Verkehrte Verhältnisse herrschten gestern im Amtsgericht Hamburg-Harburg. Drei angeklagte Friedensaktivisten klagten an: »Wir werden den Prozess führen gegen die Kriegstreiber von gestern und heute! Und vor allem dagegen, dass sie schon wieder den Antimilitarismus, der so sehr ihren Interessen widerspricht, verbieten wollen.«
Die Vorgeschichte: Am 23. Oktober vergangenen Jahres hatten acht Teilnehmer des gleichzeitig in Hamburg stattfindenden »IV. Jugendaktivistentreffen des Jugendaktionsausschuss – Notstand der Republik« den mit Stacheldraht gesicherten Zaun um das Gelände der Hamburger Werft Blohm + Voss überwunden. Sie marschierten zu Dock 10 und ließen an der Wasserseite ein Transparent mit der Aufschrift »Unsere Zukunft ist nicht Krise, Krieg und Barbarei. Klassenkampf statt Weltkrieg. Für die internationale Solidarität« herunter. »Das hing dort 20 Minuten, bis ein etwas verwirrter Werkschutz uns fragte, was wir denn hier machen und uns dann bat, doch zu gehen, was wir auch taten«, berichtet eine der Friedensaktivisten.
Neun Monate später sind ihr und ihren sieben Genossen dann Strafbefehle wegen Hausfriedensbruch in Höhe von insgesamt 6500 Euro zugestellt worden. Die Betroffenen legten Widerspruch ein, drehten den Spieß um und verwandelten das Verfahren in ein Tribunal gegen das 1877 gegründete Rüstungsunternehmen Blohm + Voss.
Die in Hamburg-Steinwerder am südlichen Ufer der Nordelbe gelegene Werft gilt seit ihrer Gründung 1877 als eine der bedeutendsten Kriegswaffenschmieden Deutschlands. Während des Zweiten Weltkrieges wurden dort – um die vom NS-Regime geforderte Steigerung der Produktionsleistungen vor allem im U-Boot-Bau zu erreichen – Zehntausende von KZ-Häftlingen und anderen Gefangenen zur Arbeit gezwungen. Heute liefert das zum ThyssenKrupp-Konzern gehörende Unternehmen Fregatten, Korvetten und U-Boote nicht nur an die Deutsche Marine, sondern auch an andere NATO-Länder und Israel. »Demnächst werden vielleicht israelische und türkische Kriegsschiffe gegeneinander in Stellung gebracht – sie kommen auf beiden Seiten aus demselben deutschen Konzern«, erklärt der Hamburger Bundestagsabgeordnete der LINKEN Jan van Aken.
Die Verhandlung gegen drei der acht Angeklagten – der Prozess gegen die anderen fünf folgt noch – verlief für die Staatsanwaltschaft dann auch anders als erwartet: Nach Prozesseröffnung verlas der erste Angeklagte eine Erklärung, die das rund 40-köpfige Publikum mit heftigem Applaus bedachte. Der Richter drohte daraufhin, den Saal im Wiederholungsfall räumen zu lassen. Als auch der zweite Angeklagte Beifallsbekundung für seine Stellungnahme erntete, verließ der Vorsitzende den Saal und forderte Kräfte der Bereitschaftspolizei an, die das Gebäude umstellten. Nachdem sich die Anwesenden weiterhin geweigert hatten, den Saal zu räumen, fuhr der Richter fort. Er machte das Angebot, das Verfahren gegen Zahlung von 100 Euro pro Angeklagten einzustellen. Es wurde angenommen.
»Für uns war der Prozess ein Erfolg«, sagt Jan Haas, einer der Angeklagten, Mitglied der Sozialistischen Jugend Deutschlands – die Falken gegenüber ND. »Wir haben deutlich gemacht, dass nicht Kriegsgegner, sondern Kriegsverbrecher hinter Gitter gehören.« Der Plan des Gerichtes, die Friedensaktivisten »im stillen Kämmerlein« abzuurteilen, sei nicht aufgegangen. »Es wurde versucht, den Prozess zu entpolitisieren. Dank der Reaktion der Öffentlichkeit ist das gründlich misslungen«, ergänzt eine Genossin, die ihren Prozess noch vor sich hat.
