Wolfgang Huste Polit- Blog

Nazis raus aus dem Netz!

Samstag, 16. Juni 2012 von Huste

FDP-Generalsekretär manipuliert in Aktueller Stunde die Öffentlichkeit. Von Heike Hänsel, MdB, DIE LINKE

Freitag, 15. Juni 2012 von Huste

In der Aktuellen Stunde des Bundestages diesen Mittwoch zum Teppichkauf von Minister Niebel zeigte FDP-Generalsekretär Patrick Döring in der Debatte ein Foto seines FDP-Kollegen Pascal Kober, das angeblich die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, Heike Hänsel ‚schwerbepackt mit Einkaufstüten‘ zeigen soll. Dazu erklärt Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:
„Einige Medien haben völlig unseriös einseitig diese Version von Patrick Döring übernommen. Wahr ist, dass auf dem Foto mein ganz normales Reisegepäck, ein Rucksack, eine Reisetasche und eine Tüte mit Postern, Broschüren und Unterlagen von den Botschaften und Entwicklungsprojekten zu sehen sind, die wir auf der Reise durch Bolivien, Peru und Kolumbien erhalten hatten. Zudem habe ich, wie andere Abgeordneten auch, in einem GIZ-Projekt in Bolivien einige kleine Fairtrade-Produkte von Handwerkskooperativen erstanden im Rahmen der Besichtigung eines Öko-Projektes, die aber auf dem Foto überhaupt nicht ersichtlich sind. Der Stewart verließ mit mir das Flugzeug und trug freundlicherweise einige Meter meinen Rucksack. Die manipulative Darstellung von Herrn Döring, die in keinem Vergleich zum Teppichkauf und BND-Transport von Minister Niebel steht, zeigt, wie stark sich der Minister und die FDP unter Druck fühlen, dass zu solch unlauteren Mitteln gegriffen werden muss.

Immer neue Versionen zum BND-Transport werfen nach wie vor ein ungutes Licht auf den Minister.“

Quelle: Heike Hänsel, 15.06.12

Herr Gauck, wir Bürger wollen keinen Krieg!

Freitag, 15. Juni 2012 von Huste

Kulturschaffende, Friedensaktivisten und Linke-Politiker widersprechen dem Kriegsappell von Bundespräsident Joachim Gauck, für Deutschland zu töten und zu sterben (siehe jW vom 14. Juni). Unterstützung bekommen sie dafür von unzähligen Bürgern der BRD. junge Welt dokumentiert eine repräsentative Auswahl bisher eingegangener Stellungnahmen zur Rede Gaucks vor der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg in dieser Woche.

Johannes Schäfer (Berlin): Diese Rede habe ich schon gehört – mit ein paar anderen Vokabeln, doch im selben Sinn: An der »Wilhelm-Gustloff-Schule« Bischofswerda im November 1943. Der Rektor teilte den Müttern und Vätern mit, daß ihre Söhne – wir waren damals 15 Jahre alt – nun endlich als Luftwaffenhelfer das Vaterland verteidigen dürfen. »Schauen Sie in die Augen Ihrer Jungen und Sie werden sehen, wie stolz sie darauf sind!«

J. Müller: Den Tod deutscher Soldaten im Krieg zu glorifizieren und gleichzeitig die Opfer dieser Soldaten nicht einmal zu erwähnen, ist menschenverachtend. Den Soldaten und den Opfern gegenüber. Die Rede ist nicht zu ertragen. Ein Pfarrer (Theologe), aufgewachsen, erzogen und gelebt ohne Kenntnis der Menschenrechte? Würden seine Eltern weinen?

Renate Möller (Berlin): Ich habe von Gauck nichts Gutes erwartet. Er ist nicht mein Präsident, ich habe ihn nicht gewollt. Grüne und SPD haben ihn gewollt, mit allen Mitteln. Friedensparteien? Schon lange nicht mehr! (…) Vielleicht hilft Gauck mit seinen Worten endlich der Friedensbewegung auf die Beine. Zu wünschen wäre es, dann hätten sie wenigstens etwas Gutes bewirkt. (…)

Angelika Kurowski (Berlin): »Daß es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.« Bundespräsident Joachim Gauck, 12. Juni 2012, in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg

Wenn es der glücksüchtige Herr Gauck schwer ertragen kann, daß es wieder deutsche Gefallene gibt, soll er doch seine Position dazu nutzen, dies zu verhindern. Statt dessen sinniert er nur populistisch vor sich hin. Überhaupt will mir die Vokabel »Gefallene« als Bezeichnung für ermordete Menschen nicht gefallen. Die Toten auf Seiten der angegriffenen Völker sind es in jedem Fall. Die Toten auf Seiten des Aggressors sind demzufolge Selbstmörder – als Wehrpflichtige auf Anordnung des jeweiligen »Vaterlandes«. Die »Freiwilligen« treiben wirtschaftliche Zwänge und/oder ideologische Verblendung in den Kriegsdienst.

Edeltraud Kotzanek: Bürgerliche Freiheit ist, sich für oder gegen einen »Job« bei der Bundeswehr zu entscheiden. Absolute Freiheit der Bürgerinnen und Bürger wäre, entscheiden zu können, ob ihre/seine Steuern für das Militär ausgegeben werden.

