Wolfgang Huste Polit- Blog

Japan schaltet vorerst ab. Am Samstag wurde im Land der aufgehenden Sonne der letzte Reaktor zur Revision vom Netz genommen. Offensichtlich geht es auch ohne Atomstrom. Von Wolfgang Pomrehn

Montag, 07. Mai 2012 von Huste

Japan ist seit dem Wochenende ganz ohne Atomstrom. Am Samstag nachmittag wurde auf seiner nördlichen Hauptinsel Hokkaido der Reaktor Tomari 3 zur Revision heruntergefahren. Der Vorgang war seit vielen Wochen geplant und insofern wenig spektakulär, dennoch hat er besonderen symbolischen Wert. Bis Anfang März liefen in dem Inselstaat 54 Reaktoren, die 2010 nach unterschiedlichen Angaben 27 bis 34 Prozent des verbrauchten Stroms lieferten.

Nach dem schweren Erdbeben vor der Küste der ostjapanischen Tohoku-Region vom 11. März 2011 waren vier Reaktoren im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi schwer beschädigt worden. Eine Reihe weiterer AKW wurde abgeschaltet. Um der Unruhe in der Bevölkerung zu begegnen, wurde für alle Reaktoren ein sogenannter Streßtest angeordnet und zunächst keiner nach den routinemäßig anstehenden Inspektionen und Brennelementewechseln wieder in Betrieb genommen. Rund 20 Meiler hatten am 11. März ohnehin bereits stillgestanden.

In Fukushima mußten derweil Zehntausende Anwohner ihre Häuser verlassen, weil das Gebiet aufgrund der ausgetretenen Radioaktivität unbewohnbar geworden ist. Ein Teil ist inzwischen zurückgekehrt, aber japanische Umweltschützer und AKW-Gegner werfen der Regierung vor, die Gefahren zu verharmlosen und Datenerhebungen zu manipulieren. Der japanische Journalist Takashi Uesugi berichtete kürzlich auf einer Rundreise durch verschiedene deutsche Städte, daß die Messungen in der Präfektur Fukushima über Gelände erfolgen, von dem der radioaktiv belastete Boden bereits entfernt wurde. Entsprechend seien die in den Zeitungen veröffentlichten Werte deutlich niedriger, als jene, die er und andere mit ihren privaten Geigerzählern ermitteln.

Uesugi berichtet auch, daß Ärzten aus der Präfektur verboten wurde, systematische Blutuntersuchungen an ihren Patienten durchzuführen, weil dies die Bevölkerung verunsichern könne. Es gebe Berichte von einer Zunahme von Schilddrüsenfunktionsstörungen, ein deutlicher Hinweis auf zu hohe radioaktive Belastung. Bei Kindern werde häufiger Nasenbluten festgestellt.

Publizisten, die über derlei schreiben und sprechen, ergeht es schlecht. Uesugi selbst ist ein populärer Fernsehjournalist, der bis zum März letzten Jahres eine eigene Sendung hatte. Doch als er vier Tage nach dem Beginn der Reaktorkatastrophe in Fukushima in einer Livesendung berichtete, daß im Reaktor 3 Radioaktivität austritt, war es damit vorbei. Sein Sender setzte ihn vor die Tür. Wie ihm sei es auch einer ganzen Reihe weiterer Kollegen ergangen.

Dennoch hat sich die Stimmung in der Bevölkerung gewandelt. Vor der Reaktorkatastrophe hatte Japan ein Programm zum Ausbau der Atomwirtschaft. Erneuerbare Energieträger wie etwa die Sonne wurden vernachlässigt, und die einstige führende Rolle, die das Land bei der Produktion von Solarzellen hatte, wurde verspielt. Ähnlich wie in Deutschland hat die Regierungspartei nach der Reaktorkatastrophe nicht tatsächlich ihre Meinung geändert. Der atomkritische Premierminister Naoto Kan wurde sogar abgelöst, weil er sich nach Fukushima in Sachen Ausstieg aus der Kernkraftnutzung zu sehr aus dem Fenster gelehnt hatte.

