Wolfgang Huste Polit- Blog

Skandalprozeß am Ende? Von Susan Bonath, Magdeburg

Mittwoch, 07. März 2012 von Huste

Der seit 14 Monaten laufende zweite Prozeß um den Verbrennungstod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle steht an einem Wendepunkt. Am Dienstag stellte die Nebenklage einen Befangenheitsantrag gegen die verhandelnde Kammer des Magdeburger Landgerichts. Die Anwälte reagierten damit auf eine Ankündigung der Vorsitzenden Richterin Claudia Methling vom Montag. Methling hatte vorgeschlagen, den Prozeß gegen Zahlung einer Geldstrafe einzustellen. Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung des angeklagten Polizeibeamten Andreas Schubert stehen noch aus. Methling begründete ihr Ansinnen mit der langen Dauer und damit, daß keine weiteren Beweise zu erwarten seien.

Zunächst müssen aber sogenannte Vertretungsrichter den Befangenheitsantrag prüfen. Anfang nächster Woche wird eine Entscheidung erwartet.

Massenhafte Polizeipräsenz und eine Vollsperrung der Straße vor dem Gericht sprachen am Dienstag für sich. Auch wenn der Einsatzleiter gegenüber junge Welt versicherte, es gehe nur um die Sicherheit der Teilnehmer der Mahnwache, war der Hauptgrund offenbar die Brisanz der gestrigen Verhandlung. Denn sollte das Gericht das Verfahren einstellen, gibt es weder einen Schuldspruch noch ein Schuldeingeständnis des Angeklagten, folglich auch keinen Täter.

Die Anwälte der Nebenklage, die Jallohs Familie vertreten, bezeichneten das Ansinnen der Richterin am Dienstag als »völlig unangemessen«. Rechtsanwältin Gabriele Heinecke sagte zu jW: »Laut Strafprozeßordnung kann nur bei einem Vergehen eingestellt werden, bei dem zudem kein öffentliches Interesse an einer Verfolgung besteht. Dies ist bei einem Verbrechenstatbestand mit Todesfolge nicht der Fall.« Es steht für sie außer Frage, daß es sich darum handelt. »Selbst wenn Jalloh sich selbst angezündet haben sollte, wissen wir, daß der Angeklagte willkürlich die Alarmanlagen ausgestellt hat.« Heinecke glaubt, das Gericht sei »gar nicht gewillt, die Vorgänge im Polizeirevier aufzuklären«. So habe es zum Beispiel erst am Montag die Anhörung der Ärztin eines in den Fall involvierten Polizisten abgelehnt, wie zuvor schon ein weiteres Brandgutachten.

Mit dem Befangenheitsantrag solle deutlich werden, »daß wir die zuständigen Richter nicht für unparteiisch halten«, so Heinecke. Allerdings erreichte die Nebenklage damit vorerst nur einen Aufschub. Falls dem Antrag zugestimmt wird, müßte der Prozeß neu aufgerollt werden. Daran glaubt Heineckes Kollege Philipp Napp, ebenfalls Nebenklagevertreter, allerdings nicht. Er hofft aber darauf, daß die Staatsanwaltschaft der Einstellung nicht zustimmt. Dann muß es ein Urteil geben.

Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Oury Jalloh war am Morgen des 7. Januars 2005 in Dessau in Polizeigewahrsam genommen worden. Wenige Stunden später verbrannte er in seiner Zelle. Der Version der Polizei zufolge soll er sich trotz Fesselung an Händen und Füßen selbst angezündet haben. Im ersten Prozeß sprach das Landgericht Dessau-Roßlau Ende 2008 zwei Polizeibeamte frei. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte das Urteil später jedoch aufgehoben. Freunde von Jalloh machten anschließend dessen Familie ausfindig, um über die Nebenklage einen neuen Prozeß ins Rollen zu bringen. Seit Januar 2011 ermittelt das Landgericht Magdeburg gegen den ehemaligen Dienstgruppenleiter. Ihm wird vorgeworfen, den Feueralarm mißachtet und nicht schnell genug reagiert zu haben. Die genauen Umstände von Jallohs Tod sind bis heute ungeklärt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 07.03.12

Im Sachsensumpf. In Dresden beginnt heute ein Prozeß gegen zwei ehemalige Kinderzwangsprostituierte wegen Verleumdung. Sie hatten hochrangige Juristen als Freier benannt. Von Markus Bernhardt

Dienstag, 06. März 2012 von Huste

In die Ermittlungen bezüglich der unter dem Stichwort »Sachsensumpf« bekannt gewordenen Aktivitäten krimineller Netzwerke im Freistaat scheint wieder Bewegung zu kommen. Seit 2007 versuchen die Mitglieder eines damals eigens eingesetzten Untersuchungsausschusses im sächsischen Landtag, Licht ins Dunkel des mafiösen Treibens zu bringen, welches mehr an einen schlechten Mafiafilm denn an Zustände in einem deutschen Bundesland erinnert. So sollen Politiker sowie Bedienstete von Polizei und Justiz Teil eines kriminellen Netzwerkes in Sachsen gewesen sein, dem unter anderem Verrat von Dienstgeheimnissen, Korruption, Verstrickung in Kinderprostitution und dubiose Mordanschläge bzw. angebliche Selbstmorde sowie zweifelhafte Immobiliengeschäfte vorgeworfen werden.