Quelle: Neues Deutschland, 14.09.11
Durch die Explosion eines Verbrennungsofens in der südfranzösischen Atomanlage Centraco in Codolet gegen 11.45 Uhr am Montag ist ein Arbeiter getötet worden, vier weitere wurden verletzt, einer davon schwer. Nach Angaben des französischen Innenministeriums wurden sie nicht radioaktiv verstrahlt. Auch in die Umgebung der Anlage, die etwa 20 Kilometer von Avignon entfernt liegt, entwich der Regierung zufolge keine Radioaktivität. Centraco liegt auf dem Gelände der Anlage Marcoule, dem weltweit größten Herstellungsort für das hochgefährliche Uran-Plutoniumgemisch MOX, das aus abgebrannten Uranbrennstäben hergestellt wird. Erst im vergangenen Jahr hatte die Atomaufsicht dort zu »Wachsamkeit und Fortschritten« in Fragen der Sicherheit gemahnt. Im Frühjahr 2009 hatte sich in der MOX-Produktionsstätte ein Unfall der Stufe zwei auf einer siebenstufigen Skala ereignet.
Gegen 16 Uhr erklärte die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) den Unfall offiziell für beendet und teilte mit: »Dieser Unfall bedeutet keine Radioaktivität und erfordert keine Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung.« Zugleich löste die ASN ihren Krisenstab wieder auf. Die Explosion habe ein Feuer entfacht, das gegen 13Uhr unter Kontrolle gewesen sei. Das Gebäude, in dem der Ofen stand, sei nicht beschädigt worden. Nun solle untersucht werden, wie es zu dem Unfall kam. In dem explodierten Ofen wurden schwach radioaktive Abfälle aus Atomkraftwerken verbrannt. Dazu gehörten nach Angaben eines Sprechers des staatlichen Stromkonzerns EDF Pumpen, Rohre, Arbeitsanzüge und Handschuhe. Zur Zeit der Explosion befanden sich in dem Ofen etwa vier Tonnen schwachradioaktiven Materials. »Es handelt sich um einen Industrieunfall, nicht um einen Atomunfall«, behauptete der Sprecher von EDF, dessen Tochterunternehmen Socodei die Anlage betreibt. Die Behörden richteten dennoch sofort nach dem Unglück eine Sicherheitszone ein. Die französische Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet wollte sich noch am Nachmittag vor Ort informieren.
Frankreich ist mit 58 Reaktoren der größte Atomstromproduzent Europas. Auch nach dem Unglück von Fukushima hält die Regierung an der Atomkraft fest. Sie begründet das mit der ihren Angaben zufolge hohen Sicherheit französischer Atomkraftwerke.
Die Explosion traf auch die deutschen Stromerzeuger. Nach Bekanntwerden des Unfalls sackten die Aktien der beiden großen deutschen Versorger E.on und RWE zwischenzeitlich auf neue Jahrestiefststände ab.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erklärte, die Anlage gehöre nicht zu denen, deren Sicherheit nach dem Willen der Regierung dem Unglück im japanischen Fukushima untersucht werden sollen. »Das zeigt noch einmal, daß Frankreich die Lektion aus Fukushima nicht gelernt hat«, meinte Yannick Rousselet für die Organisation. Die deutsche Sektion der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW forderte nach dem Unfall einen sofortigen und umfassenden Ausstieg aus der Atomenergie und ein Ende des Atomzeitalters. Die energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Dorothée Menzner, kommentierte: »Die Europäische Atomgemeinschaft muß umgehend die Stillegung des gesamten europäischen Atomprogramms vorantreiben und sich weltweit dafür einsetzen, daß diese nicht beherrschbare Technologie ein für allemal der Vergangenheit angehört.«
Quelle: www.jungewelt.de vom 13.09.11
Dass die Piratenpartei eine 20 000 Euro Wahlkampfspende von einem Unternehmen bekam, zeigt deutlichst auf, dass auch die Unternehmer erkennen: Hier handelt es sich um eine pro kapitalistische, „brave“, also System immanente Partei, die den IT – Sektor fördert. Vielleicht entwickelt sich diese Partei zu einer Lobbypartei zugunsten der Elektronik- und der IT – Branche, zu einer leicht modifizierten FDP mit Schwerpunkt Elektronik, so die Hoffnung der Unternehmer. Das Programm der Piraten umfasst nur sehr wenige Politikfelder. Und: in dieser Partei sind von strammen Rechtspopulisten bis „gemäßigte“ (also linkspolitisch „kastrierte“) Linke nahezu alle gesellschaftlichen Strömungen vertreten (nur keine originären AntikapitalistInnen, SozialistInnen und KommunistInnen). Für mich hat diese Partei kein scharfes Profil, was sie signifikant von anderen Parteien unterscheidet. Auch DIE LINKE hat in ihrem Bundesprogramm Ziele, die mit denen der Piratenpartei fast identisch sind- zumindest was den Datenschutz und den Cyberspace angeht.
