Das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC betrachtet den bundesweiten Umfairteilen-Aktionstag an diesem Samstag als Bestandteil der Proteste in zahlreichen EU-Ländern gegen die Verarmungspolitik. »Wir befinden uns mitten in einer europaweiten, kraftvollen Protestwoche. Der Widerstand gegen die Kürzungsdiktate der Troika spitzt sich immer weiter zu«, erklärte Steffen Stierle von ATTAC Deutschland am Freitag. »Die neoliberale Krisenpolitik der EU ist delegitimiert und nur noch durch Demokratieabbau und drastische Repression durchsetzbar.«
Am Mittwoch demonstrierten in Spanien laut ATTAC 100000 Menschen für ein Referendum über die Sozialkürzungen; am Donnerstag kam es in Griechenland zum größten Generalstreik seit fünf Monaten; an diesem Samstag werden sich voraussichtlich Zehntausende Menschen in mehr als 40 Städten der BRD an den Kundgebungen und Aktionen des Bündnisses »Umfairteilen – Reichtum besteuern« beteiligen. Ebenfalls am Samstag kommt es in Lissabon zu einer Großdemonstration gegen die Sozialkürzungen. Am Sonntag folgt eine internationale Demonstration gegen den Fiskalpakt in Paris.
ATTAC betonte, nicht nur in Deutschland gebe es ein massives Verteilungsproblem. Europaweit verfügt das reichste eine Prozent der Gesellschaft über ein Privatvermögen, das die gesamten öffentlichen Schulden deutlich übersteigt. Steffen Stierle: »Statt immer weiterer Sozialkürzungen müssen endlich die Reichen zur Kasse gebeten werden – in ganz Europa.« ATTAC hat ein Konzept für eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe vorgelegt. Diese sieht vor, das reichste eine Prozent einmalig um durchschnittlich 50 Prozent seines Vermögens zu entlasten.
ATTAC-Konzept für Vermögensabgabe: kurzlink.de/Papier_Umverteilen
Aktionstag: umfairteilen.de
Quelle: www.jungewelt.de vom 29.09.12
„Bis heute hat kein Staat Beweise für ein laufendes iranisches
Atomwaffenprogramm vorgelegt. Dennoch wird die UN-Vollversammlung für eine Verschärfung der Rhetorik gegenüber dem Iran genutzt.
Wir brauchen ernsthafte Verhandlungen statt Droh- und Kriegsrhetorik“, so Niema Movassat, Mitglied im Fraktion DIE LINKE zur Rede des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu vor der UN-Vollversammlung in New York und dem Treffen der 5+1-Gruppe. Weiter erklärt er:
„Seit mehr als einem Jahrzehnt wird seitens Israels immer wieder gesagt, dass die Zeit in der iranischen Atomfrage ablaufe und der Iran bald die Atombombe habe. Doch die Befürchtungen haben sich immer wieder als falsch herausgestellt. Auch die US-Geheimdienste haben wiederholt, zuletzt im Februar dieses Jahres, festgestellt, dass es keine Beweise für ein iranisches Atomwaffenprogramm gibt. Nachweisbar sind aber die katastrophalen Folgen der westlichen Sanktionspolitik auf die iranische Zivilbevölkerung: Die Inflationsrate des Iran ist innerhalb eines Jahres von 12,4 Prozent auf 21,5 Prozent gestiegen, der Preis für Reis innerhalb weniger Monate um 49 Prozent, die Preise für Hühner- und Rindfleisch um ca. 160 Prozent gestiegen (vgl. BT Drs. 17/10508).Die 5+1 Gruppe wäre gut beraten, faire Verhandlungen mit dem Iran zu führen und den Pfad der Erpressungsdiplomatie zu verlassen. Denn bisher gilt: Der Westen diktiert einseitig die Bedingungen, der Iran verweigert sich dem, weshalb der Westen die Sanktionen verschärft und auch einen Krieg nicht ausschließt. Dieser Irrweg muss verlassen werden.“
Sehr geehrter Herr Kromat,
ich schreibe Sie heute an in Ihrer Funktion als »General Manager« der Bravo.
