Wolfgang Huste Polit- Blog

Staatsterrorgesetz. US-Armee darf Verdächtige wegsperren. Von Rainer Rupp

Samstag, 17. Dezember 2011 von Huste

Beide Kammern des US-Kongresses haben diese Woche die noch verbliebenen Reste der amerikanischen Rechtsstaatlichkeit entsorgt. Das ordentliche Gerichtsverfahren, auf das auch nach internationalem Recht auch jeder Bürger der Vereinigten Staaten einen Anspruch hat, gehört ab jetzt der Vergangenheit an. Die Vorschriften der US-Verfassung, die einen fairen Prozeß garantieren, werden von den Volksvertretern inzwischen als altmodisch kurios beiseite geschoben, ebenso wie viele andere Paragraphen, welche Freiheitsrechte der Bürger versprechen. Mit 83 zu 13 Stimmen hat am Donnerstag der Senat dem Gesetz über den Rüstungshaushalt zugestimmt, dem wiederum ein Gesetz angehängt war, das auf dem Territorium der USA ohne Haftbefehl die Festnahme von terrorverdächtigen Bürgern durch die Armee und eine nachfolgende lebenslange Haft in Militärgefängnissen ohne vorheriges Gerichtsverfahren, ohne Rechtsbeistand und ohne Berufungsinstanz regelt. Das Repräsentantenhaus hatte zuvor mit 283 zu 136 Stimmen für das neue Gesetz gestimmt, das bereits am Freitag dem US-Präsidenten zur Unterschrift übergeben wurde.

Das letzte Mal hatte der US-Kongreß ein solches Gesetz (lebenslange Haft ohne Gerichtsverhandlung) in der McCarthy-Ära verabschiedet, während der Hexenjagd auf linke Intellektuelle. Der damalige Präsident Truman hatte den Mut, sein Veto einzulegen. Auch Präsident Obama hatte mit Blick auf seine potentiellen Wähler im linksliberalen Spektrum ursprünglich mit seinem Nein gedroht. Die Debatte im Senat enthüllte nun, daß das neue Polizeistaatsgesetz sogar von der Obama-Administration angestoßen worden war. Mit einem Veto Obamas ist also kaum zu rechnen.

Wie das neue US-Staatsterrorgesetz hierzulande funktionieren würde, sei kurz am Fall der sogenannten Sauerlandterroristen dargestellt. Die Bundeswehr und nicht die Polizei hätte die Verdächtigen festgenommen und in Militärgefängnisse geworfen, wo sie weder von Anwälten noch Familienmitgliedern hätten besucht werden können. Das Militär wäre nicht einmal verpflichtet gewesen, ihnen den Grund ihrer Verhaftung mitzuteilen. Auch ein Gerichtsverfahren hätte es nicht gegeben. Still und heimlich wären sie lebenslang in einem Militärverlies verschwunden. Die Parallele zu den abscheulichen »Oubliettes«, den Felsenlöchern tief unter den Gefängnissen, drängt sich auf, in denen im Mittelalter autokratische Feudalherren ihre Gegner entsorgten.

Überhaupt scheint die Justiz der USA, die gerne als Lehrmeister der Menschenrechte und modernen Demokratie auftreten, sich immer stärker an der mittelalterlichen Werteordnung zu orientieren. Wie damals zu Zeiten der Raubritter und Inquisitoren so gehören auch heute Folter, das Verschwindenlassen von Menschen und die gezielte Tötung von eigenen Bürgern auf bloßen Verdacht bereits zur Tagesordnung der US-Unrechtsjustiz und ihres mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Präsidenten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 17.12.11

»Weiße Bruderschaft«, braune Seilschaften. Neonazi-Terror: Gruppierung aus dem Erzgebirge im Visier. Kanzlei mit »Noien Werten«. Von Claudia Wangerin

Freitag, 16. Dezember 2011 von Huste

Bei ihren Ermittlungen im Umfeld der Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) gehen die Behörden neuen Spuren in die militante Neonaziszene Sachsens nach. Ins Visier gerückt sei die rassistische Gruppe »Weiße Bruderschaft Erzgebirge«, berichtete die Berliner Zeitung am Donnerstag. Die als mutmaßliche Terrorhelfer inhaftierten Neonazis André Eminger und Matthias Dienelt sollen enge Beziehungen zu dieser Organisation unterhalten haben. Die Ende der 90er Jahre gegründete »Weiße Bruderschaft Erzgebirge« verstand sich demnach als Teil des internationalen rechten Netzwerks »Blood & Honour« und soll eng mit der Thüringer »Blood & Honour«-Szene verbunden gewesen sein. Dort war auch das Anfang November aufgeflogene »Zwickauer Terrortrio« der Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe vor seinem Abtauchen im Jahr 1998 aktiv. Die deutsche Sektion des »Blood & Honour«-Netzwerks wurde im Jahr 2000 verboten, setzte aber unter dem Namen »Division 28« ihre Aktivitäten fort.

