„Kaum eine Nacht vergeht, ohne Anschläge und Drohungen gegen linke Treffpunkte und Parteibüros, Wohnungen und Fahrzeuge bekannter Antifaschisten in NRW. Obwohl ein rechtsextremer Hintergrund offenkundig ist, stochert die Polizei bei der Tätersuche im Dunkeln“, beklagt die Dortmunder Abgeordnete Ulla Jelpke. „Die
Polizei verharmlost die systematischen Gewalttaten und Einschüchterungsversuche der Faschisten gar als scheinbar normale Sachbeschädigungen im Vorfeld des
Naziaufmarsches vom 3. September. Meine Solidarität gehört all denjenigen, die aufgrund ihrer antifaschistischen Gesinnung ins Fadenkreuz der Nazis geraten sind. Da wir von der Polizei offensichtlich keinen Schutz vor neonazistischen Übergriffen und Aufmärschen erwarten können, werden wir am Samstag gemeinsam den
Naziaufmarsch blockieren.“
Quelle: Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Vom 01.09.11
215 000 Euro umfasst der Planansatz im Wirtschaftsplan 2011 für die Bad Bodendorf Kurbad GmbH. Darin enthalten sind auch 1000 Euro für den Dienstwagen von Bürgermeister Wolfgang Kroeger.
Dazu erklärt der Sprecher der LINKEN im Kreis Ahrweiler, Harald W. Jürgensonn:
1000 Euro sind ein verhältnismäßig kleiner Posten in einem Haushaltsplanansatz mit einem Volumen von 215 000 Euro. Es stellt sich jedoch die Frage, wieso sich die Kurbad GmbH an den Dienstwagenkosten der Stadt beteiligen soll. Muss die Kurbad GmbH jetzt dafür herhalten, dass die städtischen Kosten für die Ausstattung des Bürgermeisteramts im Etat um 1000 Euro niedriger angesetzt und damit geschönt werden können? Offensichtlich wird hier auf dem Papier Geld von der rechten in die linke Tasche gesteckt. Es ist nicht viel angesichts der Gesamtsumme, aber der Vorgang nährt wieder mal das Misstrauen gegenüber Politik und Verwaltung, was Transparenz und saubere Haushaltsführung angeht. Die Einführung des kommunalen Bürgerhaushalts, der alle Bürgerinnen und Bürger in die Planung einbezieht, bei dem alles von vornherein offengelegt wird und wie er schon seit Jahren von der LINKEN gefordert wird, ist ein wirksames Mittel, solche Irritationen zu vermeiden. In Worms übrigens ist der kommunale Bürgerhaushalt jetzt eingeführt worden – auf Antrag und Betreiben der dortigen Linksfraktion und parteiübergreifend einstimmig beschlossen.
Quelle: www.dielinke-ahrweiler.de vom 01.09.11
Als der Bereichsleiter „Ringwerk“ der Nürburgring Automotive GmbH sagte, zur Genehmigung der angeblich schnellsten Achterbahn der Welt fehle der Kreisverwaltung nur noch ein medizinisches Gutachten, hat er gelogen. Laut Kreisverwaltung „liegen bis heute keine vollständigen Unterlagen für das Genehmigungsverfahren vor“. Unter anderem fehlen technische Dokumentationen, bautechnische und weitere Nachweise wie zum Beispiel abschließende Prüfberichte der Sachverständigen sowie Gefährdungsbeurteilungen.
Gleichzeitig steht fest, dass es zu weiterem Personalabbau kommt, da die Besucherzahlen weit unter den veranschlagten 4,1 Millionen zahlenden Gästen pro Jahr liegen. Ein Nobel-Geschäft im Ring-Boulevard wird schließen, und die versprochenen zusätzlichen Arbeitsplätze bleiben auch in der Gastronomie aus. So wechselte zum Beispiel die Bar-Leiterin eines großen Hotels in Adenau ins Eifeldorf, die stellvertretende Küchenchefin des Traditionshauses wird ihr folgen.