Bernd Goldammer: Schwerter zu Pflugscharen, hieß die Bewegung, von der sich Gauck einst hat nach oben tragen lassen. Jetzt sagt er, was er damit gemeint hat. Das läßt seine Rolle 1989 in einem ganz anderen Licht erscheinen. Das Volk möchte, daß »Mutbürger« in Uniform unser Grundgesetz schützen. Es ist noch da, es lebt. Gauck hingegen ermutigt mit seiner Bundeswehrrede zu Straftaten gegen das Grundgesetz, aber genau dafür wurde er von Rot-Grün und Schwarz-Gelb ins Amt gebracht. (…) Herr Gauck, wir wollen keinen Krieg. Dabei soll es bleiben. (…) Aber wenn Sie unbedingt schießen wollen, machen sie doch mal eine hübsche Pilgerwanderung durch afghanische Berge im Grenzgebiet zu Pakistan. Bitte schicken Sie zuvor unsere Kinder nach Hause zurück! (…)

Jürgen Rose (Oberstleutnant a.D. und Vorstandsmitglied Darmstädter Signal): Mit seiner Anfeuerungsrede bei der Generalstabsakademie hat sich unser »Bundes-Gauckler« als Kriegshetzer entlarvt. Kein Wort von den völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Kriegen, welche die Bundeswehr geführt hat oder an denen sie beteiligt war – 1999 gegen Jugoslawien, 2001 in Afghanistan, 2003 gegen den Irak. Es hätte einem angeblichen Mann Gottes besser zu Gesicht gestanden, den Friedensauftrag, den die Bundeswehr laut Grundgesetz zu erfüllen hat, laut und deutlich anzumahnen.

Walter Bornholdt (Marineoffizier der Volksmarine – niemals a.D., Magdeburg): Der Gauckler ist eben nur ein Pfäfflein und steht in der Tradition des Reichsbischofs Müller. Manipulieren hat er gelernt, und er beherrscht diese spezielle Kunst der Kirche (n) hervorragend: Schuldgefühle erzeugen und diese dann im Sinne des jeweils aktuellen Auftraggebers aktivieren!

Reinhard Junge (Bochum): Vom Werben zum Sterben zur Werbung zum Töten ist der Weg nicht mehr weit. Jesus hätte Gauck aus dem Tempel gejagt.

Heinz W. Hammer (Essen): In seiner Besorgnis um die gesellschaftliche Akzeptanz der weltweiten Bundeswehreinsätze wird der von den Medien zum »Bundespräsidenten der Herzen« Hochgeschriebene bei seinem Antrittsbesuch (!) in der Führungsakademie der Bundeswehr mit den Worten zitiert, »Ohne uns« als purer Reflex könne keine Haltung sein, »wenn wir unsere Geschichte ernstnehmen«. Interessant, daß er mit den Worten »Ohne uns« die zentrale Losung der Friedensbewegung aufnimmt, die nach der Befreiung von der faschistischen Barbarei und noch auf deren sichtbaren Trümmern sich Anfang der 50er Jahre massenhaft gegen die von Adenauer seit August 1950 betriebene Remilitarisierung wehrte. Während 1951 auf der einen Seite Nazikriegsverbrecher rehabilitiert wurden und neofaschistische und militaristische Vereine schaurige Wiederbelebung erfuhren, wurden die Friedensaktivisten brutal unterdrückt. So wurde beispielsweise bei der bundesweiten Friedenskarawane am 11. Juni 1952 in Essen der 21jährige Münchner Arbeiter und Kommunist Philipp Müller von der Polizei erschossen; durch Polizeikugeln schwer verletzt wurden u. a. der Kasseler Sozialdemokrat Bernhard Schwarze und der Gewerkschafter Albert Bretthauer aus Münster. Der Tag ging als »Essener Blutsonntag« in die Geschichte ein. In der Stadt verhindern Lokalpolitiker bis heute, daß die Brücke, auf der der Mord geschah, in »Philipp-Müller-Brücke« umbenannt wird. (…)

Bernhard Nolz (Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden – PPF, Aachener Friedenspreisträger, strafversetzt wegen einer Rede für den Frieden vor 3000 Schülern eine Woche nach den Anschlägen vom 11. September 2001): Bundespräsident Gauck reiht sich mit seiner Rede ein in die Masse der bundesdeutschen Politikerinnen und Politiker, die vor allem die Jugend kriegstauglich machen wollen. Dagegen wehren sich Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrerinnen und Lehrer mit der Forderung: »Bundeswehr raus aus den Schulen!«

Dr. med. Joachim Elz-Fianda (IPPNW, DFG-VK Nördlingen): Der grenzenlos naive und gleichzeitig in die eigene »Größe« verliebte Gauck läßt sich vor den Karren der Rüstungsgewinnler spannen. Er glaubt zu wissen, was er seinen Steigbügelhaltern schuldig ist. Die Stimme seines Gewissens kommt nicht mehr gegen den Lärm der Glorifizierung an. Es wäre schön, wenn er etwas täte, um sich von seinem Vorgänger Hindenburg abzugrenzen.

Nico Piechulek (Leipzig): Freiheit? Ja, das bedeutet Rechte und Pflichten zu haben. Aber genau an dem Punkt läßt Herr Gauck durchblicken, was er eigentlich unter Freiheit versteht. Bei jedem Angriff, den der Bundespräsident damit zu rechtfertigen versucht, kann es zu zivilen Opfern kommen – was in der Vergangenheit nachweislich mehr als einmal der Fall war. Genau in diesem Moment spricht Gauck diesen Menschen, die einfach nur das »Pech« hatten, in die Schußlinie zu geraten, ihre Freiheit ab. Behandelt sie als Kollateralschaden – kein Wort über diese Leiden. (…)

Reinhold Fertig: »Schlangenbrut, Natterngezücht« (Mt. 23, 33) »Heuchler wie Gräber die außen weiß angestrichen und schön anzusehen sind, innen aber sind sie voll Knochen, Schmutz und Verwesung« (Mt. 23, 27) Besser als das Matthäusevangelium kann ich den Pfaffenpräsidenten Gauck auch nicht kennzeichnen. (…)