Von den drei mutmaßlichen Mitgliedern der Terrorzelle NSU lebt nur noch Beate Zschäpe, die nach dem Tod ihrer Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November die gemeinsame Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt haben soll. Nach bisherigem Ermittlungsstand haben Mundlos und Böhnhardt Selbstmord begangen. Über den rekonstruierten Inhalt einer Computerfestplatte aus der Zwickauer Brandruine sind inzwischen neue Details bekannt geworden. Zwei offenbar nie veröffentlichte Bekennervideos aus dem Jahr 2001 sollen laut Bundesanwaltschaft belegen, daß das Trio von Anfang an eine Mordserie plante. Deutlich aggressiver als das später erstellte, zynisch-verniedlichende »Paulchen Panther«-Video, in dem die Comicfigur die NSU-Morde illustriert, sollen die als Vorläufer eingestuften Kurzfilme im Ton sein. Im ersten Video, das im März 2001 erstellt worden sein soll und den Mord an dem türkischstämmigen Blumenhändler Enver Simsek verherrlicht, tauchte demnach zum ersten Mal das Logo des NSU auf. Unterlegt ist es mit Klängen der Rechtsrockband »Noie Werte«.

Der zweite nun rekonstruierte Film wurde offenbar im Oktober 2001 erstellt – nach drei weiteren Morden an Migranten. Viermal fällt in dem Video derselbe Satz, jeweils mit dem Namen eines Opfers, das jetzt wisse »wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist.« Nach Informationen von Spiegel online sind Totenköpfe zu sehen, an denen Schilder mit den Daten der Morde baumeln. Eine weitere Sequenz zeigt 14 umrahmte, braune Flächen. Vier sind mit Daten der Mordserie belegt, eine weitere mit dem Datum des Sprengstoffanschlags am 19. Januar 2001 mit einer Verletzten in Köln. Unklar ist, ob insgesamt 14 Morde geplant waren. Außer den Flächen spricht dafür die englischsprachige Parole »14 Words«, zu Deutsch: »Wir müssen die Existenz unseres Volkes und die Zukunft für die weißen Kinder sichern.«

Zur Band »Noie Werte« gibt es noch einen weiteren Bezug: Der Sänger der 2010 aufgelösten Rechtsrockband, Steffen Hammer, ist als Anwalt in derselben Kanzlei tätig wie die Verteidigerin des als NSU-Unterstützer verhafteten Ex-NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben. Die Rastatter Anwältin Nicole Schneiders räumte am Mittwoch in einer Presseerklärung ein, während ihres Studiums in Jena selbst kurzzeitig Mitglied der NPD gewesen zu sein.

Quelle: www.jungewelt.de vom 16.12.11

Nazijagd, Teil zwei. Immer noch mehrere hundert faschistische Verbrecher auf freiem Fuß. Wiesenthal-Zentrum eröffnet neue Kampagne zur Ergreifung von Angehörigen der »Einsatzgruppen«. Von Frank Brendle

Freitag, 16. Dezember 2011 von Huste

Es ist noch nicht vorbei«, verkündete Efraim Zuroff am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Der gerne als »Nazijäger« bezeichnete Direktor des Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Zentrums stellte den wohl letzten Versuch vor, der noch frei lebenden Naziverbrecher habhaft zu werden: »Operation Last Chance II« (etwa: Operation Letzte Möglichkeit, Teil 2).

Vor zehn Jahren hatte Zuroff den »ersten Teil« der Operation ausgerufen. Damals wurden Belohnungen ausgesetzt auf Informationen, die zur Ergreifung von Kriegsverbrechern führten, seien es Deutsche, Österreicher oder Kollaborateure in den von den Nazis besetzten Staaten. Allein während dieser Kampagne wurden 603 Verdächtige aufgefunden, gegen 102 von ihnen ermitteln nun die Staatsanwaltschaften. Allerdings liegen alleine 46 Fälle in Litauen, weitere 14 in Lettland. Diese Staaten erhalten auf einer vom Simon-Wiesenthal-Zentrum erstellten Rating-Liste die schlechteste Bewertung: Strafverfahren enden dort in vollständigem Scheitern, was vorrangig »am Fehlen eines politischen Willens« zur Strafverfolgung liege, so Zuroff. Scharfe Kritik äußerte er auch an Österreich, das die Anklage gegen eine Aufseherin im Vernichtungslager Majdanek mit der Begründung ablehnt, sie habe sich lediglich der »passiven Beihilfe zum Völkermord« schuldig gemacht.

Von den zehn meistgesuchten Naziverbrechern leben gleich fünf völlig unbehelligt in Deutschland, darunter Klaas Carl Faber und Gerhard Sommer, die von einem niederländischen bzw. italienischen Gericht wegen Mordes verurteilt wurden. Die deutschen Behörden machen ihnen weder den Prozeß noch liefern sie sie aus.

Dennoch bekommt Deutschland beim Wiesenthal-»Rating« die Note zwei. Die USA werden als einziges Land mit einer Eins bewertet. In der BRD gebe es zwar Bundesländer, die überhaupt keine Ermittlungen führten, wie etwa sämtliche ostdeutschen, in anderen aber gebe es sehr engagierte Staatsanwälte.