Der Skandal hatte 2007 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt; in den vergangenen Monaten war es deutlich ruhiger darum geworden. Eine Reportage im Magazin der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit könnte nun Bewegung in den »Sachsensumpf« bringen. Erstmals geht eine frühere Kinderzwangsprostituierte an die Öffentlichkeit. Mandy Kopp, heute 35, war vor knapp 20 Jahren im Leipziger Bordell »Jasmin« verprügelt und zum Sex gezwungen worden.
Belastende Aussagen
Das Geschehen rund um die damaligen Ereignisse im »Jasmin«, welches 1993 von der Polizei geschlossen worden war, ist einer der Hauptpunkte des bis dato nahezu unaufgeklärten »Sachsensumpfes«. Sollen sich doch dort auch hochrangige Vertreter der Justiz an Minderjährigen vergangen haben. Bereits im Jahr 2008 hatten Kopp und eine weitere frühere Kinderprostituierte bei der Dresdner Staatsanwaltschaft ausgesagt, den ehemaligen Vizepräsidenten des Landgerichtes Leipzig, Jürgen Niemeyer, sowie den jetzigen Präsidenten des Chemnitzer Landgerichtes, Norbert Röger, wiedererkannt zu haben. Beide wurden bezichtigt, in den sogenannten Wendejahren minderjährige Mädchen mißbraucht zu haben. Da die beiden Juristen dies bestreiten, soll Kopp und der anderen Betroffenen ab heute wegen Verleumdung in Dresden der Prozeß gemacht werden. Den beiden Zeuginnen wird vorgeworfen, vorsätzlich falsche Angaben gemacht zu haben. Sie könnten mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.

Während sich der Chemnitzer Landgerichtspräsident Norbert Röger gegenüber dem Zeit-Magazin nicht äußern wollte, da die Geschichte für ihn abgehakt sei, zeigt sich Jürgen Niemeyer, der sich als Opfer einer Kampagne sieht, gesprächsbereit. Tatsächlich kommt dem Juristen, der 1992 von Stuttgart nach Leipzig gezogen war, um dort beim Aufbau des Justizsystems behilflich zu sein, die gewichtigere Rolle in besagtem Skandal zu. So war Niemeyer in seiner Funktion als Richter an der Verhandlung gegen den Besitzer des »Jasmin«, beteiligt. Er hatte den Zuhälter wegen schweren Menschenhandels und sexuellen Mißbrauchs von Kindern zu vier Jahren Haft verurteilt, was, so sagt er gegenüber dem Zeit-Magazin selbst, »ein großes Entgegenkommen, aber gerade noch vertretbar« gewesen sei.

Niemeyer meint zudem – so steht es ebenfalls in der Reportage – daß die Frauen (sic!) gar nicht zur Prostitution gezwungen worden seien und das »Jasmin« jederzeit hätten verlassen können. Ähnlich scheint dies die Staatsanwaltschaft Dresden zu sehen, die – wie auch Niemeyer – von »Prostituierten« spricht, anstatt das Martyrium, welches die minderjährigen Mädchen erdulden mußten, auch nur in Ansätzen verbal realitätsgetreu zu würdigen. Mit der Bezeichnung der Mädchen als Prostituierte wird indes zumindest suggeriert, daß die sexuell, physisch wie psychisch mißhandelten Frauen in ihren Jahren als Kinder bzw. Jugendliche aus Jux und Dollerei – und frei von Zwängen – der Prostitution nachgegangen seien.
Alltägliche Gewaltexzesse
Dies liest sich indes in Akten der Polizeidirektion Leipzig, in denen frühere Zeugenvernehmungen aus dem Jahr 1993 dokumentiert sind und die junge Welt vorliegen, gänzlich anders. So sagt eine Betroffene darin aus, daß im »Jasmin« insgesamt fünf Mädchen anwesend gewesen seien. »Hierbei mit mir und meiner Freundin vier Minderjährige im Alter von 14 bis 16 Jahren.« In einem weiteren Protokoll über eine Vernehmung in nichtöffentlicher Sitzung berichtet die gleiche Zeugin im Januar 1993, daß ihr angedroht worden sei, erschossen zu werden, »wenn wir auf die Idee kommen würden, aus der Wohnung abzuhauen«. Auch andere Zeuginnen berichteten, geschlagen und bedroht worden zu sein. In einer weiteren Vernehmung einer anderen Betroffenen durch die Polizeidirektion Leipzig im April 1993 wird das tatsächliche Ausmaß der in besagtem Kinderbordell offenbar alltäglichen Gewaltexzesse deutlich. So antwortet eines der damals dort mißbrauchten Mädchen auf die Frage, ob sie von einem der Bordellbetreiber zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden sei: »Ja, er hatte mich mit einer Lederpeitsche und einem Gummiknüppel auf den Rücken und den Bauch geschlagen. Aufgrund dessen konnte ich auch keinerlei weitere Gegenwehr entgegenhalten. Ich versuchte mich immer wegzudrehen, aber es war ohne Erfolg. Ich mußte auch immer leicht bekleidet gehen. Dabei hatte er mir dann die Sachen vom Leib gerissen und mich geschlagen. Er hatte auch Morddrohungen gegen mich und die anderen ausgesprochen. (…) Weiterhin sagte er noch, sollte ich jemals einem etwas erzählen, dann bekomme ich eine Kugel durch den Kopf.«

Die von zwei Betroffenen unabhängig voneinander gegen seine Person erhobenen Vorwürfe erklärt sich Jürgen Niemeyer unterdessen damit, daß diese zu den Aussagen gedrängt worden seien. »Wir waren in Leipzig die Repräsentanten der Westjustiz, haben manche Polizisten nicht gut behandelt«, sagt der Jurist, der sich als »Kinderficker diffamiert« sieht.