Die Bravo als größtes Jugendmagazin Deutschlands blickt auf Jahrzehnte bewegter Geschichte zurück. Bis heute hat sich die Bravo jedoch aus der Politik immer herausgehalten. Dabei könnte es prinzipiell sicher auch ein Gewinn sein, wenn sich Ihre Zeitschrift an der politischen Bildung Jugendlicher beteiligen würde.
Seit kurzem wirbt ihr Blatt aber nun ganz offen für eine Karriere bei der Bundeswehr. Damit gibt die Bravo nicht nur ihre unpolitische Haltung auf, sondern positioniert sich auch noch völlig einseitig militaristisch. Das ist besonders für ein Jugendmagazin eine völlig fatale Weichenstellung.
»Action, Adrenalin, Abenteuer! Die Herausforderung deines Lebens wartet auf dich!« – dieser Slogan verschleiert, täuscht und belügt Jugendliche über das eigentliche Kerngeschäft einer jeden Armee: Krieg.
Nette Lagerfeuerromantik, »crazy« Strandspiele, und »lustige« Gemeinschaftsaktivitäten ohne etwas bezahlen zu müssen – dieses Szenario malen Sie an die Wand. Mit der Realität der deutschen Soldaten etwa in Afghanistan hat dies aber rein gar nichts zu tun.
Statt dessen spielt menschliches Leid, Tod, Verstümmelung und Gewalt im Alltag der Soldaten im Einsatz eine große Rolle. Das ist ein wesentliches Merkmal des Krieges und gilt für alle Armeen der Welt. So titelte Spiegel online zum Beispiel im Juni dieses Jahres: »Die Zahl der Selbstmorde im US-Militär ist in diesem Jahr deutlich gestiegen. Im Durchschnitt tötet sich pro Tag ein Soldat – damit sterben mehr amerikanische Soldaten durch Suizid als bei Kämpfen in Afghanistan.«
Ganz aktuell berichtet eine Studie der Technischen Universität Dresden, daß die Dunkelziffer der an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) Erkrankten unter deutschen Bundeswehrangehörigen besonders hoch sei.
»Das ist kein Wunder angesichts des Erlebten: So gaben 29,6 Prozent der Befragten an, Leichen oder Leichenteile gesehen zu haben. 32 Prozent waren mit verletzten und kranken Frauen oder Kindern konfrontiert, ohne ihnen helfen zu können«, heißt es in dem entsprechenden Artikel.
Angesichts dieser Realität ist es mir völlig unverständlich, wie Sie den Dienst bei der Bundeswehr gegenüber Ihren meist minderjährigen Leserinnen und Lesern so völlig einseitig und unkritisch darstellen können.
Sie verletzen hiermit meiner Ansicht nach auch die besondere Schutzpflicht gegenüber den jungen Menschen, die aus Ihrer Verantwortung als explizites Jugendmagazin erwächst.
Ich fordere Sie deshalb auf, die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr unverzüglich zu beenden.
Quelle: www.jungewelt.de vom 28.09.12
Die Landesgruppe der LINKEN Bundestagsabgeordneten aus NRW und DIE LINKE. NRW unterstützen die Forderungen des Bündnisses „umFAIRteilen – Reichtum besteuern!“ und erklären gemeinsam:
„Die reichsten 10 Prozent in Deutschland besitzen zwei Drittel des Vermögens. Die Hälfte der Bevölkerung hingegen hat nahezu nichts oder Schulden. Durch die europäische Kürzungspolitik ist nun auch noch ein Kürzungsdiktat verhängt worden, dass ein Überleben der Zockerbanken und Großkonzerne auf dem Rücken der Bevölkerung sichern soll. Konkret bedeutet das: Reiche werden immer reicher – Arme immer ärmer! Diese Entwicklung muss aufgehalten werden.
Als LINKE fordern wir daher eine konsequente UmFAIRteilung von oben nach unten. Durch eine Millionärsteuer in Höhe von 5 Prozent auf das Vermögen über einer Million Euro, einer einmaligen Vermögensabgabe und der Vergesellschaftung des Bankensektors, wäre jede Kommune in NRW zu retten. Die Linksfraktion im Bundestag bringt heute einen entsprechenden Antrag zur Umsetzung dieser Forderungen ein. Kein öffentliches Schwimmbad, keine Stadtteilbibliothek müsste schließen, die Taktungen des ÖPNV müsste nicht herabgesetzt werden und Straßen könnten saniert werden. Allein durch die Millionärsteuer könnten in NRW 17.5 Mrd € von den Superreichen für die Kommunen freigesetzt werden.