Seit aus dem Ring für annähernd 400 Millionen Euro auf Steuerzahlerkosten eine darüber hinaus noch subventionierte Eifel-Kirmes gemacht wurde, leidet das Umfeld. Ortsansässige Hotellerie und Gastronomie mussten sich zum Teil hoch verschulden, um ihre Häuser aufzuwerten, versprochene Arbeitsplätze werden entweder unterbezahlt oder sind gar nicht erst entstanden bzw. werden schon wieder wegrationalisiert. Was unter der Beck-Alleinregierung mit Kontakten zu kriminellen Geldbeschaffern begann, wird unter Rot-Grün mit Billigung der Grünen weitergeführt. Und die Verantwortlichen belügen weiter die Bürgerinnen und Bürger, die diesen Skandal letztlich bezahlen.
Quelle: „Der rote Blog“ vom 30.08.11
Es ist noch nicht lange her, dass Ministerpräsident Kurt Beck erklärte, in Rheinland-Pfalz werde es nur ein einziges Factory Outlet Center (FOC) geben – und das stehe in Zweibrücken. Dieses Statement ist jetzt Makulatur wie so Vieles, was von SPD und Grünen vor der Landtagswahl gesagt wurde. Denn in Montabaur wird jetzt ebenfalls ein FOC gebaut, nachdem die Limburger Stadtverordneten beschlossen haben, nicht länger gegen das Profit-Projekt zu klagen.
Auch im Kreis Ahrweiler ist das Thema FOC nicht vom Tisch. Obwohl Gutachten von Millionen Euro Kaufkraft künden, die dem örtlichen Einzelhandel verloren gehen, obwohl feststeht, dass Hunderte Arbeitsplätze und Existenzen bedroht sind, arbeitet FWG-Kreispolitiker Rolf Deißler gemeinsam mit einem Investoren, den er partout nicht nennen will, an diesem Projekt. Rückendeckung bekommt er von Andrea Nahles, die ihm 2010 versprach, sich in Mainz für den Bau des FOC stark zu machen. Das ist Politik gegen die Bürgerinnen und Bürger, Politik gegen den ortsansässigen Einzelhandel.
Vier Millionen Euro wird der jährliche Kaufkraftverlust sogar für die Stadt Bonn betragen, wenn das FOC im Kreis Ahrweiler auf der grünen Wiese gleich neben dem Autobahnanschluss zur A 61 gebaut werden sollte. DIE LINKE ist sich mit vielen Bürgerinnen und Bürgern und Vertretern des Einzelhandels einig, dass mit dem Bau des FOC die Innenstädte weit über den Kreis Ahrweiler hinaus weiter veröden und das soziale Leben in den dortigen Einkaufsbereichen stirbt.
Arbeitsplätze werden wegfallen und allenfalls durch Niedriglohn-Jobs im FOC ersetzt. Auf das Wort von Beck können die Betroffenen nicht vertrauen, denn die Genehmigung für das FOC in Limburg ist ein Beleg für die von ihm offensichtlich gebilligte Salamitaktik der FOC-Lobbyisten: Erst Zweibrücken, dann Montabaur, eventuell Ahrweiler, und schließlich sind alle strategisch wichtigen Standorte FOC-verseucht.
DIE LINKE Rheinland-Pfalz wird sich gegen diese rein profitorientierte und bürgerferne Wirtschaftspolitik wehren – im Schulterschluss mit allen Bürgerinnen und Bürgern, die um ihre Existenz, ihren Job und das soziale Leben in den betroffenen Städten und Gemeinden bangen. Das haben wir vor der Wahl versprochen – und dazu stehen wir auch im außerparlamentarischen Bereich: konsequent sozial.
Quelle: „Roter Blog“ vom 31.08.11
Dorothée Menzner, energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke und Mitglied im Beirat der Bundesnetzagentur, erklärte am Mittwoch:
Kohlekraftwerke als Kaltreserve sind keine Lösung, sondern allenfalls ein kurzer Schritt, um einen falschen Weg wieder verlassen zu können. Wir begrüßen zwar die Entscheidung der Bundesnetzagentur gegen ein AKW als Kaltreserve, keinesfalls aber dürfen die abgeschalteten Atomkraftwerke jetzt dauerhaft durch Kohle ersetzt werden. Kohlegroßkraftwerke sind die zweitschlechteste Lösung.