Dennoch ist an AKW-Neubauten nicht mehr zu denken, und auch die Wiederinbetriebnahme der bestehenden Meiler gestaltet sich schwierig. Die muß nämlich von den Behörden in der jeweils betroffenen Präfektur genehmigt werden – und die trauen sich angesichts des Widerstandes in der Bevölkerung nicht recht. Die Regierung wollte zum Beispiel eigentlich bereits Ende März, daß die Reaktoren Oi 3 und 4 an Japans Westküste, aber auch in relativer Nähe zu Tokio, wieder angefahren werden, um den jetzt eingetretenen symbolträchtigen Zustand ohne Atomstrom zu verhindern. Doch die Präfektur hat sich geweigert. Eine Ende April durchgeführte landesweite Umfrage zeigte, daß knapp 60 Prozent der Japaner gegen die Wiederinbetriebnahmen im AKW Oi sind und nur 27 Prozent sie befürworten.

Entsprechend haben am Samstag in Tokio mehrere tausend Demonstranten das Abschalten des letzten Reaktors gefeiert. Das Land hatte im vergangenen Jahr die größten Anti-AKW-Demonstrationen seiner Geschichte erlebt. Derzeit laufen verschiedene Petitionen, mit denen auf regionaler und auf nationaler Ebene der Atomausstieg vorangebracht werden soll.

Regierung und Kraftwerksbetreiber versuchen derweil, das Schreckgespenst der Netzzusammenbrüche und Stromsperren an die Wand zu malen, doch das ist, wie ähnliche hiesige Kampagnen, größtenteils Propaganda. Der japanische Stromverbrauch ist 2011 gegenüber dem Vorjahr um rund fünf Prozent zurückgegangen, womit er umgerechnet auf die Bevölkerungszahl noch immer über dem deutschen Niveau liegt. Es gibt also noch erhebliche Einsparpotentiale, worauf die japanischen AKW-Gegner gern verweisen. Die AKW sind zu einem erheblichen Teil durch Kohle-, Gas und Dieselkraftwerke ersetzt worden, die zum Teil wieder in Betrieb genommen werden mußten. Strom aus Windkraft- und Solaranlagen spielt im Vergleich zu Ländern wie Dänemark, Portugal oder Deutschland bisher kaum eine Rolle. Allerdings hatte der Neubau von Photovoltaikanlagen bereits 2010 an Fahrt aufgenommen und die Solarstromausbeute erstmals die Grenze von einem Gigawatt (GW, grob gerechnet die Leistung eines Atomreaktors) überschritten. 2011 dürfte der Wert schon bei 1,5 GW gelegen haben. Und ab dem Sommer soll es auch eine Förderung geben, die sich an die deutschen Regelungen anlehnt.

www.jungewelt.de vom 07.05.12

»Wir werden gegen die Verbote Klage einreichen« Veranstalter wehren sich gegen Aufhebung des Versammlungsrechts in Frankfurt/Main. Gespräch mit Thomas von »Occupy Frankfurt«. Interview: Gitta Düperthal

Montag, 07. Mai 2012 von Huste

Thomas gehört »Occupy Frankfurt« an. Er will seinen vollständigen Namen nicht nennen, weil die Bewegung keinen offiziellen Pressesprecher etablieren will. Er ist einer der Anmelder für »Blockupy Frankfurt« und Veranstalter der kapitalismuskritischen Aktionstage vom 16. bis 19. Mai

Die Stadt Frankfurt am Main hat alle Veranstaltungen der kapitalismuskritischen Aktionstage vom 16. bis 19. Mai von »­Blockupy Frankfurt« untersagt, weil sie darin eine »Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung« sieht. Wie gehen Sie mit dem Verbot um?
Wir gehen davon aus, daß das Verbot weder juristisch noch praktisch Bestand haben wird. Die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit werden wir uns nicht nehmen lassen. Oder leben wir etwa in einer Diktatur? Sobald uns die Verbotsverfügungen vorliegen, werden wir dagegen Klage beim Verwaltungsgericht einreichen. Teilnehmer bereiten sich seit Wochen auf die Aktions­tage vor. Sie kommen teilweise von weit her, haben Tickets für die Busse gekauft – einer wird sogar aus Tunis eintreffen. Niemand wird sich abhalten lassen, gegen die Krisenpolitik der Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Frankfurt zu protestieren.

Von dem Verbot aller von uns angemeldeten Aktionen und Demonstrationen haben wir Veranstalter erst am Freitag nachmittag um vier Uhr erfahren – aus der Presse!