Für mich ist die Piratenpartei eine Mischung aus Spaßpartei und einer Drei-Punkte-Partei, ihre Mitglieder ein Konglomerat von Rechtspopulisten, ehemaligen FDPlern, SPDlern, ein paar ehemalige Grünen, ein paar Yuppies. Hier finden sich viele junge, adrett gekleidete, mittelschichtsorientierte Aufsteigertypen aus der IT – Branche, die nicht im Traum daran denken, den Kapitalismus aktiv zu bekämpfen.
Ihr Ziel ist, bildlich und überspitzt gesprochen, ein Haus im Grünen, ausgestattet mit der bestens Computer – Technologie und freien Zugang ins Internet für (unpolitische!) Spielchen, gemixt mit einem bisschen Actionkultur (aber so, dass es keinem weh tut, dass es für einen selbst nicht riskant wird, und erst recht nicht in einem antikapitalistischen, antifaschistischen und antimilitaristischen Sinne!). Kurz und gut: Die Piratenpartei ist zutiefst (klein)bürgerlich ausgerichtet, möchte das Bärenfell waschen, ohne es wirklich naß zu machen.
Deshalb frage ich mich: Wie steht diese Partei zum politischen Streik, zu einem Verbot von Massenentlassungen, zu Hartz IV, zu Ein-Euro-Jobs, zu einem flächendeckenden, armutsfesten Mindestlohn, zu armutsfesten Renten, zu Studiengebühren, zur NATO, zur Rüstungsindustrie oder zur Vergesellschaftung von Großkonzernen und Großbanken? Die Antwortet lautet: „Kein Anschluss unter diesen Nummern!“. Dennoch sollten wir mit dem (wenn auch kleinen) progressiven (linken) Flügel der Piratenpartei bewußt und eng Zusammenarbeiten- zumindest punktuell, direkt vor Ort!
Nach über 50jähriger Migration leben heute schätzungsweise fast eine Million Kurdinnen und Kurden in der Bundesrepublik Deutschland, die als Arbeitsmigranten oder als politische Flüchtlinge aus der Türkei, dem Iran, Irak und Syrien hierher gekommen oder geflohen sind. Obwohl es sich um eine der größten Migrantengruppen in der Bundesrepublik handelt, ist sie jedoch bis heute nicht als eigenständig anerkannt, weil ihre Mitglieder in der Regel den jeweiligen Staaten zugeordnet werden, aus denen sie stammen und ausgewandert sind. Dadurch werden ihnen bestimmte Rechte wie etwa Teilhabe an spezifischen Integrationsmaßnahmen verwehrt.
Liga-Vizepräsident Rolf Gössner:
„Die Stigmatisierung und Ausgrenzung von Kurdinnen und Kurden in der Bundesrepublik als potentielle ‚Terroristen’ muss endlich beendet werden. Die Liga fordert eine Gleichstellung mit anderen Migrantengruppen.“
Bereits 1991 hatte der Auswärtige Ausschuss des Bundestags das Problem erkannt, ohne dass sich bis heute etwas geändert hätte: Hierzulande lebe eine große Gruppe von Kurden, denen auch „die Möglichkeit zur Bewahrung und Entfaltung ihrer kulturellen Identität gegeben werden“ solle (BT-Drs. 12/1362). Diese Forderung muss nach Auffassung der Liga endlich eingelöst werden. Dem steht allerdings die fortwährende Stigmatisierung und Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden und ihren Organisationen als „Terroristen“ bzw. „terroristisch“ entgegen. Die daraus resultierende gesellschaftliche Ausgrenzung und Desintegration hängen mit dem anachronistischen Verbot der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und den darauf gründenden Ermittlungs- und Gerichtsverfahren zusammen. Es ist dringlicher denn je, diesen Umstand zu ändern.