Dies legt die Vermutung nahe, daß auch Niemeyer damit sagen will, es seien alte DDR-Netzwerke gewesen, die sich an der westdeutschen Siegerjustiz hätten rächen wollen. Ähnliche Bekundungen hatte es bereits in der Vergangenheit seitens konservativer Medien wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gegeben, die sich bemühten, das kontinuierliche Aufklärungsinteresse der beiden engagierten sächsischen Linke-Abgeordneten Klaus Bartl und Volker Külow damit zu erklären, daß sie in der DDR Funktionsträger gewesen seien.

Quelle: www.jungewelt.de vom 06.03.12

Westen fälscht Wahlen. Von Rainer Rupp

Dienstag, 06. März 2012 von Huste

Mit aufgeregten Kolportagen über die Präsidentschaftswahlen in Rußland versuchten sich westliche und speziell die deutschen Medien am Montag, gegenseitig zu übertreffen. Sie entfalteten eine Propagandaoffensive gegen Wladimir Putin, der die Wahl mit knapp 64 Prozent der abgegebenen Stimmen bei einer Beteiligung von 65 Prozent gewann. Das ARD-Hörfunkstudio Moskau meldete unverdrossen: »Kein glänzender Wahlsieg«. Immerhin räumten die meisten Berichterstatter ein, daß »die Mehrheit der Russen hinter Putin steht« (ARD). Dem folgten düstere Warnungen, daß das Land und die Welt bald den »wahren, den rücksichtslosen Putin« kennenlernen werde, der jetzt keine Rücksicht mehr zu nehmen brauche. Nach Meinung dieser sogenannten Beobachter stehen nun Putin »ungemütliche Jahre ins Haus«. Vermutet wird, daß er »die Gesellschaft spaltet« – wahrscheinlich wegen seines Fast-Zwei-Drittel-Sieges.

In den mindestens 644 Meldungen, Berichten und Reportagen zur Wahl, die laut Internetsuchmaschine Google News bis Montag mittag in deutschsprachigen Medien verbreitet wurden, tauchte als faktisch einzige Quelle für die angeblich »massenhaften Wahlfälschungen« die »unabhängige, Wahlbeobachtergruppe Golos« auf. Tatsächlich wird dieses Institut vom halbstaatlichen Arm der US-Außenpolitik National Endowment for Democracy (NED) und ähnlichen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) finanziert.

Golos hatte bereits vor der Wahl am Sonntag Berichte über Wahlfälschungen verbreitet, die von westlichen Me­dien eins zu eins wiedergegeben wurden. Das Urteil der internationalen Wahlbeobachter, die vor Ort in den nach dem Zufallsprinzip ausgesuchten Wahllokalen den Ablauf überwachten, spielte am Montag entsprechend nur eine geringe Rolle. Das ehemalige Mitglied des polnischen Sejm Mateusz Piskorski besuchte z. B. mit einer Gruppe von Beobachtern aus verschiedenen Ländern 16 Wahllokale in Moskau. Er erklärte am Montag gegenüber junge Welt, weder von ihm noch von jemand anderem in seiner Gruppe seien Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Allerdings seien etliche Wahlwillige abgewiesen worden. Eine genaue Überprüfung habe jedoch ergeben, daß die Betroffenen die notwendigen Ausweispapiere nicht vorweisen konnten. Der Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann (CDU) stellte der Wahl ebenfalls ein gutes Zeugnis aus. »Wir konnten keine Fälle von organisiertem Betrug feststellen«, erklärte Wellmann, der im Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Rußland war, dem Sender N24. Bei den von der Opposition angeprangerten Tausenden Beschwerden handele es sich »häufig« um Einzelbeschwerden »von Leuten, die nicht in den Wahllisten auftauchten«. Von massivem Betrug bei dem »sehr gut organisierten« Wahlakt selbst könne nicht gesprochen werden.

Für die westlichen Medien besteht die Opposition gegen Putin ausschließlich aus den lautstarken, aber zahlenmäßig kleinen Gruppen jüngerer Einwohner von Moskau und St. Petersburg. Die mit Abstand stärkste Kraft, die Kommunistische Partei der Russischen Föderation, deren Vorsitzender Gennadi Sjuganow über 17 Prozent der Stimmen erhielt, war den »Qualitätsmedien« kaum eine Erwähnung wert. Ignoriert wurden auch die anderen drei Kandidaten, der Milliardär Michail Prochorow (7,82 Prozent der Stimmen), der Ultranationalist Wladimir Schirinowski (6,23 Prozent) und der Linkskonservative Sergej Mironow (3,85 Prozent).

Quelle: www.jungewelt.de vom 06.03.12

Schon zu Beginn der 70er Jahre badete der Sozialdarwinist in rassistischem Schaum. Ein Blick in Sarrazins Doktorarbeit. Von Ulrich Guhl

Montag, 05. März 2012 von Huste

1973 legte der damals 28jährige Thilo Sarrazin seine Doktorarbeit der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn vor. Er hatte an dieser Bildungsstätte ein vierjähriges Studium der Volkswirtschaft erfolgreich absolviert und fand dort als Assistent eine Beschäftigung. Sarrazin war klug und zielstrebig. Er wollte hoch hinaus. Seine Doktorarbeit befaßte sich mit wissenschaftstheoretischen Aspekten der Wirtschaftsgeschichte. Sie erschien als Band 109 in der Forschungsreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung und wurde auch von der Bonner Universität publiziert. Heute ist diese frühe Arbeit Thilo Sarrazins nur noch schwer erhältlich. Ich wurde erst durch das Buch Otto Köhlers „Die große Enteignung“ darauf aufmerksam, welches sich mit dem skrupellosen Wirken der Treuhand und Sarrazins damit verbundenem Treiben in Ostdeutschland beschäftigt.