Die Forderung nach einer konsequenten Besteuerung der Reichen finden in Deutschland breiten Anklang unter der Bevölkerung. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa (April 2012) unterstützen rund 77 Prozent der Deutschen eine solche UmFAIRteilung von oben nach unten. DIE LINKE. NRW und die Landesgruppe der LINKEN Bundestagsabgeordneten aus NRW haben sich daher bereits im Vorfeld stark für das Bündnis „umFAIRteilen – Reichtum besteuern!“ eingesetzt und werden tragender Bestandteil der Demonstrationen in Bochum und Köln sein. Ganz besonders freuen wir uns über den Besuch des Parteivorsitzenden Bernd Riexinger, der auf dem Lautsprecherwagen der LINKEN in Köln eine kurze Ansprache halten wird.“
Beginn der Demonstrationen: Bochum Hbf. /Massenbergboulevard | Köln Roncalliplatz | 12 Uhr
Daß Altersarmut spätestens in ein paar Jahren ein Riesenproblem sein wird, das dämmert inzwischen auch in CDU und CSU den meisten, nur die Mövenpick-Partei FDP weigert sich standhaft, es zur Kenntnis zu nehmen. Am Dienstag kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Tag der Deutschen Industrie in Berlin an, sie werde in Kürze ein »Konzept zur Bekämpfung« derselben vorlegen – und beruhigte zugleich ihr Publikum. Nein, die Rente mit 67, die für die meisten Menschen eine Kürzung ihrer Altersbezüge bedeutet, wird nicht zurückgenommen. Und natürlich bleibt es bei der noch von der SPD-Grünen-Koalition beschlossenen Absenkung des Rentenniveaus von derzeit rund 51 auf 43 Prozent des Durchschnittseinkommens. Auch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sollen nicht erhöht werden – denn dies würde für die Unternehmer mehr »Belastung« bedeuten. Bei den Renteneinnahmen wird ebenfalls nichts geändert. Das heißt konkret: Die Einbeziehung aller Berufsgruppen und die Abschaffung ständischer Pensionssysteme stehen nicht zur Debatte.
Statt dessen die vage Aussage der Kanzlerin, es gehe um »Anreize, sich privat zu versichern und Anreize, damit die gesetzliche Rentenversicherung nicht ihre Akzeptanz« verliere. Sichergestellt werden müsse, daß ein Beschäftigter nach 45 Jahren Einzahlung in die gesetzliche Rente besser gestellt sei als diejenigen, »die nie in das System eingezahlt« hätten. Dafür »brauchen wir die private Vorsorge, und da brauchen wir auch eine faire Betrachtung der privaten Vorsorge«.
Wie so das Abrutschen auf Sozialhilfeniveau auch nur eines von Millionen Betroffenen verhindert werden soll, bleibt das Geheimnis der Regierungschefin. Erst am Montag hat das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus einer aktuellen Erhebung messerscharf gefolgert: »Private Altersvorsorge wird dort nicht betrieben, wo sie zur Vermeidung von Altersarmut am nötigsten wäre: Bei Geringverdienern und Hartz-IV-Empfängern«. Dabei tun es gar nicht so wenige: Immerhin 17 Prozent der Hartz-IV-Bezieher und 35 Prozent der Geringverdiener sorgen laut IAB privat vor – jenseits von Riester-Verträgen, in die 14 Prozent der Hartz-Betroffenen und 18 Prozent der Niedriglöhner einzahlen. Letzteres, obwohl viele dieser Sparer davon nach geltender Rechtslage nichts haben werden, denn die ausgezahlten Riester-Prämien werden auf die Grundsicherung angerechnet.
Die amtierende Koalition will das nach Bekanntwerden dieses Skandals rasant in den Keller gerutschte Image dieses Produkts nun aufpolieren: Am heutigen Mittwoch soll in Merkels Kabinett eine Riester-»Reform« beraten werden. Verbraucherschützer meinen indes, das »System der kapitalgedeckten Rente« sei nicht zu retten. »Das Herumdoktern an den Symptomen von Fehlberatung und Provisionsschneiderei hat nicht den geringsten Nutzen für die Verbraucher«, sagte Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, am Dienstag in Stuttgart. Er forderte den Aufbau eines staatlichen Vorsorgefonds.