Die Liga ist der Auffassung, dass in dieser Hinsicht ein grundlegender Paradigmenwechsel notwendig ist. Dazu gehören insbesondere auch Forderungen, die bereits in der sog. Berliner Erklärung enthalten sind, die auf einer Konferenz der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) im September 2009 verabschiedet wurden (vgl. www.kurdenindeutschland.de): u.a.
* Anerkennung der kurdischen Migranten als eigenständige Migrantengruppe und Gleichstellung mit den anderen Migrantengruppen in der Bundesrepublik;
* Aufhebung des PKK-Verbots und damit zusammenhängender Betätigungsverbote für kurdische Organisationen sowie Beendigung der Repressionsmaßnahmen, um die Integration der Kurden in die deutsche Gesellschaft zu fördern;
* Förderung spezifischer Beratungs- und Betreuungsprojekte, Herausgabe von Informationsmaterialien in kurdischer Sprache, Ausweitung des Muttersprachenunterrichts in Kurdisch auf alle Bundesländer sowie Gleichbehandlung von Kurden bei fremdsprachigen Sendungen durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk;
* Zulassung kurdischer Namen, auch wenn diese von den Behörden der Herkunftsländer nicht anerkannt werden;
* Anerkennung des Newroz-Festes als Feiertag in Anlehnung an den Beschluss der UNESCO-Generalversammlung vom 23. Februar 2010;
* Aufnahme kurdischer Vertretungen in den Bundesbeirat für Integration;
* Keine Abschiebungen von Kurdinnen und Kurden sowie Beendigung der Praxis des Widerrufs von anerkanntem Asylstatus;
* Verstärkter Einsatz der Bundesregierung und der Europäischen Union für die friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage in der Türkei im Zuge des EU-Beitrittsprozesses.
Ziel ist es, eine Gleichstellung der in Deutschland lebenden Kurden mit anderen Migrantengruppen zu erreichen. Nach Ansicht der Liga sind diese Forderungen ein wichtiger Schritt hierzu und zur Integration eines nicht unwesentlichen Teils der Bevölkerung.
Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR)
International League for Human Rights – FIDH/AEDH Germany
Frankfurt. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird es in diesem Jahr wohl nicht mehr zur Einführung eines Mindestlohns für die Zeitarbeit kommen. Dem Bundesarbeitsministerium läge noch kein Tarifvertrag vor, auf dessen Basis Lohnuntergrenzen für allgemeinverbindlich erklärt werden könnten, berichtete die FAZ am Freitag. Das Ministerium hatte einen Anfang Juli von Gewerkschaften und Unternehmen eingereichten Vorschlag wegen formaler Mängel zurückgewiesen. Ein nach Überarbeitung neu eingereichter Vertrag würde wegen einer etwa dreimonatigen Phase zwischen Einreichen und Inkrafttreten kaum noch in diesem Jahr für verbindlich erklärt werden. Zwischen Bundesregierung und Opposition war es im Hartz-IV-Vermittlungsausschuß im Februar zu der Einigung gekommen, auf Antrag von Zeitarbeitgebern und Gewerkschaften tariflich vereinbarte Einstiegslöhne für alle verbindlich zu machen. Derzeit läge der Stundenlohn nach Angaben der FAZ bei 7,79 Euro im Westen und 6,89 Euro im Osten. (jW)
Quelle: www.jungewelt.de vom 10.09.11