Warum meinen Sie, daß die Verbotsgründe keinen Bestand haben werden?
Eine Demonstration zu verbieten, weil die Demonstration einer anderen Organisation Gewalt beinhaltet habe, ist absurd. Will man die Versammlungsfreiheit gänzlich abschaffen? Aus unserem Aufruf auf unserer Internetseite geht hervor, daß es einen Aktionskonsens gibt, der keine Eskalation vorsieht. Wenn die Stadt argumentiert, es gäbe angeblich geheimdienstliche Erkenntnisse, daß Gruppen Gewalt planen, hätte man uns Veranstalter als erste darüber informieren müssen – nicht die Presse.

In einer Erklärung konstatieren Sie, die vom Presse- und Informationsamt (PIA) der Stadt herausgegebene Verbotsbegründung enthalte Lügen. Was konkret meinen Sie?
Die Begründung liegt uns übrigens nur vor, weil Dritte sie uns zugespielt haben – auch eine Unverschämtheit. Darin ist von »intensiven Gesprächen« zwischen Ordnungsamt und Veranstaltern die Rede: Es hat nur ein einziges stattgefunden. Dann ist die Rede von Alternativvorschlägen der Stadt, auf die wir uns angeblich nicht hätten einlassen wollen. Das ist Unsinn. Werner Rätz von ATTAC hat am 30. April richtigerweise in junge Welt beklagt, daß es keine ernst zu nehmenden Vorschläge gegeben hatte. Auch wenn es heißt, 40000 würden vier Tage lang die Stadt lahm legen, ist das gelogen. Nur für die Großdemo am Samstag haben wir so viele Teilnehmer angemeldet, für die anderen Tage weniger.

Die Frankfurter Stadtverordneten hatten sich am Donnerstag mehrheitlich dafür ausgesprochen, das Occupy-Camp vor der EZB nicht zu räumen. Auch die Frankfurter Polizei hat abgeraten, weil sie ansonsten Gewalt bei den Mai-Protesten befürchtete. Warum steht das Camp dennoch seit Wochen unter Streß?
Rumänische Staatsbürger sollten den Platz verlassen, hieß es zunächst. Einige sind daraufhin »freiwillig« gegangen; andere – unter anderem eine schwangere Frau – wußten nicht, wohin. Wir sind erstaunt über diese Auflage der Stadt: Sie ist seit Monaten informiert, daß Rumänen im Camp leben, hat aber ihre soziale Verantwortung nicht wahrgenommen. Zelte sollten plötzlich in gewissen Abständen von Bäumen stehen – haben wir gemacht. Dann der Streit um den Müll, dessen Entsorgung wir finanzieren sollen: Nach Versammlungsrecht muß die Stadt dafür aufkommen. Wir meinen, daß die Stadt Druck ausübt, um uns zum Aufgeben zu bringen.

Manuel Stock, Fraktionsvorsitzender der Frankfurter Grünen, tönt in der Frankfurter Rundschau, »Räumung als letzte Konsequenz kann man nie ausschließen«. Sind Sie enttäuscht von den Grünen?
Bei »Blockupy« wirkt der Bundesverband der Grünen Jugend mit. Ich schätze, daß man dort über Stocks Zugeständnis an den Koalitionspartner, die Frankfurter CDU, »not amused« ist und ihm dies mitteilen wird.

www.blockupy-frankfurt.org

Quelle: www.jungewelt.de vom 07.05.12

Hungerstreik ignoriert. Von Karin Leukefeld, Damaskus

Sonntag, 06. Mai 2012 von Huste

Das Auswärtige Amt in Berlin hat am Sonntag einen Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel dementiert, wonach Bundesaußenminister Guido Westerwelle gegenüber der palästinensischen Vertretung in Deutschland gemachte Zusagen zurückgenommen habe. »Die angekündigte Aufwertung der palästinensischen Mission in Deutschland gilt und wird umgesetzt«, sagte ein Ministeriumssprecher am Sonntag der Nachrichtenagentur dapd. Dem Blatt zufolge hatte Westerwelle im Februar bei einem Besuch in Ramallah versprochen, den Diplomaten in Berlin einen höheren Rang einzuräumen und die Vertretung von einem Botschafter führen zu lassen. Nun jedoch habe man den Palästinensern in einer Verbalnote mitgeteilt, ihr Vertreter dürfe sich zwar Botschafter nennen, daraus würden sich jedoch »keinerlei zusätzliche Privilegien oder Immunität« ergeben.