Anlaß für die neue Kampagne ist eine Entscheidung des Münchner Landgerichts. Dort wurde im Frühjahr der gebürtige Ukrainer John Demjanjuk wegen Mordes verurteilt. Anders als in früheren Verfahren dieser Art verzichtete das Gericht auf einen Einzelbeweis für einen von Demjanjuk eigenhändig durchgeführten Mord. Der Schuldspruch basierte auf seiner Zugehörigkeit zur Wachmannschaft des Vernichtungslagers Sobibór. »Dadurch hat sich die juristische Situation völlig verändert«, so Zuroff. Man könne jetzt sämtliche Angehörige der SS-Einsatzgruppen und Vernichtungslager anklagen, auch wenn es keine Zeugen mehr gebe, die ihre Schuld beweisen könnten. Rund 4000 Soldaten und Polizisten hätten in diesen Einheiten gedient. Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, allen voran Deutschlands, sei es nun, den Aufenthaltsort der noch Lebenden ausfindig zu machen und sie anzuklagen oder ihre Auslieferung zu erreichen. Aufschluß könnten etwa die Akten der Invalidenrenten geben. Zuroff warnte vor »falscher Sympathie« angesichts des hohen Alters dieser Personen: »Das Alter macht ihre Verbrechen nicht geringer«. Unter Anspielung auf die Mordserie einer Nazi-Terrorgruppe in Deutschland sagte Zuroff, man sehe, welche Dimension faschistische Verbrechen haben. Die Belohnung für erfolgreiche Hinweise wurde erhöht auf bis zu 25000 Euro.

Insgesamt sind laut Zuroff derzeit noch rund 1900 Ermittlungsverfahren weltweit am Laufen. Unter dem Strich liege das Verhältnis von ermittelten Verdächtigen und tatsächlichen Urteilen bei hundert zu eins.

Von Efraim Zuroff ist soeben die deutsche Ausgabe seines jüngsten Buches erschienen: Operation Last Chance, 276 Seiten, Prospero-Verlag, ISBN 978-3-941688-16-2, 19 Euro

www.operationlastchance.org

Quelle: www.jungewelt.de vom 16.12.11

Obamas Offenheit. Von Jürgen Heiser

Freitag, 16. Dezember 2011 von Huste

In den USA beginnt heute die gerichtliche Vorverhandlung gegen den »Whistleblower« Bradley Manning. Dazu tritt in Fort Meade, Maryland, unweit der Hauptstadt Washington D.C., ein Militärgericht zusammen. Laut Pentagon soll der Obergefreite als Nachrichtenanalyst der US-Armee in Bagdad Tausende interne Verschlußsachen aus den Kriegen in Irak und Afghanistan an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergegeben haben. Darunter Videomaterial einer Hubschrauberbesatzung der US-Armee, das die gezielte Tötung einer Gruppe von Zivilpersonen in Bagdad am 12. Juli 2007 zeigt. Im April 2010 hatte Wikileaks das Video unter dem Titel »Kollateraler Mord« veröffentlicht und die US-Regierung in Erklärungsnot gebracht. Kurz darauf war Manning verhaftet worden.

Mit der Weitergabe des Materials soll der damalige Obergefreite »Geheimnisverrat« begangen und »den Feind unterstützt« haben. Manning stehe hingegen unter Anklage, so seine Unterstützer, weil er die Wahrheit über Kriegsverbrechen an die Öffentlichkeit gebracht habe. Schon an seinen Haftbedingungen zeige sich eine Vorverurteilung. Neun Monate lang war er völlig isoliert und von der Außenwelt abgeschirmt. Erst internationale Proteste und Interventionen von Amnesty International sowie des UN-Sonderberichterstatters für Folter, Juan Méndez, bewirkten eine Lockerung der rigiden Haftbedingungen.

Die richterliche Anhörung ist zunächst auf fünf Tage angesetzt. Sie ist öffentlich, soweit nicht über Dokumente verhandelt wird, die als geheim eingestuft sind. Es soll geprüft werden, ob die gegen Manning vorgebrachten Beweise zur Eröffnung eines Militärgerichtsverfahrens ausreichen. Nach Meinung seiner Ankläger drohen ihm dann lebenslange Haft, Degradierung und unehrenhafte Entlassung aus der Armee.

Vergangene Woche hat Mannings Hauptverteidiger David Coombs eine Liste von 48 Zeugen vorgelegt, die er vorladen wird. Neben zwei Sanitätsoffizieren, die zu den folterähnlichen Isolationshaftbedingungen aussagen sollen, denen sein Mandant auf der Quantico-Marinebasis unterworfen war, will Coombs auch hochrangige Politiker in den Zeugenstand rufen. Darunter US-Präsident Barack Obama, Außenministerin Hillary Clinton und Exverteidigungsminister Robert Gates.

Obama werde aussagen, so Coombs, daß er bei Amtsantritt seine Regierung auf »einen beispiellosen Grad der Offenheit« und die Errichtung »eines Systems der Transparenz und öffentlichen Teilhabe« verpflichten wollte. Tatsächlich sei aber eine übermäßige und durch kein legitimes Sicherheitsinteresse gerechtfertigte Geheimhaltung praktiziert worden, durch die erst die Verfolgung seines Mandanten möglich wurde. Anwalt Coombs will den US-Präsidenten vor allem zu der Frage vernehmen, ob er als Oberbefehlshaber der US-Armee »ungesetzlichen Einfluß« auf das Verfahren genommen hat, als er am 21. April 2011 auf einer Veranstaltung in San Francisco erklärte: »Er [Manning] hat das Gesetz gebrochen«. Coombs sieht seinen Mandanten dadurch vorverurteilt und sein Recht auf einen fairen Prozeß verletzt. Das Verfahren müsse deshalb eingestellt werden.