Der elfte September ist ein hoher Feiertag in Deutschland. Am 11. September 1945 wurde Franz Beckenbauer geboren, ein Mann, der sich großer Verehrung erfreut, seit er vom Fußballer zum Reklamehonorarempfänger herabsank, zum Funktionär, zum DFB-Reisekader, zum Geschaftlhuber, zum medial omnipräsenten, ja omnipenetranten Erfolgsschnäuzchenträger, dessen geballte Banalität in Deutschland als Ausdruck von Lebenskunst und »Philosophie« gilt. Wenn die als »Kaiser« und »Lichtgestalt« angebetete Grinsebacke Beckenbauer »Schau mer mal« sagt, liegt Mediendeutschland auf dem Bauch, und immer ist im Zusammenhang mit Beckenbauer der Satz zu hören: »Der Erfolg gibt ihm recht.«
Dieses gemeingefährliche Freibriefdiktum könnte auch einer wie Anders Breivik für sich reklamieren, und auch Mohammed Atta und seinen Komplizen kann man Mangel an Erfolg nicht vorwerfen. Sie brachten das Spielgerät ins Ziel, das Geflügelte traf ins Eckige, und genau das wollten sie ja auch. Der größenwahnsinnige Kleingeist Beckenbauer wäre mir als Aufschlagspunkt lieber gewesen, und daß Deutschland nach 1945 so sträflich straffrei ausging, hätte ja auch nicht so bleiben müssen. Ein paar Boeings aus dem Architekturbüro bin Laden und Partner hätten Deutschland gutgetan, ästhetisch wie politisch. Aber ich hatte 2001 die Musik nicht bestellt und konnte deshalb auch nichts fordern.
So flogen Mohammed »Scheuerpulver« Atta & Kompagnons am 11.September ins New Yorker Büro. Die beiden spektakulären Landungen wurden gefilmt und wieder und wieder im TV gezeigt; offenbar gebot bin Laden über die weltgrößte Marketingabteilung, die im Halbminutenrhythmus die Botschaft verbreitete: Yes, they can! Man kann die USA erfolgreich angreifen. Es geht, das Land ist nicht unverwundbar. Aus den US-Exportschlagern Krieg und Tod kann man eine unerbetene Importware machen. Es war die reine Propaganda – nicht gegen, sondern für die Attentäter. Da nützten auch die Stammeleien der Kommentatoren nichts; weder Politiker noch ihre Journalisten waren in der Lage, den Zuschauern einzuhämmern, was sie zu empfinden hätten.
Es gab viel Ausdruck von Lebensfreude an diesem 11. September 2001; jede andere Behauptung wäre Heuchelei. In Lateinamerika tanzten Tausende in den Straßen, und mancher fand auch nicht ungerecht, daß die USA am Jahrestag der Ermordung Salvador Allendes, die ohne die aktive Beteiligung der CIA nicht möglich gewesen wäre, die Hosen herunterlassen mußten. Daß es – außer beim Angriff auf das Pentagon – Unschuldige traf, fiel dabei nicht ins Gewicht; es wurde im Gegenteil als Zynismus empfunden, daß jeder amerikanische Tote rasch ein Gesicht bekam, während die Opfer von US-Soldaten als anonyme Massenware behandelt worden waren. Agent Orange, Napalm – nichts war vergessen. Und manche freuten sich auch bloß so, wie man sich eben freut, wenn St. Pauli gegen Bayern München gewinnt, auch wenn man mit St. Pauli gar nichts am Hut hat.
Auf den kurzen Rausch folgte ein langer Kater; unterbelichtete Sicherheitsfittis von Schäuble an aufwärts machen die Welt mit sich voll und dumm. Die Freiheit des Westens, die verteidigt wird, trägt die Züge eines Sicherheitstraktes. Verschwörungstheoretiker hören nicht auf zu spinnen, und ihren Gegnern von der »Achse des Guten« fällt nichts Öderes ein, als sie mit Auschwitz-Leugnern auf eine Stufe zu stellen. Da riecht es dann eher nach der Altherrenachsel des Blöden. Auch solche Rechthabereien unter Landsleuten lassen mich wehmütig davon träumen, die Flugreisen am 11. September 2001 hätten Deutschland zum Ziel gehabt.