Die hier veröffentlichten Zitate aus seiner Doktorarbeit sollte man sich getrost auf der Zunge zergehen lassen, auch wenn einem dabei speiübel werden kann.
Sarrazin will in die „New Economic History“ einführen. Dieser Schule gelang es 1960, die Wirtschaftsgeschichte der USA aus bürgerlich-nationalökonomischer Sicht zu interpretieren. Gerade weil es sich um eine Denkschule aus den Vereinigten Staaten handelte, befaßte sich Sarrazin sehr ausgiebig mit ihren Ursprüngen, wobei er den Begründer des kritischen Rationalismus Karl R. Popper und Hans Albert mit besonderer Vorliebe zitierte.
Ein Teil der 168 Seiten umfassenden Dissertation befaßt sich mit der Geschichte der Sklaverei in den USA-Südstaaten. Sarrazin betrachtet diese einzig und allein aus dem Blickwinkel des kühlen, die Rentabilität der Sklaven ins Kalkül ziehenden Rationalisten. Das klingt dann so: „Folgende Größen gehen in die Ermittlung der Nettoeinnahmen für männliche Sklaven ein: Die Nettoverkaufspreise für Baumwolle ab Farm, also die Handelspreise minus Abschlag für Transport, Versicherung etc. Weiterhin die jährliche Produktion eines Sklaven und die laufenden Kosten für seinen Unterhalt. Auf dieser Grundlage werden unter wechselnden Annahmen bzgl. Kapitalkosten pro Kopf und Jahr durchschnittlicher Nettoverkaufspreis etc. fast durchweg positive Kapitalwerte ermittelt.“
Selbstverständlich legte Sarrazin eine ähnliche Berechnung des Nutzwertes von Sklavinnen vor, wobei er feststellte, das bei Männern „die Produktivität um ein Drittel bis um die Hälfte höher“ ist. Dafür aber „bekamen die Frauen Kinder, welche auch wieder Einnahmen brachten“. Denn „jede Negerfrau produzierte während ihres Lebens 5 bis 10 Kinder, welche in der Produktion verwendet oder verkauft werden konnten“. Weiter heißt es: „Die Negersklavin besaß die Hälfte bis zwei Drittel der Produktivität eines männlichen Sklaven. Dieses Verhältnis wurde ermittelt anhand der Relation der Mietpreise bei der Sklavenvermietung. Jede Schwangerschaft kostete drei Monate Arbeitszeit.“
Auch die Kinder vergaß Sarrazin nicht: „Die Kinder begannen mit 6 Jahren zu arbeiten. Die Jungen konnten sich ab dem 9. Lebensjahr selbst erhalten, die Mädchen vom 13.Lebensjahr an. „Deshalb ergaben „sich für weibliche Sklaven höhere Kapitalwerte und interne Zinsfüße als bei den Männern“. Aber die „Investition in einen weiblichen Sklaven trug längerfristigen Charakter und war darum mit höherem Risiko belastet. Und auch das liest man bei Sarrazin: „Die Fruchtbarkeit weiblicher Sklaven war bei Kauf nicht immer bewiesen. Sklavinnen, welche schon ein Kind bekommen hatten, dürften höhere Preise erzielt haben.
Dennoch stellt der Autor fest: „Sklavenaufzucht und -handel genossen kein sehr hohes Prestige. Für Sarrazin ist das völlig unverständlich, denn immerhin kommt er zu dem befriedigenden Ergebnis: „Insgesamt läßt sich der Schluß ziehen, daß die Sklavenhaltung mindestens ebenso profitabel war wie alternative Verwendungen des eingesetzten Kapitals.“
Allein die Sprache macht einen frösteln! Menschen als purer Kapitalwert! Sarrazin benutzt ganz selbstverständlich die Terminologie des weißen Rassismus. Er schreibt von Negern, ihrer Aufzucht, ihrem Preis und über die Selbsterhaltung und Nützlichkeit ihrer Kinder. Man kann sich unschwer vorstellen, daß Himmler oder ein KZ-Kommandant zu Nazizeiten ähnlich klingende Nutzwertberechnungen über Häftlinge gemacht haben dürfte. Hier spürt man die eisige Kälte des puren, entfesselten Kapitalismus, der den Menschen als entpersonifiziertes Objekt betrachtet, das allein der Profitmaximierung zu dienen hat.
Daß Thilo Sarrazin für dieses faschistoide Elaborat in der BRD einen Doktorhut erhielt, ist bezeichnend. Man stelle sich vor, irgend jemand hätte ein ähnliches Machwerk an einer Universität der DDR einzureichen gewagt. Eine absurde Idee!
Der heute völlig unverblümt kundgetane Sozialdarwinismus Thilo Sarrazins klang also bereits in seiner Dissertation an. Der Mensch, der als seelenlose Masse zur Maximierung der ökonomischen Effizienz zu dienen hat, wobei eine zur Herrschaft prädestinierte Minderheit den dabei erzielten Profit einstreicht, ist heute noch eines seiner Lieblingsthemen. Wenn das „Humankapital“ diesen Zweck erfüllt, wird es immer mit minimalem Aufwand am Leben erhalten. Wer aber die Erwartungen der Herrenschicht nicht erfüllt, ist als überflüssiger Ballast über Bord zu werfen. So entsorgte Sarrazin schließlich im Verein mit Helmut Kohl, Theo Waigel, Horst Köhler und Birgit Breuel Millionen von der Treuhand auf die soziale Abschußliste gesetzte einstige DDR-Bürger als „unnützes Menschenmaterial“. Mit solcher Denkungsart kann man in der BRD ein „gut aufgestellter“ Akademiker, Politiker und schließlich obendrein noch ein millionenschwerer Buchautor werden.
Ergänzend sei bemerkt: Der frühere BDI-Chef Hans-Olaf Henkel plant eine neue Partei mit dem früheren BDI-Geschäftsführer und Kopf der CDU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz, dem SPD-Rechtsaußen Wolfgang Clement und – aparterweise – Thilo Sarrazin. Um was es sich dabei handelt, kann man sich ausrechnen.