Der Anteil derer, die in private Zusatzrentenversicherungen einzahlen, ist im übrigen auch in bezug auf die Gesamtbevölkerung mit 48 Prozent gering – zumindest gemessen daran, daß eine gesetzliche Rente über Grundsicherungsniveau laut Bundessozialministerium künftig nur noch erhält, wer 35 Jahre lang durchgehend mehr als 2500 Euro Monatsgehalt hatte.
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.09.12
Vor dem NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster hat DIE LINKE ihre Argumente und Kritik an der verspäteten Einbringung des Haushalts 2012 deutlich begründet. Die ehemalige Fraktionsvorsitzende Bärbel Beuermann und Landesprecher Rüdiger Sagel stellen klar:
„Die SPD/Grüne-Landesregierung hat aus unserer Sicht eindeutig – und politisch motiviert – die Landesverfassung und Haushaltsordnung gebrochen.
Die heutige Begründung der Landesregierung war ein durchsichtiger Versuch, um ihr unseriöses und undemokratisches Handeln nachträglich zu rechtfertigen. Das Verschleppungsmanöver, den Haushalt statt bis zum 30. September 2011 erst kurz vor Weihnachten einzubringen, diente bereits der Strategie Neuwahlen zu provozieren, die dann am 13. Mai 2012 auch statttfanden. Selbst einen möglichen Verfassungsbruch haben SPD und Grüne so dreist in Kauf genommen, um ihr politisches Kalkül durchzusetzen.
Die LINKE wird dies auch weiterhin nicht hinnehmen und schonungslos offenlegen, denn die unglaubwürdige Politik der Kraft-Regierung kennt nur ein Motto:Versprochen – gebrochen.“
Frank Henkel (CDU) wird zum Stammgast im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses und zum Sorgenkind der Berliner SPD-CDU-Regierung: Bereits in der vergangenen Woche mußte der Innensenator Rede und Antwort zu einem vom Hauptstadt-Landeskriminalamt (LKA) gedungenen Neonazi stehen. Am gestrigen Montag nahm ihn das Gremium erneut ins Verhör. Henkel wird vorgeworfen, entscheidende Informationen nicht an den zuständigen Bundestagsausschuß zur Aufklärung des Behördenversagens im Falle des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) weitergeleitet zu haben. Der ganze Fall ist ein Paradebeispiel für jene strukturellen Defizite im deutschen Behördendschungel, die ihrerseits den Terrorfeldzug des NSU erst möglich machten.
LKA-»Vertrauensmann« Thomas Starke war ein NSU-Helfer der ersten Stunde, er beschaffte Sprengstoff und konspirative Quartiere, war zeitweise mit einem mutmaßlichen Mitglied der terroristischen Vereinigung, Beate Zschäpe, liiert. Und Starke verpfiff seine »Kameraden« ungeniert – selbst einen Tip zum Verbleib der abgetauchten NSU-Gruppierung lieferte er seinem V-Mann-Führer im Jahr 2002. Davon erfuhr allerdings niemand etwas; die Berliner Behörde hortete ihr Wissen, obwohl die NSU-Gründer zu dieser Zeit noch steckbrieflich gesucht wurden. Das allein hat die Dimensionen eines ausgewachsenen Behördenskandals. Doch Henkel erhielt bereits im März diesen Jahres Kenntnis von der düsteren Altlast in den Aktenschränken seines LKA, und hier beginnt die eigentliche Affäre: Ein vom Bundestag eingesetztes Aufklärungsorgan, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß, wird als potentiell »undichte Stelle«, als Sicherheitsrisiko eingeschätzt – und deshalb nicht informiert. Er fühlte sich, so Henkel, an eine Verschwiegenheitserklärung gebunden, die gegenüber dem Neonazi abgegeben worden war. Erst im Juli erfuhr der Ausschuß von Starke – wiederum nicht von Henkel, sondern direkt vom Generalbundesanwalt (GBA). Der Innensenator argumentierte, der GBA habe darum gebeten, den Ausschuß nicht zu informieren. Dieser dementierte prompt und scharf; es habe zu keiner Zeit irgendwelche Absprachen über Aktenweitergabe gegeben. Auch die Innenausschußsitzung am Montag konnte keine weitere Klarheit bringen; es steht weiterhin Wort gegen Wort: Entweder hat Henkel gelogen, oder aber die Bundesanwaltschaft.