Für die USA hat es wirtschaftlich mittlerweile größte Bedeutung, ob in China ein Sack Reis umfällt; der Einsturz zweier häßlicher und sehr verzichtbarer Türme hat nur nationalfolkloristische Bedeutung. Für mich wird der 11. September 2001 bleiben als die Geburtsstunde der bemannten fliegenden Architekturkritik. Das Ingenieurbüro bin Laden & Erben könnte weiterhin viel zur Verschönerung der Welt beitragen. Gegen blindundtaube Hirne/ hilft recht gut die Abrißbirne. Um es präsidial zu sagen: auch und gerade in Deutschland.
Quelle: www.jungewelt.de vom 10.09.11
In Bad Neuenahr diskutiert der Stadtrat ganz aktuell die Installation von neuen Beleuchtungskörpern und neuen Beleuchtungstechniken, und die damit einhergehenden Kosten, die auf die Stadt und somit auch auf die BürgerInnen zukommen werden. Die alten Straßenlampen sollen gegen neue ausgetauscht werden, oder – so der Plan der Stadt Bad Neuenahr – entsprechend modernisiert werden. Wie man es machen kann, zugunsten der SteuerzahlerInnen und der Umwelt, zeigt das unten aufgeführte Beispiel:
Erftstadt (NRW) will mit Hilfe von modernen Außenleuchten kräftig Geld und Strom sparen. Künftig sollen alle Neubaugebiete mit LED-Lampen ausgestattet werden. An einigen Orten sind die neuen Lampen schon installiert. Manchmal, so dachte man sich beim Eigenbetrieb Straßen, ist es durchaus sinnvoll, trotz knapper Kassen in neue Technik zu investieren. Denn langfristig ließe sich dadurch ordentlich Geld sparen. Etwa bei der Straßenbeleuchtung. Ihr Motto: Weg von Neonlampen und Glühbirnen alter Bauart und hin zur LED-Technik. Eine Leuchtdiode (lichtemittierende Diode, LED) ist ein elektronisches Halbleiter-Bauelement. Fließt durch die Diode Strom in Durchlassrichtung, so strahlt sie Licht aus.
Bei der Weihnachtsbeleuchtung, in der Automobilbranche und in Ampelanlagen sind LED-Leuchten bereits Standard. „Auch für Straßenlampen verspricht die moderne LED-Technik mehr Licht mit weniger Energie. Zudem werden Kosten gespart und die Umwelt geschont“, betont die städtische Pressesprecherin. In Erftstadt begann der Einstieg in die Zukunftstechnologie vor rund zwei Jahren. LED-Leuchten wurden in der Straßenbeleuchtung eingesetzt. Inzwischen erhellen die neuen Lampen einen Kreiselverkehr, einen neugestalteten Bürgerplatz, den Parkplatz und die Umgebung des neuen Bürgerbüros, die Treppenanlage an der städtischen Bücherei und einen neuen Friedhofsparkplatz. Weil mit den neuen Lampen gute Erfahrungen gemacht worden seien, sollten demnächst alle Neubaugebiete mit LED-Technik ausgestattet werden, kündigt Bürgermeister Dr. Franz-Georg Rips an. „Ich sehe großes Potenzial für LED-Technik im Außenleuchtenbereich.“ Doch trotz vieler Vorteile der LED-Technik sei diese noch nicht so ausgereift, dass sie sich für Bereiche im Straßenverkehr eigne. Bisher habe RWE bei der Straßenbeleuchtung überwiegend energiefressende Quecksilberdampflampen eingesetzt. Im Zuge des Energiesparkonzeptes habe das Unternehmen im letzten Jahr fast alle gegen Natriumdampflampen ausgetauscht. Das Ergebnis könne sich sehen lassen. In diesem Jahr wurde der Vertrag für die Straßenbeleuchtung erneut an RWE vergeben, erläutert die Verwaltung. Bisher habe die Wartung 330 000 Euro im Jahr gekostet. Die Ausgaben nach dem neuen Vertrag, der im Dezember in Kraft trete, lägen bei 123 000 Euro. „Der neue Vertrag spart der Stadt 206 000 Euro“, erläutert Rips Der Vertrag läuft fünf Jahre. Im Rahmen der Ausschreibung wurden zudem alle 44 RWE-Rundsteuerempfänger, die zum Schalten der Straßenbeleuchtung dienen, gegen stadteigene computergesteuerte Schaltuhren ausgetauscht.