Hans Christoph Stoodt: Anläßlich der Kriegsrhetorik des ganz zu Recht so genannten Bürgerpräsidenten möchte ich auf die offenkundigen Parallelen seiner Bundeswehr- und Kriegsbejubelungsrede zu einer anderen Rede aus dem letzten Jahrhundert hinweisen: der berüchtigten »Hunnenrede« Wilhelms II. vom Juli 1900, mit der er das deutsche Expeditionskorps gegen den »Boxeraufstand« nach China entsandte. Frömmelnde Kriegsrhetorik für den deutschen Imperialismus in beiden Fällen. Gauck profiliert sich als neowilhelminischer Ideologe – dafür wurde er ja auch ins Amt gehievt. Otto Grotewohl hat übrigens 1955 zehn von deutschen Kolonialtruppen erbeutete Fahnen der chinesischen Aufständischen des »Boxeraufstands« Tschou En-Lai als Vertreter der VR China zurückgegeben. Hierin zeigt sich für mich der entscheidende Unterschied zwischen dem heutigen imperialistischen Staat BRD und der untergegangenen DDR.

Hartmut Heck (Berlin): (…) Von Naiv- oder Dümmlingen oder Brutalos abgesehen, welcher Bürger will denn freiwillig in einen Krieg ziehen und morden und für die Besitzenden steben? Vielleicht wird Herr Gauck, aus Nächstenliebe, bald vorschlagen, Hartz-IV-Bezieher militärisch zu drillen, die dann das sie schindende System im Kriege verteidigen sollen. (…)

Bastian Heindrichs:

Vom Bürger an den Bundespräsidenten

Grausam geschichtsvergessen,

abstoßend angepaßt,

unerträglich untertänig,

chronisch contre cœur,

kompromißlos kampfbessesen.

K. Feiks (Dresden): Als ich Ausschnitte aus der Rede unseres Bundespräsidenten in Hamburg hörte, war mir richtig schlecht. Außerdem war ich zornig, weil er den festen Friedenswillen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung der DDR, einschließlich der Angehörigen der NVA in den Schmutz zog. (…) Auch mit noch so viel Haß kann keiner, auch nicht der Bundespräsident, das Grundprinzip der Politik in der DDR »Frieden, Freundschaft und Völkerverständigung« wegwischen. Der Inhalt der Rede Gaucks erinnert sehr an die Kriegspropaganda des faschistischen Deutschlands. Jedenfalls hat Herr Gauck mir mit dieser Rede gezeigt, daß er nicht meine Interessen als Bundespräsident vertritt. Ich halte es mehr mit in der Nationalhymne der DDR:

Glück und Frieden sei beschieden

Deutschland, unserm Vaterland.

Alle Welt sehnt sich nach Frieden,

reicht den Völkern eure Hand.

Wenn wir brüderlich uns einen,

schlagen wir des Volkes Feind.

Laßt das Licht des Friedens scheinen,

daß nie eine Mutter mehr

Ihren Sohn beweint.

Ludwig Schönenbach (Bremen): Mit dem einzigen vernünftigen Bundespräsidenten, den unser Land gehabt hat, Gustav Heinemann, kann ich nur sagen: »Ich liebe meine Frau, meine Kinder und Enkelkinder« und viele nette Menschen in aller Welt, doch Deutschland ist für mich nicht einmal »ein Land wie alle anderen«, sondern das Ergebnis einer Geschichte und einer Gegenwart, die nur Scham erlauben! Darüber hinaus gilt für mich der alte Sozi-Slogan weiter: »Der Arbeiter hat kein Vaterland!« Daß unsere politische Klasse uns nun zu allem Elend, das sie uns täglich bereitet, auch noch einen solchen Klugredner beschert hat, der dieses »Elend« schönreden zu müssen glaubt.

Sigrun Spindler: Viele Menschen hatte ihre ganze Hoffnung auf diesen neuen Bundespräsidenten gesetzt – und sind enttäuscht worden. Diese Ent-Täuschung mag auch ein Prozeß sein für jeden zu begreifen, was uns, dem Volk, vorgesetzt wird. (…)

Detlev Beine (Blomberg): Respekt muß ich Hans Modrow für seine Statements zollen. Seine Worte sollten allein wegen seiner Erfahrung als junger Soldat Mahnung vor jedem weiteren Krieg sein. Bevor Gauck Präsident wurde, war er für mich schon als Staatsoberhaupt abgeschrieben. Denkt mal an seine Kritik der Antikapitalismusdebatte, die er für unsäglich albern hielt, sowie das Scheitern der Occupy-Bewegung, das er meinte voraussagen zu müssen. Ferner hatte er die Hartz-IV-Empfänger verunglimpft. Mit seinen Aussagen hat er sich aus meiner Sicht disqualifiziert. (…) Mit Gauck ist für viele eine weitere Hoffnung gestorben, endlich mit den Kriegen aufzuhören. Sein Gefasel über Freiheit kann er sich an seinen Hut stecken, solange wir in der NATO sind und uns an den Kriegen beteiligen.
GLÜCK SUCHT TOD IM TOD
Ich töte den Tod im Leben der Lebendigen
Ich lebe im Leben so wie im Tode den Tod
Ich gebe den Tod für mein ganzes Leben
Ich überlebe das Leben und töte den Tod
Ich sterbe einen Tod für das Leben anderer
Ich gebe das Leben anderer für deren Tod
Ich sterbe im Leben für den tötenden Tod
TOD SUCHT GLÜCK IM GLÜCK
Peter Wawerzinek, notstandslyrik/13062012

Quelle: www.jungewelt.de vom 15.06.12

Eine skandalöse Rede. Bundespräsident Gauck plädiert wieder für den „gerechten Krieg“. Von Bundesausschuss Friedensratschlag