Das Verhalten der Bundesregierung stößt bei in Deutschland lebenden Palästinensern zunehmend auf Kritik. Unter Anspielung auf das aufgeregte Stimmengewirr um die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko richtete die Fatah-Jugend einen offenen Brief an Bundespräsident Joachim Gauck: »Danke, daß Sie so mutig für die Menschenrechte eintreten. Jetzt hoffen wir auf Ihr unerschrockenes Eintreten für die Tausenden seit Wochen im Hungerstreik befindlichen Palästinenser in israelischer Haft.« Am Sonntag nachmittag nahmen mehrere hundert Menschen an einer Solidaritätskundgebung für die Inhaftierten vor der US-Botschaft in Berlin teil. Sie protestierten damit auch gegen Strafmaßnahmen, mit denen die israelischen Militärbehörden auf den Protest von mehr als 2000 palästinensischen Gefangenen geantwortet hat. Die Nachrichtenagentur Maan News berichtete am Sonntag, daß das Gefängnispersonal 30 Hungerstreikenden persönliche Gegenstände abgenommen habe. Für komplette Durchsuchungen hätten die Gefangenen sich nackt ausziehen müssen. Einige Gefangene seien in kleine Container aus Metall in ein Gefängnis in der südisraelischen Wüste Negev verlegt worden.

Der Protest der palästinensischen Gefangenen hatte Ende Februar in mehreren israelischen Haftanstalten begonnen und sich Mitte April massiv ausgeweitet. Er richtet sich gegen langjährige Inhaftierungen ohne Verurteilung, gegen die Isolationshaft sowie gegen eingeschränkte Besuchsrechte. Außerdem fordern die Hungerstreikenden besseren Zugang zu Bildung und Ausbildung während ihrer Haftzeit.

300 der rund 5000 palästinensischen Gefangenen befinden sich ohne Anklage und ohne Verfahren in Administrativhaft. Zu ihnen gehört der 33jährige Thaer Halahla aus Hebron, der sich seit August 2010 ohne Anklage in Haft befindet und seit 68 Tagen die Nahrungsaufnahme verweigert. 19 der hungerstreikenden Gefangenen befinden sich in Isolationshaft, darunter auch Ahmad Saadat, der Vorsitzende der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP).

Scharf hat Richard Falk, UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in den besetzten Gebieten, die westlichen Medien für ihr Schweigen über den Hungerstreik kritisiert. Würde eine so dramatische Aktion in einem anderen Land der Welt stattfinden, würde rund um die Uhr berichtet, schrieb Falk in der vergangenen Woche auf seinem Internetblog. Die Bereitschaft der Gefangenen, ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel zu setzen, und ihr »gewaltloser Protest gegen schwere Mißhandlungen in israelischen Gefängnissen« dürften nicht ignoriert werden.
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.05.12

Da sei Merkel vor. Treffen im Kanzleramt: Vertreter der »Erneuerbaren« waren nicht geladen – Großversorger sperren sich gegen angeblich angestrebte »Energiewende«. Von Wolfgang Pomrehn

Freitag, 04. Mai 2012 von Huste

Angela Merkel hatte am Mittwoch nachmittag zu einem sogenannten Energiegipfel nach Berlin geladen. Die Gästeliste war einmal mehr ein Beleg dafür, daß die Bundeskanzlerin auch zukünftig gedenkt, Energiepolitik nach Gutsherrenart zu gestalten. Eigentlich sollte man meinen, daß so wichtige Fragen wie die künftige Struktur der Stromversorgung, neue Kraftwerke und Netzausbau vor allem vom Parlament debattiert und entschieden werden müssen. Aber weit gefehlt. Wie schon im Sommer 2010 das sogenannte Energiekonzept der Regierung und die Verlängerung der AKW-Laufzeiten – die dann später freilich zurückgenommen werden mußten – mit den Spitzen der großen Energiekonzerne ausgekungelt wurden, so versucht Merkel auch jetzt wieder, wichtige Weichenstellungen mit diesen im Hinterzimmer auszuhandeln.

Nicht geladen zum Energiegipfel waren die Vertreter etwa des Bundesverbandes Windenergie oder des Bundesverbandes der Solarwirtschaft. Auch das Forum Netzintegration, in dem Umweltverbände, Bürgerinitiativen, kleine Netzbetreiber sowie verschiedene Verbände der »Erneuerbaren« zusammenarbeiten, wurden nicht geladen. Das ist besonders zu beachten, denn immerhin sollte es auf dem Treffen auch um den Ausbau der Stromnetze gehen. Und im besagten Forum wurden bereits mit Anwohnerinitiativen sehr detaillierte Pläne und Kriterien entworfen, wie das zügig geschehen könnte. Nur hatten die besagten Bürgerinitiativen und auch Umweltverbände deutlich gemacht: Voraussetzung für die Akzeptanz neuer Leitungen ist natürlich, daß diese tatsächlich für Wind- und Sonnenstrom und nicht etwa für den aus neuen Braun- und Steinkohlekraftwerken eingesetzt werden. Solche sind aber in den Stromüberschußgebieten an der Küste und in Ostdeutschland weiter in Planung oder bereits im Bau. Sollte das womöglich der Grund gewesen sein, weshalb Merkel kein Interesse an den Netzausbauvorschlägen des Forums zeigt?