Die Ökologische Plattform Rheinland-Pfalz als auch DIE LINKE., Ortsverband Bad Neuenahr, favorisiert ebenfalls die LED-Beleuchtungstechnik. Sie ist kostensparend und zugleich auch umweltfreundlich.
Quelle: http://www.kommunalinformationen.de/15_11/15_11_t10.html
Die Überlegungen der Stadt, in Heimersheim und zwischen Green und Ehlingen weitere Gewerbeflächen auszuweisen, zielen auf die Zerstörung der dortigen Wohnqualität. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Stadt die Chance, alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger an ihren Planungen zu beteiligen, nicht wahrnehmen will und wird. Wie in der Vergangenheit soll die Bevölkerung auch jetzt wieder vor vollendete Tatsachen gestellt werden – mit Informationsveranstaltungen wird vorgegaukelt, alle Betroffenen in den Planungen einzubeziehen. Die Alternative ist eine umfassende Information, auf deren Grundlage letztlich die Bürgerinnen und Bürger entscheiden – und nicht die Stadt am grünen Tisch.
Es gibt in und um Bad Neuenahr – Ahrweiler genügend Flächen für Gewerbeansiedlungen, ohne dass der dörfliche Charakter kleiner Stadtteile zerstört wird. Im Tal zwischen Green und Ehlingen Gewerbe mit Lkw-Verkehr und hässlichen Lagerhallen und Werkstätten zuzulassen bedeutet, dass dieses Gebiet sowohl für den Tourismus als auch für die Wohnqualität der Anwohner verloren ist.
Gewerbegebiete in und um intakte Dörfer anzusiedeln heißt auch, noch mehr Schwerlastverkehr zuzulassen. Straßen müssen ausgebaut werden, die Verkehrsbelastung in Bad Neuenahr wird zunehmen. Und wer will schon Urlaub machen, wo er vom Rotweinwanderweg aus auf Lagerhallen statt auf idyllische Dörfchen guckt? Wer will schon in ein Dorf ziehen, das umzingelt ist von Beton und Asphalt?
DIE LINKE ist nicht gegen weitere Gewerbeansiedlungen. Sie sollen nur dort stattfinden, wo sie niemanden stören. Und die Bevölkerung muss entscheiden können über das, was sie unmittelbar betrifft. Bürgerbeteiligung und ein kommunaler Bürgerhaushalt sind die ersten Schritte zu dieser direkten Demokratie. Davon sind Städte und Kreis zurzeit noch weit entfernt. Mit anderen Worten: Politik und Verwaltung praktizieren alles andere als Bürgernähe.
Bad Neuenahr, 8. September 2011
Die Bundesregierung kanzelt NS-Opfer, die Entschädigung fordern, weiterhin als lästige Störenfriede ab“, so die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage (17/6822). Am kommenden Montag beginnt am Internationalen Gerichtshof (IGH) die mündliche
Verhandlung einer Klage der Bundesrepublik gegen Italien. Die Bundesregierung will erreichen, dass die Entscheidungen italienischer Gerichte, die NS-Opfern Entschädigung zubilligen, als Verstoß gegen die Staatenimmunität zurückgewiesen werden. Jelpke erklärt hierzu:
„Deutschland ist vom Obersten Gerichtshof Italiens in drei Fällen rechtskräftig zu 51 Millionen Euro Entschädigung verurteilt worden. ,Die Bundesregierung hat keines dieser Urteile akzeptiert und keine Zahlungen geleistet‘ heißt es in der Antwort. Derzeit sind in Italien 50 Verfahren von NS-Opfern anhängig: 13 Verfahren von Zivilpersonen, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden waren,
27 Verfahren von ehemaligen Militärinternierten, sechs von Massakeropfern und eines wegen antisemitischer Verfolgung. In weiteren drei Vefahren wird vor Militärgerichten eine Entschädigung verlangt. Wehrmacht und SS hatten vor allem im Jahr 1944 in Oberitalien grausame Massenmorde verübt. Die Mehrheit der Überlebenden und Hinterbliebenen hat niemals Entschädigung erhalten. Zuletzt sprach das Militärgericht Verona Opfern eines Massakers der Division, Hermann Göring‘ Entschädigungen von 40.000 bis 145.000 Euro zu. Unter den Toten waren auch Kinder im Alter von drei, vier und sieben Jahren.