Die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und die Juristinnen und Juristen gegen atomare, chemische und biologische Waffen (IALANA) wollen Bradley Mannings Verteidigung finanziell unterstützen. Für den morgigen Samstag, Mannings 24. Geburtstag, hat das »Bradley Manning Support Network« einen internationalen Aktionstag ausgerufen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 16.12.11

Schwierigkeiten mit der Geschichte. Empörung über Bad Kreuznacher CDU-Politiker. Von Hans-Gerd Öfinger

Donnerstag, 15. Dezember 2011 von Huste

Mit einer abfälligen Bemerkung über die Benennung einer Straße nach einer Antifaschistin löste ein CDU-Abgeordneter in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) einen Sturm der Entrüstung aus. Seine Partei jedoch schweigt zu der Entgleisung.

66 Jahre nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus tun sich manche konservative Kommunalpolitiker in der südwestdeutschen Provinz immer noch schwer mit einer Aufarbeitung der Geschichte und der Würdigung von Gegnern des Naziregimes. So löste im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach das CDU-Stadtratsmitglied Bernd Kossmann mit einer abfälligen Bemerkung über die Benennung einer Straße nach einer Antifaschistin einen Sturm der Entrüstung aus.
Nachhilfe für Kossmann

Die Diskussion füllt seit Tagen die Leserbriefspalten der Lokalpresse. Auslöser der Debatte war der Plan der örtlichen Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen, Straßen in einem Neubaugebiet nach Söhnen und Töchtern der Stadt und Personen der Lokalgeschichte zu benennen. Dabei besann sich die Kulturdezernentin Andrea Manz (Grüne) auch auf den Namen Hildegard Schäfer. Die 1995 verstorbene Nazi-Gegnerin wurde 1940 von der Gestapo verhaftet, später in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt und 1945 von britischen Truppen in Neuengamme befreit.

Eine Straße in Bad Kreuznach nach Hildegard Schäfer zu benennen, das wollte Kossmann nicht einleuchten. Sein Vater habe schließlich auch Jahre in Kriegsgefangenschaft verbracht, ohne dass nach ihm eine Straße benannt werde, so Kossmanns Einwand in der Ratssitzung Ende November. Dies missfiel der Kulturdezernentin, die den Christdemokraten über den Unterschied zwischen Kriegsgefangenschaft von Befehlshabern und Soldaten der Hitlerarmee und der Internierung und Inhaftierung politischer Gefangener im KZ aufklärte. Die Bad Kreuznacher CDU und ihre bekannteste Repräsentantin, die CDU-Landes- und Fraktionschefin Julia Klöckner, schweigen hartnäckig zu der Entgleisung ihres Parteifreundes Kossmann.

Die 1918 als jüngstes Kind einer Bad Kreuznacher Arbeiterfamilie geborene Hildegard Schäfer war in christlichen Kreisen aufgewachsen und in den späten 1930er Jahren durch persönliche Erlebnisse zur Regimegegnerin geworden. Als sie 1940 auf der Suche nach Beschäftigung einen Arbeitsplatz in einem Rüstungsbetrieb angeboten bekam, lehnte sie ab. Weil ihr französischer Schwager in der französischen Armee kämpfe und ihr Bruder in der Wehrmacht, könne sie es nicht verantworten, Munition zu produzieren, mit der sich beide gegenseitig töten würden. Weil das Arbeitsamt diese Weigerung denunzierte, wurde Hildegard Schäfer sofort von der Gestapo verhaftet.

Im KZ Ravensbrück musste Hildegard Schäfer dann Zwangsarbeit leisten – auch für Siemens. Eine Entschädigung erhielt sie zeitlebens nie. Nach 1945 lebte sie jahrzehntelang zurückgezogen. Ihre Ehe blieb kinderlos. Erst in den 1980er Jahren brach sie nach einem Wiedersehen mit Leidensgenossinnen aus der Lagergemeinschaft Ravensbrück ihr Schweigen.
Unermüdliche Mahnerin

So wurde Hildegard Schäfer in ihrem letzten Lebensjahrzehnt zur unermüdlichen Mahnerin gegen alten und neuen Faschismus und gegen Kriegstreiberei. Sie engagierte sich als Kreisvorsitzende der VVN-BdA, besuchte als Zeitzeugin Schulklassen, Veranstaltungen, Seminare und Kundgebungen. »Wenn ich nicht mehr da bin, dann müsst ihr das machen«, lautet der Titel eines Dokumentarfilms mit vielen O-Tönen.

Ende Januar 2012 tritt die Auschwitz-Überlebende Esther Bejerano, die mit Hildegard Schäfer in deren letzten Lebensjahren befreundet war, zusammen mit der antifaschistischen Hip-Hop-Band Microfone Mafia in Bad Kreuznach auf. Dann soll Benennung der Hildegard-Schäfer-Straße gefeiert werden.

Quelle: http://www.neues-deutschland.de/artikel/213347.schwierigkeiten-mit-der-geschichte.html

Neofaschismus-Ausstellung nicht erwünscht. Löffler will wegen Vorbehalten gegen Urheber der Schau keine städtischen Räume zur Verfügung stellen

Mittwoch, 14. Dezember 2011 von Huste

Die Stadt wird dem Neustadter „Regionalen Bündnis gegen rechts” keine Räumlichkeiten für eine Ausstellung zur Verfügung stellen, die für Mai kommenden Jahres unter dem Titel „Neofaschismus in Deutschland” geplant war. Oberbürgermeister Hans Georg Löffler (CDU) begründet seine Entscheidung in einem Brief mit Erkenntnissen über den Verband, der die Ausstellung konzipiert hat und an interessierte Veranstalter bundesweit verleiht.