Quelle: Zeitschrift „Rotfuchs“, Ausgabe Februar 2012

„Die Pläne für den Warnschussarrest sind gefährliche Symbolpolitik“, erklärt Ulla Jelpke zur Absicht der Bundesregierung, jugendliche Straftäter auch bei einer Bewährungsstrafe für bis zu vier Wochen ins Gefängnis zu stecken.

Montag, 05. März 2012 von Huste

„In den letzten Jahren zeigt sich ein Rückgang der Jugendkriminalität – gerade jetzt eine Strafrechtsverschärfung herbeizuführen, ist nicht gerechtfertigt.“ Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Wer das Einsperren von Jugendlichen allen Ernstes für eine sinnvolle
pädagogische Maßnahme hält, will nicht wahrhaben, dass Gefängnisse das Problem, das sie lösen sollen, häufig noch vergrößern. Viele Jugendliche werden im Knast nicht abgeschreckt, sondern angesteckt – von einem kriminellen Milieu, das sich in Jugendhaftanstalten erst recht reproduziert.

Jugendliche, die zur Bewährung verurteilt werden, haben mit diesem Urteil
bereits einen Warnschuss. Sie zusätzlich ins Gefängnis zu stecken, ist nicht nur kontraproduktiv, sondern auch rechtlich hochproblematisch: Eine Bewährungsstrafe ist eine Bewährungsstrafe .

Weitaus sinnvoller als solche populistischen Maßnahmen wäre eine breit angelegte Kriminalitätsprävention durch ausreichend finanzierte Jugend- und Sozialarbeit.“
—-
Quelle: Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.

Platz der Republik 1
11011 Berlin

Leserbrief zum Beitrag „Kreisstadt: Linke und Rechte planen Demos“ (vom 03.30.12. Rhein-Zeitung, Ausgabe Ahrweiler). Von Wolfgang Huste

Montag, 05. März 2012 von Huste

DIE LINKE Ahrweiler gehört zu den über 40 (!) Mitunterstützern der geplanten antifaschistischen Demonstration, die am Samstag, 24. März, in Bad Neuenahr stattfinden soll. Ich bin der Ansicht, dass es nicht ausreicht, über das Problem „faschistische Umtriebe im Kreis Ahrweiler im allgemeinen und in der Stadt Bad Neuenahr im besonderen“ nur in geschlossenen Räumen und Gruppen zu diskutieren. Wer sich zum Antifaschismus bekennt, sollte auch „vor Ort“ präsent sein, also aktiv und engagiert auf die Straßen und Plätze gehen, um gegen diejenigen “Flagge” zu zeigen, die versuchen, in unserer Region und woanders ihre braune Sauce über unsere schöne Stadt zu gießen. Diese Stadt wird nicht von den Antifaschisten, von demokratisch gesinnten Menschen „beschmutzt“, sondern von den Neonazis! Es sollte für alle Demokratinnen und Demokraten eine Selbstverständlichkeit sein, sich aktiv (!) gegen Faschisten und Rassisten und ihre Ideologie zu wehren – überall! Wer wegschaut, wer nicht gegen diese Menschen verachtende Ideologie der Braunen demonstriert, hier keine Präsenz zeigt, unterstützt die Rechtsradikalen zumindest indirekt, wie es wissenschaftliche Untersuchungen beweisen, denn: Die Rechtsradikalen deuten einen nicht vorhandenen zivilen Widerstand gegen ihre Aktionen als Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Wir sollten keineswegs vergessen, dass das „Aktionsbüro Mittelrhein“zu den gefährlichsten Neonazigruppen in Deutschland gehört! Mehrere Bewohner des „braunen Hauses“ in der Weinbergstr. 17 werden mit dieser Gruppierung in einem engen Zusammenhang gebracht. Deshalb ist es gut, ein breites Bündnis gegen die Feinde der Demokratie aufzubauen, keinen auszuklammern. Zum „Krawalltourismus“ – Vorwurf von Elisabeth Graff, Fraktionsvorsitzende der SPD in Bad Neuenahr, nur folgendes: Man sollte die Spaltung gesellschaftskritischer und oppositioneller Kräfte in „gute“ Demokraten und „böse“ Extremisten nicht mittragen. Es ist gut, wenn wir Bürger und Bürgerinnen auch von anderen antifaschistisch gesinnten Menschen eine Unterstützung bekommen. Lokalpatriotismus ist hier völlig fehl am Platz! Da sollten uns alle demokratisch gesinnten Menschen sehr willkommen sein, egal, ob sie aus Bad Neuenahr oder aus anderen Städten und Regionen zu uns kommen. „Es eint uns der Kampf gegen Faschismus und Rassismus!“, das sollte ein Minimalkonsens unter Demokraten sein. Im Rahmen der völlig unwissenschaftlichen Extremismustheorie, wird der Gebrauch von Grundrechten (hier: Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit) bei Konservativen und Staatsorganen tendenziell als „Störpotential“ gewertet, statt als ein zu lobendes, zu unterstützendes demokratisches Bewusstsein, frei nach der Devise: „Antikommunismus- ja bitte! Antifaschismus- nein Danke!“. Die Kenntnis und die selbstbewusste Wahrnehmung unserer Bürgerrechte kann deren Einschränkungen wirksam entgegenwirken.