Donnerstag, 14. Juni 2012 von Huste

Zur Rede des Bundespräsidenten bei der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag in einer ersten Stellungnahme:

Es sollte eine Rede des hohen Tons und der großen Gefühle werden. Am Ende präsentierte Bundespräsident Joachim Gauck aber nur mächtige Worthülsen. Da war von „meiner Armee“ und von „unseren Soldaten“ als „Dienern“ die Rede, von einer wahren „Armee des Volkes“ als einem Teil des „Demokratiewunders“, das die Deutschen 1989/90 geschafft hätten. Und da wurden die hehren Ideale und Ziele der Bundeswehr gepriesen, „Freiheit, Sicherheit, Menschenwürde und das Recht des Einzelnen auf Unversehrtheit“ zu verteidigen – und zwar in der ganzen Welt.

Mit keinem Wort ging Gauck auf die Interessen der deutschen Wirtschaft ein, Märkte für den Export zu sichern, Handelswege notfalls „freizukämpfen“ oder sich „freien Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen und Rohstoffen“ in aller Welt zu schaffen. Das ist immerhin der unverblümte Auftrag der Bundeswehr in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, 2003 und 2011 und der Weißbücher 1994 und 2006.

Horst Köhler hatte wegen eines etwas holprig daherkommenden Interviews vor drei Jahren auf diese Zusammenhänge aufmerksam machen wollen – und musste sein Präsidentenamt aufgaben. Offenbar hält sich Gauck an eine Grundregel der politischen Klasse: Über die ökonomischen Interessen der Politik spricht man nicht, man setzt sie nur durch.

Obwohl das Instrument Militär zum sensibelsten Bereich der Politik und des nationalen und internationalen Rechts gehört, existieren für Gauck weder das Grundgesetz der Bundesrepublik mit seinem den Krieg ächtenden Art. 26 und die Bundeswehr auf Landesverteidigung verpflichtenden Art. 87a, noch die UN-Charta mit dem strikten Gewaltverbot nach Art. 2,4, noch der Einigungsvertrag von 1990, der in Art. 2 definitiv verlangt, „dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“. Er stellt demnach auch nicht die Frage, ob Krieg völkerrechtlich oder ethisch sein darf, sondern ihn interessiert nur noch, ob militärische Einsätze „die gewünschten Ziele erreichen“ oder „ob wir im Einzelfall die Mittel haben, die für ein sinnvolles Eingreifen nötig sind“.

So ist der letzte Schritt nicht mehr weit: Für Gauck gibt es wieder den „gerechten Krieg“. Originalton: „Sie (die Bundeswehr) hat unser Zutrauen verdient, nicht nur in Debatten um den ‚gerechten Krieg‘ zu bestehen, sondern auch einem ‚gerechten Frieden‘ einen Weg zu bahnen.“ Hätte der ehemalige Pastor und Kirchenfunktionär doch nur das Wort der deutschen Bischöfe aus dem Jahr 2000 zur Kenntnis genommen! Dort hatte sich die Kirche endgültig von Begriff und Konzeption des „gerechten Kriegs“ verabschiedet.

In Kreisen der Bundeswehr wird die Rede Gaucks überschwänglich gefeiert und heute schon als „historisch“ bewertet. In einem negativen Sinn soll sie es auch sein: Gauck soll mit seiner Lobrede die Köpfe und Herzen der Menschen für die Sorgen und Nöte der Soldaten öffnen, soll das einstmals beklagte „freundliche Desinteresse“ an der Bundeswehr in eine begeisterte Zustimmung verwandeln. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr, der „Armee im Einsatz“, werden – geht es nach den Plänen von Regierung und NATO – zunehmen. Dafür braucht sie zunehmend die Unterstützung der „Heimatfront“. Gauck scheint der rechte Mann dafür zu sein.

Peinlich, dass er in seinem Eifer nicht merkt, dass die Bundeswehr dabei ist, das zu werden, was er zu Beginn seiner Rede so heftig kritisiert:

Mit Blick auf die DDR geißelt er dort „Aufmärsche“ und „die Militarisierung der Schulen“. Hat er denn noch nicht von den öffentlichen Gelöbnissen, der Präsenz der Bundeswehr bei Volksfesten und Messen oder der Teilnahme von Presseoffizieren an Schulveranstaltungen gehört?

Eines können wir nicht nur für den Bundesausschuss Friedensratschlag, sondern für die Friedensbewegung insgesamt sagen: Von diesem Präsidenten werden wir nicht vertreten.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:

Peter Strutynski (Sprecher)

Die Rede des Bundespräsidenten ist hier dokumentiert:

http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Bundeswehr/gauck.html

Quelle: www.scharf-links.de vom 13.06.12

Sterben für Deutschland. Kriegspropagandist des Tages: Joachim Gauck

Mittwoch, 13. Juni 2012 von Huste

»Freiheit ist ohne Verantwortung nicht zu haben. Für Sie, liebe Soldatinnen und Soldaten, ist diese Haltung selbstverständlich. Ist sie es auch in unserer Gesellschaft? Freiheit und Wohlergehen sehen viele als Bringschuld von Staat und Demokratie. Manche verwechseln Freiheit mit Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit und Hedonismus. Andere sind sehr gut darin, ihre Rechte wahrzunehmen oder gegebenenfalls auch vehement einzufordern. Und vergessen dabei allzu gern, daß eine funktionierende Demokratie auch Einsatz erfordert, Aufmerksamkeit, Mut und manchmal auch das Äußerste, was ein Mensch geben kann: das Leben, das eigene Leben.«

»Daß es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.«
Bundespräsident Joachim Gauck, 12. Juni 2012, in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg

Immerhin: Als »Friedenspfarrer« hat sich Joachim Gauck zu DDR-Zeiten nicht bezeichnet – anders als sein Exkollege Rainer Eppelmann, der vor 1989 forderte: »Frieden schaffen ohne Waffen« – selbstredend nur von der Regierung des kleineren deutschen Staates. Nach der »Wende« überführte Eppelmann als letzter DDR-Verteidigungsminister die noch nützlichen Truppenteile der Nationalen Volksarmee in die Bundeswehr, deren Daseinsberechtigung er nicht eine Sekunde in Frage stellte.