Im Dickicht aus Verschlußsachen und Verschwiegenheitsklauseln scheiterte nicht nur die strafrechtliche Verfolgung der NSU-Terroristen zu einem Zeitpunkt, als mehrere Morde noch hätten verhindert werden können. Der Geheimhaltungswahn einer Exekutive, die keinen Begriff mehr davon hat, wem sie eigentlich rechenschaftspflichtig ist, torpediert nun auch die Aufklärung des Behördenversagens selbst. Die Neonazis, die sich als »Vertrauensleute« verdingen, bleiben Neonazis, doch sie genießen Narrenfreiheit, wenn sie sich erst mit den Ämtern eingelassen haben. V-Mann Starke gab der Welt am Sonntag zwar gerade ein langes Interview, doch die Verschwiegenheitserklärung für ihn gilt weiter – und jeder Abgeordnete, der im öffentlichen Teil des Berliner Innenausschusses Zeitungswissen über ihn äußert, könnte sich schon damit strafbar machen. Diese zahnlosen Aufklärer, die vor jeder Wortmeldung eine juristische Expertise einholen müssen, können dem abstrusen Schattendasein der Behörden nicht gefährlich werden. Hinter vorgehaltener Hand ist im Abgeordnetenhaus sowieso klar: Tritt Henkel zurück, ist die angeschlagene SPD-CDU-Koalition am Ende. Schon deshalb muß sich der Innensenator keine Sorgen machen. Ihn rettet die Staatsräson.
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.09.12
Europa steht ein heißer Herbst bevor. In Griechenland rufen die Gewerkschaftsdachverbände GSEE und ADEDY sowie die kommunistische PAME aus Protest gegen die weiter verschärften Kürzungsmaßnahmen für Mittwoch zum Generalstreik auf. In Spanien, wo es bereits in den vergangenen Monaten immer wieder zu Großaktionen und – wie etwa bei den Minenarbeitern – militanten Auseinandersetzungen gekommen ist, kündigen Gewerkschaften, linke Gruppen und Teile der sogenannten Indignados (»Empörten«) für den morgigen Dienstag einen »Marsch auf Madrid« an. Auch in Portugal scheint die Bewegung gegen die aufgezwungene Austeritätspolitik an Kraft zu gewinnen: Mitte September gingen Hunderttausende unter dem Motto »Fuck Troika« auf die Straße. In sämtlichen von der sogenannten Schuldenkrise betroffenen Staaten steigt mit dem Druck auf die Bevölkerung auch die Bereitschaft zum Widerstand.
Hierzulande steht, nachdem der Widerstand gegen die Krisenpolitik seit den »Occupy«-Demonstrationen im Herbst 2011 und den beiden Großmobilisierungen in der ersten Jahreshälfte 2012 in Frankfurt am Main abgeflaut war, wieder ein Großevent auf der Protestagenda. Für kommenden Samstag ruft ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich breites Bündnis zu einem bundesweiten Aktionstag »UmFAIRteilen – Reichtum besteuern« auf. In Berlin, Bochum, Frankfurt am Main, Köln, Hamburg und weiteren Städten sollen an diesem Tag Kundgebungen stattfinden.
Reichtum besteuern
Zu den Initiatoren zählen unterschiedlichste Gruppen: ATTAC und Campact, die DGB-Jugend und ver.di, migrantische Vereine wie die Alevitische Gemeinde oder die Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF), die Katholische Arbeitnehmerbewegung sowie mehrere Sozial- und Wohlfahrtsverbände. Noch heterogener ist das Spektrum der Unterstützer, es reicht von kommunistischen und linksradikalen Gruppen bis zu bürgerlichen Parteien.