In der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit ist es wichtig, der Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Stalinismus bzw. DDR kritisch zu begegnen. Denn die Gleichmacherei ist häufig Voraussetzung dafür, Tabus in Diskussionen um gesellschaftliche Alternativen zu schaffen. In diesem Zusammenhang weise ich auf den sozialwissenschaftlichen Begriff „Extremismus der Mitte“ hin, der besagt, dass faschistische und/oder rassistische Denk- und Handlungsweisen keinesfalls nur an den Rändern der Gesellschaft vorkommen, sondern mitten in ihr. Wir sollten im Vorfeld der Demonstration keine künstlichen Barrieren und Ängste aufbauen, in dem die „zugereisten“ Antifaschisten als „Krawallmacher“ stigmatisiert und als „Gewalttäter“ vorverurteilt werden. Die Fraktionen aller im Kreistag und im Stadtrat vertretenen Parteien haben sich die Selbstverpflichtung auferlegt, aktiv und unter Ausschöpfung aller demokratischen Mitteln engagiert, also aktiv (!), gegen Faschismus und Rassismus einzutreten. Nun hoffe ich, dass ich am 24. März auch Vertreter und Vertreterinnen aller Parteien auf dieser antifaschistischen Demonstrationen antreffe. Worten müssen auch konkrete Taten folgen! Ein nur verbaler Antifaschismus, der sich in erster Linie in geschlossenen Gremien, hinter ebenso geschlossenen Saaltüren stattfindet, statt „vor Ort“, ist und bleibt ein unwirksamer Papiertiger, der nichts bewirkt an positiven Veränderungen im Sinne einer Demokratisierung der Demokratie, im Sinne der Stärkung des zivilen Widerstandes gegen Faschisten und Rassisten. Wir benötigen ein breites, buntes Bündnis gegen die Neonazis – da sollten wir keine demokratisch gesinnten Menschen ausklammern, da sollten wir alle „vor Ort“ präsent sein! „Buntheit und Vielfalt statt braune Einfalt!“ lautet in diesem Zusammenhang mein Motto. Ich wünsche den Demonstrierenden ein gutes und friedliches Gelingen!

Wolfgang Huste, Sprecher DIE LINKE Kreisverband Ahrweiler, Mitglied im Arbeitskreis Antifaschismus RLP und stellvertretender Ver.di – Sprecher im DGB, Kreisverband Ahrweiler

Keine Zeit für Hygiene. Gefährliche Keime auf Frühchenstation: Rationalisierung im Klinikum Bremen-Mitte führte zur Katastrophe. Personalknappheit war politisch gewollt. Von Sönke Hundt, Bremen

Sonntag, 04. März 2012 von Huste

Nach dem erneuten Auftauchen eines gefährlichen Darmkeims auf der Frühgeborenenstation im Klinikum Bremen-Mitte Ende Februar ist die Ursache dafür weiterhin ungeklärt. Die Ergebnisse der Untersuchungen in den Räumlichkeiten und des Personals werden erst für Anfang dieser Woche erwartet, erklärte eine Sprecherin des Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno) am Freitag.

Bremens Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) hatte den Geschäftsführer Diethelm Hansen sowie den zuständigen Chefhygieniker der Geno am 29. Februar mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Die Geno ist die Holding-Gesellschaft für die vier großen kommunalen Bremer Kliniken. Einen Tag vorher wurde die Intensivstation für Frühgeborene und die gesamte Gynäkologie im Klinikum Bremen-Mitte, dem größten Bremer Krankenhaus, geschlossen. Dem verantwortlichen Chefarzt der Neonatologie, Professor Hans-Iko Ruppert, war schon vorher fristlos gekündigt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Todes von sechs frühgeborenen Babys. Ein seit letzten Dezember arbeitender parlamentarischer Untersuchungsausschuß der Bremer Bürgerschaft versucht aufzuklären, sieht sich aber komplett blockiert, da sowohl die vorgeladenen drei verantwortlichen Geschäftsführer des Klinikums sowie die als weitere Zeugen geladenen Oberärzte aus der Neonatologie als auch die Leiterin der Krankenhaushygiene und eine Hygienefachkraft sich weigerten, vor dem Untersuchungsausschuß auszusagen. Dies auf Anraten ihrer Anwälte und aus Angst, sich selbst zu belasten.

Seit April 2011 sind auf der betroffenen Station 30 Frühchen mit dem multiresistenten Darmkeim ESBL-Klebsiella infiziert worden. Im August und Oktober starben drei Babys an den Folgen. Danach wurde die Station zunächst geschlossen, nach einer kompletten Renovierung und Desinfektion aber wieder geöffnet. Am 29. Februar mußte nun die Gesundheitssenatorin bekanntgeben, daß auf dieser Station zwei weitere Frühchen gestorben waren, daß sie sich wieder mit dem gleichen Keim infiziert hatten und daß neue Funde von Akten und von Proben aus dem Jahre 2009 aufgetaucht seien. Es gebe so den Nachweis, daß der gefährliche Keim schon seit mehr als drei Jahren immer wieder dokumentiert worden sei. Die neuen Ereignisse haben in Bremen für Entsetzen gesorgt.