Die 26 farbig gestalteten und im Internet zur Ansicht abrufbaren Infotafeln gehören dem Bundesverband der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen (VVN/BdA). Die Ausstellung enthält neben einer Beschreibung der rechtsextremen Szene in Deutschland und ihrer führenden Akteure auch kritische Anmerkungen zu politischen Positionen verschiedener Landsmannschaften und Heimatvertriebenen-Verbände.

In seinem Ende vergangener Woche verschickten Brief an das „Regionale Bündnis” argumentiert der Oberbürgermeister allerdings kaum inhaltlich, gesteht der Gruppe sogar „ein wichtiges Anliegen” zu, „unsere Bevölkerung, vor allem junge Menschen, für dieses Thema zu sensibilisieren”. Die mit dem Stadtvorstand abgestimmte Linie, die Ausstellung nicht in städtischen Räumen zeigen zu wollen, begründet Löffler mit Vorbehalten dem Landesverband Rheinland-Pfalz des VVN/BdA gegenüber: Diesem habe im September das Finanzamt Mainz das Verlängern der Gemeinnützigkeit verweigert. Außerdem tauche der Zusammenschluss in Verfassungsschutzberichten mehrerer Länder auf. Demzufolge sei davon auszugehen, „dass dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider gehandelt” werde.

Der baden-württembergische Verfassungsschutz übt auf seiner Internetseite deutliche Kritik an der Ende April 2010 erstmals präsentierten Ausstellung, sieht konservative Politiker wie den früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch oder die Vorsitzende des Bundes der Heimatvertriebenen, Erika Steinbach (beide CDU), gar verunglimpft. Gezeigt wurde die Schau dennoch in den vergangenen anderthalb Jahren in Rathäusern und Kirchen quer durch die Republik.

Angefragt hatte das „Regionale Bündnis gegen rechts” bei der Stadt im Oktober 2011, die Antwort jetzt und ihre Tendenz überraschen Margarete Erbach, Ansprechpartnerin für das Projekt, aber nicht. „Aufgrund der Informationen, die ihm vorlagen, konnte er nicht anders reagieren”, sagt sie. Erbach kündigte allerdings an, dass sich das Bündnis nach einem anderen Veranstaltungsort umsehen wolle, beispielsweise das „Wespennest” über dem Wirtshaus „Konfetti”. Als Begründung nennt sie die dem rechtsextremen „Nationalsozialistischen Untergrund” angelastete Mordserie an Ausländern. Erbach: „Es ist wichtig, dass jetzt alle wachgerüttelt werden.” (örg)

Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Mittelhaardter Rundschau
Ausgabe: Nr.290
Datum: Mittwoch, den 14. Dezember 2011
Seite: Nr.17
„Deep-Link“-Referenznummer: ‚8454857‘
Präsentiert durch DIE RHEINPFALZ Web:digiPaper

Bürgermeisterwahl in Wallhalben: NPD-Kandidat ist nicht zur Wahl zuzulassen

Mittwoch, 14. Dezember 2011 von Huste

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat die Eilanträge des NPD-Kandidaten für die Wahl zum Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wallhalben abgelehnt.

Der Kandidat der NPD für die am 22. Januar 2012 stattfindende Bürgermeisterwahl hatte bei dem Verwaltungsgericht Neustadt Eilanträge gegen den Landkreis Südwestpfalz – wie bereits mit Pressemitteilung Nr. 37/11 mitgeteilt – und gegen die Verbandsgemeinde Wallhalben gestellt, mit denen er seine vorläufige Zulassung zu dieser Wahl begehrte.

Der Antragsteller ist Mitglied der NPD; als solches ist er Mitglied des Kreistages des Landkreises Südwestpfalz und des Verbandsgemeinderats der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland. Demnächst findet in der Verbandsgemeinde Wallhalben die Wahl des Bürgermeisters statt. Der Antragsteller bewirbt sich um dieses Amt. Am 26. September 2011 ließ der Wahlausschuss der Verbandsgemeinde Wallhalben den NPD-Wahlvorschlag mit dem Antragsteller zu. Die Kreisverwaltung Südwestpfalz als Aufsichtsbehörde beanstandete diese Zulassung mit der Begründung, es bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue des Antragstellers, und verfügte deshalb, dass der Wahlausschuss erneut über die Zulassung des Antragstellers zur Bürgermeisterwahl am 22. Januar 2012 beschließen müsse. Der Wahlausschuss ließ den Antragsteller nach erneuter Prüfung am 2. November 2011 nicht zu der Bürgermeisterwahl zu.

Der Antragsteller suchte sowohl gegen die Entscheidung der Kreisverwaltung Südwestpfalz als auch gegen die Nichtzulassung zur Wahl durch den Wahlausschuss um Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht nach. Er führte zur Begründung aus, entgegen den Feststellungen in der Entscheidung der Kreisverwaltung Südwestpfalz und des Wahlausschusses biete er durchaus die Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.