Zentrale Großkraftwerke sind prinzipiell nicht geeignet, der flexiblen Einspeisung erneuerbarer Energien gerecht zu werden. Wir brauchen wesentlich mehr Anstrengungen bei Energieeffizienz. Strom, den man nicht verbraucht, muß man nicht produzieren. Von der energieintensiven Industrie bis hin zum Privathaushalt gibt es enorme Einsparpotentiale. Solange diese nicht ausgeschöpft sind und es nicht verbindlichere und striktere Vorgaben gibt, vergeuden wir sinnlos Ressourcen und pusten ohne Not Treibhausgase in die Atmosphäre.
Uns geht der sogenannte Atomausstieg trotz der Tatsache, daß nun kein AKW als Kaltreserve vorgehalten wird, nicht schnell genug. Der Weiterbetrieb der anderen Atomkraftwerke zum Teil über mehr als zehn Jahre ist unnötig und ein eklatantes Sicherheitsrisiko. Angesichts der nunmehr 20 Prozent erneuerbarer Energien im Netz müssen Anreize geschaffen werden, in flexible Gaskraftwerke zu investieren. Diese werden ohnehin als Brückentechnologie benötigt und sind wesentlich klimaverträglicher als die alten Kohlemeiler.
Quelle: www.jungewelt.de vom 01.09.11
Die Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke für Arbeit und Mitbestimmung, Jutta Krellmann, erklärte am Mittwoch angesichts der aktuellen Kontroverse in der CDU über die Einführung einer allgemeinen Lohnuntergrenze:
Die Kanzlerin kann das Problem der Armutslöhne in Deutschland nicht länger aussitzen. Sogar Teile der eigenen Partei treten inzwischen offen für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ein. Angela Merkel muß die gesellschaftliche Stimmung für eine Lohnuntergrenze endlich ernst nehmen und einen Mindestlohngipfel einberufen.
Es ist ein Skandal, daß die Kanzlerin die soziale Problematik der Niedriglöhne wahlweise kleinredet oder ignoriert. Ihre Bundesarbeitsministerin verfolgt einen Schlingerkurs und fällt ebenfalls durch Tatenlosigkeit auf. Diese Regierung tut alles dafür, daß sich immer mehr Menschen von der Politik abwenden, weil sie sich mit ihren drängendsten Problemen allein gelassen fühlen. De-Regulierung sowie die Lohndumping-Strategien vieler Unternehmen haben den Arbeitsmarkt in den letzten Jahren verwüstet. Es wird Zeit, daß hier politisch gegengesteuert wird – und das geht nur mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.Ein Mindestlohngipfel sollte über den schnellstmöglichen Weg zu einer Lohnuntergrenze beraten und alle gesellschaftlichen Gruppen einbeziehen. Die Linke wird sich mit ihrer Forderung nach einem Mindestlohn von zehn Euro in die Debatte einbringen. Nur ein Mindestlohn in dieser Höhe wäre ein Garant für Entgelte, die den soziokulturellen Grundbedarf der Menschen decken. Wir bestehen zudem auf einer Gleichbehandlung von Ost und West bei der Höhe des Mindestlohns. Eine niedrigere Lohnuntergrenze im Osten ist nach mehr als 20 Jahren Wiedervereinigung nicht akzeptabel.
Quelle: www.jungewelt.de ovm 01.09.11
Am 27.08 fand im Rahmen einer „NRW-tour“ der Nazis durch mehrere Städte im Ruhrgebiet und im Rheinland eine Kundgebung von ca. 60-70 Nazis in Bad Neuenahr statt. Protest dagegen Fehlanzeige, klammheimliche Zustimmung eher.
Die Kundgebung auf dem öffentlichen Parkplatz vor dem Kaufhaus „Moses“, nahe der Bad Neuenahrer Innenstadt, wurde von einem starken Polizeiaufgebot begleitet. Es waren Neonazis aus dem ganzen Rheinland anwesend welche via Reisebus und dem AB-Mittelrhein VW-Transporter, welcher wie so oft schon als Lauti diente, angereist. Bereits vorher waren die Neonazis in Pulheim und in Bonn zu Kundgebungen aufgebrochen, den Abschluss stellte eine Demonstration mit ca. 120 Neonazis in Leverkusen dar.