Über den parlamentarischen Untersuchungsausschuß wurden inzwischen alarmierende Tatsachen bekannt. Der entlassene Chefarzt der Frühchenstation habe sich in einem Brandbrief bei der Geno-Geschäftsführung über die schlechte Personalsituation beschwert. Der Ausschußvorsitzende Björn Fecker (Grüne) zitierte aus Briefen und E-Mails, in denen sich Oberärzte und Mitarbeiter immer wieder über fehlendes Personal beklagt hätten. Mangels Zeugen aus Bremen wurde Anfang Februar Klaus-Dieter Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene geladen. Die Hygienesituation sei generell mangelhaft gewesen, so der Experte. Die Personalausstattung speziell auf einer Frühchenstation sei der entscheidende Faktor, um ein Infektionsrisiko zu vermindern. Pro Schicht würden Frühgeborene etwa 80 mal berührt. Wenn eine Pflegekraft ein Frühgeborenes betreut, sind das etwa fünf Minuten, die für jeden Kontakt zur Verfügung stünden. Wenn eine Beschäftigte dagegen rechnerisch 4,5 Babys zu betreuen hat – und das war im Herbst 2011 auf der betroffenen Station der Fall – dann blieben für jeden Kontakt nur noch 65 Sekunden – von denen allein für die Händedesinfektion 30 Sekunden benötigt würden. Das, so Zastrow, könne nicht gutgehen.

Als Claudia Bernhard, die Abgeordnete der Linken im Untersuchungsausschuß, nachfragte, ob alles gut wäre, wenn man nur genügend Personal eingesetzt hätte, antwortete Zastrow: »Ja, genau so einfach ist das.« Der Zusammenhang zwischen personeller Unterbesetzung und höherem Infektionsrisiko sei evident. Und: »Die Versuchung, bei der Hygiene zu sparen, ist riesengroß.«

Wie in jW schon mehrfach berichtet, hatte der SPD-Grünen-Senat der Hansestadt 2008 für den kommunalen Klinikverbund einen Sanierungsplan beschlossen, der den Abbau von 800 Vollzeitstellen vorsah. Mit den »Einsparungen« sollten Zins- und Tilgungszahlungen für einen Kredit erwirtschaftet werden, mit dem die Kosten des Neubaus im Klinikum Bremen-Mitte von 230 Millionen Euro finanziert werden. Der jetzt mit sofortiger Wirkung beurlaubte Geschäftsführer Diethelm Hansen war eingestellt worden, weil er versprochen hatte, daß er dieses gewaltige Rationalisierungsvolumen ohne Verlust der medizinischen Versorgungsqualität »stemmen« würde. Einige Betriebsräte der betroffenen Kliniken haben das seinerzeit als unmöglich bezeichnet. Sie haben recht behalten. Es war richtig, so Peter Erlanson von der Fraktion Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft, den Geschäftsführer Diethelm Hansen als den Hauptverantwortlichen sofort zu beurlauben. Was allerdings aus dem Sanierungsplan für die kommunalen Krankenhäuser wird, ist so noch überhaupt nicht geklärt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 05.03.12

Massenprotest gegen Neonazis in Münster

Sonntag, 04. März 2012 von Huste

egleitet von massiven Protesten sind am Samstag rund 200 Neonazis durch Münster marschiert. Insgesamt waren über 7000 Gegendemonstranten auf den Beinen. Die Polizei hatte die Route der Neofaschisten in eine Sperrzone verwandelt, um deren Aufmarsch zu ermöglichen. Das Gegenbündnis »Keinen Meter den Nazis« zeigte sich beeindruckt vom großen Protestwillen, kritisierte aber das »inakzeptable Verhalten der Polizei«. So wurde ein 20jähriger Gegendemonstrant von Beamten bewußtlos geschlagen und mußte mit schweren Kopfverletzungen auf der Intensivstation behandelt werden. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ingrid Remmers wurde festgenommen, nachdem sie bei einer anderen Festnahme deeskalieren wollte. Sie wurde erkennungsdienstlich behandelt und mußte sich in Polizeigewahrsam nackt ausziehen. Die Anwohner im Sperrgebiet konnten sich in ihrem eigenen Viertel nicht frei bewegen und wurden teilweise aus ihren Gärten gedrängt. Die Münstersche Zeitung meldete am Samstag nachmittag, es seien auch vier Polizisten verletzt worden, zwei aber durch Pfefferspray von ihren Kollegen. (draeg)

Quelle: www.jungewelt.de vom 05.03.12

Anmerkung von Wolfgang Huste: Das ZDF hat in seinen Nachrichten nicht über diese Antifa-Demo berichtet, wohl aber ARD.

Explosiver Fund. Razzia bei Neonazis in Sachsen-Anhalt: Polizei findet Waffen und rechtes Propagandamaterial. Sprengstoffexperten: »Gefährlicher als alles, was in Deutschland zugelassen ist«. Von Susan Bonath

Samstag, 03. März 2012 von Huste

Die Neonaziszene rüstet nicht nur in Bayern auf. Bei einer großangelegten Razzia wurde die Polizei auch in Sachsen-Anhalt fündig, wie die Mitteldeutsche Zeitung (MZ) in ihrer Freitagausgabe berichtete. In vier Landkreisen des ostdeutschen Bundeslandes stießen Beamte nicht nur auf Hakenkreuzfahnen, Transparente mit Naziparolen und Fackeln. Gefunden wurden auch ein Gewehr und 237 Sprengkörper. Die Polizei beschlagnahmte außerdem Handys und EDV-Technik zur Auswertung.