Dementsprechend stellen die Forderungen des Bündnisses einen Minimalkonsens dar. Ausgehend von der Feststellung, daß »der öffentlichen Hand« die Mittel für notwendige Investitionen fehlen – Stichwort: »fehlende Kita-Plätze, geschlossene Bibliotheken, mangelhafter Nahverkehr« –, wird eine »Umverteilung« von oben nach unten gefordert. Dies soll durch eine einmalige Vermögensabgabe sowie durch die Einführung einer Vermögenssteuer und den »konsequenten Kampf gegen Steuerflucht« gewährleistet werden.
Antikapitalistischer Block
Einigen Organisationen geht indes dieser Forderungenkatalog nicht weit genug. »Klar, eine Vermögenssteuer ist nicht falsch. Aber an den eigentlichen Kern des Problems reicht die Analyse des ›UmFAIRteilen‹-Bündnisses nicht heran, wenn man meint, mit einer Umverteilung könne ein krisenfreier und ›gerechter‹ Kapitalismus geschaffen werden«, meint Melsa Hikmet von der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin (ARAB) im Gespräch mit junge Welt. Ihre Gruppe ruft zusammen mit der DKP, der Sozialistischen Initiative Berlin und weiteren linken Gruppen zu einem »antikapitalistischen Block« auf der Großdemonstration am 29. September in der Hauptstadt auf. »Wir wollen darauf aufmerksam machen, daß nur ein mit den Kämpfen in der EU-Peripherie solidarischer und auf die Überwindung des deutschen Exportimperialismus gerichteter Widerstand in der BRD eine Perspektive hat. Das sozialdemokratische Politikmodell mit seinem Paternalismus und Standortnationalismus bringt uns nicht weiter.«
Weitere Infos: www.umfairteilen.de
Quelle: www.jungewelt.de vom 24.09.12
Die Staatsanwaltschaft hat am Freitag für die wegen Volksverhetzung angeklagten NPD-Kameraden Udo Voigt und Uwe Meenen Bewährungsstrafen von zehn und acht Monaten gefordert. Beide hätten »mit einer erhöhten kriminellen Energie gehandelt« und volksverhetzende Äußerungen nicht im Affekt, sondern geplant und mit Kalkül vorgebracht, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer vor dem Berliner Landgericht.
Voigt und Meenen müssen sich wegen eines demagogischen Wahlkampfvideos zur Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011 verantworten, in dem laut Anklage Migranten »eine kollektive charakterliche Neigung zur Kriminalität« unterstellt wurde. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender RBB hatte sich seinerzeit geweigert, den Werbespot zu senden und hatte vom Berliner Verwaltungsgericht Rückendeckung bekommen.
Voigt ist zusätzlich wegen einer Rede vor der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick im März 2010 angeklagt, in der er – damals noch Bundesvorsitzender der NPD – von »tapferen Soldaten der Waffen-SS« gesprochen hatte, vor denen sich seine Fraktion zum 65. Jahrestag der Kapitulation »verneige«.
Obwohl Voigt angibt, an der Konzeption des Wahlkampfvideos nicht beteiligt gewesen, sondern nur in der Schlußszene aufgetreten zu sein, gab er am Freitag eine Prozeßerklärung zum Inhalt des Clips ab. Dabei zog er Parallelen zum Buch des Bezirksbürgermeisters von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), über dessen Wahrnehmung des als »Problembezirk« verrufenen Stadtteils. 41 Prozent der Bewohner haben einen Migrationshintergrund; Buschkowsky betont vorsichtshalber, er meine nicht alle, wenn er über Kriminalität und schlechtes Benehmen schreibt.
Voigt äußerte am vierten Verhandlungstag Bedauern darüber, daß er das Werk nicht ins Verfahren einbringen könne, da es zeitgleich zum Prozeßtermin am Freitag erst in voller Länge veröffentlicht wurde. So mußte er aus dem Vorabdruck zitieren, den die Bild-Zeitung vier Tage zuvor mit der Überschrift »Die bittere Wahrheit über Multikulti« veröffentlicht hatte. »Der seit Jahrzehnten in Neukölln tätige Polizeihauptkommissar Gaertner sagte mir neulich, er könne sich nicht erinnern, während seiner gesamten Dienstzeit einen Handtaschenraub oder einen Überfall von Einwandererjugendlichen auf eine Frau mit Kopftuch bearbeitet zu haben«, verlas Voigt Buschkowky. Die Deutschen seien Ziel der Aggressionen und hätten »dem Flashmob nichts entgegenzusetzen«, Buschkowsky in »Neukölln ist überall«. Voigt attestierte dem SPD-Mann und dessen Parteifreund Thilo Sarrazin, der mit »Deutschland schafft sich ab« einen Bestseller mit ähnlicher Thematik gelandet hatte, die Realität richtig wahrzunehmen – im Gegensatz zur NPD böten sie aber keine Lösung an. Seine Partei, so Voigt, habe ein Konzept zur »Rückführung von Ausländern« entwickelt, das diesen auch Chancen böte. Die NPD sei somit nicht ausländerfeindlich.