AntifaschistInnen vor Ort berichteten über BürgerInnen, welche offen mit den Neonazis sympatisierten und die AntifaschistInnen am liebsten „nach Sibieren“ schicken würden.
Auch wurde augenscheinlich die Arbeit von JournalistInnen massiv von der Polizei durch „Aufzeichnungsverbote“ behindert. Ebenfalls hielt es die Polizei, als auch die Stadtverwaltung, offenbar nicht für angebracht, die demokratische Öffentlichkeit von diesem Treiben rechtzeitig zu informieren.
Dadurch wurde wirksamer Protest nahezu unmöglich gemacht, welches anscheinend der Stadt, sowie der Polizei in die Hände spielte.
Das Neonazis ungestört ihre Kundgebung abhalten können, scheint in Bad Neuenahr wichtiger zu sein, als demokratisch legitimierter Protest gegen rassistische und nationalistische Hetze.
Der örtliche Kreisverband von „Die Linke“ hat in einer öffentlichen Anfrage ein paar Fragen gestellt, deren Antworten sicher jeden demokratisch gesinnten Menschen im Kreis Ahrweiler interessieren dürften:
1. Wer hat diese Demonstration angemeldet?
2. Wann wurde sie konkret in welcher Form und bei wem, angemeldet?
3. Wurde der Stadtrat von Bad Neuenahr und der Kreistag von Ahrweiler entsprechend informiert? Falls nicht: Warum nicht?
4. Wurde die örtliche Presse über diese Demonstration informiert? Falls nicht: Warum nicht?
5. Warum wurde vor dem Gericht keine Verbotsverfügung erwirkt?
Quelle: Antifa Ahrweiler, 28.08.11
Am kommenden Freitag und Samstag soll auf dem Berliner Alex zwischen 10 und 14 Uhr ein öffentliches Frühstück/Brunch stattfinden. Bitte Tische/Tapeziertische und Klappstühle nebst Ess- und Trinkbares mitbringen. Alles möglichst in rot halten. Wenn die BürgerInnen nicht zu uns kommen, gehen wir zu den BürgerInnen. Eingeladen sind alle Menschen, die eine Alternative suchen jenseits der kapitalistischen Verwertungsinteressen, frei nach dem Motto: „Es gibt noch ein Leben, es gibt Alternativen jenseits des Bankkontos, des Kapitalismus!“.
Ein öffentliches Frühstück auf einem öffentlichen Platz ist nicht verboten! Bitte diese Aktion mit euren Möglichkeiten bekannt machen, danke. Ein öffentliches Frühstück kann selbstverständlich auch in Deiner Stadt, in Deinem Dorf, durchgeführt werden!
30.08.11
Die Titelseite, mit der die junge Welt zum 50. Jahrestag des Mauerbaus aufgemacht hat, fanden wir unhistorisch, unpassend und geschmacklos. Gerade von der jungen Welt als einer linken Zeitung hätten wir uns einen anderen Umgang mit dem Jahrestag des Mauerbaus gewünscht.
Wir halten es aber für völlig inakzeptabel, als Konsequenz die Anzeigenschaltung und Zusammenarbeit mit der jungen Welt einzustellen. Die junge Welt ist ein wichtiger Bestandteil einer insgesamt nicht sehr großen linken Medienlandschaft in der Bundesrepublik. Sie erreicht täglich eine kritische linke Leserschaft, die unsere Politik mit Interesse und oftmals auch mit Sympathie verfolgt. Viele von uns haben der jungen Welt in der Vergangenheit Interviews gegeben oder auch Kommentare geschrieben und damit die Möglichkeit genutzt, unsere Positionen einem breiteren Leserkreis bekanntzumachen. Es wäre geradezu absurd, wenn wir als Linke mit einem Anzeigenboykott dafür sorgen würden, daß wir gerade die Menschen immer weniger erreichen, die unseren Positionen interessiert und aufgeschlossen gegenüberstehen.