Wie dem auch sei, herausgekommen ist bei den Gesprächen der Kanzlerin mit Vertretern von E.on, EnBW, RWE, dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und einige Stadtwerkeverbünden allerdings nichts Greifbares. Das Handelsblatt lobt zwar, daß die Energiepolitik durch das Treffen endlich zur Chefsache gemacht worden sei, aber das ist es denn schon fast. Das von der Industrie und auch anderen geforderte Energieministerium wird es vorerst nicht geben.

Hauptsächlich ging es wohl, soviel ist den spärlichen Äußerungen zu entnehmen, im Kanzleramt um neue Kraftwerke und hier vor allem um Gaskraftwerke. Merkel scheint gewillt, deren Errichtung zu subventionieren. Bereits im Sommer 2011 hatte sie 15 Prozent der Investitionssumme ins Spiel gebracht, einen Zuschuß, den sie auch gerne für neue Kohlekraftwerke zahlen würde. Für das Klima wäre das allerdings wenig erfreulich, weil die hohen Treibhausgasemissionen des Energiesektors über Jahrzehnte festgeschrieben würden. Zum Glück aber ist bisher fraglich, ob sich derlei Unterstützung gegenüber der EU-Kommission und den anderen EU-Mitgliedsländern durchsetzen ließe.

Gaskraftwerke sind allerdings gegenüber solchen, die Kohle- und vor allem Braunkohle nutzen, aus zwei Gründen die bessere Lösung. Zum einen stoßen sie pro »erzeugter« Kilowattstunde erheblich weniger Treibhausgas aus. Zum anderen sind sie erheblich flexibler, und das ist wichtig angesichts der fluktuierenden Produktion von Wind- und Sonnenstrom. Gaskraftwerke lassen sich innerhalb weniger Minuten hoch- und runterfahren. Kohlekraftwerke brauchen dafür viele Stunden, Atomkraftwerke sogar Tage. Diese lassen sich daher nur wirtschaftlich betreiben, wenn sie rund um die Uhr laufen.

Das Problem für die Stadtwerke und Energiekonzerne, die gerne große Gaskraftwerke bauen würden, ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit unter den Bedingungen eines wachsenden Anteils von Sonnen- und Windstrom. Bisher konnten sie damit rechnen, ihre Anlage 4000 von 8760 Stunden im Jahr laufen zu lassen und ihren Strom vor allem tagsüber in Zeiten mit hohem Bedarf teuer verkaufen zu können. Doch diese Spitzen werden inzwischen meist vom Solarstrom abgedeckt, und die Gaskraftwerke sind oft nur noch 2000 Stunden pro Jahr am Netz. Da viele Betriebskosten unabhängig von der Laufzeit sind, macht dies ihren Strom teurer.

Wegen dieses Dilemmas fordern die alten Unternehmen der Energiewirtschaft, die wegen der Unterstützung der »Erneuerbaren« gerne Foul schreien, nun Geld vom Staat. Allerdings wären auch andere Lösungen denkbar. Zum einen ist fraglich, ob tatsächlich Gasgroßkraftwerke als Ergänzung für Sonne und Wind benötigt werden. Viele kleine Einheiten, deren Abwärme zugleich genutzt wird, würden diesen Zweck auch und vermutlich sogar besser erfüllen. Außerdem könnten die Gaskraftwerke ja auch einen Teil der Arbeit der mit Braunkohle betriebenen Anlagen übernehmen, aber das würde natürlich die Marktmacht von RWE und Vattenfall weiter untergraben. Und da sei Merkel vor.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.05.12

Deutschland exportiert Strom

Freitag, 04. Mai 2012 von Huste

Im vergangenen Jahr haben die erneuerbaren Energieträger Wind (acht Prozent), Sonne (drei), Biomasse einschließlich dem organischen Anteil der Müllverbrennung (sechs) und Wasser (drei) rund 20 Prozent zur Deckung des Bruttostromverbrauchs in Deutschland beigetragen. Gegenüber 2010 war das eine Steigerung um etwa 3,6 Prozentpunkte. Und das Wachstum geht weiter: Im ersten Quartal 2012 hat sowohl die sogenannte Erzeugung in Windkraft- als auch in Solaranlagen noch einmal um knapp 40 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2011 zugelegt. Bedenkt man außerdem, daß die Großkraftwerke, und zwar vor allem die AKW, fast sechs Prozent ihres Stroms selbst verbrauchen, so ist der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Nettostromerzeugung noch ein paar Punkte höher als die oben zitierten 20 Prozent.