Das Verhältnis des heutigen Bundespräsidenten zum Frieden ist ein ähnlich instrumentelles. Er besuchte am Dienstag die Führungsakademie der Bundeswehr und hielt eine Laudatio auf die Truppe und ihr angeblich so überaus qualifiziertes und verantwortungsbewußtes Personal. Tatsächlich ging Oberst Georg Klein nach eigenen Angaben beten, nachdem er die Bombardierung von 142 Afghanen angeordnet hatte. Von diesen und anderen zivilen Opfern zu reden, kommt einem wie Gauck nicht in den Sinn.

Und Gauck wäre nicht Gauck, wenn er die Deutschen nicht zu mehr Aufgeschlossenheit gegenüber den Auslandseinsätzen der Bundeswehr mahnte. Wer solche Kriegsbeteiligungen ablehnt, ist für ihn ein Ignorant, der nicht wissen will, was die deutschen Soldaten am Hindukusch, am Horn von Afrika und im Kosovo für »unsere Freiheit« tun. Gewalt könne »notwendig und sinnvoll sein, um ihrerseits Gewalt zu überwinden oder zu unterbinden«. Es folgte der unvermeidliche Hinweis, Freiheit sei »ohne Verantwortung nicht zu haben«. Meint in diesem Fall: Es muß auch jemand die Drecksarbeit machen. In der »Demokratie« dürfen nämlich, wo gehobelt wird, auch Späne fallen. Und wir sollen gefälligst »unseren Jungs« applaudieren – und sie gebührend betrauern bzw. bedauern und gesundpflegen, wenn sie körperlich und seelisch lädiert heimkehren. (jf)

Quelle: www.jungewelt.de vom 13.06.12

Psychokrieg um Syrien. Von André Scheer

Montag, 11. Juni 2012 von Huste

Das Timing ist auffällig: Pünktlich zu Tagungen des UN-Sicherheitsrates rütteln Berichte über Massaker in Syrien die Weltöffentlichkeit auf, für die westliche Politiker ohne jede Prüfung Staatschef Baschar Al-Assad verantwortlich machen. Nach dem Massaker von Masraat-Al-Kubeir am Mittwoch, bei dem Medienberichten zufolge fast 80 Menschen getötet wurden, ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag ausrichten, eine Führung, die solche Taten in ihrem Land zulasse, habe jegliche Legitimität verspielt.

Dabei ist auch der Bundesregierung offensichtlich bewußt, daß das von den Kabinettsmitgliedern gepflegte Bild der Lage in Syrien nicht der Realität entspricht. In einem als »Verschlußsache – Nur für den Dienstgebrauch« gekennzeicheten Papier »über die Auslandseinsätze der Bundeswehr«, das jW vorliegt, schreibt das Verteidigungsministerium am Mittwoch selbst: »Die Zahl asymmetrischer Angriffe durch Dschihadisten und Al-Qaida-nahe Terrorgruppen nimmt zu.« Von der ansonsten so oft angeführten »Freien Syrischen Armee« ist nicht die Rede.

In Moskau wird deshalb vermutet, daß die Verbrechen gezielte Provokationen darstellen. So äußerte Sergej Demidenko vom Institut für strategische Einschätzungen und Analyse gegenüber dem staatlichen Rundfunksender Stimme Rußlands: »Die Islamisten und die Monarchen des Persischen Golfs werden versuchen, Al-Assad endgültig zu zerschlagen, weil er vorläufig die einzige Kraft ist, die in der arabischen Welt noch ihr Opponent ist.« Dazu diene auch der gegen Syrien entfesselte »psychologische Krieg«.

Moskau ist inzwischen gemeinsam mit Peking zum wichtigsten Hindernis für eine ausländische Militärintervention in Syrien geworden, wie sie etwa Frankreichs Staatschef François Hollande oder die US-Administration kaum verhohlen androhen. So betonte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag im kasachischen Astana noch einmal: »Ein Mandat für eine Intervention in Syrien von außen wird es nicht geben. Das kann ich Ihnen garantieren.« Beim dortigen Gipfeltreffen der Shanghai-Kooperationsorganisation (SCO) hatte Moskau bei seinen Verbündeten um Unterstützung für den Vorschlag einer Syrien-Konferenz geworben, mit der der Friedensplan des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan gerettet werden soll. »Wichtig ist, daß wir diese Idee nicht mit Erklärungen kippen, Verhandlungen mit jenen, die das Blutvergießen fördern, seien unmöglich. Entweder werden wir alle, von denen irgend etwas abhängt, am Verhandlungstisch versammeln, oder wir gehen endgültig zu der Ideologie über, daß das Regime an allem schuld und deshalb zu stürzen ist und alle anderen Engel sind.«