Auch bei anderen Medien schalten wir Anzeigen, obwohl wir uns nicht mit ihren Inhalten identifizieren, ja diese Inhalte, wie beispielsweise bei der taz und ihrer kriegsbefürwortenden Berichterstattung, progressiven Überzeugungen fundamental zuwiderlaufen. Wir haben Anzeigen selbst in Medien, die jeden Tag soziale Ausgrenzung, Hartz IV und Sozialabbau propagieren. Jetzt ausgerechnet in der jungen Welt keine Anzeigen mehr schalten zu wollen, wäre vor diesem Hintergrund einfach nur widersinnig.
Besonders besorgt sind wir über Forderungen einzelner Linker, die junge Welt »auszutrocknen«. Solche Aussagen sind als Angriff auf die Grundrechte und Presse- und Meinungsfreiheit zu werten. Wir verurteilen dies und weisen diese Angriffe aufs Schärfste zurück. Die Linke verteidigt die Pressefreiheit. Ihr Ziel ist es nicht, Medien zu zerstören. Die Linke steht für eine lebendige Demokratie, die ohne Meinungsstreit nicht möglich ist. Die Linke steht gegen alte und neue Mauern.
Unsere Wählerinnen und Wähler erwarten aber zu Recht, daß wir die Debatten innerparteilicher Selbstbeschäftigung endlich beenden. Wir wollen zurück zur Politik. Zur Politik, die sich den Interessen und Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung wieder zuwendet. Lohndumping, Sozialraub und Privatisierung öffentlichen Eigentums zu Lasten von Millionen Menschen einerseits und milliardenschwere Rettungspakete für Banken und Konzerne andererseits bedrohen den sozialen Frieden mit jedem Tag mehr. (…)
Sevim Dagdelen, Wolfgang Gehrcke, Sahra Wagenknecht, Jutta Krellmann, Harald Koch, Sabine Leidig, Alexander Ulrich, Heike Hänsel, Sabine Zimmermann, Michael Schlecht, Herbert Behrens, Sabine Stüber, Ulla Jelpke, Inge Höger, Andrej Hunko, Thomas Lutze, Annette Groth, Kathrin Vogler, Karin Binder, Ingrid Remmers, Johanna Voss, Jörn Wunderlich, Niema Movassat, Kathrin Senger-Schäfer, Heidrun Dittrich, Dorothee Menzner, Eva Bulling-Schröter, Harald Weinberg, Yvonne Ploetz, Diether Dehm (Stand: 25. August)
Quelle: www.jungewelt.de vom 30.08.11
Die »Perle der Karibik«, Ziel von Traumreisen und Träumern: Es locken karibisches Flair, die Schönheit der Menschen und eine ewig scheinende Sonne; den revolutionären Schwärmer die innere Erbauung. Die wachsende Beliebtheit spült dringend benötigte Devisen in Kubas klamme Staatskasse. Fast eine Milliarde Dollar konnten nach Angaben des Ministeriums für Tourismus im ersten Halbjahr 2011 in der Branche erwirtschaftet werden. 1,5 Millionen ausländische Touristen bedeuten eine Steigerung von 10,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Als Herkunftsländer liegen Kanada, England und Italien an der Spitze. Mit dem Bau neuer Hotelanlagen, von Golfplätzen und Yachthäfen sollen vor allem noch mehr zahlungskräftige Besucher nach Kuba gelockt werden. Dabei haben die Planer zum einen den lateinamerikanischen Markt im Visier: Folgerichtig stand Mexiko im Mittelpunkt der diesjährigen internationalen Tourismusmesse FITCuba Anfang Mai in Havanna. Die angesichts gestiegener Preise erschlaffte Reiselust der Nachbarn soll neu angefacht werden. Eine Verbesserung von Qualität und Service sowie neue thematische Konzepte rücken damit in den Fokus kubanischer Reiseveranstalter. An die Lunge gelegt sei ein Besuch der »Tabakroute« bei den Bauern und Zigarrenherstellern in der westlichen Provinz Pinar del Rio. Auch auf eine von Havanna erhoffte Touristeninvasion aus den Vereinigten Staaten von Amerika will man vorbereitet sein. US-Präsident Obama hat Reisebestimmungen für Kuba gelockert. In einem begrenzten Rahmen ist damit trotz der anhaltenden Wirtschaftsblockade gegen die sozialistisch regierte Insel US-Bürgern ein Besuch dort möglich, ohne erst den verschleiernden Umweg über ein Drittland nehmen zu müssen.