Entgegen allen anders lautenden Gerüchten war Deutschland auch 2011 trotz der Abschaltung eines Teils der Atomkraftwerke Nettostromexporteur. In der Summe wurden sechs Milliarden Kilowattstunden (sechs Terawattstunden, TWh), etwa ein Prozent der »Produktion«, exportiert. Im Jahr davor waren es 17,7 TWh gewesen. In den 1990ern, als Wind, Sonne und Biogas hierzulande noch keine Rolle für die Stromerzeugung spielten, wurde regelmäßig mehr ein- als ausgeführt.

Weiter wird gerne verbreitet, durch den Atomausstieg seien mehr fossile Kraftwerke betrieben worden. Auch das stimmt nicht. Zwar hat die Stromerzeugung der besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke zugenommen (plus 7,1 TWh), aber zugleich wurden weniger Kohle (minus 2,5 TWh), Gas (minus 2,5 TWh) und weniger Öl (minus 1,4TWh) verbrannt. Unterm Strich haben 2011 fossile Kraftwerke nur 0,4 TWh mehr Strom geliefert als im Jahr zuvor. Das war nicht einmal ein Promille der Erzeugung. Der vermehrte Einsatz der Braunkohle muß also andere Gründe haben. Die ausgefallenen 32,6 TWh Atomstrom wurden hingegen im wesentlichen durch den Rückgang der Exporte um elf TWh und eine Steigerung der Nutzung erneuerbarer Quellen um 19,2 TWh kompensiert.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.05.12

Prekäre Beschäftigung wächst

Donnerstag, 03. Mai 2012 von Huste

Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, erklärte am Donnerstag zu den Arbeitslosenzahlen des Monats April:

Die Zahl der niedrig entlohnten und unsicheren Arbeitsplätze nimmt weiter zu. Prekäre Beschäftigung bleibt das ungelöste Problem auf dem Arbeitsmarkt. Nach den aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Erwerbstätigen, die zugleich Hartz IV beziehen, im Vergleich zum Vorjahr um ein Prozent auf 1,33 Millionen gestiegen. 2,5 Millionen Beschäftigte arbeiten inzwischen neben ihrem Hauptberuf in einem Minijob, ein Plus von 75000 oder 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Die Bundesregierung treibt den Boom des Niedriglohnsektors voran. Denn sie weigert sich beharrlich, einen flächendeckenden, armutsfesten Mindestlohn einzuführen, Leiharbeitskräfte dem Stammpersonal eines Unternehmens gleichzustellen und Minijobs in voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu überführen. (…)

Quelle: www.jungewelt.de vom 03.05.12

Weiterer Betrug per Doktorarbeit

Mittwoch, 02. Mai 2012 von Huste

Berlin. Ein neoliberaler Schwindler mehr: Auch der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Florian Graf hat jetzt eine »Täuschungshandlung« beim Verfassen seiner Doktorarbeit zugegeben. In einer an die Universität Potsdam adressierten Erklärung, die dem Tagesspiegel (Mittwochausgabe) vorliegt, gibt der CDU-Politiker zu, »plagiiert« zu haben.

Das Betrügen per Doktorarbeit scheint in rechten Kreisen eher ein Kavaliersdelikt zu sein. Als Fälscher aufgefallen waren in den vergangenen Monaten u. a.: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Silvana Koch-Mehrin (FDP), Jorgo Chatzimarkakis (FDP), Stoiber-Tochter Veronica Saß, Margarita Mathiopoulos (FDP-Beraterin). Sie befinden sich in bester Gesellschaft: Die Universität Budapest annullierte erst vor einem Monat den Doktortitel von Staatspräsident Pál Schmitt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 02.05.12