Im Publikum saß etwa ein Dutzend NPD-Anhänger – darunter auch Sylvia Stolz, eine mit Berufsverbot belegte Staranwältin der rechten Szene und bekennende Holocaustleugnerin.
Voigts Verteidiger Carsten Schramm kritisierte in seinem Plädoyer, die Anklage habe im Fall der Rede über »tapfere Soldaten der deutschen Wehrmacht, des Heeres, der Luftwaffe, der Marine und Waffen-SS, die bis zum letzten Tag ihrer Pflicht nachgekommen sind« nicht den Gesamtkontext gewürdigt, sondern einen Satz aus dem Zusammenhang gerissen. Schließlich sei auch von »unschuldigen Opfern« des Krieges die Rede gewesen, vor denen sich die NPD ebenfalls verneige – was natürlich nicht bedeute, daß alle Soldaten der Waffen-SS unschuldige Opfer gewesen seien, betonte Schrank mehrfach. Mit »Pflicht« könnten aber keine Kriegsverbrechen gemeint sein, da diese nicht zu den Pflichten der Truppe gehört hätten, der gegen Kriegsende nicht nur Freiwillige angehört hätten. Im Gegensatz dazu gehe die Staatsanwaltschaft im Fall des Wahlkampfvideos nicht auf einzelne Aussagen ein, die als strafbar bezeichnet werden könnten, sondern verweise nur auf das Gesamtbild.
Die Vereidigung von Uwe Meenen will am 11. Oktober plädieren. Folgt das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, erhält Voigt eine Bewährungstrafe von zehn Monaten und muß 5000 Euro an die Organisation Exit zahlen, die Ausstiegswillige aus der rechten Szene betreut. Meenen droht eine Bewährungsstrafe von acht Monaten und eine Geldauflage von 3000 Euro, ebensfalls zugunsten von Exit.
Quelle: www.jungewelt.de vom 22.09.12
Anmerkung von Wolfgang Huste: Es ist Absicht der SPD, Sarrazin und den rechtspopulistisch argumentierenden SPD – Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld in ihrer Partei zu belassen. Mit ihren populistischen, fremdenfeindlichen Thesen fischen beide nach Wähler_Innen am rechten Rand der Gesellschaft. Anscheinend ist sich die SPD vor nichts zu fies, wenn es um potentielle Wähler_Innenstimmen geht, egal, aus welcher Richtung sie kommen. Dass diese Partei auch Lob von hohen NPD-Funktionären erhält, ist ein Signal aus der falschen, undemokratischen Richtung. Mein Rat an die Kölner_Innen: Demokratisch gesinnte Kölner_Innen sollten bei der nächsten Wahl der SPD die Quittung für ihre Anbiederei nach rechts verpassen, ihr deutlichst (!) die kalte Schulter zeigen. Keine Stimme für die SPD, sondern weit eher für DIE LINKE! DIE LINKE Köln setzt sich am Glaubwürdigsten und engagiertesten für eine soziale Verbesserung zugunsten der dort lebenden Menschen ein- nicht nur in Ehrenfeld und nicht nur seit gestern! Nicht der Mensch mit einem Migrationshintergrund stellt das eigentliche Problem dar, sondern diejenigen Kräfte, die den allgemeinen Sozialabbau in den Kommunen befördern und sich strikt weigern, den Einwanderern, den Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere den dort lebenden Jugendlichen, eine positive, lebenswerte Zukunft durch den Aufbau einer entsprechend sozialen, kulturellen und ökonomischen Infrastruktur zu ermöglichen.