrenzung. So kündigte etwa Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eine zentrale Gedenkfeier für die mindestens zehn Todesopfer der Neonazimordserie an. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich außerdem für eine finanzielle Entschädigung für die Angehörigen der Naziopfer aus.
Äußerungen des SPD-Politikers Thomas Opermann, der dem geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestages vorsitzt, legen indes die Vermutung nahe, daß in den kommenden Tagen noch weitere Enthüllungen bezüglich des größten Geheimdienstskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte bevorstehen. So befürchtet Oppermann, eigenen Angaben zufolge, daß es zu einer finanziellen Unterstützung des »NSU« durch V-Leute der Inlandsgeheimdienste gekommen sei.
Nach den Ermittlungsbehörden und Landesämtern für Verfassungsschutz gerät nun auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. So soll der Bundeswehrgeheimdienst kurz nach Abtauchen der Neofaschisten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Jahr 1998 von einem V-Mann über deren Aufenthaltsort informiert worden sein, den Hinweis jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht beachtet haben.
Während die Generalbundesanwaltschaft in Sachen »NSU« derzeit einzig gegen insgesamt sechs Personen als Beschuldigte ermittelt, deutet immer mehr darauf hin, daß die rechte Terrororganisation allein in Thüringen über etwa 20 Unterstützer verfügte. Einige davon dürften im Dienste des dortigen Verfassungsschutzes gestanden haben, der – wie jetzt bekannt wurde – nicht nur mit Tino Brandt über eine Quelle an führender Stelle des neofaschistischen THS (»Thüringer Heimatschutz«) verfügte, sondern vielmehr über mindestens zwei weitere Zuträger.
Trotz der zunehmend zu Tage tretenden Erkenntnisse über die gute Zusammenarbeit von Mitarbeitern der Verfassungsschutzämter und den ihnen als Zuträger dienenden militanten Neonazis stellte sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erneut schützend vor Geheimdienste und Polizei. Die Behörden müßten sich den Vorwurf »nicht gefallen lassen«, »auf dem rechten Auge blind« zu sein, erklärte der CSU-Politiker am Samstag am Rande einer Landesversammlung der bayerischen Jungen Union (JU) in Essenbach. Obwohl es sich beim »NSU« um eine faschistische Terrorbande handelt, schwadronierte Friedrich von einer »Menschenverachtung der Extremisten«, der ein »klares Bekenntnis zum christlichen Menschenbild« entgegengestellt werden müsse. Zudem bezeichnete er das Abziehen von V-Leuten als »sehr gefährlich«, da diese »unverzichtbar« seien, um in »extremistische Organisationen hineinzusehen«. Während die BRD von einem Geheimdienstskandal erster Güte samt der dazugehörenden Terrortaten des »NSU« erschüttert wird, warnte Friedrich vor der JU-Garde davor, Deutschland befände sich »im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus«.
Ausgerechnet die Junge Union, deren Funktionäre in der Vergangenheit stets selbst durch nationalistische und rassistische Töne auffielen, kündigte indes für Anfang Dezember einen bundesweiten Aktionstag gegen Rechtsextremismus an, im Rahmen dessen – so JU-Chef Philipp Mißfelder – Dutzende Veranstaltungen wie etwa Demonstrationen und Vorträge geplant seien.
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.11.11