Gute Laune trotz Medienkrawall

Mittwoch, 02. Mai 2012 von Huste

Tausende Menschen haben am Montag abend im Berliner Stadtteil Wedding an der »Antikapitalistischen Walpurgisnacht« am Vorabend des 1. Mai teilgenommen. Unter dem Motto »Nimm, was dir zusteht« zogen sie ab 22 Uhr vom S-Bahnhof Wedding aus durch den Bezirk. Die Polizei sprach von bis zu 3300 Teilnehmern, beteiligte Gruppen von rund 4000. Obwohl Medien wie die BZ im Vorfeld Panik vor gewaltbereiten Demonstranten geschürt hatten, verlief die Nacht nach Polizeiangaben »weitgehend friedlich«. Die Eingangstür einer Bank in der Müllerstraße sei durch einen Stein beschädigt worden, hieß es.

Quelle: www.jungewelt.de vom 02.05.12

Grüße aus dem Trainingslager. Thüringer Verfassungsschutz war über Schießübungen von späterem »NSU«-Mitglied informiert. Skandalserie reißt nicht ab. Von Markus Bernhardt

Mittwoch, 02. Mai 2012 von Huste

Die Serie der Enthüllungen über das Zusammenwirken von bundesdeutschen Inlandsgeheimdiensten und der neofaschistischen Szene reißt nicht ab. War ihm in der Vergangenheit vorgeworfen worden, die braune Szene über Spitzelhonorare staatlich zu alimentieren, muß sich das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz nunmehr die Frage gefallen lassen, warum es in den 1990er Jahren Schießübungen zuließ, an denen unter anderem der langjährige behördeneigene V-Mann Tino Brandt und das spätere Mitglied des Terrornetzwerks »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU), Uwe Bönhardt, teilgenommen haben sollen.

Bereits seit dem 28. Juli 1996 sollen sowohl der Thüringer Geheimdienst als auch das dortige Landeskriminalamt (LKA) Kenntnis von besagten Waffenübungen gehabt haben, die die militante Naziszene auf einem Gelände im thüringischen Kahla durchführten. Dies berichtete am vergangenen Samstag der Mitteldeutsche Rundfunk unter Berufung auf ihm in Kopie vorliegende Unterlagen des LKA. Das besagte Grundstück war demnach von Tino Brandt, einer der Schlüsselfiguren des »NSU«-Skandals, gepachtet worden, der für seine tatsächliche oder vermeintliche Spitzeldienste in der rechten Szene insgesamt etwa 200000 D-Mark erhalten hatte, die er unter anderem in den Aufbau von Neonazistrukturen investierte. Brandt galt als einer der Hauptaktivisten des militanten »Thüringer Heimatschutzes« (THS), einem Zusammenschluß in dem sich Mitte der 1990er Jahre Kader der sogenannten Anti-Antifa, »Freie Kameradschaften« und Mitglieder der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten« wiederfanden.

Bisher verweigern der Thüringer Verfassungsschutz und das LKA die Beantwortung von Anfragen zu den neuerlichen Enthüllungen. Ganz im Gegensatz zu der Beteuerung größtmöglicher Transparenz und den gebetsmühlenartigen Versicherungen, die Rolle der Geheimdienste im »NSU«-Skandal aufklären zu wollen, liegen selbst den Mitgliedern des Thüringer Untersuchungsauschusses, der sich mit besagtem Komplex befaßt, derzeit nur drei Aktenordner mit Material des dortigen Landesamtes für Verfassungsschutz vor. Aktenbestände aus der Gründungszeit des »THS« sind darin ebenso wenig enthalten wie Richtlinien zum Umgang der Behörde mit V-Leuten.

Die Polizei müsse sich die Nachfrage gefallen lassen, warum man die Schießübungen, Geländetrainings mit Waffen und Uniformierung nicht zum Anlaß genommen habe, intensiv in Richtung Aufbau militanter bewaffneter Neonazistrukturen zu ermitteln und gegenüber dem Innenministerium eine Warnung auszusprechen, konstatierte am Montag auch Martina Renner, Landtagsabgeordnete der Linksfraktion.

Darüber hinaus stellt sich außerdem die Frage, ob es der neofaschistischen NPD ohne das Zutun der Geheimdienste überhaupt hätte gelingen können, ihren stets drohenden Weg in die politische Bedeutungslosigkeit derart zu verlangsamen. Betrachtet man, in welchem Ausmaß Neofaschisten wie Tino Brandt gehätschelt und gefördert wurden, wagt man sich kaum vorzustellen, welche Rolle die zuletzt etwa 130 Spitzel in der NPD gespielt haben, von denen allein rund 20 in den Bundes- und Landesvorständen der Partei aktiv waren.