Dieses auch in den meisten westlichen Medien gepflegte Bild erhält zunehmend Kratzer. So berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Freitag, syrische Oppositionelle hätten aufgrund glaubwürdiger Zeugenaussagen den wahrscheinlichen Tathergang des Massakers in Hula, bei dem am 25. Mai 108 Menschen ermordet worden waren, rekonstruiert. »Ihr Ergebnis widerspricht den Behauptungen der Rebellen, die die regimenahen Schabiha-Milizen der Tat beschuldigt hatten«, schreibt das Blatt und weiter: »Da zuletzt Oppositionelle, die Gewalt ablehnen, ermordet oder zumindest bedroht worden sind, wollen die Oppositionellen ihre Namen nicht genannt sehen.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 9./10.06.12

Diätenwahn in Sachsen-Anhalt. Landtagsabgeordnete genehmigen sich 18 Prozent mehr Gehalt; Betreuer von Behinderten gehen leer aus. Von Susan Bonath

Samstag, 09. Juni 2012 von Huste

Rund 1600 Mitarbeiter und Beschäftigte von Behindertenwerkstätten haben am Donnerstag in Magdeburg und Halle für eine tarifgerechte Vergütung der Behindertenarbeit demonstriert. Allein vor dem Magdeburger Landtag protestierten etwa 1000 Menschen. Ihre Abmahnung an die Politiker war deutlich: »18 Prozent nicht nur für Abgeordnete!«, forderten sie auf einem Transparent. Diese Erhöhung nämlich genehmigten sich zur selben Zeit die Parlamentarier im Plenarsaal. Ihre Grunddiäten steigen damit ab Juli von 4797 auf 5655 Euro monatlich. Das macht sie zu den bestbezahlten Landespolitikern im von Billiglöhnen gebeutelten Osten der Bundesrepublik

Die sozialen Träger der Einrichtungen für Behinderte verhandeln seit zweieinhalb Jahren vergeblich mit dem Land um ausreichende Finanzierung. Deshalb hatte die Arbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen zum Protest aufgerufen. Sie befürchtet, daß immer mehr Fachkräfte abwandern und durch Hilfskräfte ersetzt werden müssen, weil sie in Sachsen-Anhalt nicht tarifgerecht bezahlt werden. Der Geschäftsführer des Matthias-Clau­dius-Hauses in Oschersleben, Michael Lange, erklärte am Donnerstag, die Entgelte des Landes orientierten sich nicht an steigenden Kosten und geforderten Standards. »Wir müssen das Geld vorschießen und geraten zunehmend in Finanznot.« Die zuständige Sozialagentur entscheide willkürlich, mißachte gesetzliche Fristen und provoziere Streits vor Schiedsstellen und Sozialgerichten. Knapp 380 Verfahren liefen derzeit in Sachsen-Anhalt. Das Land gefährde den gesetzlichen Auftrag für Betreuung, Bildung und berufliche Rehabilitation von Behinderten, so Lange.

Landessozialminister Norbert Bischoff (SPD) beteuerte vor den Demonstranten, er könne weder einen Fachkräftemangel bei der Betreuung erkennen, noch seien die Werkstätten mangelhaft ausgestattet. In Sachsen-Anhalt würden dort rund 11000 Menschen arbeiten, mehr als in anderen Bundesländern. Dennoch sei ein Teil der Forderungen berechtigt, ergänzte er und versprach weitere Gespräche.

Lange Debatten waren im Plenum derweil nicht nötig. Zügig besiegelten die Politiker mit den Stimmen von CDU und SPD ihren exorbitanten Gehaltssprung. Den Gegenvorschlägen von Linkspartei und Grünen erteilten sie eine Absage. Letztere hatten auf Druck ihrer Basis gefordert, die Diäten gestaffelt anzuheben und gleichzeitig die Altersbezüge auf das allgemeine Rentenniveau abzusenken. Die Linkspartei wollte statt 18 nur acht Prozent draufschlagen. Das hatte zuvor auch der Bund der Steuerzahler – vergeblich – verlangt, weshalb dessen Landesvorsitzende im vorigen Jahr wütend die Diätenkommission verlassen hatte. Einzig eine von der Opposition zur Sprache gebrachte Verkleinerung des Parlaments wurde nicht sofort vom Tisch gewischt und soll nun in den Ausschüssen geprüft werden.

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Wulf Gallert, erklärte sich am selben Abend der Mitteldeutschen Zeitung (Freitagausgabe). Nein, es sei keine Doppelmoral, erst gegen die Erhöhung zu stimmen und dann das Geld doch zu nehmen, so Gallert. Dann könne man die Grünen auch fragen, »warum sie nach ihrem Parteitagsbeschluß für fünf Mark pro Liter Sprit nicht freiwillig mehr an der Tankstelle bezahlt haben.« Ob ein Teil des Geldes in den Solidarfonds der Partei komme, müsse man noch besprechen. Derzeit zahle dort jeder linke Abgeordnete 250 Euro pro Monat ein, sagte er. Man unterstützte damit etwa Opfer rechter Gewalt oder soziale Projekte. – Vielleicht können künftig ja auch Träger von Behindertenwerkstätten bei der Linkspartei eine Förderung beantragen? Das kollidiere immer ein wenig, da man damit das Land zum Teil aus der Verantwortung entlasse, sagte Fraktionssprecher Thomas Drzisga auf jW-Nachfrage. Trotzdem stehe der Fonds seines Wissens auch dafür offen. »Man muß nur einen Antrag stellen.«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 09.06.12

Geld für Schrottreaktoren. Pannen-AKW Brunsbüttel und Krümmel: Stromkonzern Vattenfall verklagt BRD auf Schadenersatz wegen entgangener Einnahmen nach »Atomausstieg«. Von Wolfgang Pomrehn