Die Eilanträge hatten keinen Erfolg:

Der Antrag gegen den Landkreis Südwestpfalz als Aufsichtsbehörde wurde von dem Gericht abgelehnt, weil die von dieser Behörde getroffene Entscheidung – Beanstandung der Zulassung des Antragstellers zur Bürgermeisterwahl und Aufforderung an den Wahlausschuss, über die Zulassung des Antragstellers zur Wahl erneut zu entscheiden – gegenüber dem Antragsteller keine unmittelbare Wirkung entfalte. Verbindlich über die Zulassung zur Wahl entscheide nämlich der Wahlausschuss für die Wahl des Bürgermeisters und nicht die Aufsichtsbehörde.

Den Antrag auf Zulassung zur Bürgermeisterwahl hielt das Gericht vorliegend für grundsätzlich zulässig. Allerdings sei die Entscheidung des Wahlausschusses, den Antragsteller nicht zur Bürgermeisterwahl zuzulassen, nicht zu beanstanden und der Antrag deshalb abzulehnen.

Der Wahlausschuss habe zutreffend entschieden, dass der den Antragsteller betreffende Wahlvorschlag nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspreche. Zu den gesetzlichen Erfordernissen, die ein Wahlvorschlag erfüllen müsse, um zur Wahl zugelassen zu werden, gehöre u.a. die Wählbarkeit des vorgeschlagenen Bewerbers. Denn die Wahl eines nicht wählbaren Bewerbers hätte zur Folge, dass die Wahl ungültig sei und eine Neuwahl stattfinden müsste. Wählbar zum Bürgermeister sei nach § 53 Abs. 3 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung nur, wer unter anderem die Gewähr dafür biete, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Dies sei bei dem Antragsteller nicht der Fall. Der Antragsteller berichte z.B. im Internet auf den Seiten des NPD-Kreisverbandes Westpfalz und der „Pfalz-Stimme“, deren Herausgeber er sei, über Veranstaltungen der NPD und anderer rechtsextremistischer Organisationen und nehme an rechtsextremistischen Demonstrationen teil. Unter anderem aufgrund dieser Aktivitäten für die NPD biete der Antragsteller nicht die Gewähr, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, wie es das Gesetz von einem Verbandsbürgermeister als Wahlbeamten verlange.

Gegen die Beschlüsse kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschlüsse vom 13. Dezember 2011

3 L 1051/11.NW und 3 L 1061/11.NW

Die Entscheidungen können per E-Mail: poststelle@vgnw.mjv.rlp.de beim Verwaltungsgericht Neustadt angefordert werden.

Nach unten treten. Gewalttaten gegen Obdachlose werden selten politisch eingeordnet, Täter und Ursachen meist im »Milieu« gesucht. In Leipzig hat Prozeß nach Mord in Oschatz begonnen. Von Anna Dumange

Mittwoch, 14. Dezember 2011 von Huste

Am 1. Juni dieses Jahres starb der Wohnungslose André K. in der Leipziger Uniklinik. Fünf Tage zuvor war der 50jährige am Südbahnhof der sächsischen Kleinstadt Oschatz von fünf Männern im Alter zwischen 16 und 27 Jahren zusammengeschlagen und mit schweren Kopfverletzungen am Tatort liegen gelassen worden. Erst am nächsten Morgen wurde er gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Am 6. Dezember hat der Prozeß gegen die Tatverdächtigen vor dem Leipziger Landgericht begonnen. Ein 36jähriger wird außerdem wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt. Der Prozeß wird im Februar fortgesetzt und ist bis zum April 2012 geplant.

»Mindestens 30mal« hätten die Männer auf den Obdachlosen eingetreten, bis dieser »blutüberströmt am Boden lag«, verlas Oberstaatsanwältin Claudia Laube die Anklage. Eine zufällige Tat sei der Angriff nicht gewesen, stellte Laube klar: Man habe sich verabredet, um K. zu suchen »und zu mißhandeln«. Nach dem Überfall seien die Täter weggelaufen »in der Annahme, ihn tödlich verletzt zu haben«. K. lebte aber noch, als er am Morgen in der Wartehalle des Südbahnhofs gefunden wurde. Er starb vier Tage später an einer Lungenentzündung, die er sich infolge der Verletzungen zuzog. Unklar ist bisher, warum es zu dem Gewaltausbruch kam und ob eine rechte Gesinnung für den Angriff auf K. mitverantwortlich war. Dafür spricht zumindest, daß der Tatverdächtige Ronny S. nachweislich Kontakte in die Neonaziszene unter anderem zur NPD-Jugendorganisation JN hat. Die Angeklagten hatten zum Prozeßauftakt die Aussage verweigert. Die wenigsten Fälle von Gewalt gegen Wohnungslose landen vor Gericht und anschließend in den Opferstatistiken der Polizei. Die Taten werden von den ermittelnden Behörden meist nicht mit einem ideologischen Motiv in Zusammenhang gebracht.

Über André K. ist wenig bekannt. Ursprünglich soll er aus Berlin gekommen sein und in Oschatz nur wenige Bekannte gehabt haben, sagte Andreas Fest vom Netzwerk »Mein Name ist Mensch«, das den Fall zusammen mit der Opferberatung RAA betreut. Ein aggressiver Typ sei K. nicht gewesen, heißt es aus seinem Umfeld. Eher einer, der immer eingesteckt habe. In der Öffentlichkeit wurde der Fall zunächst als »Milieutat« behandelt, bei der es um Drogen und Alkohol gegangen sei. Erst durch eine kurze Pressemeldung der Polizei sei das Netzwerk darauf aufmerksam geworden, schilderte Andreas Fest. Schnell sei klar gewesen, daß es sich um eine gezielte Gewalttat gehandelt habe und daß André K. zum Opfer gemacht wurde, weil er wohnungslos war.