Den Angaben zufolge hatten am Dienstag Beamte in Mansfeld-Südharz, im Saalekreis, im Salzland und im Landkreis Börde zeitgleich acht Wohnungen von zwölf Angehörigen der rechten Szene durchsucht. Fünf davon befinden sich in Mansfeld-Südharz. Auch der dort lebende bekannte Neonazi Enrico Marx soll involviert sein und Besuch von Kriminalbeamten erhalten haben. Marx fungiert als Stützpunktleiter der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) und gilt als einer der führenden Kader der rechten Szene im Süden Sachsen-Anhalts. Im Dezember 2005 hatte ihm die Verwaltungsgemeinschaft Allstedt-Kaltenborn die Genehmigung für seinen Versandhandel von rechter Musik und Bekleidung aufgrund von Gesetzesverstößen entzogen. Sein Anwesen in Sotterhausen ist ein in Neonazikreisen bekannter Szenetreffpunkt. Marx hatte zum Beispiel den rechten Aufmarsch am 1. Mai vergangenen Jahres in Halle angemeldet, zu dem knapp tausend Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet angereist waren.

Bei der Pressestelle des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen-Anhalt war für junge Welt am Freitag niemand zu erreichen. Die MZ zitierte einen Sprecher: »Bei der Menge fragt man sich schon, was die damit vorgehabt haben.« Über mögliche Pläne für Anschläge wollte er aber nicht spekulieren. Sprengstoffexperten der Polizei schätzen nach MZ-Angaben das Arsenal als »schlagkräftig und gefährlicher als alles, was in Deutschland zugelassen ist« ein. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen nun Hinweisen auf organisierte Strukturen nach, da man »gruppenähnliche Zusammenhänge vermutet«, heißt es weiter.

Die Razzia erfolgte aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichtes Magdeburg. Eigentlicher Anlaß dafür war ein unangemeldeter Neonaziaufmarsch Ende Dezember 2011 im sachsen-anhaltischen Haldensleben (Landkreis Börde). Damals marschierten rund 30 Rechte mit Fackeln und einschlägigen Transparenten durch die Innenstadt. Dabei warfen sie Feuerwerkskörper und riefen Neonaziparolen. Anwohner hatten die Polizei informiert. Die ermittelt seitdem gegen sieben Beschuldigte, denen die Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen sowie Verstöße gegen das Sprengstoff- und das Versammlungsgesetz vorgeworfen wird. Derzeit wertet die Polizei Handy- und Computerdaten aus.

Quelle: www.jungewelt.de vom 03.03.12

Unglaublicher Zufall. Waffenfunde bei Neonazis in Bayern. Von Claudia Wangerin

Samstag, 03. März 2012 von Huste

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte von einem großen Erfolg gesprochen, der zeige »daß wir mit aller Entschlossenheit gegen Kriminalität und insbesondere Rechtsextremisten sowie Angehörige aus dem Rockermilieu vorgehen«. Herrmann, der bislang nicht für besondere Wachsamkeit gegenüber Neonazis bekannt war, suggerierte damit, die Waffenfunde bei der Großrazzia in der Oberpfalz und in Niederbayern am vergangenen Dienstag seien auf gezielte Ermittlungen auch in der rechten Szene zurückgegangen. Nach Berichten verschiedener Regionalmedien widerspricht die Staatsanwaltschaft Regensburg dieser Darstellung. Durchsucht worden seien zwar auch Gebäude, deren Eigentümer oder Mieter rechtsextremen Kreisen zuzuordnen seien, dieser Zusammenhang habe sich aber erst im Lauf der Ermittlungen ergeben und sei nicht ausschlaggebend für die Durchsuchungen gewesen, zitierte das regionale Wochenblatt bereits am Mittwoch den Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg, Dr. Markus Pfaller.

Ausgangspunkt der Razzien sei die Festnahme zweier Personen im Dezember vergangenen Jahres wegen verbotener Waffengeschäfte gewesen; eine dieser Personen habe nun Hinweise gegeben, die zu der Durchsuchungsaktion führten, erläuterte Pfaller am Freitag, als das Regionalmedium wegen der vielen Gerüchte, die auf die eigenwillige Informationspolitik Herrmanns zurückgingen, noch einmal nachhakte. Die Staatsanwaltschaft habe bisher keine Erkenntnisse, daß der Haupthinweisgeber dem rechten Milieu angehöre, zitierte das Online-Portal des Regionalmediums Pfaller. Bei den Razzien waren insgesamt 59 Objekte in Bayern durchsucht worden. Ausbeute: Rund 200 Schußwaffen, darunter auch solche, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, wie eine Abschußvorrichtung für eine Panzerfaust. Außerdem Munition und mehrere hundert Gramm Betäubungsmittel. Keineswegs beruhigend, aber vor dem Hintergrund früherer Funde im Dunstkreis deutscher Neonazis seit 1980 auch keineswegs »unglaublich«, wie Herrmann das Waffenarsenal nannte. Als im November 2006 im bayerischen Landkreis Rosenheim immerhin 55 Kurz- und Langwaffen, darunter Maschinengewehre, bei Neonazis gefunden wurden, tat dies die Staatsanwaltschaft als »Statussymbole der einschlägigen Szene« ab. Zu diesem Zeitpunkt waren in Bayern bereits fünf Morde geschehen, die erst fünf Jahre später der rechten Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrund« zugeordnet werden konnten – dies allerdings ganz ohne Zutun der bayerischen Behörden. So nutzte Herrmann nach den jüngsten Razzien die Gunst der Stunde, einen Zufallstreffer als Ergebnis intensiver Ermittlungen in der Neonaziszene zu verkaufen. Und beim nächsten Mal ist es ganz bestimmt wieder »unglaublich«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 03.03.12

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)