Freitag, 08. Juni 2012 von Huste

Vattenfall will es wissen. Der schwedische Staatskonzern hat vergangene Woche vor einem in der US-Hauptstadt Washington ansässigen internationalen Schiedsgericht, dem ICSID (International Centre for Settlement of Investment Disputes, Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten), eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Das Unternehmen verlangt Entschädigung für angebliche entgangene Einnahmen aus seinen beiden Atomkraftwerken (AKW) Krümmel und Brunsbüttel, die vor rund einem Jahr per Beschluß des Bundestages endgültig stillgelegt worden waren. Weder Krümmel noch Brunsbüttel hatten allerdings in den vier Jahren zuvor Strom ins Netz eingespeist, sieht man einmal von einem einwöchigen Intermezzo im Juli 2009 ab. Kurzschlüsse und spektakuläre Transformatorenbrände hatten die beiden Meiler 2007 außer Betrieb gesetzt. Brunsbüttel war zuvor bereits bundesweit als Pannenreaktor verschrieen, und zeitweilig ermittelte die schleswig-holsteinisch Staatsanwaltschaft gegen Vattenfall wegen dessen laxen Umgangs mit den Meldepflichten, die bei Unfällen in AKW existieren. Ein Rechtsgutachten war zu dem Ergebnis gekommen, daß das Brunsbüttel seit 2010 keine gültige Betriebsgenehmigung mehr besitzt. Beide Meiler waren im Rahmen des »Atomausstiegs« stillgelegt worden und stehen in Schleswig-Holstein an der Elbe.

Das ICSID ist Teil der Weltbankgruppe, aber das spielt für das Verfahren eigentlich keine Rolle. Interessanter ist, daß Vattenfall sich auf den Energiecharta-Vertrag beruft, ein Abkommen, zu dessen Zustandekommen die Regierung Kohl Anfang der 1990er Jahre maßgeblich beigetragen hatte. Die Energie-Charta ist eines von weit über hundert sogenannten Investitionsschutzabkommen, die Deutschland in den zurückliegenden Jahrzehnten abgeschlossen hat. Kein anderes Land ist beim Aushandeln derartiger Verträge so erfahren und engagiert. Sie dienen dazu, die Interessen der eifrig Kapital exportierenden deutschen Unternehmen im Ausland zu schützen. Dank Vattenfall bekommen nun die Bundesbürger zur Abwechslung einmal vorgeführt, um welch überaus kritikwürdige Deals es sich dabei handelt.

Die Verfahren vor Schiedsgerichten laufen hinter verschlossenen Türen, die Schiedssprüche sind nicht anfechtbar. Als besonderes Schmankerl in dem gegenwärtigen Verfahren kommt hinzu, daß auf seiten der Bundesregierung das Bundeswirtschaftsministerium zuständig ist – also jene Behörde, die in der Vergangenheit wiederholt demonstriert hat, wie sehr sie den Interessen der großen Energiekonzerne zugeneigt ist. Da aber in der Energie-Charta und in vergleichbaren Abkommen weitgehende Geheimhaltung vereinbart ist, hat die hiesige Öffentlichkeit kaum Möglichkeiten, das Verfahren zu verfolgen. Nicht einmal der Betrag, auf den die Bundesrepublik verklagt wurde, ist bekannt. Vermutlich wird es sich um eine knappe Milliarde Euro handeln.

Vattenfall ist im Besitz des schwedischen Staates. Hierzulande betreibt es einige Steinkohle- und vor allem Braunkohlekraftwerke. Je eines dieser Art befinden sich in Hamburg und in Boxberg (Lausitz) im Bau. Über 70 Prozent des in der BRD erzeugten Vattenfall-Stroms wird in besonders umweltschädlichen Braunkohlekraftwerken erzeugt. In Südbrandenburg strebt der Konzern die Erschließung neuer Tagebaue an. Außerdem besitzt das Unternehmen einen 20-Prozent-Anteil am AKW Brokdorf, ebenfalls in Schleswig-Holstein gelegen, das nach derzeitigem Stand der Dinge noch bis 2021 laufen wird.

Das Aktionsbündnis »Atomausstieg selber machen« fordert derweil Vattenfall-Kunden auf, zu Unternehmen zu wechseln, die Strom aus Wind- oder Solarkraftwerken anbieten. »Mit der Klage hebelt Vattenfall geltende deutsche Gesetze aus«, meint Bündnissprecherin Melanie Ball. »Besonders dreist an der Klage ist, eine Millionenentschädigung für Atomkraftwerke zu verlangen, die schon seit Jahren stillstanden, weil sie kaputt waren«, so Ball, und sie fragt rhetorisch: »Wollen Sie freiwillig jemandes Kunde sein, der Sie gleichzeitig vor Gericht auf Schadenersatz verklagt?« Letztlich seien es die Steuerzahler, die den Atomkonzern entschädigen müssen, wenn er das Verfahren gewinnt.

Ähnliche Ausstiegskampagnen sind in der Umweltbewegung beliebt, seit dem der Strommarkt liberalisiert wurde. Problematisch ist dabei, daß auf die privaten Verbraucher nur ein gutes Fünftel des bundesweiten Strombedarfs entfällt. Ihre Macht als Konsumenten ist also begrenzt. In Berlin, Hamburg und einer ganzen Reihe weiterer Städte und auch Landkreise haben sich daher in den vergangenen Jahren Initiativen gegründet, die die lokalen Stromnetze wieder unter öffentliche Kontrolle bekommen wollen. Ansatzpunkt sind dafür die vielerorts in den nächsten Jahren anstehenden Verhandlungen über neue Konzessionsverträge für die Netzbetreiber. Außerdem gibt es Bestrebungen, entweder neue Stadtwerke zu gründen, wie es der Berliner »Energietisch« fordert, oder die privatisierten alten Stadtwerke wieder in kommunales Eigentum zu überführen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 08.06.12

Bomben auf Hochzeit. Von Knut Mellenthin

Mittwoch, 06. Juni 2012 von Huste

Die NATO hat in Afghanistan erneut zahlreiche Bewohner eines Dorfes getötet – und weiß wieder einmal angeblich von nichts. Das Massaker fand am frühen Mittwoch morgen gegen zwei Uhr Ortszeit im Bezirk Baraki Barak der ostafghanischen Provinz Logar statt. Die Angaben über die Zahl der zivilen Todesopfer lagen nach ersten Meldungen zwischen 15 und 18. Ferner sollen auch sechs bewaffnete Männer, möglicherweise Taliban oder örtliche Aufständische, getötet worden sein.