Statistiken gibt es kaum über die Gewalt gegen Wohnungslose in Deutschland. Sie bilden die Opfergruppe mit der höchsten Dunkelziffer, erläuterte Marianne Thum von der RAA in Dresden. Die Beratungsstelle versucht zwar, Zugang zu den Opfern zu finden. Doch gerade bei Wohnungslosen sei dies wegen häufiger Ortswechsel schwer, so Thum. Jahrelange Alkoholabhängigkeit könne das Erinnerungsvermögen der Opfer an die Tat beeinträchtigen und erschwere die Erstattung von Anzeigen zusätzlich. Außerdem hätten viele Wohnungslose die Erfahrung gemacht, von der Polizei nicht ernst genommen zu werden. Und sie seien auch psychisch kaum in der Lage, einen Prozeß durchzustehen. Angehörige, die die Verfahren begleiten, gibt es selten. Im Fall von André K. konnten kurz vor Beginn seine Kinder ermittelt werden, die jetzt als Nebenkläger auftreten.

Existenzbedrohende Lebensumstände und Alkoholkonsum sind auch unter Menschen, die auf der Straße hausen, Hintergrund für Angriffe. Doch wenn die Gewalt von außen kommt, spielt ein neonazistisches Weltbild meist eine Rolle. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. recherchierte von 1989 bis 2010 insgesamt 167 Tötungsdelikte und 366 Körperverletzungen mit schweren Folgen. Dabei handelt es sich nur um Gewalttaten, bei denen die Täter außerhalb des »Wohnungslosenmilieus« leben. Sozialdarwinismus ist ein Wort, das oft fällt, wenn es um Tathintergründe geht. Eine Gesellschaft, in der, wer nichts leistet, auch nichts wert ist, macht diejenigen am Rand der Gesellschaft zum Sündenbock. Die Täter kommen, wie auch die Verdächtigen im Leipziger Prozeß, oft selbst aus sozial benachteiligten und bildungsfernen Schichten. Nach unten tritt, wer selbst getreten wird.

Da Wohnungslose über keinerlei gesellschaftliche Lobby verfügen, können sich die Täter durchaus Chancen errechnen, daß ihre Angriffe folgenlos bleiben. Auch in den Medien erhält das Thema kaum Aufmerksamkeit. Im Fall des ermordeten André K. habe es zwei Kurzmeldungen in der Lokalzeitung gegeben, erinnerte sich Andreas Fest. Die Oschatzer Stadtverwaltung will zu einem möglichen neonazistischen Tatmotiv keine Stellung beziehen. Hintergründe des Mordes zu ermitteln und den Fall zu bewerten sei Sache der Staatsanwaltschaft.

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.12.11

Iran läßt Obama abblitzen, Forderung nach Rückgabe der Spionage-Drohne abgelehnt. Von Knut Mellenthin

Mittwoch, 14. Dezember 2011 von Huste

Iran hat die Forderung der US-Regierung nach Rückgabe der erbeuteten Spionagedrohne zurückgewiesen. Das Teheraner Außenministerium sprach am Dienstag von »Flucht-nach-vorn-Taktik«. Die USA müßten die Verantwortung für das Eindringen ihrer RQ-170 in den iranischen Luftraum und die sich daraus ergebenden Folgen übernehmen. Washing­ton müsse begreifen, daß solche Aktivitäten den Frieden und die Sicherheit der Welt bedrohen könnten. Verteidigungsminister Ahmad Wahidi erklärte, statt des Rückgabeverlangens sei es an den USA, sich für den Vorfall zu entschuldigen. Der stellvertretende Luftwaffenchef General Hossein Salami stellte fest, kein Staat würde Spionageausrüstungen samt der von ihnen gesammelten Informationen an das Ursprungsland zurückgeben. Es habe sich um einen »Akt der Invasion und der Kriegführung« gehandelt.

US-Präsident Barack Obama hatte am Montag bestätigt, daß seine Regierung den Iran ersucht habe, den unbemannten Flugkörper zurückzuerstatten, der den iranischen Streitkräften auf immer noch ungeklärte Weise am 4. Dezember in die Hände gefallen war. Die USA haben bisher lediglich offiziell mitgeteilt, daß ihnen eine Drohne abhanden gekommen ist, aber weder zu deren Einsatzauftrag noch zur Verletzung des iranischen Luftraums Stellung genommen.

In diesem Zusammenhang ist auffällig, daß die erste Erklärung zum »Verschwinden« der Drohne am 5. Dezember nicht von den USA, sondern von einem Sprecher der internationalen Besatzungstruppen in Afghanistan (ISAF) abgegeben wurde. Er behauptete, der Flugkörper sei in einer Aufklärungsmission über Westafghanistan unterwegs gewesen. Das wird allgemein als eine Schutzbehauptung angesehen: Die RQ-170 Sentinel, von denen die USA nur etwa ein Dutzend besitzen, ist mit Stealth-Technik ausgerüstet, die sie für feindliche Radarsysteme nahezu unsichtbar machen soll. Für Missionen über Afghanistan wäre der Einsatz dieser besonders teuren Technologie nicht sinnvoll. Die US-Medien schreiben inzwischen offen, daß die Drohne Teil eines umfassenden Programms zur Ausspionierung Irans war. Warum sich die ISAF zunächst zu dem Versuch hergab, diese Aktivitäten zu decken, ist eine offene Frage.