»Das Auto und einfach alles hier gehören dem Staat«, schimpft der Taxifahrer Eduardo. Zu einem saftig überhöhten Fahrpreis setzt er ausländische Touristen zur Ferieninsel Cayo Santa Maria über, die sich zu einem neuen großen Devisenbringer entwickeln soll. 48 Kilometer Piste verbinden das Archipel vor der Nordküste der zentralen Provinz Villa Clara mit dem Festland. Als er vom Bau des Damms berichtet, klingt doch Stolz mit. 1991 fiel der erste Spatenstich, gerade als mit der »Spezialperiode« die härteste Krisenzeit nach dem Wegfall der osteuropäischen Handelspartner anbrach. Zehn Jahre dauerte seine Errichtung. Dutzende Brücken lassen das Wasser zirkulieren. Auch über einen eigenen Flughafen können Besucher – vor allem aus Kanada – hier einschweben. Im Biosphärenreservat am zweitgrößten Riff der Welt mit seinen elf Kilometer langen Traumstränden entstehen seit 2001 immer neue, gehobene Hotelanlagen. Zuletzt wurde hier im November 2010 das »Tropical« mit 1386 Zimmern fertiggestellt. Dabei gelten strenge Auflagen: So darf seit 15 Jahren in Kuba ein Uferstreifen von mehr als 150 Meter Breite nicht bebaut werden. Das Warmwasser im Ferienparadies wird ausschließlich mit Solarenergie erzeugt, jedes Hotel verfügt über eine eigene Kläranlage. Plastikmüll wird gesammelt und recycelt. Jene Lebensmittel, die nicht importiert werden müssen, werden regional erzeugt. Die Hotels verbleiben in staatlichem Besitz und werden vom spanischen privaten Barceló-Konzern gemanagt. Der ist spezialisiert auf Resorts – touristische Disneylands im jeweiligen Landeskolorit. Zu stattlichen Preisen wird Erholung und Unterhaltung »all inclusive« geboten – die Realität des Landes mal ausgenommen.
Für diese ist im heutigen Kuba die rosarote Brille fehl am Platz. Das monatliche Durchschnittssalär liegt bei umgerechnet 15 bis 20 Euro. Viele Dienstleistungen und Waren sind nur in den Devisenläden, Tiendas, zu haben. Um so begehrter sind Jobs im Tourismus, um an Trinkgelder zu gelangen. In kaum einem anderen Land wird man auf so hochgebildete Reiseführer stoßen, die das Katheder gegen das Mikrofon im chinesischen Yutong-Bus eingetauscht haben. Angesichts von Haushaltsdefizit und negativer Handelsbilanz hat Kubas Regierung unter Raúl Castro ein drastisches Reformprogramm aufgelegt, Hunderttausende staatliche Stellen stehen zur Disposition. Die »Anpassungen am sozialistischen Modell« sollen Dirigismus dämpfen und kleinen Privatunternehmen oder Genossenschaften den Weg bahnen. Ein schwieriger sozialer Balanceakt steht bevor.
Wirtschaftliche Misere und die Sehnsucht danach, etwas von der Welt jenseits der »blauen Wand« ringsum kennenzulernen, halten den Auswanderungsdruck hoch. Staatschef Raúl Castro hat auf Forderungen der Bevölkerung reagiert und angekündigt, restriktive und kostspielige Reisebestimmungen für Kubaner abzubauen. Für viele wird es jedoch unerschwinglich bleiben, Tourismus von der anderen Seite zu erleben.
Reiseinformationen zu Kuba: Kubanisches Fremdenverkehrsamt www.cubainfo.de
Quelle: www.jungewelt.de vom 30.08.11