Ein Fotograf der US-amerikanischen Nachrichtenagentur AP sah die Leichen von fünf Frauen, sieben Kindern und sechs Männern auf der Ladefläche eines Kleinlasters, mit dem Dorfbewohner zu einer Protestdemonstration in die Provinzhauptstadt Pul-i-Alam fuhren. Das jüngste der getöteten Kinder sei etwa ein Jahr alt gewesen, das älteste ungefähr zehn. Dagegen behauptete eine Sprecherin der NATO-Besatzungstruppen, daß es keine »zivilen« Todesopfer gegeben habe. Lediglich zwei Frauen seien leicht verletzt worden. Ihrer Darstellung zufolge war eine gemischte Spezialeinheit aus ausländischen und einheimischen Soldaten zu einer nächtlichen Razzia unterwegs, um einen »Taliban-Kommandeur« festzunehmen. Bei der Annäherung an ein Gehöft seien sie mit Handfeuerwaffen beschossen worden. Daraufhin habe der Leiter des Überfallkommandos – höchstwahrscheinlich ein US-Offizier – »Luftunterstützung« angefordert, die wie üblich darin bestand, das gesamte Anwesen, in dem die »feindlichen« Schützen vermutet wurden, zusammenzuschießen und wegzubomben.

Dort jedoch hatte nach Aussagen von Dorfbewohnern, die auch von örtlichen Politikern und Verwaltungsbeamten unterstützt werden, zum Zeitpunkt des Luftangriffs gerade eine Hochzeitsfeier im Haus eines Stammesältesten stattgefunden, der selbst unter den Opfern ist. Die anderen Toten sollen Angehörige seiner Großfamilie gewesen sein. Nicht klar ist aufgrund widersprüchlicher Berichte, ob es sich bei den gleichfalls getöteten bewaffneten Männern um Gäste der Feier handelte, oder ob sie sich nur zufällig in der Nähe befanden.

Nicht auszuschließen ist nach früheren Erfahrungen, daß der angebliche Beschuß aus Richtung des Gehöfts überhaupt nicht stattgefunden hat, sondern der Luftangriff von vornherein bewußt und planmäßig gegen die Hochzeitsgesellschaft gerichtet war: in der Erwartung, daß dort auch örtliche Aufständische anwesend sein würden. Aus Pakistan gibt es zahlreiche Beispiele für US-amerikanische Drohnen-Attacken auf Beisetzungsfeierlichkeiten, nächtliche Festessen während des Fastenmonats Ramadan und auf Stammesversammlungen zur Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte die NATO in der Vergangenheit immer wieder vergeblich aufgefordert, die nächtlichen Razzien zu unterlassen, die in der Bevölkerung ebenso gefürchtet wie verhaßt sind und bei denen häufig Nicht-Kombattanten getötet oder verletzt werden.Während des jüngsten Massakers befand sich Karsai in Peking, wo er an einer Tagung der Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SCO) teilnahm. Er bekräftigte dort den Wunsch Afghanistans, der Organisation als Beobachter beizutreten. Mitglieder der SCO sind China, Rußland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan. Die Mongolei, Indien, Pakistan und Iran gehören ihr als Beobachter an.

Quelle: www.jungewelt.de vom 07.06.12

Schlecker-Mitarbeiterinnen übernehmen ihren Betrieb in Eigenregie. Ein Alternativvorschlag. Von Wolfgang Huste

Dienstag, 05. Juni 2012 von Huste

Schon vor längerer Zeit habe ich ein konkretes Konzept ausgearbeitet, wie eine Alternative zur Erwerbslosigkeit der Schlecker-MitarbeiterInnen aussehen könnte. An dieser Stelle werde ich meinen Alternativvorschlag nur skizzieren: Mittels einer engen und sehr bewußten Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Gewerkschaftern, insbesondere mit Ver.di, mit NGOs wie Attac, mit kommunalen RatsvertreterInnen, mit Hilfe von Regional- und Lokalbanken, mit progressiven Bürgerinitiativen und Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftlern, sollte man versuchen, diesen oder jenen Schlecker – Laden direkt „vor Ort“, mit einem anderen, zumindest modifizierten Konzept, in die Hände der Schlecker-MitarbeiterInnen zu legen, nach dem Motto: „Arbeiterinnen übernehmen ihren Betrieb in Eigenregie!“ (wie gesagt: immer flankiert/unterstützt durch die von mir aufgeführten Akteure!). Da die Schlecker-Mitarbeiterinnen noch eine Lohnauszahlung bekommen müssen, die man ihnen zurzeit vorenthält, wäre es völlig legitim, den Warenbenbestand auf die Schlecker – Mitarbeiterinnen zu übertragen, quasi als Entschädigung für nicht geleistete Lohnzahlungen. Dies ist sicherlich ein diskussionswürdiger Ansatz. Des weiteren könnte es in Einzelfällen Sinn machen, wenn eine Kommune selbst zu einem handelnden Wirtschaftssubjekt (hier: zugunsten der Schlecker-Mitarbeiterinnen) wird. Über weitere Alternativvorschläge würde ich mich sehr freuen.

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