Am Montag wurde von westlichen Agenturen und Medien gemeldet, daß Iran die Untersuchung der erbeuteten Drohne »weitgehend abgeschlossen« habe und ihren Nachbau plane. Diese Berichte gehen jedoch ausschließlich auf persönliche Äußerungen eines einzigen iranischen Parlamentsabgeordneten, Parvis Sorouri, zurück, der anscheinend seinen großen Auftritt genoß. Sorouri gab auch zum besten, daß Iran demnächst eine Militärübung zur Sperrung der Meerenge von Hormus plane, und wurde mit dem Ausspruch zitiert: »Wenn die Welt die Region unsicher machen will, werden wir die Welt unsicher machen.« – Nichts davon geht auf offizielle Äußerungen der Regierung oder der militärischen Führung Irans zurück. Die Sorouri zugeschrieben Drohung steht sogar in klarem Widerspruch zur Haltung Irans.

Vermutlich noch in dieser Woche will das Abgeordnetenhaus der USA zwei neue Sanktionsresolutionen verabschieden, in denen es im wesentlichen um scharfe Strafmaßnahmen gegen Unternehmen und Staaten geht, die immer noch Handel mit Iran treiben. Eine große Mehrheit von Parlamentariern beider Partei ist offenbar bereit, sich über Bedenken und Einwände ihrer Regierung hinwegzusetzen, die die Folgen eines Wirtschafts- und Finanzkriegs gegen den Rest der Welt, insbesondere aber gegen China, fürchtet.

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.12.11

Florida-Wulff. Deutsche Leistungsträger. Von Arnold Schölzel

Mittwoch, 14. Dezember 2011 von Huste

Mit dem bisher jüngsten Bundespräsidenten ist eine neue Mentalität ins Schloß Bellevue eingezogen: Wir sind Leistungsträger, also können wir uns alles leisten. Von Wulff stammt der Satz bei »Friedman« in der Debatte über hohe Managergehälter 2008: »Ich finde, wenn jemand zehntausend Jobs sichert und Millionen an Steuern zahlt, gegen den darf man keine Pogromstimmung verbreiten«. Das ist Wulffs – Feriengast von Drückerkolonnenchef Maschmeyer und ProChrist-Evangelikaler – Ein-Punkt-Programm: Aufstieg heißt, die da oben verteidigen, nach unten treten.

In einer Gesellschaft, in der die höchsten Prämien für die Herbeiführung von Massenarbeitslosigkeit und nicht für den Erhalt von Jobs gezahlt werden, sind Sätze wie die Wulffs ein Zynismus, der den der Verhältnisse komplettiert. Wulff repräsentiert eine sogenannte Elite, die Gier für Leistung ausgibt und Gleichgültigkeit gegenüber Verelendung als Sozialpolitik. Es sind Aufsteiger wie er, die den Kampf gegen Armut als Kampf gegen Arme führen und die aus ihrem parasitären Status bei den Betuchten der Republik keinen Hehl machen. Wulff unterzeichnete am 25. März rückwirkend zum Jahresbeginn die sogenannte Hartz-IV-Reform, die jeden Betroffenen mit fünf Euro verhöhnt und das Bundesverfassungsgericht, das eine erhebliche Leistungserhöhung verlangt hatte, gleich mit. Die Nähe zur »guten« Gesellschaft vermarktet er über die einschlägige Presse. Da ist er Vorbild: Wenn der Berliner Justizsenator Michael Braun zurücktritt, weil er das Absahnen und Abzocken etwas übertrieb, dann ändert das nichts am Vertrieb von Schrott­immobilien mit Hilfe williger Notare. Mit dem Skandal, daß nach Aussagen von Verbraucheranwälten allein in Berlin mehrere Dutzend solcher Mitternachtsbeurkunder tätig sind, befassen sich weder Medien noch die aufsichtführende Justiz. Herr Braun, das Kampagnenopfer, kassiert fast 60000 Euro Übergangsgeld – 5000 Euro pro Tag im Amt. Leistung muß sich wieder lohnen. Gesetze sind für diesen Typus, der nun auch in der Linkspartei auftaucht, bestenfalls ein Mittel zum Zweck bei der ganz privaten Umverteilung von unten nach oben: Rechtsförmig muß es aussehen, alles andere regelt der Medienverbund, der einen hoch- oder runterschreibt.

Das hat bei Herrn Guttenberg gut funktioniert, nicht zuletzt, weil die Staatsanwaltschaft zu überraschend flexibler Gesetzesauslegung zugunsten des Betrügers fähig war. Auch das gehört zur »Leistungselite«: Die Justiz hat noch nie die Hand gebissen, die sie füttert. Als »Florida-Wulff« vor zwei Jahren wegen der kostenlosen Sitzplatzhöherstufung beim Flug in die US-Villa seines heimatlichen Millionärsfreundes Geerken befragt wurde, erklärte er im niedersächsischen Landtag: Objektiv liege eine Vorteilsnahme vor, aber nicht subjektiv. Für deutsche Staatsanwälte reicht das. Wird einer aber den »Freunden« da oben zu lästig, kommt der Abstieg sofort.

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.12.11

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