Quelle. www.jungewelt.de vom 02.05.12

Bunt statt braun. Neonazis trafen beim Versuch, den 1. Mai zu vereinnahmen, auf eine deutliche Überzahl an Gegendemonstranten. Von Mirko Knoche

Mittwoch, 02. Mai 2012 von Huste

In mehreren deutschen Städten sind am gestrigen 1. Mai Neonazis aufmarschiert, trafen aber auf eine deutliche Überzahl an Gegendemonstranten. Polizeibeamte schützten die rechten Kundgebungen, zu größeren Ausschreitungen kam es dabei nur in Bonn. Rund 1000 Menschen versuchten, sich den rund 200 Neofaschisten in den Weg zu stellen. Polizeibeamte lösten die Blockaden gewaltsam auf und setzten Tränengas ein. Gegendemonstranten hätten eine Absperrung durchbrochen, hieß es danach zur Begründung. Nach Augenzeugenberichten wurde bereits am Vormittag eine Gruppe von Antifaschisten eingekesselt.

Rund 4000 Bürger demonstrierten im oberfränkischen Hof gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremisten. An dem Protest unter dem Motto »Unsere Region ist bunt, nicht braun« beteiligten sich auch hochrangige Mitglieder bürgerlicher Parteien. »Die Sprachlosigkeit der Demokraten ist der größte Feind der Demokratie«, begründete etwa Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) seine Teilnahme. Bayerns DGB-Chef Matthias Jena beklagte, daß Neonazis zunehmend versuchten, »als Trittbrettfahrer der sozialen Frage den 1. Mai für ihre Zwecke zu vereinnahmen«. Er forderte ein Verbot der NPD und der militanten Organisation »Freies Netz Süd«. Bei dem Aufzug von etwa 400 Neonazis kam es zu »Reibereien« mit Gegendemonstranten, wie ein Polizeisprecher nach Agenturangaben sagte. Dabei seien mehrere Personen aus beiden Lagern festgenommen worden, so auch zwei Faschisten wegen »Propagandadelikten«. Mehrere Platzverweise wurden ausgesprochen. Laut Polizei hatten rund 200 autonome Linke an der Demonstration teilgenommen.

Zu drei rechten Kundgebungen in Ostberlin waren jeweils nur einige Dutzend Nazis angereist. Dagegen wandten sich mehrere hundert Antifaschisten. »Wir wollen zeigen, daß wir der NPD nicht den öffentlichen Raum überlassen«, sagte der Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, Stefan Komoß (SPD). Im brandenburgischen Wittstock konnten mehrere hundert Aktivisten laut n-tv mit einer Spontandemo erfolgreich die Route von über 100 Rechtsradikalen blockieren. Auch im mecklenburg-vorpommerschen Neubrandenburg waren dem Sender zufolge zwei Sitzblockaden zunächst erfolgreich. Später leitete die Polizei die Rechtsextremen in Seitenstraßen um.

Im schleswig-holsteinischen Neumünster erschienen zuerst rund 30 Neonazis am Hauptbahnhof, verschwanden aber kurz darauf wieder. Gleichzeitig verließen rund 120 Rechtsradikale den Südbahnhof und zogen mehrere hundert Meter weit durch die Kleinstadt. Weil sie damit gegen Auflagen verstoßen haben sollen, stoppte die Polizei den Aufzug und nahm die Gruppe in Gewahrsam. Zur Nazikundgebung war auch der NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, gekommen. Gleichzeitig protestierten rund 1000 Menschen in unmittelbarer Nähe; im Zentrum Neumünsters hielten sich weitere 1000 Gegendemonstranten auf. Die Aktionen begannen mit der Mai-Kundgebung des DGB um 10 Uhr. Daran nahmen rund 600 Gewerkschafter teil, wie ein Polizeisprecher auf jW-Nachfrage sagte.

In Schleswig-Holstein wird am kommenden Sonntag ein neuer Landtag gewählt. CDU-Landtagspräsident Torsten Geerds und die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth waren zu den Protesten nach Neumünster gekommen, außerdem die Piraten-Landtagskandidatin Angelika Beer und der neugewählte Parteichef Bernd Schlömer. Die Piraten hatten sich am vergangenen Wochenende auf ihrem Bundeskongreß deutlich von rechten Tendenzen in der Organisation distanzieren müssen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 02.05.12

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