,Die Bundesregierung vertritt auch in diesem Verfahren die Position, dass die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland gegen den Grundsatz der Staatenimmunität verstößt‘, erklärt sie. Sie fordert also Immunität für die Ermordung von Kindern durch deutsche Soldaten.
Die Sturheit, mit der die Bundesregierung den in der Regel hochbetagten NS-Opfern Entschädigung verweigert, ist unfassbar zynisch. Sie hat noch nicht einmal den Mut, ehrlich zuzugeben, dass sich ihre Klage faktisch gegen jene richtet, die schon einmal Opfer deutschen Unrechts wurden.
Ich unterstütze die Kundgebungen, die zum Prozess angemeldet wurden, und werde am heutigen Freitag auf einer Kundgebung in Berlin teilnehmen (11-13 Uhr, Auswärtiges Amt).“
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Quelle: Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Während CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt das Verbot der Partei DIE LINKE fordert, bläst sein Parteifreund Landesinnenminister Joachim Herrmann mit dem neuen Internetportal www.bayern-gegen-linksextremismus.bayern.de zur Jagd auf Linke und Antifaschisten. Die Website orientiert sich schon rein äußerlich am bereits länger bestehenden Webportal der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus. Damit wird im Rahmen des Extremismusansatzes eine Gleichsetzung von antifaschistischen Linken mit Neonazis vorgenommen. Diese ideologisch motivierte unwissenschaftliche Gleichsetzung ignoriert, dass seit 1990 rund 140 Menschen von Neonazis und Rassisten ermordet wurden und nicht etwa von Linken.
Wie zu Hochzeiten des Kalten Krieges wird vor der Unterwanderung demokratischer Organisationen durch „Linksextremisten“ gewarnt. Es wird beklagt, dass es mit dem Thema „Antifaschismus“ immer wieder gelingt, „Bündnisse und Partner bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein für gemeinsame Veranstaltungen zu
gewinnen.“ Als handle es sich bei antifaschistischem Engagement um eine mit Drogensucht vergleichbare Krankheit oder bei sozialistischen Gruppierungen wie der Partei DIE LINKE um gefährliche Sekten wird Eltern und Lehrern ein Verhaltensleitfaden zum Umgang mit linken Jugendlichen gegeben. Bürgerinnen und Bürger werden zur Denunziation vermeintlicher „Linksextremisten“ bei den Behörden aufgefordert, Städte und Gemeinden sollen nicht mehr mit „extremistisch beeinflussten“ Bündnissen gegen Rechts zusammenarbeiten. Als gefährlicher „Extremist“ diffamiert wird namentlich etwa der 78-jährige Holocaust-Überlebende Ernst Grube, weil er sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) engagiert. Die staatliche Anti-Antifa-Seite zeigt bereits erste Folgen. So wurde das „Coburger Aktionsbündnis gegen rechtsradikale Aktivitäten“ (CArA) aufgrund seiner Auflistung aus einem Jugendzentrum geworfen.
Mit ihrer Weigerung, die V-Leute des Verfassungsschutzes aus den Gremien der NPD abzuziehen, sabotieren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ein erneutes Verbotsverfahren gegen die faschistische Partei. Gleichzeitig setzt die CSU-geführte Bayerische Staatsregierung ganz offensichtlich auf die Schwächung bürgerschaftlichen Engagements gegen Rechts. Der Applaus von Rechtsaußen ist ihr gewiss.“Es ist ein kleines politisches Erdbeben, das sich in Bayern dieser Tage ereignet“, jubelt etwa die extrem rechte, demokratiefeindliche Zeitung „Junge Freiheit“ über eine „Gegenbewegung“ zum „einseitigen `Kampf gegen Rechts“. Dagegen erklären wir: Antifaschismus ist nicht kriminell sondern Bürgerpflicht! Und extremistisch ist nicht der Antikapitalismus, sondern das kapitalistische System mit seinen Millionen Toten durch Hunger, Ausbeutung und Kriege.
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Quelle: Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik
Vom 07.09.11